Die schöne Helena Allgemein Operette von Jacques Offenbach in

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Die schöne Helena Allgemein
Operette von Jacques Offenbach in der Bearbeitung von Peter Hacks
Die Liebesgöttin Venus versprach einst dem trojanischen Prinzen Paris,
ihm die schönste Frau der Welt zuzuführen. Da fühlt sich die spartanische
Königin Helena sogleich angesprochen. Zu dumm nur, dass sie mit
Menelaos verheiratet ist, der - im Gegensatz zu dem Prinzen - nicht mehr
der Frischeste ist. Doch wenn Frau Venus dem Paris die Helena
versprochen hat, dann muss dies auch so geschehen. Also sticht der
kleine Prinz den Spartanerkönig mit einer List aus und entführt Helena.
Menelaos und seine griechischen königlichen Kollegen können diese
Schmach natürlich nicht auf sich sitzen lassen und drohen mit Rache. Aber
das ist eine andere Geschichte ... Wenn sich Jacques Offenbach, der
Vater der Operette und geniale Satiriker, dieser antiken Sage annimmt,
kann man sicher sein, dass kein Auge vor Lachen trocken bleibt. Und so
wurde "Die schöne Helena" zu einem seiner größten Erfolge. Das Publikum
der Uraufführung, die 1864 in Paris stattfand, erkannte nämlich in den
antiken Potentaten sofort jene Popanze, die in ihrer Gegenwart die
politischen Geschicke lenkten. Unnötig zu erwähnen, dass diese Einsicht
auch heute noch nichts von ihrer Gültigkeit verloren hat. Jacques
Offenbach wurde schon zu Lebzeiten als Meister der leichten Muse
gerühmt. In seiner Opéra bouffe "Die schöne Helena" erzählt er die
Geschichte
der
schönen
Griechenkönigin
Helena,
derentwegen
der
Trojanische Krieg entbrannte.
Auch wenn das Ganze in der Antike spielt, bezog sich Offenbach auf seine
eigene Zeit und komponierte ein Stück voller Anspielungen auf die
spottwürdigen Pariser Sitten. Labile physische Zustände, göttliche
Schicksalskraft, politische Macht – alles dient hier und da und auch heute
zur möglichst umgehenden Lustbefriedigung.
Kurz: Die Aufnahme ist ein greuliches Kind ihrer Zeit – die Inszenierung Axel
von Ambessers war, gleichfalls als Kind ihrer Zeit, höchst amüsant (und schlägt
andere ZDF-Produktionen, die das künstlerische Fach "Operette" zum Schimpfwort
aussterben ließen, immer noch um Längen).
Ich muss vorausschicken, dass dies der erste Offenbach-Inszenierung war, die ich
und KlassenkameradInnen sahen, und dass wir von der Komik – auch der Musik! –
begeistert waren. Der Beginn einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit J.O. ...
Die Bearbeitung möchte ich nicht Bert Grund anlasten. Die auf ein breites
Fernsehpublikum zielende "Text-Neufassung" schuf Gerhard Bronner, eine Legende
des österreichen Musikkabaretts. So geht es in seiner »Helena« um die Olympischen
Spiele und das Finale II wird zum "Tempelbrand". Es ist anzunehmen, dass er es war,
der viel von Offenbachs Musikmaterial zersplitterte und als Grundlage seiner
selbstgeschmiedeten Texte für beliebige Stimmen nutzte, wenngleich diese Texte
vortrefflich auf der Musik "sitzen"! Vermutlich besorgte Herr Grund dann "nur" das
Orchersterarrangement...
Richtig ist, dass Josef Meinrad als Menelaos herausragt, auch wenn das gesamte
männliche Helden-Ensemble, nicht zuletzt Harald Serafin als Achill, hervorragende
komödiantische Leistungen bot, und der röckchenlupfende Ivan Rebroff glänzt durch
scheinheilige Melodramatik (sorry, aber so herrlich schwul sang noch niemand
»Unerhört! Unerhört!« und »Denn nur ich kann den Donner euch deuten«; oder hat
jemand Hubert von Meyerinck in derselben Rolle, mit Griechenzopf auf der Glatze,
einst in Hamburg erlebt?!).
Eingedenk dieser Eindrücke 2 Punkte für einen Soundtrack, den niemand braucht.
Eine wunderbare DVD. Das Orchester unter der Leitung von Marc Minkowski
spielt Offenbachs Musik leicht und federnd, die Inszenierung von Laurent Pelly ist
witzig und intelligent, die Sänger sind durchweg hervorragend:
Yann Beuron als Prinz Paris zum Verlieben, Michel Sénéchal als herrlich
vertrottelter Menelaus und allen voran Felicity Lott als Helena. Ihr komisches Talent
ist eine echte Entdeckung. Als frustrierte, gelangweilte Ehefrau träumt sie sich in
dieser Inszenierung hinein in die Rolle der "schönsten Frau der Welt" und in eine
Affäre mit dem jungen Prinzen Paris.
Auf diese Weise wird die Geschichte ganz Heutig, ohne daß die Handlung von
Offenbachs Librettisten Meilhac und Halévy verändert werden müßte. Die
Aufführung steckt voller komischer Einfälle. Dabei wird das Werk aber immer ernst
genommen.
Gleiches läßt sich über die Musik sagen. Sie klingt ganz frisch, zupackend und
aktuell, und bleibt dabei doch ganz Offenbach. Eine Meisterleistung, die als Beispiel
dienen sollte.
Die DVD hat eine gute Ausstattung: Stereo-Ton, Digital-Ton und Surround,
Untertitel in Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch und Italienisch, zudem als
Extra ein "Behind the scenes" mit Interviews der Beteiligten. Außerdem liegt ein
informatives booklet bei.
Wer ein Mittel gegen schlechte Laune sucht: hier ist eines. Amüsement garantiert! ie
ist ja nun nicht mehr ganz taufrisch, die »schöne Helena«. Und manche der
zeitbezogenen Seitenhiebe gegen damalige Missstände können wir heute nicht mehr so
recht nachvollziehen. Wenn sie aber so entstaubt und rotzfrech präsentiert wird wie
hier vom Regisseur Laurent Pelly (der sich auf ein gnadenlos gutes Ensemble stützen
kann), dann funkelt die gute alte Operette wie frisch poliert. Und die (zugegeben sehr
reife) Hélène der Felicity Lott ist ein einziges Vergnügen (sowohl stimmlich als auch
in ihrer gnadenlosen Selbstpersiflage). Herz (sentiment) und Verstand (esprit) werden
gleichermaßen gekitzelt. Ein Juwel!
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