Veränderliche Sterne

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Veränderliche Sterne
Nicht alle Sterne strahlen mit konstanter Helligkeit. Viele sind veränderlich,
und ihre Helligkeit variiert nach einem mehr oder weniger wiederkehrenden
Muster oder in einem einmaligen Ereignis. Eine Grenze zwischen veränderlich und nicht-veränderlich läßt sich dabei nicht angeben, sie ist eher eine
Frage der Beobachtungsgenauigkeit. Praktisch jeder Stern erreicht in seiner
Entwicklung eine Phase, in der sich seine Helligkeit zu ändern beginnt.
Die Veränderlichkeit eines Sterns läßt sich anhand seiner Lichtkurve erkennen, in der man die zu verschiedenen Zeiten gemessene Helligkeit einträgt. Der Magnitudenbereich, über den die Helligkeit variiert, nennt man
Amplitude, die Zeitspanne, mit der sich der Helligkeitsverlauf wiederholt,
Periode. Die Zahl der bekannten veränderlichen Sterne ist von 24 im Jahre
1850 auf mittlerweile fast 30 000 angestiegen. Für eine kontinuierliche Überwachung dieser Veränderlichen fehlt es den professionellen Astronomen an
Personal, Zeit und Instrumentarium. Deshalb können Amateurastronomen
auf diesem speziellen Gebiet wichtige Beiträge zur Forschung liefern, indem
sie zuverlässige Lichtkurven ermitteln.
Es gibt unterschiedliche Klassen von veränderlichen Sternen:
– Bedeckungsveränderliche. Dies sind Doppel- oder Mehrfachsterne, bei
denen sich die Komponenten von der Erde aus gesehen gelegentlich verdecken. In diesem Falle ist die Veränderlichkeit sozusagen nur vorgetäuscht.
Die Sterne selbst leuchten konstant, und der Helligkeitswechsel ist ein rein
geometrischer Effekt ähnlich wie bei einer Sonnenfinsternis, wenn der Mond
vorübergehend die Sonnenscheibe verdeckt. Bekanntester Vertreter ist Algol
(β Persei), dessen Lichtkurve unten dargestellt ist. Nach ihm ist eine spezielle Klasse von Bedeckungsveränderlichen benannt, in deren Lichtkurve ein
tiefes Haupt- und ein flaches Nebenminimum auftreten. Eine weitere Unterart, die Beta-Lyrae-Sterne, zeigen zudem auch außerhalb der Minima eine
kontinuierliche Helligkeitsänderung. Lange Zeit hat man angenommen, daß
dies auf eine ellipsoidische Verformung der sehr nahe beieinander stehenden Doppelsternkomponenten zurückzuführen sei; doch dürfte eher ein Gasstrom ursächlich sein, der von dem größeren der beiden Sterne auf den kleineren übergeht und ihn in einer Materiescheibe einhüllt. Während der Rotation des Systems ändert sich kontinuierlich die sichtbare leuchtende Fläche.
– Pulsationsveränderliche. Solche Sterne ändern tatsächlich ihre Zustandsgrößen wie Temperatur, Radius und Leuchtkraft. Es sind zumeist
Riesensterne hoher Leuchtkraft, viel größer als die Sonne, bei denen sich
die äußeren Schichten mehr oder weniger periodisch aufblähen und wieder
zusammenziehen. Die meisten Veränderlichen gehören zu dieser Klasse.
Die größte Bedeutung für die Astronomie haben die Delta-Cephei-Sterne, oft
einfach nur Cepheiden genannt. Der mit der Pulsation verbundene Helligkeitswechsel erfolgt sehr regelmäßig, und die Periode ist von der Leuchtkraft des
Sterns abhängig. Diese Perioden-Leuchtkraft-Beziehung erlaubt es, Cephe-
Beispiele für veränderliche Sterne
Stern
Helligkeit
Max.
Min.
γ Cassiopeiae
δ Cassiopeiae
R Cassiopeiae
ρ Cassiopeiae
β Cassiopeiae
δ Cephei
β Cephei
µ Cephei
T Cephei
S Cephei
VV Cephei
1,m6
2,m7
4,m8
4,m1
2,m27
3,m7
3 m, 23
3,m6
5,m2
7,m4
4,m9
–
759
431
–
0,104
5,3663
0,1963
–
388,1663
486,8663
7430
Gamma Cassiopeiae
Algol
Mira
R Coronae Borealis
Delta Scuti
Delta Cephei
Beta Cephei
My Cephei
Mira
Mira
VV Cephei
hell
scheinbare Helligkeit
scheinbare Helligkeit
3,m3
2,m8
13,m6
6 ,m1
2 m, 31
4,m6
3 m, 27
5,m1
11,m3
12,m9
5,m2
Typ
iden zur Bestimmung von Entfernungen im Kosmos heranzuziehen (s. S.
166). Nahezu in jedem Sternbild findet man langperiodische Veränderliche
vom Typ der Mira-Sterne (s. S. 190). Auch ihr Helligkeitswechsel ist auf radiale Pulsationen zurückzuführen, doch weder Periode noch Amplitude sind
völlig regelmäßig. Sehr kurze Pulsationsperioden von wenigen Stunden haben die RR-Lyrae-, Beta-Cephei- und die Delta-Scuti-Sterne.
– Eruptive Veränderliche. Hierzu gehören eine Reihe völlig unterschiedlicher Sterntypen, deren Helligkeit innerhalb kürzester Zeit auf das Vieltausendbis Hundertmillionenfache ansteigen kann. In engen Doppelsternsystemen
kommt es häufig zum Massenaustausch. Dabei kann es zu Instabilitäten
kommen, die eine explosionsartige Kernfusionsreaktion auslösen. Je nach
Heftigkeit der Ausbrüche unterscheidet man beispielsweise Flackersterne,
Zwergnovae und Novae. Eine Supernova ist hingegen die Explosion eines
massereichen Sterns, der am Ende seiner Entwicklung instabil geworden
ist. Die Leuchtkraftsteigerung ist bei einer Supernova etwa 100 000mal größer als bei einer gewöhnlichen Nova; die Helligkeitszunahme kann mehr als
20 Größenklassen betragen.
Phänomenologisch nicht in diese Veränderlichen-Klassen einzuordnen sind
Quasare und BL-Lacertae-Objekte. Bei ihnen handelt es sich um sternartig
aussehende Gebilde, die aber in Wirklichkeit aktive Kerne von Galaxien sind,
in denen unvorstellbar heftige Energieausbrüche stattfinden. Die dabei umgesetzte Energie übertrifft oftmals die Strahlungsleistung ganzer Galaxien.
hell
2,m4
2,m8
3,m2
3,m6
Periode
in Tagen
lichtschwach
3,m6
4,m0
4,m4
4,m8
0
20
40
lichtschwach
2
60
größte
Ausdehnung
Expansion
Lichtkurve und Bewegungsverhältnisse des Bedeckungsveränderlichen Algol
(β Persei). Die beiden Sternpartner umkreisen einander in 68 Stunden. Von
der Erde aus sieht man schräg auf die Bahnebene des Doppelsternsystems,
so daß sich die beiden Komponenten bei jedem Umlauf teilweise verdecken.
Wegen ihrer unterschiedlichen Helligkeit tritt zusätzlich zum Hauptminimum
ein flaches Nebenminimum auf.
4
8
6
Tage
Stunden
kleinste
Ausdehnung
Kontraktion
größte
Ausdehnung
Expansion
Kontraktion
Lichtkurve und Pulsationsverhalten von δ Cephei. Die Helligkeit des Pulsationsveränderlichen schwankt in regelmäßigem Rhythmus. Zugleich – aber
etwas phasenverschoben – variieren auch die Temperatur, der Spektraltyp
und der Radius des Sterns. Die größte Ausdehnung wird während des Helligkeitsabfalls erreicht (Die Radiusänderungen von Pulsationsveränderlichen
können bis zu 30 Prozent betragen und sind hier überhöht dargestellt.)
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