doc - Historisches Lexikon der Schweiz

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© Berner Zeitung; 24.10.2014; Seite 16st
BZ Ausgabe Stadt + Region Bern schweiz
Jahrhundertwerk soll online gehen
HISTORISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ Mit der Publikation des letzten Bandes wurde
gestern in Bern der Abschluss des mehrsprachigen Geschichtswerks gefeiert. Weil die
Geschichte nicht stillsteht, soll das HLS als Onlinelexikon weiterleben.
Der Beistelltisch bog sich unter der Last. Alle 41 Bände des Historischen Lexikons der
Schweiz (HLS) waren am gestrigen Medienanlass im Berner Käfigturm aufgereiht. Mit dem
Erscheinen des letzten Bandes ist das epochale Geschichtswerk nun abgeschlossen. Es ist ein
veritables Gedenkgebirge in Buchform. In den drei Landessprachen sind nun je 13 Bände
greifbar, dazu eine zweibändige «Kurzfassung» auf Rätoromanisch.
Leistung der Willensnation
Die Genfer Alt-Nationalrätin Martine Brunschwig Graf, Präsidentin des HLS-Stiftungsrats,
feierte das monumentale, mehrsprachige Lexikon als Leistung der Willensnation Schweiz.
Das HLS sei gar weltweit das einzige Lexikon, dessen Bände gleichzeitig auf Deutsch,
Französisch und Italienisch publiziert worden seien, lobte Chefredaktor Marco Jorio die
Koordination der Übersetzungsarbeit. In den je 1000-seitigen Bänden vereinigen sich in
kürzeren oder längeren Artikeln 36 000 Stichworte über Orte, Personen, Ereignisse oder Ideen
zu einem Panoptikum der Schweizer Geschichte. Im nun erschienenen letzten Band von V bis
Z finden sich etwa die Lexikonartikel über die Kantone Waadt, Wallis, Zug und Zürich, über
die beiden Weltkriege oder über Figuren wie General Wille und Reformator Zwingli.
3000 Mitarbeiter – neben Historikern auch Pfarrer oder Lehrer – haben mitgearbeitet. Eine
rund 20-köpfige Redaktion in Bern und Bellinzona hat die Artikel in Form gebracht. Der Start
erfolgte 1988. In 26 Jahren hat der Bund das HLS mit 106 Millionen Franken oder 4
Millionen im Jahr finanziert. Dazu kommen nach Jorios Schätzung weitere 30 Millionen von
den Kantonen.
Noch vor dem Internet
Der politische Wille zum Projekt HLS war laut Jorio nicht immer gleich stabil und der
Geldzufluss variabel. Noch unberechenbarer sei aber der mediale Wandel gewesen. Als das
HLS lanciert wurde, gab es erste elektronische Datenbanken, aber noch kein Internet. Zum
Glück habe man für die Erfassung der Artikel die neutrale Datenhaltung SGML gewählt,
erinnerte sich gestern Ruedi Bienz vom Basler Schwabe-Verlag, der die deutschsprachigen
HLS-Bände publiziert.
Das SGML-System erlaubte es, die gleichen Daten in elektronischer wie auch in Buchform zu
publizieren. So wurden die ersten HLS-Artikel 1998 elektronisch aufgeschaltet. In Buchform
kam der erste Band erst 2002 heraus. Heute kann man all die exzellenten Artikel auch im
Internet unter www.hls-dhs-dss.ch konsultieren, und zwar unentgeltlich. Man kann sich so
den Kauf der Bücher sparen. Ein Einzelband kostet stolze 300 Franken.
Projekt eines Onlinelexikons
«Im Internetzeitalter haben Lexika in Buchform ihre Monopolstellung verloren», räumte Jorio
gestern ein. Legendäre Lexika wie die Brockhaus-Enzyklopädie stellten ihre Existenz im
Buchform ein. Und in elektronischer Form tun sie sich schwer mit dem unentgeltlichen
Konkurrenten Wikipedia. Das Mitmach-Lexikon plündert übrigens für seine Einträge zur
Schweizer Geschichte meist das HLS.
Jorio sprach gestern von einem «Scheidepunkt» statt einem Endpunkt. Denn die HLSVerantwortlichen, der Stiftungsrat und die Schweizerische Akademie der Geistes- und
Sozialwissenschaften haben erkannt, dass die Geschichte weitergeht und ein beendetes
Geschichtswerk schnell veraltet und stirbt. Stiftungspräsidentin Brunschwig Graf stellte
gestern in Aussicht, dass 2017 ein neues Projekt gestartet werde.
HLS-Projektleiter Christian Sonderegger skizziert auf Anfrage die Eckpunkte: Aus den heute
statischen, bilderlosen Interneteinträgen soll ein multimediales, inhaltlich erweitertes
Onlinelexikon entwickelt werden. Die Redaktion in Bern bleibt bestehen. Die Bebilderung der
Druckausgabe soll aufs Netz übertragen, ausgebaut sowie mit Film- und Tondokumenten
ergänzt werden. In Grafiken, Zeitleisten oder Zoomkarten wird der Leser interaktiv eingreifen
können. Das HLS soll überdies ständig aktualisiert und mit anderen Schweizer
Dokumentensammlungen vernetzt werden. Nach dem Grundgedanken des Open Access bleibt
es unentgeltlich – und natürlich mehrsprachig.
Die finanzielle Lage des Projekts dürfte, wie bisher, auch in Zukunft von Legislatur zu
Legislatur wechselhaft bleiben.
Stefan von Bergen
Einträge von A bis Z
Warum Blocher fehlt
Der 2002 erschienene 1. Band des Historischen Lexikons der Schweiz (HLS) beginnt mit
einem Eintrag über die Luzerner Familie der von Aa. Der 13. und letzte Band endet mit dem
vergessenen Thuner Theologen Ferdinand Friedrich Zyro (1802–1874). Dazwischen findet
sich viel Personal aus der Schweizer Geschichte, illustre Figuren der Gegenwart wie etwa
Christoph Blocher aber fehlen. Damit sei keine Geringschätzung einer Person verbunden,
betonte HLS-Chefredaktor Marco Jorio gestern. Man habe in den 1980er-Jahren festgelegt,
dass nur Verstorbene und vor 1935 Geborene im Lexikon genannt werden. Die einzige
Ausnahme: Bundesräte. Weil der Band zum Buchstaben B aber vor Blochers Wahl in den
Bundesrat erschien, fehlt der 1940 Geborene im HLS. Im letzten Moment Aufnahme fand
dafür Blochers Parteikollege Ueli Maurer. Man habe für ihn Platz geschaffen, indem man eine
Illustration zum Stichwort «Mauretanien» weggelassen habe, erzählte Jorio. svb
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