borderline - Christoph Göttl

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BORDERLINE
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Persönlichkeitsstörungen allgemein
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Persönlichkeit
Summe aller psychischen Eigenschaften und
Verhaltensbereitschaften, die dem einzelnen seine
eigentümliche, unverwechselbare Individualität
verleihen.
Die dauerhaften Eigenschaften eines Menschen
betreffen Wahrnehmen, Denken, Fühlen und
interpersonelle Beziehungsgestaltung.
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Persönlichkeit
Ergebnis einer einzigartigen Geschichte von
Wechselwirkungen zwischen konstitutionellen
(genetische Ausstattung) und biographischen
Faktoren (Beziehungs- und Lerngeschichte).
! “NATURE AND NURTURE”
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PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG
-ICD-10 Klassifikation, F60.-¨ 
¨ 
¨ 
Nur dann, wenn Persönlichkeitszüge unflexibel
und unangepasst sind und zu
wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen (z.B. sozial,
Scheitern bei den alltäglichen Aufgaben des Lebens)
oder
zu subjektivem Leid führen, manchmal erst im
späteren Verlauf und oft nur durch Probleme, die mit
anderen Menschen entstehen (ich-synton).
„Persönlichkeitsstörungen sind Beziehungsstörungen“
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ICD-10 Klassifikation
¨ 
¨ 
¨ 
Das abnorme Verhaltensmuster ist andauernd und nicht
auf Episoden psychischer Krankheit begrenzt.
Das abnorme Verhaltensmuster ist tiefgreifend und in
vielen persönlichen und sozialen Situationen eindeutig
unpassend.
Die Störungen beginnen immer in der Kindheit oder
Jugend und manifestieren sich auf Dauer im
Erwachsenenalter.
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Leitlinien Persönlichkeitsstörung (Tress et al., 2002)
¨ 
tief verwurzelte stabile Verhaltensmuster mit starren
Reaktionen auf unterschiedliche persönlich-soziale
Lebensbedingungen
–Auffälligkeiten im Wahrnehmen, Denken, Fühlen
und in der Beziehungsgestaltung
–Subjektives Leiden des Betroffenen und/oder
seiner Umwelt
–durch keine andere psychische oder
hirnorganische Störung bedingt
–Beginn in Kindheit oder Adoleszenz, Andauern bis
ins Erwachsenenalter
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ICD-10 Klassifikation
Biographische Anamnese, Fremdanamnese,
Verhaltensbeobachtung,
International Personality Disorder Examination (IPDE,
Loranger et al., 1996)
¨  SKID-II: Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV
Achse II: Persönlichkeitsstörungen
¨  Strukturiertes Interview nach Kernberg
¨ 
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CLUSTER A (DSM IV)
-deskriptive Ähnlichkeiten
sonderbar,exzentrisch
Paranoid
! Ausgeprägtes Misstrauen und Argwohn
Schizoid
! Distanziert, Sonderling
Schizotypisch
! “Verdünnungsform” schizophrener Erkrankungen
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CLUSTER B (DSM IV)
-deskriptive ÄhnlichkeitenEmotional instabil, launisch, dramatisch
Antisozial, dissozial
Delinquentes, deviantes Verhalten
Borderline
Störung der Affektregulation, mangelhafte Impulskontrolle,
Identitätsstörung, Dissoziation
Histrionisch
Abhängigkeit von äußerer Aufmerksamkeit, oberflächlicher
Gefühlsausdruck, Suggestibilität
Narzisstisch
Selbstbezogenheit, mangelnde Empathie, Egoismus
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CLUSTER C (DSM IV)
-deskriptive Ähnlichkeiten
Ängstlich, furchtsam, asthenisch
Vermeidend-selbstunsicher
Große Angst vor Zurückweisung und Ablehnung
Dependent, abhängig
Überzeugung, das eigene Leben nicht selbständig
führen zu können
Zwanghaft, anankastisch
Gewissenhaftigkeit, Perfektionismus, Inflexibilität,
Normentreue
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Prävalenz Pers st KJ
¨ 
KJ Braun-Scharm 1991 in KJP: 5% Pers.st.
Libal et al 2004: 28.8% in KJP Ulm (n=132)
Bernstein 1993: 17% der Jugendlichen erfüllen die DSM-IV-Kriterien f Pers.st. in der
Lenzenweger (1997): 11% wahrscheinliche und 6.7% manifeste Pers.st. Unter College-Studenten
Tress et al. 2002: 10% Prävalenz unter Erwachsenen Durchschnittsbevölkerung
Loranger et al. 1999: stationäre Psychiatriepatienten: Prävalenz 40%, darunter 14, 9 % Borderline Pers.st.
¨ 
Retrospektiv berichtet die Mehrheit der Borderline-Patienten über einen Beginn während der Jugend.
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Jerschke et al. (1998) beschreibt zwei Kohorten:
¤ 
die einen beginnen mit einem Alter von 14-15.Lj. mit selbstverletzendem Verhalten, Eßst, suizidalen Tendenzen, affektiver Störung,
Störung des Sozialverhaltens mit stationär-psychiatrischer Aufnahme
¤ 
Die anderen werden erstmals in einem Durchschnittsalter von 24 Jahren auf einer Psychaitrie behandelt
Bernstein D., Cohen P., Velez N., Schwab-Stone M., Siever, L., Shinsato L. (1993): Prevalence and stability of the DSM-III personality disorders in a
community-based survey of adolescents. American J. Psychiatry 150:1237-1243
Braun-Scharm H., Räder, K, Martinius, J. (1991): Die stationäre Versorgung kinder- und jugendpsychiatrischer Patienten. Eine
Stichtagsuntersuchung. Zeitschrift für Kinder – und Jugendpsychiatrie.. 19: 70-77.
Jerschke S., Meixner K., Richter H., & Bohus M. (1998): Zur Behandlungsgeschichte und Versorgungssituation von Patientinnen mit Borderline
Persönlichkeitsstörung in der Bundesrepublik Deutschland. Fortschritte der der Neurologie-Psychiatrie 66 (12)545-552
Katz L.Y. ,Cox B. J.,Shiny G., Miller A. L. (2004): Feasibility of Dialectical Behavior Therapie for suicidal Adolescent Inpatients. Journal of the
American Academy of Child and Adolescent Psychiatry. 43 (3) pp 276-83.
Lenzenweger M., Loranger A. W. ,Korfine L. & Neff C.(1997): Detecting personality disorders in a nonclincal population application of a 2-stage
procedure for case identification. Archives of General Psychiatry. 54, pp 345-351
Loranger A.W.(1999): IPDE.DSM-IV and ICD-10 modules. Odessa. Fl. Psychological Assessment Ressources.
Schmeck, K & Resch F.(2003): Persönlichkeitsstörungen. In. Eggers Ch., Fegert J. M., Resch F. Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und
Jugendalters. Heidelberg. Springer.
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Pers.st. auf KJP
Libal G., Schmid M., Plener P., Zander A., Schmeck K., Fegert J.M. 2004
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Prävalenz bei psychiatrischen PatientInnen
(WHO, 1988-90)
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Diagnose oder Stigma
Pro:
Contra:
Suffiziente symptomspezifische
Behandlung kann nur mit
richtiger Diagnose eingeleitet
werden
Identitätsdiffusion und
Beziehungsinstabilität sind in der
Adoleszenz weit verbreitet
Sinnvolles Erklärungsmodell auch für
Patienten
Empirie (vgl. z.B. Jerschke et al.
1998)
Forschung
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Gefahr des Festschreibens von
Symptomen (Labeling)
Große Bedeutung des
pathologischen Umfeldes und der
psychosozialen Belastungen
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Persönlicher Stil vs.
Persönlichkeitsstörung
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
wachsam vs. paranoid
unabhängig vs. schizoid
empfindsam vs. schizotyp
emotional vs. histrionisch
spontan vs. Borderline
abenteuerlustig vs. antisozial
ehrgeizig vs. narzisistisch
vorsichtig vs. Vermeidend
genau vs. zwanghaft
verbunden vs. dependent
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Persönlichkeitsmerkmale haben eine Heredität von
50%. Daher haben auch Persönlichkeitsstörungen
eine Heredität.
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Stigma
Diagnose als Reflex bei einzelnen Symptomen
¨  Diagnose als Waffe gegen den Patienten im Sinne
unkontrollierter Gegenübertragungsgefühle
¨  Diagnose als Entschuldigung für das eigene
Therapieversagen
¨ 
→Nicht die Person ist das Problem, sondern einzelne
Verhaltens- und Erlebensweisen
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Paulina Kernberg
„Wenn Kinder eine Persönlichkeit haben, können sie
auch eine Persönlichkeitsstörung haben.“
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Kategorialer vs dimensionaler Ansatz
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Umfrage unter den Mitgliedern der International Society
for the Study of Personality Disorders (2003)
1. Persönlichkeitsstörungen sind diskrete Kategorien: 28 %
2. Persönlichkeitsstörungen reflektieren Krankheits-Entitäten: 30 %
3. Persönlichkeitsstörungsdiagnose haben schlechte Validität: 76 %
4. Persönlichkeitsstörungen am besten konzeptualisiert als
dimensionale Störungen: 86 %
5. Persönlichkeitsstörungen kann man am ehestens verstehen
als Varianten der normalen Persönlichkeit: 84 %
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Schmeck, Kernberg
Das zentrale Merkmal von Persönlichkeitsstörungen liegt
in der Identitätsdiffusion, der Unfähigkeit, sich und den
Anderen wahrzunehmen
Eine Persönlichkeitsstörung ist eine Beziehungsstörung
Pathologische Bindungen sind häufig die, die am Besten
zu kleben scheinen
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Therapie
¨ 
¨ 
Die Beziehung zwischen Therapeut und Klient ist das
zentrale Thema, Ziel ist Vertrauen
Das Hier und Jetzt zum Thema machen; die
Vergangenheit kann als Erklärung dafür
herangezogen werden.
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Objektbeziehungstheorie
¨ 
Psychotisches Strukturniveau
¤ 
¨ 
Niedriges Strukturniveau/Borderline
¤ 
¨ 
Ich bin o.k., Du bist o.k.- Selbstwert und Anerkennung
Hohes Strukturniveau: Neurose
¤ 
¨ 
Ich kann mich bewahren, ich kann ich bleiben, wenn ich mit dir oder
ohne dich bin, Wir können mit und ohne einander existierenAutonome Existenz, Impulskontrolle
Mittleres Strukturniveau: Narzissmus
¤ 
¨ 
Wer und was bin ich, wer und was bist du?- Grenze zwischen Innen
und Außen
Ich kann mich bewahren, selbst wenn… Erkennen, Erinnern,
Durcharbeiten – die Befreiung aus der Wiederholung
Gesund/Integriert: Es ist, was es ist
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Eysenck: Big Five I
Extroversion
(kontaktfreudig- zurückhaltend)
¨  Verträglichkeit
(friedfertig- streitsüchtig)
¨  Gewissenhaftigkeit
(gründlich- nachlässig)
¨ 
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Eysenck: Big Five II
Neurotizismus
(entspannt- überempfindlich)
¨  Offenheit
(kreativ- phantasielos)
¨ 
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Cloninger´s
psychobiologisches Persönlichkeitsmodell -1-
Grundlegende Annahme:
–phänotypische und genotypische Strukturen
der Persönlichkeit sind unterschiedlich
–Eysenck´s Modell und die Big Five sind
abgeleitet aus Faktorenanalysen und
erfassen den Phänotyp
–Temperamentsdimensionen des TCI sollen
den Genotyp erfassen
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Cloninger´s
psychobiologisches Persönlichkeitsmodell -2-
Temperament
– automatische Reaktionen auf emotionale Stimuli
– neurobiologische Systeme sollen Aktivierung, Inhibition und
Aufrechterhaltung von Verhalten modulieren
Charakter
– Selbstkonzepte und individuelle Unterschiede in Zielen und
Werten, die Auswahl und Bedeutung dessen lenken, was im
Leben erfahren wird. Bewusst reflektierbare Eigenschaft einer
stabilen Identität
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Cloninger´s
psychobiologisches Persönlichkeitsmodell - 3 -
Temperamentsdimensionen
Neugierverhalten (Novelty Seeking)
Schadensvermeidung (Harm Avoidance)
Belohnungsabhängigkeit (Reward Dependence)
Beharrungsvermögen (Persistence)
Charakterdimensionen
Selbstlenkungsfähigkeit (Self directedness)
Kooperativität (Cooperativeness)
Selbsttranszendenz (Self Transcendence)
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Psychobiologische Grundlagen des
Temperamentsmodells
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Neugierverhalten
Verhaltensaktivierung
Explorative Erregbarkeit vs. Stoische Rigidität
Impulsivität
vs. Nachdenklichkeit
Überspanntheit
vs. Zurückhaltung
Unordentlichkeit
vs. Organisiertheit
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Schadensvermeidung
Verhaltenshemmung
Pessimismus
vs. Optimismus
Angst vor Ungewissem vs. Zuversicht
Schüchternheit
vs. Geselligkeit
Ermüdbarkeit
vs. Vitalität
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Belohnungsabhängigkeit
Aufrechterhaltung von Verhalten durch soziale
Verstärkung
Empfindsamkeit vs. Unempfindlichkeit
Bindung
vs. Bindungslosigkeit
Abhängigkeit
vs. Unabhängigkeit
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Beharrungsvermögen
Aufrechterhaltung von Verhalten durch intrinsische
Motivation
– ehrgeizig, leistungsorientiert
– bereit, große Opfer für einen Erfolg zu bringen
– Perfektionisten, Workaholics
– geben nicht leicht auf
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Selbstlenkungsfähigkeit
verantwortliches und reifes Verhalten,
Selbstakzeptanz
Verantwortlichkeit vs. Schuldzuweisung
Zielbewußtheit vs. Ziellosigkeit
Beweglichkeit
vs.Trägheit
Selbstakzeptanz vs. Selbstunzufriedenheit
Selbstkongruenz vs. Inkongruenz von Fähigkeiten
und Zielen
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Kooperativität
hilfsbereites, tolerantes, einfühlendes Verhalten
Soziale Akzeptanz vs. Intoleranz
Empathie
vs. Desinteresse
Hilfsbereitschaft vs. Ungefälligkeit
Mitleid
vs. Rachsucht
Redlichkeit
vs. Streben nach eigenen Vorteilen
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Selbsttranszendenz
Bewußtheit von spirituellen Werten
Selbstvergessenheit vs. Phantasielosigkeit
Transpersonelle Identifikation vs. Selbstisolation
Spirituelle Akzeptanz vs. rationaler Materialismus
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Störung der Persönlichkeitsentwicklung
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Temperamentswürfel von Cloninger
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Temperamentswürfel von Cloninger
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Temperamentstypen
und Persönlichkeitsstörungen
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Veränderung von Persönlichkeitsstörungen
(nach Verheul, 2003)
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Störung der Persönlichkeitsentwicklung
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Borderline Persönlichkeitsstörung
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Begriff Borderline
¨ 
¨ 
¨ 
Begriff 1938 von Adolf Stern geprägt
rührt von tiefenpsychologischen Einordnung zw.
Neurose und Psychose her
vermeintlich „berühmte Borderliner“:
Psychosoziale Faktoren bei Borderline
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Gewalterfahrungen im Erwachsenenalter, körperliche Gewalt &
Vernachlässigung durch primäre Bezugspersonen, sehr früh beginnende
sexuelle Gewalt sind Risikofaktoren für eine Borderlinestörung belegt
(Zanerini et al. 1993,1997)
60 %-80% der Borderlinepatienten erfahren sexuelle und körperliche
Gewalt in ihrer Kindheit (Paris et al. 1997, Dulz 1995)
schwerwiegende Vernachlässigung (40%)
Häufiger massive Konflikte in der Familie (James et al. 1996)
Fehlende zweite emotional bedeutende Bezugsperson (Heffernan & Cloitre
2000)
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Sexueller Mißbrauch
¨ 
12% der Kinder sind 0-4 Jahre alt
¨ 
30% der Kinder sind 4-10 Jahre alt
¨ 
58% sind 10-16 Jahre alt
Höllwarth M.E.: Gewalt und Missbrauch an Kindern. Österreichische Ärztezeitung (2004); 17: 26-36
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Folgen
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Prävalenz ca. 2 % der Allgemeinbevölkerung.
18 % aller Ausgaben für Psychotherapie/Psychiatrie für
Patienten/innen mit Borderlinestörungen (5,3 Milliarden DM)
(Jerschke et al. 1998)
80% der Betroffenen in psychiatrischer/psychotherapeutischer Behandlung
50-80 % brechen ambulante Psychotherapien vorzeitig ab, bei spezifischer
Behandlung 20%
Häufige stationäre Aufenthalte (bis zu 25 % der stationär
behandelten Patienten)
Suizidrate bei 7 – 10 % (Frances 1986,Stone et al.1993) trotz
Psychotherapie (50fach höher als Durchschnittsbevölkerung)
70 % der Betroffenen zeigen selbstverletzendes Verhalten
70% der Betroffenen in Therapie sind weiblich, weil die männlichen in Gefängnissen
landen
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Neurobiologie Trauma
Drei Streßreaktionen:
1.) erste Abwehrreaktion: Acetylcholin
2.) Flight or Fight: (Nor-)Adrenalin
3.) Freeze: Cortison
Sequentielle Traumatisierung führt zur schnellen
Bahnung dieser Reaktionen
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1. Impulsive Verhaltensweisen
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Suizidales Verhalten
Suizidphantasien
Hochrisikoverhalten
Selbstverletzung
Essanfälle
Episodischer Alkohol- Drogenmissbrauch
Medikamentenmissbrauch
Pathologisches Kaufen, Spielen
Promiskuität
Rücksichtsloses Autofahren
Instabile persönliche Beziehungen
Wutausbrüche, körperliche Auseinandersetzungen
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Ziel der Selbstverletzung
Reduktion der inneren Anspannung
¨  um sich zu spüren bei Dissoziation
(wissen, ob man noch lebt)
¨  Selbstbestrafung bei Schuldgefühlen
¨  Wut – Autoaggression
¨  Aufmerksamkeit
¨  Glücksgefühl
¨  Innere Klarheit
¨ 
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2. Störung der Affektregulation
-Diagnostisches LeitsymptomEinschießende, starke Spannung, die als äußerst
aversiv erlebt wird und keiner klaren,
handlungsweisenden Emotion zugeordnet werden
kann.
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Affektregulation
¤ 
¤ 
¤ 
¤ 
¤ 
¤ 
niedrige Reizschwellen, hohes Erregungsniveau
starke aversive Spannungszustände
„Gefühlswirrwar“, überflutende und gleichzeitig
widersprüchliche Emotionen
dissoziative Symptome
dysfunktionale Verhaltensmuster
emotionale Taubheitsgefühle
2. Störung der Affektregulation
Psychophysiologisches Defizit der Affektregulation
(Linehan, 1993)
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
hohe Sensitivität gegenüber schon niedrigschwelligen
Reizen (“emotionale Empfindlichkeit”, “auf rohen Eiern
gehen”)
Hohe Affektintensität
Prolongiertes Abklingen der affektiven Erregung
Schnelle Affektwechsel
starke aversive Spannungszustände
„Gefühlswirrwar“, überflutende und gleichzeitig widersprüchliche
Emotionen
dissoziative Symptome
dysfunktionale Verhaltensmuster
emotionale Taubheitsgefühle
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Zusammenhang zwischen Störungen der
Affektregulation und der Impulskontrolle
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3. Beziehungsprobleme
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Schwierigkeiten in der Regulation von Nähe und
Distanz
Schlecht ausgeprägte intrapsychische Repräsentanz
wichtiger Bezugspersonen (Abwesenheit = Verlassen
werden)
Passive Aktivität: Demonstration von Hilflosigkeit
und Leid -> Überlastung der Sozialkontakte
Dependenz
psychosoziale Integration:
¤ 
¤ 
Gefühl „isoliert, abgeschnitten und anders zu sein“
Schwierigkeiten mit Regulation von Nähe & Distanz
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Beziehungsprobleme
-typische Pläne und Schemata-
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Therapeutische Beziehung
Radikale Akzeptanz
¨  Geduld zu haben mit dem oft unerträglich langsamen
Fortschritt und den massiven Schwierigkeiten in der
therapeutischen Beziehung.
¨  Stellvertretende Hoffnung und Mut zu vertrauen.
¨  Hohes Maß an Toleranz gegenüber Zurückweisungen,
Kritik und feindseligen Gefühlen.
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4. Identitätsstörung
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes
oder der Selbstwahrnehmung: Unsicherheit der eigenen
Identität & Integrität
Mangelnde Zukunftsorientierung und Lebensplanung
Wahllose Kontakte zu unterschiedlichen Peer Groups
Instabile sexuelle Orientierung
tiefgreifendes Gefühl „Anders“ zu sein
tiefgreifendes Gefühl der Insuffizienz
Gefühl des „hohlen Kerns“
Störung des Körper-Selbst
Störung des Körper-Bildes: starke neg. Einschätzung des
eigenen Körperbildes
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5. Dissoziative und (pseudo)psychotische
Symptome
Vorübergehende, durch Belastung ausgelöste
paranoide Vorstellungen (”Minipsychose”,
Pseudohalluzinationen
¨  Dissoziative Amnesie
¨  Depersonalisation, Derealisation
¨  Bewegungslosigkeit – Freezing (diss. Stupor)
¨  Dissoziative Phänomene treten vor allem bei
traumatisierten Pat. auf.
¨ 
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3.  Kriterien: DSM-IV
• 
1. 
2. 
3. 
4. 
mind. 5 müssen erfüllt sein:
verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes
Verlassenwerden zu vermeiden
ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher
Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den
Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist
Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität
des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung
Impulsivität in mindestens zwei potenziell selbstschädigenden
Bereichen
3.  Kriterien: DSM-IV
5. 
6. 
7. 
8. 
9. 
wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen
oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten
affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität
der Stimmung
chronische Gefühle von Leere
unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut
zu kontrollieren
vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide
Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome
3.  Kriterien: ICD-10
¨ 
Ø 
Ø 
Ø 
Ø 
Ø 
3 der folgenden Merkmale müssen vorliegen:
deutliche Tendenz, unerwartet und ohne Berücksichtigung der
Konsequenzen zu handeln
deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten mit anderen,
vor allem dann, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder
getadelt werden
Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt mit Unfähigkeit
zur Kontrolle explosiven Verhaltens
Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht
unmittelbar belohnt werden
unbeständige und unberechenbare Stimmungen
3.  Kriterien: ICD-10
¨ 
Ø 
Ø 
Ø 
Ø 
Ø 
zusätzlich müssen mindestens 2 der folgenden
Merkmale vorliegen:
Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und
"inneren Präferenzen„
Neigung, sich in intensive aber instabile Beziehungen
einzulassen, oft mit der folge von emotionalen Krisen
übertriebenes Bemühen, das Verlassenwerden zu vermeiden
wiederholt Drohungen oder Handlungen mit
Selbstschädigung
anhaltende Gefühle von Leere
5.  Epidemiologie
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Punktprävalenz in Allgemeinbevölkerung: 0,8 - 2 %
70 % der Patienten sind Frauen
Alter bei Erstmanifestation um 14 oder 24 Jahren
Suizidrate ohne Behandlung zwischen 7 - 10 %
Wiederaufnahmewahrscheinlichkeit bei 80 %
7.  Diagnostik
DSM- IV bzw. ICD-10
¨  Einige Symptome können auch bei anderen
Störungsbildern auftreten
¨  Diagnose erfordert sorgfältige Abklärung
(Diffentialdiagnostik)
¨  IPDE
¨  "Diagnostisches Interview für BorderlinePatienten" (DIB)
¨  "Borderline- Syndrom- Index" (BSI)
¨ 
8.  Therapie
Medikamentös
¨  Antidepressiva
¨  Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
¨  Neuroleptika
¨ 
8.  Therapie
übertragungsfokussierte
(psychodynamische) Psychotherapie
¨  traumazentrierte Psychotherapie
¨  dialektisch-behaviorale Therapie (DBT)
¨  Familientherapie
¨  Fertigkeitstraining
¨  Stationäre Behandlung
¨ 
9.  Verlauf
¨ 
Positive Einflussfaktoren:
¤  hohes
Maß an Selbstdisziplin, künstlerisches Talent und
bei weiblichen Patienten hohe Attraktivität
¨ 
Negative Einflussfaktoren:
¤  weibliches
Geschlecht, (inkonsequent behandelte) Sucht,
magische Denkweisen, schlechtere Aggressionskontrolle,
geringere intellektuelle Leistungsfähigkeit, längere
Klinikaufenthalte, mehr und/oder schwerere
Komorbiditäten, problematischere familiäre Situationen,
Armut und körperliche Krankheiten
Quellen
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Bohus, M. (2002): Borderline-Störung. Fortschritte der
Psychotherapie. Hogrefe-Verlag, Göttingen.
Rohde-Dachser, C. (2004): Das Borderline- Syndrom. Huber Verlag,
Bern.
Wittchen, H. U., & Hoyer, J. H. (2006). Klinische Psychologie und
Psychotherapie. . Berlin: Berlin: Springer.
Bandelow, B. (2006): Celebrities. Vom schwierigen Glück, berühmt zu
sein. Rowohlt Verlag, Reinbek.
http://www.borderlinekunst.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Borderline-Pers%C3%B6nlichkeitsst
%C3%B6rung
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