Cyto-Info 3-2005 für CD

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Fallbeschreibung Fortgeschrittenes Rektumkarzinom mit Befall der Vagina – ein seltener
morphologischer Befund der vaginalen Abstrichzytologie – D. Haid
In der Cyto-Info 4/2004 wurde über einen seltenen Fall
eines Urothelkarzinoms mit Einbruch in die Vagina berichtet. In diesem Artikel wird ein Fall eines fortgeschrittenen Rektumkarzinoms mit Infiltration in die Vagina
unter Berücksichtigung des zytomorphologischen Befundes vorgestellt.
Fallbeispiel
Bei einer 50-jährigen Patientin wurde im Oktober 2004
anhand von Rektumbiopsien histologisch ein mäßig differenziertes Adenokarzinom (G2) diagnostiziert (Abb. 1).
Die Patientin unterzog sich einer präoperativen Bestrahlung, da zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ein fortgeschrittener Tumor vorlag. Im Januar 2005 wurde bei
klinischem Verdacht auf einen Vaginalbefall des Rektumkarzinoms ein Vaginalabstrich entnommen.
Abb. 2: Plattenepithelien des Vaginalabstriches mit radiogenen Veränderungen (PAP 1:400)
Abb. 1: Mäßig differenziertes Adenokarzinom vom Rektum (G2) in Biopsien vor der
Zytologisches Bild
Der etwas blutige Präparatehintergrund des Vaginalabstriches weist Schlieren, jedoch keine ausdrückliche
Tumordiathese auf. Die Plattenepithelien der Vaginalschleimhaut zeigen deutliche radiogene Veränderungen mit teilweise vakuolisiertem und zipfelig ausgezogenem Zytoplasma sowie leicht vergrößerten hyperchromatischen und hypochromatischen Zellkernen (Abb. 2).
Zusätzlich finden sich im gesamten Präparat verteilt Zellverbände, die eine drüsige Struktur aufweisen. Diese
abnormen Drüsenepithelien sind vorwiegend in sheets
und in Form von Palisaden angeordnet. Vereinzelt findet sich auch eine dreidimensionale Lagerung dieser
Zellen. Die Zellkerne sind vielfach vergrößert und weisen eine Hyperchromasie bei deutlicher Anisokaryose
auf (Abb. 3 a u. b).
Begutachtung
Unter Berücksichtigung der klinischen Angaben wurde
aufgrund des zytologischen Bildes am Vaginalabstrich
die Diagnose „Zellen eines Adenokarzinoms (vereinbar
mit einem Tumorbefall der Vagina durch das bekannte
Rektumadenokarzinom) sowie radiogene Veränderun-
Abb. 3a u. b: Rektumkarzinomzellen im Vaginalabstrich (PAP 1:400)
gen des vaginalen Plattenepithels“ gestellt.
Histologie
In der später durchgeführten Rektumamputation mit
Vaginateilresektion bestätigte sich histomorphologisch
die zytologische Verdachtsdiagnose eines in die Vagina eingewachsenen fortgeschrittenen Adenokarzinoms
des Rektums. Aufgrund der präoperativen Bestrahlung
war in diesem Operationspräparat nur noch ein 0,8 cm
großer vitaler Residualtumor mit Infiltration der Vaginalwand und Schleimhautulzeration nachweisbar (Abb.
4 a u. b). Bei fehlendem Nachweis einer Metastasierung ergab sich als abschließende TNM-Klassifikation 4:
y pT4G2pN0M0R0 (Stadium IIB).
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Aus Cyto-Info 3/ 2005, Herausgeber: Verband Deutscher Cytologisch Tätiger Assistenten e.V
präoperativen Bestrahlung (HE 1:400)
Aus Cyto-Info 3/ 2005, Herausgeber: Verband Deutscher Cytologisch Tätiger Assistenten e.V
y = Klassifikation nach initialer
multimodaler Therapie
T = Ausdehnung des
Primärtumors
G = histopathologisches Grading
N = regionäre
Lymphknotenmetastasen
M= Fernmetastasen
R = Residualtumor nach
Behandlung
Abb. 4a u. b: Rektumkarzinom mit Infiltration der Vagina
bei Schleimhautulzeration nach Bestrahlung im Rektumamputat (HE 1:40 und HE 1:100)
Kommentar
Werden in einer vaginalen Abstrichzytologie Karzinomzellen nachgewiesen, muss aufgrund der Häufigkeit in erster Linie an einen sekundären Befall der Vagina durch ein
Karzinom gedacht werden 1, besonders auch dann, wenn es sich um
Adenokarzinomzellen handelt, da
ein primäres Adenokarzinom der
Vagina äußerst selten auftritt 1. Wesentlich häufiger sind sekundäre
Adenokarzinome durch Metastasierung oder kontinuierliche Ausbreitung ausgehend vom Korpusendometrium bzw. der Zervixschleimhaut oder wie in dieser Kasuistik
ausgehend vom Rektum 1,5.
Kolorektale Karzinome sind häufige
maligne Tumoren und stehen in der
Todesursachenstatistik der Bundesrepublik an 2. Stelle aller bösartigen
Neubildungen 6. Dabei ist jedoch die
fortgeschrittene Tumorinfiltration in
die Vagina ein seltener Befund, da
in der Regel die Karzinome schon
früh durch auffälligen Blutabgang
im Stuhl diagnostiziert werden 2.
Die Prognose ist bei tumornegativem Lymphknotenstatus trotz T4Tumorstadium jedoch als relativ gut
einzuschätzen 3 (5-Jahres-Überlebensrate im Stadium IIB etwa von
80 % bei multimodaler Therapie
und R0-Resektion).
Verfasserin:
Dagmar Haid, CT(IAC-Gyn)
Gmelchstr. 6
83278 Traunstein
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Literaturnachweis:
1. Feichter G (2000) Vaginale Zytologie: Cervix uteri und
Vagina. In: Remmele W (Hrsg) Pathologie 8. Springer,
Berlin Heidelberg New York, S. 89
2. Schiegel W, Adler G, Frühmorgen P et al (2000) Kolorektales Karzinom: Prävention und Früherkennung der
asymptomatischen Bevölkerung – Vorsorge bei Risikopatienten – Endoskopische Diagnostik, Therapie und
Nachsorge von Polypen und Karzinomen. Z Gastroenterol 38:49-76
3. Nekarda H, Böttcher K, Zimmermann F, Funk U,
Bauer M, Roder JD (2000) Kolon-/Rektumkarzinom. In:
Roder JD, Stein HJ, Fink U (Hrsg) Therapie gastrointestinaler Tumoren. Prinzipien der chirurgischen Klinik
und Poliklinik der Technischen Universität München.
Springer, Berlin Heidelberg New York, S.336-366
4. Wittekind Ch, Meyer HJ, Bootz F (Hrsg) TNM
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W (Hrsg) Pathologie 4. Springer, Berlin Heidelberg
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6. Wagner G (1984) Epidemiologie des kolorektalen
Karzinoms. In: Frühmorgen P (Hrsg) Prävention und Früherkennung des kolorektalen Karzinoms. Springer, S. 1-16
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