Wirtschaftlicher Umgang mit Leerständen - Schader

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Kostengünstige Beseitigung von Leerständen im
obersten Geschoss von Plattenbauten
Endbericht
Der Forschungsbericht wurde mit Mitteln des Bundesamtes für Bauwesen und
Raumordnung gefördert (Aktenzeichen: Z 6 – 5.4-02.07 / II 13 – 80 01 02 – 7).
Die Verantwortung für den Inhalt des Berichtes liegt beim Autor.
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Kostengünstige Beseitigung von Leerständen im
obersten Geschoss von Plattenbauten
Endbericht
Der Forschungsbericht wurde mit Mitteln des Bundesamtes für Bauwesen und
Raumordnung gefördert (Aktenzeichen: Z 6 – 5.4-02.07 / II 13 – 80 01 02 – 7).
Die Verantwortung für den Inhalt des Berichtes liegt beim Autor.
Projektbearbeitung:
ANALYSE & KONZEPTE
Beratungsgesellschaft für Wohnen,
Immobilien und Tourismus mbh
Friedensallee 9
22765 Hamburg
Hamburg, September 2004
ANALYSE &
KONZEPTE
ANALYSE &
KONZEPTE
Verzeichnis der Abbildungen
Abb. 1
Schematische Darstellung des Forschungsprojektes. ................................................ 3
Abb. 2
Leerstandsgefährdung........................................................................................... 7
Abb. 3
Grundriss einer umgenutzten Wohnung in Freiberg................................................ 32
Abb. 4
Umnutzung und Bestandstypen............................................................................ 44
Verzeichnis der Tabellen
Tab.
1
Typisierung der Umnutzungen ............................................................................. 40
Tab.
2
Leerstandsbeseitigungsstrategien im Vergleich ...................................................... 49
ANALYSE &
KONZEPTE
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung........................................................................................................... 1
1
Ziel des Forschungsvorhabens .............................................................................. 5
1.1
Zentrale Fragestellungen..............................................................................................6
1.2
Untersuchungsmethodik...............................................................................................8
2
Wohnungsleerstand .............................................................................................. 9
2.1
Leerstandsentwicklung.................................................................................................9
2.2
Leerstandsgefährdung ...............................................................................................10
2.3
Leerstandsverteilung .................................................................................................11
2.4
Leerstandskosten ......................................................................................................12
2.5
Leerstandsreduzierung...............................................................................................13
2.6
Wohnungen im obersten Geschoss von Plattenbauten ..................................................13
3
Fallbeispiele ........................................................................................................ 15
3.1
Freiberg ...................................................................................................................15
3.2
Weißenfels................................................................................................................19
3.3
Zeitz ........................................................................................................................22
3.4
Guben ......................................................................................................................25
4
Analyse der Umnutzungen .................................................................................. 28
4.1
Umnutzungsbedingte Baumaßnahmen ........................................................................28
4.1.1
Sanitär und Elektrik ...................................................................................................28
4.1.2
Wärmedämmung und Beheizung ................................................................................30
4.1.3
Türen, Fenster und Fassade .......................................................................................31
4.1.4
Innenausbau.............................................................................................................34
4.2
Verringerung der Betriebs- und Leerstandskosten ........................................................37
4.3
Mieterakzeptanz ........................................................................................................38
4.4
Rechtliche Probleme ..................................................................................................40
5
Typisierung der Umnutzungen ............................................................................ 44
6
Objektauswahl für die Umnutzung von Obergeschossen ................................... 47
7
Leerstandsbeseitigungsstrategien im Vergleich ................................................. 50
7.1
Umnutzung von Obergeschossen ................................................................................50
7.2
Teilrückbau...............................................................................................................51
7.3
Fahrstuhlanbau .........................................................................................................52
7.4
Variantenvergleich unter den Bedingungen des Programms Stadtumbau Ost ..................53
8
Zusammenfassung und Fazit .............................................................................. 56
ANALYSE &
KONZEPTE
Kurzfassung
Zentrale Frage des Forschungsprojektes "Kostengünstige Beseitigung von Leerständen im
obersten Geschoss von Plattenbauten" war, inwieweit die Umnutzung von Wohnungen eine Strategie zur Leerstandsreduzierung darstellen kann. Im Vergleich zum Abriss, der mit hohen Kosten
verbunden und in der Regel nur in einem mittelfristigen Zeitraum umsetzbar ist, könnte die Umnutzung bzw. Stilllegung von Wohnungen das flexiblere und kostengünstigere Instrument zur Leerstandsreduzierung darstellen und aktuelle Strategien sinnvoll ergänzen. Denn die Umnutzung von
Wohnungen in den obersten Geschossen von Plattenbauten setzt an einem Schwerpunkt der Leerstandsentwicklung, den fünften und sechsten Geschossen, an.
Dazu wurden mögliche Formen der Umnutzung untersucht, die Kosten ermittelt und der daraus resultierende Nutzen betrachtet, um in einem weiteren Schritt die notwendigen Anforderungen an
Förderprogramme zu formulieren. Wesentlich war hierbei die Erforschung möglichst kostengünstiger bzw. Kosten sparender Vorgehensweisen in der baulichen Umnutzung. Darüber hinaus wurden
Fragen zur Verringerung der Leerstandskosten und zur Aufwertung des verbleibenden Bestandes
bearbeitet.
Gegenstand der Untersuchung waren vier Fallbeispiele, die im Hinblick auf die durchgeführten
Baumaßnahmen, die damit verbundenen Kosten, die Reduzierung der Betriebs- und Leerstandskosten, die Mieterakzeptanz und die spezifischen, mit einer Umnutzung verbundenen rechtlichen Probleme, dokumentiert wurden. Die dargestellten Umnutzungen wurden von Wohnungsunternehmen
und -genossenschaften in Freiberg, Weißenfels, Zeitz und Guben durchgeführt.
Aus der Analyse der Fallbeispiele konnten drei Umnutzungstypen entwickelt werden:
einfache Umnutzung: Bei der einfachen Umnutzung erfolgt lediglich eine Stilllegung der Obergeschosse, d.h. dass die leer stehenden Räume nicht weiter genutzt werden. Die baulichen
Maßnahmen beschränken sich auf ein Minimum an Demontage- und Sicherungsarbeiten sowie
Wärmedämmung, die für alle Umnutzungsarten mindestens erforderlich sind. Der Kostenrahmen erstreckt sich bis zu 1.500 € pro Wohnung bzw. 25 € je m² Wohnfläche. Eine bauliche
Aufwertung des Gebäudes wird damit nicht erreicht.
mittlere Umnutzung: Hierbei wird über die Stilllegung der Wohnung hinaus die Schaffung
von individuell zuordbaren Abstellräumen als Aufwertung des vorhandenen Wohnungsangebotes angestrebt. Der Kostenrahmen für die mittlere Umnutzung beträgt ca. 3.000-4.000 € je
Wohnung bzw. 55-70 € je m² Wohnfläche.
aufwendigere Umnutzung: Im Zuge komplexer Modernisierungen erfolgen aufwendigere
Umnutzungen. Sie umfassen einen Umbau von Wohnungen zu Abstellräumen in Verbindung
mit Sanierungen der Gebäudehülle und ggf. einer Verkleinerung der Fenster. Daraus ergibt sich
sowohl eine bauliche als auch eine Nutzungsaufwertung.
Zentrales Kriterium für den Erfolg von Umnutzungen ist die Senkung der Betriebs- und Leerstandskosten. In den untersuchten Fallbeispielen betrugen die monatlichen Kosten 1,00-1,40 € je m²
Wohnfläche, was für eine durchschnittlich große Wohnung einen Betrag von rund 750-1.000 € pro
Jahr ergibt. Aus Sicht der Wohnungseigentümer stehen dabei zwei Aspekte im Vordergrund. Zum
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ANALYSE &
KONZEPTE
einen sollen mithilfe der Umnutzungsmaßnahmen die Betriebskosten absolut gesenkt werden. Zum
anderen soll durch die Umlegung verbleibender Betriebskosten die Belastung von den Vermietern
genommen und somit die Leerstandskosten verringert werden. Als grundsätzliche Tendenz lässt
sich feststellen, dass es in allen Beispielen gelungen ist, die Leerstandskosten in hohem Maße zu
reduzieren. Damit wird das wesentliche betriebswirtschaftliche Ziel der Umnutzung erreicht. Rechnet man die ersparten Betriebskosten gegen die Investitionskosten, so liegen im günstigsten Fall
nach zwei bis drei Jahren und im ungünstigeren Fall nach ca. zehn Jahren die Kosten der Umnutzung niedriger bei dem Verbleib des Leerstandes.
Eine verallgemeinerbare Abschätzung der Kosten und Kostenersparnis von Umnutzungen wird jedoch durch unterschiedliche Auslegungen rechtlicher Regelungen erschwert. Dazu zählen die Berechnung der Grundsteuer, brandschutzrechtliche Bestimmungen sowie die Umlagefähigkeit der
Betriebskosten. Hierzu sind gesetzgeberische Klarstellungen wünschenswert.
Als für die Unternehmen nachteilig stellt sich allerdings die Situation hinsichtlich der Altschulden
dar. Denn bei denjenigen, die gemäß Altschuldenhilfegesetz einen Antrag auf Entlastung von den
Altschulden gestellt haben, erfolgt bei umgenutzten Wohnungen nicht wie bei abgerissenen bzw.
zum Teil zurückgebauten Wohnungen eine Entlastung. Damit verbleiben die Altschulden und müssen aus den Erträgen der verbliebenen Wohnungen finanziert werden.
In der Bewertung der Akzeptanz von Umnutzungen durch die Mieter gibt es deutliche Unterschiede
zwischen Bestandsmietern, also Mietern, die bereits vor der Umnutzung im Gebäude gewohnt haben, sowie Neumietern. Hinsichtlich der Neuvermietung muss die Umnutzung als eindeutiger Vermarktungsvorteil angesehen werden. Dort, wo die still gelegten Wohnungen als Abstellräume zur
Verfügung gestellt werden, kann in den Beispielen eine durchweg positive Resonanz festgestellt
werden. Hinsichtlich der Bestandsmieter stellt sich dieses Bild anders dar. Vorabbefragungen bei
den betroffenen Mietern haben zu einer geteilten Resonanz geführt. Positiv für die Resonanz wirkt
sich der Umstand aus, dass in den drei Beispielen, in denen Abstellräume zur Verfügung gestellt
wurden, keine zusätzlichen Nutzungsgebühren erhoben werden. Demgegenüber stellen leicht erhöhte Betriebskostenumlagen in der Neuvermietung kein Problem dar.
Für die Anwendung von Umbaumaßnahmen als Strategie zur Leerstandsreduzierung ist die Auswahl der Bestände von großer Bedeutung. Dabei ist nicht nur der aktuelle Leerstand im Gebäude
relevant, sondern auch die zu erwartende Leerstandsentwicklung infolge von Nachfragerückgängen. Damit kommt der Identifizierung der derzeit noch vermieteten, aber langfristig leerstandsgefährdeten Wohnungen eine erhebliche Bedeutung zu. Zentrale Kriterien sind die Lage und der
Wohnwert der Objekte bzw. geplante Sanierungsmaßnahmen. Daraus lässt sich deren Perspektive
auf dem lokalen Wohnungsmarkt ableiten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die
Wohnungen in den obersten Geschossen in einem ansonsten vermietbaren Gebäude dauerhaft leer
bleiben oder dies nur der Beginn einer fortschreitenden Leerstandsentwicklung ist. Möglicherweise
lassen sich die Wohnungen in den obersten Geschossen durch Wohnwert erhöhende Maßnahmen
sogar wieder an den Markt bringen. Eine solche Beurteilung führt folglich zu der Einschätzung, ob
eine Umnutzung als Dauerlösung anzusetzen ist oder als Zwischenlösung auf dem mittelfristigen
Weg zum Abriss.
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ANALYSE &
KONZEPTE
Dementsprechend kann die langfristige Vermarktungsperspektive eines Gebäudes mit den dargestellten Umnutzungstypen in Beziehung zueinander gesetzt werden. So ist mit dem Forschungsvorhaben deutlich geworden, dass für Umnutzungen vor allem Wohnungsbestände in Betracht kommen, in denen mittelfristig nur die obersten Geschosse vom Leerstand betroffen sein werden. Für
unsanierte Plattenbauten, die mittel- bis langfristig ganz vom Wohnungsmarkt genommen werden
sollen, führen Umnutzungen mit einem einfachen baulichen Standard (Stilllegungen) mit geringen
Investitionsaufwendungen (< 1.500 € je WE)
zu einer weitgehenden Verringerung der Leer-
standskosten. Durch Umnutzungen mit mittlerem Standard und Investitionskosten (3-4.000 € je
WE) kann das Angebot von individuell zuordbaren zusätzlichen Abstellräumen geschaffen werden.
Diese Verbesserung des vorhandenen Wohnungsangebotes wird vom Neumieter gut angenommen,
es entspricht einer marktgerechten Verbreiterung des Angebotsspektrums und trägt damit zur Stabilisierung der Plattenbaustandorte bei. Bezogen auf das Objekt werden die Leerstandskosten
weitgehend gesenkt, und die Vermietungssituation des verbleibenden Bestandes verbessert, sodass sich die Investitionskosten mittelfristig "rentieren".1 Umnutzungen im mittleren Standard sind
besonders sinnvoll in Beständen, die teilsaniert sind oder werden sollen, da
sie über ähnliche Refinanzierungszeiträume der Investitionen verfügen,
eine ähnliche Stellung im Portfolio des Unternehmens aufweisen können,
sich aufgrund bereits getätigter Modernisierungsmaßnahmen für die Umnutzung Kosten einsparen lassen.
In der Frage, inwieweit Umnutzung als Strategie zur Leerstandsbeseitigung in der Stadtumbaupraxis tatsächlich angewendet werden kann, muss auch eine Abwägung zu anderen Strategien erfolgen. Dazu zählen der Teilrückbau und der Anbau von Fahrstühlen. In die Abwägung muss einbezogen werden, inwieweit durch die jeweiligen Maßnahmen das Ziel der Leerstandsreduzierung und
der Leerstandskostenreduzierung erreicht wird und wie die Maßnahmen unter Berücksichtigung der
Investitionskosten und der Fördermöglichkeiten finanzierbar sind.
Eine konsequentere Lösung als die Umnutzung stellt der Teilrückbau dar, der allerdings auch mit
mehr Aufwand verbunden ist und in der Regel nur in Kombination mit komplexen Sanierungen
sinnvoll ist. Die Kosten belaufen sich auf ca. 100-120 €/m². Zusätzliche Kosten ergeben sich durch
den notwendigen Leerzug von Wohnungen. Demgegenüber können die Betriebskosten vollständig
reduziert werden, zudem kann ein Erlass der Altschulden erfolgen und die Maßnahmen werden gefördert.
Der Fahrstuhlanbau stellt eine Strategie zur Verbesserung der Vermietbarkeit in den oberen Geschossen dar. Ein Vorteil besteht darin, dass bei dieser Maßnahme kein Leerzug von Wohnungen
notwendig ist. Allerdings ist dieses bautechnisch relativ einfach zu lösende Maßnahme mit hohen
Investitionskosten und mit hohen laufenden Kosten verbunden. So muss je nach Typ des Gebäudes und Fahrstuhls von Baukosten in von Höhe von 10-14.000 € je Etage ausgegangen werden.
Nachteilig wirken sich Aufzüge auch auf die Betriebskosten aus. Der laufende Betrieb bringt erhöh-
1
Gegenüber einer Vollvermietung stellen sich Umnutzungen grundsätzlich wirtschaftlich ungünstiger dar, mit ihr ist jedoch eine Reduzierung der Leerstandskosten möglich und in diesem Sinne wirtschaftlicher.
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ANALYSE &
KONZEPTE
te monatliche Kosten in einer Größenordnung von ca. 0,50 €/m² Wohnfläche mit sich. Gleichzeitig
sind diese Kosten unter Marktgesichtspunkten in den meisten Fällen nicht und nur teilweise umlagefähig und insofern unrentierlich. Der Einbau eines Aufzuges kann somit nur in bestimmten, langfristig vermietbaren Lagen eine Strategie darstellen.
Der Vergleich der Varianten im Umgang mit in Obergeschossen leer stehenden Wohnungen zeigt,
dass die Umnutzung in Bezug auf Investitionskosten, Verringerung der Betriebskosten sowie der
flexiblen Umsetzbarkeit die günstigere Variante sein kann. Unter Berücksichtigung weiterer betriebswirtschaftlicher Parameter, wie Finanzierung, Liquidität und Rentabilität, stellt – trotz höherer
Investitionskosten – der Teilrückbau jedoch die bessere Möglichkeit dar. Ausschlaggebend hierfür
ist vor allem der Einsatz von Fördermitteln für den Rückbau. Inklusive Förderung ist der dann vom
Unternehmen noch zu tragende Eigenanteil in etwa so hoch wie die Kosten einer einfachen Umnutzung (Stilllegung), bei der dann aber immer noch keine Altschuldenentlastung erfolgen würde.
Obwohl mit dem Teilrückbau als auch mit der Umnutzung – nicht jedoch mit dem Fahrstuhlanbau –
dem wohnungswirtschaftlichen Ziel der Reduzierung nicht mehr nachgefragter Wohnungen entsprochen wird, erfolgt eine förderpolitische Ungleichbehandlung in so hohem Maße, dass eine Umnutzung nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich sinnvoll ist. Daher bleibt die Frage, in welcher Form
eine Neuausrichtung der Förderung v.a. des Programms "Stadtumbau Ost" erfolgen kann und welche Auswirkungen dies hätte. Der Anlass und der primäre Effekt der Umnutzung ist die Reduzierung des Wohnungsangebotes und entspricht damit dem Ziel des Stadtumbauprogrammteils
"Rückbau". Gefördert werden beim Rückbau unrentierliche Ausgaben wie die Demontage von Gebäuden und Installationen, deren Vorbereitung und Planung sowie Leerzugsausgaben. Auch bei der
Umnutzung erfolgen unrentierliche bauliche Maßnahmen, mit denen Wohnungen dauerhaft vom
Markt genommen werden können. Mit einer Gleichstellung im Programm Stadtumbau Ost könnten
flexiblere Möglichkeiten für einen differenzierten Stadtumbau geschaffen werden. Soll sich Umnutzung als Stadtumbaustrategie etablieren und Mengeneffekte, die auf eine Größenordnung von 2030.000 umnutzbare Wohnungen geschätzt werden können, erzielt werden, so ist dies nur durch
eine Gleichbehandlung von Rückbau und Umnutzung möglich. Dies kann relativ einfach durch eine
Ergänzung der VV-Städtebauförderung erfolgen. Es erfolgt damit keine Ausweitung des Fördervolumens.
Insgesamt betrachtet stellen Umnutzungen unter den besonderen Bedingungen des ostdeutschen
Wohnungsmarktes für spezifische Wohnungsbestände ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen dar. Auch wenn die potenziellen Mengeneffekte im Vergleich zum Rückbau deutlich geringer
sind, stellen Umnutzungen ein gutes Instrument für einen differenzierteren Stadtumbau vor allem
für städtebauliche wichtige Situationen dar. Sollen diese Potenziale jedoch in nennenswertem Umfang genutzt werden, muss die Umnutzung in gleichem Maße wie der Rückbau im Programm
Stadtumbau Ost gefördert werden. Hinsichtlich der Betriebskostenumlage ist eine Klarstellung der
aktuellen Gesetzgebung und Rechtsprechung, die noch nicht auf die spezifische Situation des
Stadtumbaus eingestellt ist, notwendig.
-5-
1
ANALYSE &
KONZEPTE
Ziel des Forschungsvorhabens
Die Entwicklungen der letzten zehn Jahre auf dem ostdeutschen Wohnungsmarkt haben zu erheblichen strukturellen Verwerfungen und Problemen geführt, die vielerorts sowohl die Wohnungswirtschaft in ihrer Existenz bedrohen als auch städtebaulich gravierende Folgen zeitigen. Mit dem Programm Stadtumbau Ost soll deswegen mit dem Teil „Rückbau“ einerseits der Markt wieder reguliert und andererseits mit dem Teil „Aufwertung“ die städtebauliche Situation verbessert werden.
In der aktuellen Leerstandsdiskussion dominiert der Abriss als Hauptlösungsweg. Diese Form der
Leerstandsverringerung ist allerdings mit hohen Kosten verbunden und in der Regel nur in einem
mittelfristigen Zeitraum umsetzbar, da die Leerstände erst in einem Gebäude konzentriert werden
müssen, bevor ein (Teil-)Rückbau erfolgen kann. Dieser oftmals längerfristige Prozess führt wiederum zu hohen Leerstandskosten bei den Wohnungseigentümern. Daher ist es notwendig und
sinnvoll, weitere Formen der Leerstandsverringerung zu entwickeln und umzusetzen.
Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens soll deshalb untersucht werden, ob eine Reduzierung der Leerstands- bzw. Rückbaukosten z.B. durch dauerhafte Umnutzungen von obersten
Geschossen von Plattenbauten geschehen kann. Denn eine solche Umnutzung setzt an einem
Schwerpunkt der Leerstandsentwicklung, den oberen Geschossen, an. Dort sind u.a. aufgrund fehlender Fahrstühle bei den 5- und 6-geschossigen Plattenbaubeständen i.d.R. die höchsten Leerstandsquoten zu verzeichnen. Gleichzeitig können für die verbleibenden Wohnungen Gemeinschafts- oder Abstellflächen geschaffen und damit die Wohnqualität erhöht werden.
Vor diesem Hintergrund lassen sich folgende Thesen zur Vorteilhaftigkeit von Umnutzungen formulieren:
es wird an einem Leerstandsschwerpunkt, den obersten Geschossen, angesetzt.
die Attraktivität der übrigen Wohnungen wird gesteigert.
es sind erhebliche Mengeneffekte durch eine rasche Umsetzbarkeit möglich.
es ist keine Leerstandskonzentration erforderlich.
Umnutzungen sind im Vergleich zu anderen Formen der Leerstandsreduzierung kostengünstig
umzusetzen.
Inwieweit Umnutzungen positive Auswirkungen auf die Bewirtschaftungskosten für die Eigentümer
und auf den lokalen Wohnungsmarkt haben, soll im Folgenden untersucht werden. Dabei sollen die
Potenziale von Umnutzungsmaßnahmen im Hinblick auf eine sinnvolle Leerstandsreduzierung erörtert und vor dem Hintergrund einer Kosten-Nutzen-Analyse dargestellt werden. Diese Analyse greift
die nachfolgend erläuterten Fragestellungen auf.
-6-
1.1
ANALYSE &
KONZEPTE
Zentrale Fragestellungen
Die zentrale Fragestellung des Forschungsvorhabens ist, inwieweit durch Umnutzung der obersten
Geschosse von Plattenbauten ein Beitrag zur
Reduzierung des Leerstandes
Verringerung der Leerstandskosten
und Aufwertung des verbleibenden Bestandes
geleistet werden kann. Wesentlich ist hierbei die Erforschung möglichst kostengünstiger bzw. Kosten sparender Vorgehensweisen in der baulichen Umnutzung.
In der konkreten Analyse müssen dafür folgende Themenkreise mit ihren forschungsleitenden Fragestellungen bearbeitet werden:
a) Mögliche Formen der Umnutzung
Zunächst soll festgestellt werden, welche Möglichkeiten der Umnutzung sich darstellen. Dabei
werden die verschiedenen Maßnahmen nach Art und Umfang der Maßnahme und der Folgenutzung unterschieden.
Die unterschiedlichen Maßnahmen werden dann auf ihre Umsetzbarkeit und mögliche Hemmnisse
hin untersucht. Dazu dienen folgende Kriterien:
b) Kosten und Aufwand
Im Zentrum der Kostenüberlegungen stehen der technische Aufwand der Maßnahme und die
damit verbundenen Baukosten.
Hinsichtlich des technischen Aufwandes werden spezielle Probleme, wie der Umgang mit den
Sanitärzellen, der Geschossdämmung und der Hausinstallationen, sowie die Gewährleistung
der Dauerhaftigkeit der Umnutzung näher betrachtet.
Die Beurteilung von Umnutzungsmaßnahmen ist zudem durch die zeitliche Umsetzbarkeit bestimmt. Je schneller eine Realisierung und somit eine Reduktion des Leerstandes erfolgen
kann, desto günstiger wirkt sich dies auf die Kosten aus.
c) Nutzen
Nach Abschluss der Maßnahmen werden die Auswirkungen auf die Bewirtschaftungskosten betrachtet. Als Indikator bzw. Bezugsgröße dienen dabei die Kosteneinsparungen der Wohnungseigentümer.
Hinsichtlich des Nutzens von Umnutzungsmaßnahmen werden die Auswirkungen auf die Vermietbarkeit untersucht. Dabei geht es um eine mögliche Verbesserung der Vermietbarkeit der
übrigen Wohnungen durch einen Zuwachs an nutzbarer Fläche (z.B. als Abstellfläche).
Ein wesentliches Kriterium für den Erfolg entsprechender Umnutzungsmaßnahmen stellt darüber hinaus die Akzeptanz durch die Mieter dar.
-7-
ANALYSE &
KONZEPTE
d) Anforderungen an Förderprogramme
Die Analyse soll deutlich machen,
wie Förderprogramme insbesondere im Vergleich zu anderen Formen der Umnutzung (z.B.
Teilrückbau oder Fahrstuhleinbau) ausgestaltet werden müssten, die eine Umnutzung von Obergeschossen unterstützen und in ein Konzept der Leerstandsreduzierung einbeziehen.
Schematische Darstellung des Forschungsprojektes
Abb. 1
Mögliche Formen der Umnutzung
Kosten
Zeitliche
Umsetzbarkeit
Einsparungspotenzial
Mieterakzeptanz
Nutzen
Nutzen//Wohnungsmarkteffekte
Wohnungsmarkteffekte
Anforderungen
Anforderungenan
andas
das
Stadtumbauprogramm
Stadtumbauprogramm
Ost
Ost
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1.2
ANALYSE &
KONZEPTE
Untersuchungsmethodik
Aufbauend auf der Auswertung des aktuellen Diskussions- und Forschungsstandes zur Leerstandsentwicklung und -reduzierung wurden vier ostdeutsche Beispiele für bereits erfolgte Umnutzungen
recherchiert. Diese Fallbeispiele sollen verschiedene Vorgehensweisen widerspiegeln und werden in
einer vergleichenden Analyse ausgewertet.
Die Analyse erfolgt auf der Grundlage von Planungs- und Bauunterlagen, Kostenaufstellungen, leitfadengestützten Experteninterviews sowie Vor-Ort-Begehungen. Die Analyseschwerpunkte wurden
in einem einheitlichen Erfassungsschema zusammengefasst und untergliedern sich in folgende Bereiche:
Vorbedingungen und Ausgangssituation
Art und Umfang der durchgeführten Umnutzungen
Baukosten und Finanzierung
ersparte Bewirtschaftungskosten
Umsetzungsprobleme und deren Lösungen
Auswirkungen auf das übrige Wohnungsangebot
Die Ergebnisse der Kostenanalyse der unterschiedlichen Maßnahmen werden miteinander verglichen und bewertet. Darauf aufbauend werden praxisorientierte Handlungsempfehlungen ausgearbeitet, die unter dem Aspekt der kostengünstigsten "best practice" auf unterschiedliche Vorbedingungen eingehen.
-9-
2
Wohnungsleerstand
2.1
Leerstandsentwicklung
ANALYSE &
KONZEPTE
Ausgangspunkt für das Forschungsvorhaben sind die aktuelle - und die zu erwartende - Situation
auf dem ostdeutschen Wohnungsmarkt, der in den meisten Kommunen durch sehr hohe Leerständen gekennzeichnet ist. Darum sollen im Folgenden anfangs die Ursachen, Struktur und Dynamik
des Leerstandes sowie die betriebswirtschaftlichen Folgen dargelegt werden, um so die Dimension
und wohnungswirtschaftliche Bedeutung von leer stehenden Obergeschossen von Plattenbauten zu
verdeutlichen.
Die Ursachen für den wachsenden Wohnungsleerstand liegen zum einen auf Seiten der Nachfrageentwicklung, die v.a. durch demografische Schrumpfungsprozesse gekennzeichnet ist:
ein drastischer Rückgang der Geburtenzahlen seit 1990, die nur leicht wieder ansteigen, führt
zu einem dauerhaften Sterbeüberschuss
ausbildungs- und arbeitsmarktbedingte Abwanderungen nach Westdeutschland
Suburbanisierungsvorgänge, die zu einem überproportionalen Rückgang der Einwohnerzahlen
in den Groß- bzw. Kernstädten führen
Im Ergebnis dieser Prozesse ging die Bevölkerung Ostdeutschlands von 1990 bis 2001 von
14.836.000 auf 13.788.000 bzw. um 7 % zurück.2 Diese Entwicklungen werden sich, wenn auch
abgeschwächt und regional deutlich differenziert, zukünftig fortsetzen. Entsprechend gehen Prognosen von einem weiteren Rückgang der Bevölkerung auf 12.933.600 im Jahr 2020 aus.3
Gleichzeitig haben sich die Haushaltsstrukturen deutlich verändert: So beträgt in den neuen Bundesländern (ohne Berlin) der Anteil der Einpersonenhaushalte 31,4 %, während in nur noch
25,4 % aller Haushalte Kinder vorhanden sind.4 Zudem stieg in den 90er Jahren der Anteil der Senioren von 19,2 auf 24,5 %.
Auf der anderen Seite ist es im gleichen Zeitraum zu einer deutlichen Ausweitung des Wohnungsangebotes gekommen. So stieg die Zahl der Wohnungen in Ostdeutschland von 6.836.189 im Jahr
1994 auf 7.560.867 im Jahr 2002 an (+10 %).5 Des Weiteren kam es durch Neubau und Modernisierung zu einer deutlichen Veränderung der Angebotsqualitäten. Hier sind insbesondere zu nennen:
großer Nachholbedarf auf dem Gebiet des Neubaus von Eigenheimen
Unvermietbarkeit von Gebäuden und Wohnungen aufgrund baulicher Mängel als Ursache für
den Leerstand, die nach Sanierung aber wieder auf den Markt kommen
2
Statistisches Bundesamt, Angaben ohne Berlin-Ost.
3
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung: INKAR Prognose 2020.
4
Mikrozensus 2002.
5
Statistisches Bundesamt.
- 10 -
ANALYSE &
KONZEPTE
Aufgrund dieser Entwicklungen stieg zum einen die Eigentumsquote auf 36,7 % an6, zum anderen
sank der Anteil der in industrieller Bauweise erstellten Wohnungen am Gesamtwohnungsbestand
auf rd. 29 %.7
Auch wenn zahlreiche Gebäude in industrieller Plattenbauweise inzwischen teil- oder vollmodernisiert wurden, bilden sie trotzdem ein vergleichsweise homogenes Angebot in hohen Stückzahlen,
zumeist in der städtebaulichen Struktur der Großsiedlungen, das weiterhin strukturelle Defizite
(Wohnungsgrößen, innen liegende Bäder und Küchen etc.) aufweist.
Insgesamt hat in den vergangenen zehn Jahren die sinkende und sich qualitativ verändernde
Nachfrage bei steigendem Wohnungsangebot zu einer Verschiebung zwischen den Marktsegmenten und vor allem zu einem rasanten Anstieg der Zahl dauerhaft leer stehender Wohnungen geführt. Im Jahr 2002 waren bereits rd. 1,3 Mio. Wohnungen ohne Mieter.8 Dies entspricht einer
Leerstandsquote von 14,4 %, die regional betrachtet von 9,9 % in Berlin bis zu 17,6 % in SachsenAnhalt reicht und in einzelnen Städten noch weit darüber liegt.
Aufgrund dieser Entwicklungen muss es ein zentrales wohnungswirtschaftliches und stadtentwicklungspolitisches Ziel sein, das Wohnungsangebot der Nachfrage anzupassen.
2.2
Leerstandsgefährdung
Für Wohnungsbauinvestitionen und die langfristige Unternehmensstrategie ist nicht nur der aktuelle Leerstand relevant, sondern auch der Umfang des zu zukünftigen Leerstandes aufgrund des zu
erwartenden weiteren Nachfragerückgangs. Damit kommt der Identifizierung der derzeit noch
vermieteten, aber langfristig leerstandsgefährdeten Wohnungen eine erhebliche Bedeutung zu.
Anhand der schematischen Darstellung (Abb. 2) lässt sich die Leerstandsgefährdung einer Wohnung aufzeigen. Hierfür werden Wohnwert und Lagewert einer Wohnung in Beziehung gesetzt. Unter Wohnwert fallen zum einen Merkmale der Wohnung, wie innen liegende Bäder oder Küchen,
Balkon, Sanierungsgrad, Grundriss, und zum anderen Merkmale des Gebäudes, wie z.B. Alt- oder
Neubau, Zahl der Wohnungen/Geschosse, Fahrstuhl, Leerstand. Unter Lagewert werden Merkmale
der Mikrolage (Wohnumfeld, Parkplatz, Sozialstruktur des Hauseinganges etc.) sowie der Makrolage (Verkehrsanbindung, Nähe zu Erholungsflächen, Image usw.) zusammengefasst.
Treffen nun jeweils ungünstige Werte zusammen (Nachfragetyp N1 könnte z.B. eine Wohnung in
einem unsanierten Plattenbau, im sechsten Geschoss ohne Fahrstuhl, mit innen liegendem Bad und
Küche sein), besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Wohnungsleerstand, während bei einem günstigen Wohn- und Lagewert (z.B. Typ N9) von einer dauerhaft stabilen Vermietungssituation ausgegangen werden kann. Es ist allerdings zu beachten, dass auch eine Wohnung in einem
6
Mikrozensus 2002.
7
Vgl. Marktchancen des jüngeren Geschosswohnungsbestandes der neuen Länder, BBR Forschungen H. 95, S. 5.
8
Mikrozensus 2002.
ANALYSE &
KONZEPTE
- 11 -
unsanierten Plattenbau in einer guten Lage besser vermietet sein kann (N6) als eine voll sanierte
Wohnung im obersten Geschoss eines Sechsgeschossers in einer ungünstigen Lage (N2).
Abb. 2
Leerstandsgefährdung
N4
günstig
Wohnwert
Z
weniger
günstig
ungünstig
N7
N9
Le
er
st
an
N2
N5
ds
ge
Ho
fä
hr
he
de
rL
t
ee
rst
an
N1
N3
d
ungünstig
weniger günstig
N8
N6
Z
günstig
Lagewert
Quelle: ANALYSE & KONZEPTE 2002.
Bei einer sinkenden Gesamtwohnungsnachfrage und einem steigenden Gesamtleerstand kann es
zu einer neuen Verteilung der Leerstände innerhalb der Leerstandsmatrix kommen, indem sich die
Achse der Leerstandsbetroffenheit (z) verschiebt. Diese Verschiebung bedeutet dann eine Ausweitung leerstandsbetroffener Bereiche: Aus der Gefährdung wird ein realer Leerstand.
2.3
Leerstandsverteilung
Hinsichtlich der Verteilung des Leerstandes innerhalb des Wohnungsbestands und der Ursachen
gibt es erhebliche Unterschiede. Beispielsweise sind 2,6 % des Leerstandes modernisierungsbedingt, und weitere 2 % stehen wegen Unbewohnbarkeit leer. Allerdings ist der größte Teil der leeren Wohnungen auf eine dauerhaft zu geringe Nachfrage zurück zu führen. Dabei muss aber be-
- 12 -
ANALYSE &
KONZEPTE
rücksichtigt werden, dass ein großer Teil des Leerstandes sich auf Wohnungen, die vor 1948 errichtet wurden, konzentriert; in Sachsen liegt dieser Anteil sogar bei 64 %.9
Während sich Anfang der 90er Jahre der Leerstand fast nur im Altbau zeigte, ist derzeit in Neubauquartieren die größte Dynamik und eine sehr starke Zunahme des Leerstandes zu beobachten.
Dieses trifft besonders auf die randstädtischen Großsiedlungen sowie auf unsanierte Gebäude zu.
In unsanierten Altbauten dominiert mittlerweile der Totalleerstand, während der Leerstand in den
Plattenbauten recht heterogen entsteht, je nachdem wie Wohnungen mit ungünstigen Merkmalen
über die Objekte verteilt sind. Insbesondere durch Fortzüge ohne erneute Vermietung entsteht ein
zufälliges Muster, sodass zahlreiche Gebäude von recht unterschiedlichen Leerstandsquoten betroffen sind, die jeweils zu Ertragsschmälerungen führen.
Ein wohnungswirtschaftliches Ziel der Eigentümer ist daher die Konzentration des Leerstandes, um
auf diese Weise möglichst weit reichende Handlungsoptionen zu erhalten.
2.4
Leerstandskosten
Der vorherrschende Wohnungsleerstand kann sich existenzbedrohend auf die örtlichen Wohnungsunternehmen auswirken, und zwar nicht nur wegen der fehlenden Mieteinnahmen, sondern auch
wegen weiter laufender Kosten wie
Betriebskosten
Verwaltungskosten
Instandhaltungskosten
Kreditverpflichtungen
Altschulden
Diese insgesamt als Leerstandskosten bezeichneten laufenden Ausgaben verbleiben bei den Wohnungseigentümern und müssen durch die übrigen, vermieteten Bestände mit erwirtschaftet werden. Sie können sich auf monatlich 1 bis 1,50 € je qm Wohnfläche zzgl. der jeweils sehr unterschiedlichen Kreditverpflichtungen belaufen.
Darüber hinaus wirkt sich der Leerstand einiger Wohnungen in einem Gebäude auch negativ auf
die Vermietbarkeit des übrigen Bestandes aus, was auch mit dem Schlagwort „Leerstand zieht
Leerstand nach sich“ bezeichnet wird. Dies führt wiederum zu weiteren Ertragsausfällen.
Es ist daher ein vordringliches wohnungswirtschaftliches Ziel, die Leerstände und damit die Leerstandskosten zu reduzieren.
9
Vgl. Sächsische Aufbaubank: Monitoring Wohnungswirtschaft 2003, S. 66.
- 13 -
2.5
ANALYSE &
KONZEPTE
Leerstandsreduzierung
Durch die massive Leerstandsentwicklung werden zunehmend die Marktmechanismen außer Kraft
gesetzt, die finanziellen Handlungsspielräume der Anbieter sind aufgrund der starken Position der
Nachfrager sehr stark eingeschränkt. Die Erlösminderungen und Leerstandkosten haben für zahlreiche Wohnungsunternehmen inzwischen existenzgefährdende Folgen. Darum müssen aus betriebswirtschaftlichen Gründen dauerhaft nicht vermietbare Wohnungen aus dem Markt genommen
werden, insbesondere durch den Rückbau von Gebäuden. Dieses ist allerdings wiederum mit Kosten verbunden, denen keine Einnahmen gegenüberstehen. Aus diesem Grund unterstützt die Bundesregierung mit dem Programm "Stadtumbau Ost" die Restrukturierung der ostdeutschen Wohnungsmärkte (vgl. Kap. 7.4).
Zur Reduzierung der Leerstände werden derzeit zwei grundlegend verschiedene Strategien umgesetzt. Zum einen erfolgt eine Konzentration der Leerstände in ungünstigeren Beständen durch aufwertende und Modernisierungsmaßnahmen in anderen Gebäuden.
Zum anderen wird eine Reduzierung des Leerstandes durch Verringerung des Gesamtwohnungsangebotes angestrebt. Hierfür gibt es verschiedene Maßnahmen, wie z.B.
teilweiser oder kompletter Rückbau der Gebäude
Zusammenlegung von Wohnungen
Umnutzung von Wohnungen für gewerbliche Zwecke oder den gemeinschaftlichen Bedarf
Ein zentrales Problem insbesondere beim Rückbau ist die oftmals nicht mögliche Konzentrierbarkeit
des Leerstandes (vgl. Kap. 2.3). Dieses führt dazu, dass nach wie vor ein erheblicher Teil des Leerstandes nicht durch Rückbau reduziert werden kann. Trotzdem bleibt als wohnungswirtschaftliches
Ziel die größtmögliche Reduzierung dauerhaft nicht nachgefragter Wohnungen.
2.6
Wohnungen im obersten Geschoss von Plattenbauten
Wie oben dargestellt, stehen Wohnungen in Plattenbauten vor allem in Großsiedlungen einer rapide gesunkenen Nachfrage gegenüber. Die 5. bzw. 6. Geschosse stellen im Vergleich zu den darunter liegenden Geschossen aufgrund des beschwerlichen Treppenaufstieges zumeist eine ungünstigere Wohnlage dar. Bei sonst gleichen Wohnungsmerkmalen setzt hier die Leerstandsentwicklung
zuerst ein. Auch bei sanierten oder modernisierten Wohnungen sind tlw. Leerstände in den obersten Geschossen zu beobachten, hier kann die bauliche Verbesserung die Nachteile der ungünstigen
Erreichbarkeit nicht aufwiegen.
Die obersten Geschosse von Plattenbauten stellen damit einen der zentralen Leerstandsschwerpunkte dar, dessen Dimension allein auf 60.000 bis 80.000 Wohnungen geschätzt werden kann.10
Im Hinblick auf die oben dargestellte Leerstandsmatrix (s. Abb. 1) stellt sich daher (im Einzelfall)
10
Bei Berücksichtigung nur eines obersten Geschosses.
- 14 -
ANALYSE &
KONZEPTE
die Frage, ob diese Wohnungen in den obersten Geschossen bei einer weiter sinkenden Gesamtnachfrage
in einem ansonsten vermietbaren Gebäude dauerhaft leer bleiben,
dieses nur der Beginn einer fortschreitenden Leerstandsentwicklung im Gebäude ist oder
die Wohnungen in den obersten Geschossen durch Wohnwert erhöhende Maßnahmen sogar
wieder an den Markt gebracht werden können?
Wenn sich die anderen Wohnungen in einem Gebäude vermieten lassen, bedeutet dieses für das
Wohnungsunternehmen den dauerhaften Verbleib des Leerstandes in den obersten Geschossen,
der sich nicht ohne weiters konzentrieren lässt. Damit sinken die Erlöse, die Leerstandskosten
verbleiben vollständig beim Unternehmen.
Im zweiten Fall ist davon auszugehen, dass sich das gesamte Gebäude nicht dauerhaft vermarkten
lässt. Damit ist es eine Frage des Leerstandsmanagements, dieses Gebäude komplett frei zu ziehen
und mittelfristig rückzubauen.
Wenn hingegen der dritte Fall vorliegt, ist ein mit wirtschaftlichem Risiko verbundener Einsatz von
Investitionsmitteln für Modernisierung, Fahrstuhlanbau etc. sinnvoll, soweit ausreichend Eigenkapital vorhanden ist.
Insgesamt wird aus diesen Szenarien deutlich, dass durch eine Umnutzung leer stehender Wohnungen in den oberen Geschossen von Plattenbauten Möglichkeiten für eine Leerstands(kosten)Reduzierung bestehen, und zwar
als Dauerlösung, wenn wie im ersten Szenario keine Vermietbarkeit mehr gegeben ist, sowie
als Zwischenlösung, wenn wie im zweiten Szenario der Leerstand im Gebäude langfristig fortschreiten wird.
Die Umnutzung der obersten Geschosse bietet also bei unterschiedlichen Ausgangssituationen die
Möglichkeit der Leerstandskostenreduzierung auch dann, wenn kein Rückbau realisierbar ist.
- 15 -
3
ANALYSE &
KONZEPTE
Fallbeispiele
Im Rahmen von Recherchen bei Verbänden der Wohnungswirtschaft, Wohnungsunternehmen sowie auf Basis eigener Marktkenntnisse wurden für die Untersuchung Gebäude in Plattenbauweise
ermittelt, bei denen die obersten Geschosse bereits umgenutzt wurden. Insgesamt zeigt sich, dass
zum Recherchezeitpunkt (Frühjahr 2003) erst wenige Projekte realisiert waren, von denen im Folgenden vier differenzierter dargestellt werden.11 Diese vier Beispiele weisen eine große Bandbreite
der baulichen Möglichkeiten einer Umnutzung auf, sodass eine gute Analysebasis gegeben ist.
Im Einzelnen handelt es sich um Projekte in
Freiberg
Weißenfels
Zeitz
Guben
Hinzu kamen noch Recherchen bei einigen Wohnungsunternehmen, die die Möglichkeit einer Umnutzung in Erwägung gezogen, jedoch abschließend wieder verworfen haben. Deren Gründe und
Erfahrungen sind, soweit sie hinsichtlich der Fragestellungen relevant waren, ebenfalls in diesem
Forschungsvorhaben berücksichtigt worden.
In den folgenden Abschnitten werden die vier Fallbeispiele anhand des einheitlichen Erfassungsschemas (vgl. Kap. 1.2) detailliert dargestellt. Die Themenschwerpunkte sind dabei
Eckwerte des Wohnungsunternehmens
Objektbeschreibung
Leerstandssituation
Bauliche Maßnahmen
Baukosten
Betriebskosten
Die Beschreibungen dienen einer ersten Übersicht über Rahmenbedingungen und Maßnahmen, detaillierte Aspekte werden dann in Kap. 4 im Rahmen der vergleichenden Analysen einbezogen. Das
jeweilige Beispiel wird in einem Steckbrief knapp zusammengefasst dargestellt, eine synoptische
Übersicht aller Beispiele befindet sich im Anhang.
3.1
Freiberg
In Freiberg (Sachsen) hat die Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG eine Umnutzung von Obergeschossen durchgeführt. Vor dem Hintergrund der Wohnungsmarktentwicklung der letzten Jahre
waren auch hier Strategien zur Reduzierung von Leerständen notwendig geworden. Zwischen 1990
11
Eine methodisch begründete Auswahl erfolgte dahingehend, dass bei insgesamt 5 Projekten ein mit einem anderen
Projekt identisches Gebäude nicht analysiert wurde.
- 16 -
ANALYSE &
KONZEPTE
und 2002 ist die Einwohnerzahl Freibergs von 51.000 auf 44.500 gesunken, dies entspricht einem
Bevölkerungsrückgang von 12,5 %. Zurückzuführen ist dies auf die natürliche Bevölkerungsbewegung (Gestorbenenüberschuss im Jahr 2002: 165 Personen), vor allem aber auf Abwanderungen
(Überschuss der Fortzüge im Jahr 2002: 529 Personen).
Die Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG verfügt über einen Wohnungsbestand von 5.445 Wohnungen, dies macht einen Anteil von rund 23 % des gesamtstädtischen Wohnungsbestandes aus.
Der Unternehmensleerstand beträgt 13 %. Damit stellt sich die Leerstandssituation der Genossenschaft besser dar als im lokalen Wohnungsmarkt insgesamt. In Freiberg stehen 20 % aller Wohnungen leer.
Schwieriger ist die Situation im Wohngebiet Friedeburg, wo sich die untersuchten Umnutzungsobjekte befinden. Friedeburg ist Stadtumbaugebiet. Es handelt sich bei dem Quartier um einen Komplex des industriellen Wohnungsbaus, in dem die Wohnungsgenossenschaft über 1.224 Wohnungen verfügt. Er stellt den ungünstigsten Bestand innerhalb der Genossenschaft dar, was sich in der
Vermietungssituation niederschlägt. So betrug Ende 2002 der Leerstand rd. 30 %, der Schwerpunkt befand sich in den fünften und sechsten Geschossen: 45 % aller Leerstände in diesem Gebiet liegen in den oberen Geschossen.
Angesichts dieser ungünstigen Situation hatte die Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG Leerstandsreduzierungen für Objekte in der Arthur-Schulz-Straße mit insgesamt 36 Wohnungen und in
der Friedeburger Straße mit 120 Wohnungen vorgesehen. Dabei handelt es sich um Plattenbauten
des Typs IW 83 (WBS 70) mit jeweils sechs Geschossen sowie Drei- und Vierraumwohnungen.
Vor der Umnutzung waren die Gebäude bereits teilsaniert worden. Ein Wärmedämmverbundsystem
am Giebel und eine Drempeldämmung mit Dachgeschossverkleidung sorgen für eine Verbesserung
des Wärmeschutzes. Insofern sind im Vorwege keine Modernisierungen der Wohnungen selbst
vorgenommen worden. Die Umnutzung erfolgte dann bis Ende 2003 für 58 Wohneinheiten im
sechsten Geschoss.
Die einzelnen Wohnungen wurden in individuelle Bodennutzungsflächen umgewandelt. Dabei blieben die vorhandenen Wohnungsgrundrisse bestehen, sodass keine Eingriffe in die Gebäudestruktur
erforderlich wurden. Dadurch konnten auch die Wohnungseingangstüren erhalten bleiben. Hinsichtlich des Brandschutzes wurden hier keine weiteren Maßnahmen notwendig, da es sich um eine
Mindernutzung handelt. Darüber hinaus wurden die Fenster erneuert.
Durch das Einziehen von Trennwänden in Holzlattenkonstruktion wurden sechs bis acht Quadratmeter große Parzellen gebildet. Notwendig wurde eine Demontage der technischen Infrastruktur
der Wohnungen. Dazu zählen der Rückbau der Sanitäreinrichtungen und der elektrischen Installationen. Auf eine Demontage der Sanitärraumzelle wurde angesichts hoher Kosten verzichtet. Die
Badzelle wird als Hausmeisterabstellraum genutzt. Die Beleuchtung wurde den Anforderungen an
eine Bodennutzungsfläche angepasst. Hinzu kamen weitere kleinere Arbeiten, wie ein neuer Wandanstrich oder das Anbringen von Schlössern und Beschlägen.
ANALYSE &
KONZEPTE
- 17 -
Aufgrund der vorhandenen Drempeldämmung wurde keine weitere Geschossdeckendämmung eingebaut. Da die Heizkörper im Bodenraum verblieben sind und eine Temperatur von ca. 15 Grad C
vorgehalten wird, sind für die obersten Wohnungen hinsichtlich des Wärmehaushaltes keine nennenswerten Mängel zu verzeichnen.
Insgesamt beliefen sich die Baukosten auf
rund 97.000 € oder 2.700 € je Wohnung.
Demgegenüber
Umnutzung
können
bzw.
durch
Stilllegung
die
der
Wohnungen Leerstandskosten in Höhe von
monatlich 1,40 €/m² eingespart werden.
Für die Wohnungsgenossenschaft ergibt
sich damit eine jährliche Einsparung von
rund 35.000 €.
Die Einsparungen ergeben sich aus einer
Reduzierung der Grundsteuer, die mit dem
örtlichen Finanzamt abgestimmt wurde,
sowie
einer
Verringerung
Versicherungszahlungen.
werden
durch
die
Des
von
Weiteren
Stilllegung
der
Wohnungen Hauswartkosten eingespart.
Betriebskosten
für
Bodennutzungsflächen
die
(Beleuchtung,
Mindestbeheizung) werden analog zu den
Treppenhauskosten
umgelegt.
Für
die
Mieter erhöhte sich außerdem die Umlage für die Grünflächenpflege, da die hier anfallenden Kosten nach der dauerhaften Umnutzung auf weniger Wohnungen aufgeteilt werden.
Die Mieterakzeptanz hinsichtlich der Maßnahmen und der erhöhten Betriebskosten ist hoch. Die
Dachbodenflächen werden vollständig genutzt und sowohl von Neu- als auch von Altmietern positiv
aufgenommen. Für die Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG ergibt sich eine positive Bilanz aus
den Maßnahmen. Die Umnutzung führt zur Senkung der Leerstandskosten und gleichzeitig zu einer
Stabilisierung der Vermietungssituation. Weitere Umnutzungen sind geplant.
- 18 -
ANALYSE &
KONZEPTE
Steckbrief - Fallbeispiel Freiberg Unternehmen
Wohnungsgenossenschaft Freiberg eG
Wohnungsbestand:
Unternehmensleerstand:
gesamtstädtischer Leerstand:
5.445 WE
<13 %
20 %
Objekt
Lage
Wohngebiet Friedeburg (Stadtumbaugebiet)
Arthur-Schulz-Straße: 36 WE
Friedeburgerstraße: 120 WE
Bautyp
Plattenbau IW 83, 6 Geschosse
Zweispänner, Drei- und Vierraumwohnungen
Sanierungsstand vor Umnutzung
teilsaniert: Gebäudehülle inklusive Wärmedämmverbundsystem und
Drempeldämmung
Leerstand
- vor Umnutzung:
30 %
- davon im 5. und 6. Geschoss:
45 %
- nach Umnutzung:
< 10 %
Leerstandskosten:
1,40 €/m² pro Monat
Maßnahmen
Umnutzung:
Bauliche Maßnahmen:
36 Wohnungen im sechsten Geschoss in individuelle Bodennutzungsfläche (jeweils 6 bis 8 m²),weitere 22 bis 2003 und sowie 30 bis 2004,
Badzelle als Hausmeisterabstellraum
Demontage Sanitäreinrichtung
Rückbau Elektrik
Trennwände in Holzlattenkonstruktion
Schlösser, Beschläge eingebaut
Neuer Wandanstrich
Baukosten:
Betriebskosten:
2.699,15 € pro Wohnung
Mindestbeheizung des Dachbodens: Umlage analog Treppenhaus
Strom über Umlage Hausstrom
Reduzierung Hauswartkosten
Reduzierung Grundsteuer
Versicherung wohnungsweise auf 0 gesetzt
Erhöhte Umlage der Grünflächenpflege durch Verringerung der
Gesamtwohnfläche
- 19 -
3.2
ANALYSE &
KONZEPTE
Weißenfels
Die Stadt Weißenfels liegt im südlichen Sachsen-Anhalt und ist ebenfalls von starken Bevölkerungsrückgängen und Wohnungsleerständen betroffen. Die Bevölkerung ist im Zeitraum von 1990 bis
2003 von 37.765 auf 30.701 Einwohner zurück gegangen und damit um 18,7 % geschrumpft. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren voraussichtlich fortsetzen. Nach einer Prognose
des Statistischen Landesamtes ist für den Landkreis Weißenfels zwischen 2002 und 2020 mit einem
Rückgang von 21,9 % zu rechnen.12
Entsprechend ist die Stadt durch Leerstände gekennzeichnet, im Jahr 2002 standen rund 4.000
Wohnungen leer. Vor diesem Hintergrund sind Strategien zur Leerstandsreduzierung in Weißenfels
erforderlich.
Die Wohnungsbaugenossenschaft Weißenfels/Saale eG hat als Teil einer solchen Strategie die Umnutzung von Obergeschossen verwirklicht. Im Bestand der Wohnungsbaugenossenschaft Weißenfels befinden sich 2.800 Wohnungen in insgesamt 80 Objekten. Damit bewegt sich der Anteil am
gesamtstädtischen Wohnungsbestand in einer Größenordnung von rund 14 %. Der Unternehmensleerstand beträgt 19,2 % und spiegelt ungefähr die Leerstandssituation der Stadt Weißenfels
(19,9 %) wider.
Das untersuchte Objekt liegt im Stadtteil Süd, der bisher nicht als Stadtumbaugebiet ausgewiesen
ist. Die Aufnahme als Stadtumbaugebiet ab 2005 ist jedoch beantragt. Der Stadtteil ist von Plattenbauten und einem Wohngebietszentrum aus den 1980er Jahren geprägt. Die dortigen genossenschaftlichen Bestände machen einen Unternehmensanteil von 35 % aus.
In dem Umnutzungsobjekt Südring 66-71 befinden sich 60 Wohnungen, die in Plattenbauweise des
Typs IW 64 (P-Halle) im Jahr 1985 errichtet wurden. Es handelt sich um Zweispänner mit jeweils
fünf Geschossen und Dreiraumwohnungen, die sich vor der Umnutzung in einem teilsanierten Zustand befanden (Fenster und Heizung). In dem Gebäude bestand vor der Umnutzung ein Leerstand
von 28,1 %. Vor allem in den oberen Geschossen wies das Gebiet mit 33 % des gesamten Leerstandes einen sehr hohen Wert auf. Vor diesem Hintergrund wurden die wenigen verbliebenen
Mieter des obersten Geschosses umgesetzt und die zwölf Wohnungen im fünften Geschoss in individuelle Abstellräume für Mieter umgenutzt. Im Zuge einer komplexen Baumaßnahme erfolgten die
Umnutzung, die Sanierung von Fassade und Loggien, Ausstattungsverbesserungen in den Wohnungen sowie eine barrierefreie Neugestaltung des Wohnumfeldes.
Die mit der Umnutzung verbundenen baulichen Maßnahmen beinhalteten die Demontage der Installationen, die Verkleinerung einiger Fensteröffnungen im Rahmen des Einbaus neuer Fenster
und eine gesonderte Verkleidung des fünften Geschosses durch eine vorgehängte Fassade. Darüber hinaus wurde eine trittfeste Dämmung auf die oberste Geschossdecke aufgebracht, die Räume wurden malermäßig instand gesetzt und die Eingangstür als T 30-Tür erneuert. Die ursprüngliche Zimmeraufteilung wurde beibehalten, nach der Umnutzung sind die Räume nicht beheizbar.
12
Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2004.
- 20 -
ANALYSE &
KONZEPTE
Die Baukosten der Umnutzung beliefen sich insgesamt auf 37.800 € bzw. 3.150 € je umgenutzter
Wohnung. Der Anteil der umgenutzten Wohnungen an den Fassadenarbeiten (Dachgeschossverkleidung, Fugensanierung, Anstrich Gerüst etc.) betrug weitere 3.300 € je Wohnung.
Demgegenüber können durch die Umnutzung der zwölf Wohnungen im fünften Geschoss Leerstandskosten von 12,80 € pro Quadratmeter und Jahr (= rd. 775 € je Wohnung) eingespart werden. Aufgrund der Reduzierung der Anzahl der Wohnungen von 60 auf 48 Wohnungen erhöhen
sich allerdings die kalten Betriebskosten für die übrigen Wohnungen um 53 € pro Jahr und Wohnung. Diese Betriebskostenänderung wird jedoch als unkritisch eingestuft, da die "Bodenkammern"
ohne zusätzliches Nutzungsentgelt den Wohnungen direkt zugeordnet sind.
Die Umnutzung ist aus Sicht der Wohnungsbaugenossenschaft Weißenfels/Saale eG ein Erfolg.
Nach der Umnutzung und komplexen Sanierung konnte das Objekt "Südring 66-71" voll vermietet
werden. Die Mieter zeigen eine hohe Akzeptanz hinsichtlich der durchgeführten Umnutzungsmaßnahmen. Dies äußert sich darin, dass die Maßnahmen bei einer Mitgliederversammlung positiv aufgenommen wurden und die neuen Abstellflächen heute vollständig genutzt werden. Die Umnutzung führt aus Sicht der Genossenschaft zur Senkung der Leerstandskosten und gleichzeitig zu einer Stabilisierung der Vermietungssituation. Aufgrund dieser positiven Erfahrungen wird gegenwärtig bereits ein weiterer Wohnblock im gleichen Quartier in der gleichen Art und Weise saniert sowie
das Obergeschoss umgenutzt.
- 21 -
ANALYSE &
KONZEPTE
Steckbrief - Fallbeispiel Weißenfels Unternehmen
Wohnungsbaugenossenschaft Weißenfels/Saale eG
Wohnungsbestand:
2.800 WE
Unternehmensleerstand:
19,2 %
gesamtstädtischer Leerstand:
19,9 %
Objekt
Lage
Wohngebiet Süd
Südring 66 – 71: 60 WE
Bautyp
Plattenbau IW 64 (P-Halle), Baujahr 1985, 5 Geschosse
Zweispänner, Dreiraumwohnungen
Sanierungsstand vor Umnutzung
Teilsaniert
Leerstand
- vor Umnutzung:
- davon im 5. und 6. Geschoss:
- nach Umnutzung:
Leerstandskosten:
28,1 %
33 %
2%
12,80 €/m² im Jahr
Maßnahmen
Umnutzung:
Bauliche Maßnahmen:
von 12 WE im 5. Geschoss in individuelle Abstellräume für Mieter, nach
Sanierung der gesamten Gebäudehülle
Demontage Installation
Verkleinerung der Fensteröffnung, neues Fenster bzw. Verkleinerung durch vorgehängte Fassade
Gesonderte Verkleidung 5. Geschoss
Trittfeste Dämmung Geschossdecke
Ursprüngliche Zimmeraufteilung beibehalten
Malermäßige Instandsetzung
Räume nicht beheizbar
Erneuerung Eingangstür als T 30-Tür
Baukosten:
Betriebskosten:
3.150 €/WE Anteil Fassade: 3.300 €
Reduzierung um 12 Wohnungen auf 48 erhöht „Kalte Betriebskosten“ um 53 € pro Jahr und Wohnung
ANALYSE &
KONZEPTE
- 22 -
3.3
Zeitz
Ähnlich wie in Weißenfels stellt sich die Situation in Zeitz dar. Auch in dieser Mittelstadt im Süden
Sachsen-Anhalts ging seit der Wende die Bevölkerungszahl drastisch zurück - im Zeitraum zwischen 1990 bis 2003 von 40.878 auf 30.449. Das bedeutet einen Bevölkerungsrückgang von
25,5 %. Eine weitere Schrumpfung um rund 20 % bis zum Jahr 2020 wird für den Landkreis (Burgenlandkreis) prognostiziert.13
Der gesamtstädtische Leerstand liegt mit ca. 23 % über dem Durchschnitt von Sachsen-Anhalt und
erfordert entsprechende Maßnahmen von der Stadt und den Akteuren auf dem Wohnungsmarkt.
Die Wohnungsgenossenschaft 1. Mai eG in Zeitz hat daher mit Umnutzungsmaßnahmen in zwei
Objekten reagiert. Insgesamt befinden sich 1.770 Wohnungen im Bestand der Wohnungsgenossenschaft, was einem Marktanteil von knapp 10 % entspricht. Das Unternehmen selbst weist insgesamt einen vergleichsweise geringen Wohnungsleerstand von 7,8 % auf und liegt damit deutlich
unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt.
Kritischer stellt sich die Situation in der Großsiedlung Zeitz-Ost, einem Stadtumbaugebiet, dar. In
der Dietrich-Bonhoeffer-Straße 48-51 standen vor der Umnutzung 46,5 % der insgesamt 43 Wohnungen leer, davon insgesamt 61,8 % im fünften und sechsten Geschoss. Dabei handelt es sich
um Zweispänner mit Zweieinhalb- und Vierraumwohnungen. Neben den 43 Wohnungen befanden
sich dort drei Büros, ein Lager und eine Gäste-Wohnung.
Die Gebäude wurden von 1976 bis
1988 in der Halleschen MonolithBauweise (HMB) mit sechs Geschossen errichtet. Hierbei handelt
es sich nicht um eine "reine"
Plattenbauweise, weil die tragende
Konstruktion
(Wände
und
Geschossdecken) der Häuser im so
genannten
Tunnelschalverfahren
vor Ort betoniert wurden und
anschließend nicht tragende Außenwandelemente,
Loggien
etc.
als
Treppen,
Fertigteile
14
montiert wurden.
13 der 14 Wohnungen im fünften und sechsten Geschoss standen bereits leer, diese wurden aufgrund der schwierigen Vermietungssituation stillgelegt, eine davon wurde als Abstellraum für den
13
3. Regionalisierte Bevölkerungsprognose 2002 bis 2020, Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2004.
14
Diese Konstruktion erschwert einen möglichen Teilrückbau, was ein wesentlicher Grund für die Entscheidung zur Umnutzung war (vgl. Kap. 7.3).
- 23 -
ANALYSE &
KONZEPTE
Hausmeister umgenutzt. Die 14. Wohnung wurde auf Wunsch des Nutzers weiter vermietet, bei
dessen Auszug würde allerdings auch diese Wohnung stillgelegt werden.
Im Zuge der Umnutzung der oberen Geschosse wurden bauliche Maßnahmen durchgeführt. Dazu
gehören z.B. die Kappung der Versorgungsstränge, eine Dämmung aus Mineralwolle mit Vlieskaschierung der betretbaren Fußböden im fünften Geschoss und die Spannungsfreimachung der Elektroanlage. Die Wohnungseingangstüren wurden beibehalten. Die Loggien wurden mit einem
kaum sichtbaren Nylonnetz verspannt, um das Einnisten von Vögeln zu verhindern, und die Brüstungsverkleidung wurde analog zu den übrigen Loggien neu gestrichen.
Die Baukosten für die durchgeführten baulichen Maßnahmen beliefen sich auf 1.230 € je Wohnung,
insgesamt rd. 16.000 €. Demgegenüber können für die umgenutzten Wohnungen 0,95 € pro Quadratmeter an Betriebskosten eingespart werden. Daraus ergibt sich eine jährliche Summe in Höhe
von rund 10.000 €. Diese Einsparung ergibt sich u.a. aus der Reduzierung der Grundsteuer, des
Versicherungsbeitrags und der Fernwärmekosten durch eine Neuberechnung der Anschlusswerte.
Die Umnutzung wird vonseiten der Genossenschaft als sinnvoll bewertet. Allerdings ist der Leerstand in diesem Beispiel nur auf 23 % gesunken, jedoch gegenüber 46,5 % vor der Umnutzung.
Da es sich bei der HMB um vor Ort gegossene Platten handelt, ist ein Teilrückbau bautechnisch nur
sehr bedingt und kostenintensiv umsetzbar. Daher sind weitere Stilllegungen für Bestände, deren
langfristige Nachfrage unklar ist, denkbar. Eine Umnutzung im Sinne einer Nutzungsänderung ist
für die Wohnungsgenossenschaft 1. Mai eG angesichts einer durchgeführten Mieterbefragung nicht
relevant, da die Mieter, vermutlich wegen der Wohnungsgrößen, kein Interesse an zusätzlichen
Abstellflächen gezeigt haben.
- 24 -
ANALYSE &
KONZEPTE
Steckbrief - Fallbeispiel Zeitz Unternehmen
Wohnungsgenossenschaft 1. Mai e. G. Zeitz
Wohnungsbestand:
1.770 WE
Unternehmensleerstand:
7,8 %
gesamtstädtischer Leerstand:
23 %
Objekt
Lage
Großsiedlung Zeitz-Ost (Stadtumbaugebiet)
Dietrich-Bonhoeffer-Str. 48-51: 43 WE (zzgl. 3 Büros, 1 Lager, 1
Gästewohnung)
Bautyp
Hallesche-Monolith-Bauweise (80er Jahre), 6 Geschosse
Zweispänner, Zweieinhalb- und
Sanierungsstand vor Umnutzung
Grundsaniert
Leerstand
- vor Umnutzung:
46,5 % (20 von 43 WE)
- davon im 5. und 6. Geschoss:
65 % (13 von 20 WE)
- nach Umnutzung:
23 % (7 von 31 WE)
Leerstandskosten:
Rd. 1 €/m²
Maßnahmen
Umnutzung:
Bauliche Maßnahmen:
Stilllegung von 13 WE, Abstellraum für Hausmeister, ein Teil des Geschosses wird weiterhin als Wohnung vermietet (1 WE)
Versorgungsstränge gekappt
Betretbare Fußbodendämmung aus Mineralwolle mit Vlieskaschierung (ISOVER) im 5. Geschoss
Kostenersparnis durch Nichtsanierung Loggia, Wohnungseingangstüren etc., wie bei verbleibenden Wohnungen
Spannungsfreimachung der Elektroanlage
Nylonnetz für Loggia
Baukosten:
Betriebskosten:
1.230 €/WE
Grundsteuerreduzierung
Reduzierung Fernwärme durch Neuberechnung der Anschlusswerte
Reduzierung Versicherungsbeitrag
Ersparnis für Genossenschaft ca. 0,90 € je m² Wohnfläche
- 25 -
3.4
ANALYSE &
KONZEPTE
Guben
Die Stadt Guben in Brandenburg hat seit den neunziger Jahren mit den gleichen strukturellen Problemen zu Kämpfen wie andere "DDR-Entwicklungsstädte": Deindustrialisierung, Arbeitslosigkeit und
Abwanderung wirken sich negativ auf die Wohnungsmarktsituation aus. Zwischen 1990 und 2002
ging die Bevölkerung von 33.200 auf 23.300 Bewohner und damit um 30 % zurück. Bis zum Jahr
2020 wird die Bevölkerungszahl voraussichtlich auf rd. 17.000 schrumpfen. Vor diesem Hintergrund
erfolgen im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost Leerstandsreduzierungen durch Rückbau. Bis
April 2004 wurden bereits rund 1.300 Wohnungen abgerissen. Dennoch ergibt sich für die Stadt
Guben ein Wohnungsüberhang von 1.835 Wohnungen. Der gesamtstädtische Leerstand liegt bei
18 % (2002).
Neben dem Rückbau hat die Gubener Wohnungsgesellschaft mbH Umnutzungen von Wohnungen
mit dem Ziel der Leerstandsreduzierung vorgenommen. Das Unternehmen hat einen Wohnungsbestand von 6.700 Wohnungen bei einem Leerstand von 25 %, der damit deutlich über dem städtischen Durchschnitt liegt. Die umgenutzten Objekte befinden sich in der Großsiedlung Reichenbacher Berg. Der dortige Bestand der Wohnungsgesellschaft ist der vermietungsseitig ungünstigste
Bestand. Im Rahmen des Stadtumbaus wird der Wohnkomplex IV großflächig umgestaltet. Die hier
vorgestellten Objekte stellen einen Teil des verbleibenden Bestandes dar, der nicht abgerissen
wird.
Die Objekte liegen am Sächsischen Ring 1-11 und in der
H.-Jentsch-Straße
26-36.
Dabei handelt es sich um zwei
Plattenbauten des Typs P2
des WBK Cottbus aus dem
Jahr 1978 mit fünf Geschossen.
Beide
Zweispänner
Gebäude
mit
sind
Dreiraum-
wohnungen und jeweils 110
Wohneinheiten. Der Leerstand
betrug vor der Umnutzung
26 %, davon 54 % im fünften
Geschoss. Angesichts dessen sind 44 Wohnungen im fünften Geschoss zu Abstellräumen für die
Mieter umgenutzt worden. Je Aufgang wird eine Badzelle als technischer Raum für die auf Gas
umgestellte Heizungsanlage genutzt.
Die Umnutzung erfolgte im Rahmen einer komplexen Sanierung der Gebäude. Diese beinhaltet die
Isolierung der Gebäude durch ein Wärmedämmverbundsystem. Für die Umnutzung wurden sämtliche Installationen zurückgebaut. Des Weiteren erfolgten Tischlerarbeiten für die Aufteilung der
vorhandenen Räume in jeweils vier "Bodenräume", eine malermäßige Instandsetzung und den Anschluss der Elektroverteilung an die Mieterzähler. Im Rahmen der Maßnahmen wurden keine besonderen Brandschutzauflagen gestellt. Auf der letzten Geschossdecke wurde eine trittfeste Däm-
ANALYSE &
KONZEPTE
- 26 -
mung verlegt. Darüber hinaus wurden weitergehende bauliche Eingriffe in die Gebäudestruktur
vorgenommen. Hierzu zählt der Abbruch der Loggien und die Verkleinerung der Fensteröffnungen
und das Einsetzen neuer, kleinerer Fenster.
Diese umfangreichen Maßnahmen führten zu umnutzungsbedingten Baukosten in Höhe von
6.476 € je Wohnung (= 110 € je qm Wfl.). Der Anteil der umgenutzten Wohnungen an den Fassadenkosten betrug weitere 4.433 € je Wohnung. Die Finanzierung der Gesamtbaumaßnahme setzt
sich zusammen aus Eigenkapital, ILB-Darlehen und KfW-Darlehen, die Kosten für die Umnutzung
konnten als Zuschuss der Städtebauspitzenförderung geltend gemacht werden.
Mit
dieser
Umnutzung
konnte eine Verringerung
der
Leerstandskosten
erreicht
werden.
Dies
wurde möglich durch eine
lineare
Reduzierung
der
Gebäudeversicherung, eine
Senkung der Grundsteuer
und
die
Einsparung
Heizkosten
umgenutzten
für
der
die
Wohnungen.
Durch die Modernisierung
und
insbesondere
die
Energieträgerumstellung
wurde eine vollständige Neuberechnung der Betriebskosten erforderlich, die in der Summe - trotz
der Umnutzung - für die Mieter eine Verringerung mit sich brachte, da die modernisierungsbedingte Senkung größer war als die Erhöhung durch den Umlageschlüssel. Entsprechend stießen die
Maßnahmen bei den Mietern auf eine große Akzeptanz.
Die Gubener Wohnungsgesellschaft betrachtet die durchgeführten Maßnahmen aus Vermarktungsgesichtspunkten grundsätzlich als sinnvolles Element der Leerstandsreduzierung. Der Leerstand
konnte von 26 % auf 3 % reduziert werden.
Trotz dieser positiven Erfahrungen plant die GuWo keine weiteren Umnutzungen, sondern stattdessen einen Teilrückbau (Märkischer Ring 1- 12 in unmittelbarer Nähe zu den Umnutzungsobjekten). Die aktuell ungünstigen Finanzierungsbedingungen und der Verbleib der Altschulden einerseits sowie die finanzielle Förderung des Rückbaus andererseits ergeben eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zugunsten des Teilrückbaus (vgl. Kap. 7).
- 27 -
ANALYSE &
KONZEPTE
Steckbrief - Fallbeispiel Guben Unternehmen
Gubener Wohnungsgesellschaft mbH
Wohnungsbestand:
6.700 WE
Unternehmensleerstand:
25 %
gesamtstädtischer Leerstand:
18 %
Objekt
Lage
Großsiedlung Reichenbacher Berg
Sächsischer Ring 1-11
H.-Jentsch-Straße 26-36
Bautyp
P2 (WBK Cottbus), 5 Geschosse
Zweispänner, Dreiraumwohnungen
Sanierungsstand vor Umnutzung
Unsaniert
Leerstand
- vor Umnutzung:
26 %
- davon im 5. und 6. Geschoss:
54 %
- nach Umnutzung:
3%
Leerstandskosten:
Maßnahmen
Umnutzung:
Bauliche Maßnahmen:
44 WE in Abstellräume für Mieter, Badzelle als technischer Raum für die
Heizung (Umstellung auf Gas)
Demontage Installation
Tischlerarbeiten für Aufteilung in vier Räume
malermäßige Instandsetzung
Verkleinerung Fensteröffnungen und neue Fenster
Wärmedämmverbundsystem
Trittfeste Dämmung Geschossdecke
Abbruch Loggia
Räume nicht beheizbar
Elektroverteilung an Mieterzähler
Baukosten:
Betriebskosten:
6.476 €/WE, weitere 4.433 € für Fassadenanteil
Lineare Reduzierung der Gebäudeversicherung
Senkung Grundsteuer
keine Heizungskosten
keine Betriebskostenerhöhung für Mieter
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4
ANALYSE &
KONZEPTE
Analyse der Umnutzungen
In diesem Kapitel werden die in Kap. 3 vorgestellten Fallbeispiele vergleichend analysiert, und zwar
hinsichtlich der
umnutzungsbedingten Baumaßnahmen und der damit verbundenen Baukosten
Verringerung der Betriebs- und Leerstandskosten
Mieterakzeptanz sowie
spezifischen mit einer Umnutzung verbundenen rechtlichen Probleme.
Zugleich wird auf günstige technische Lösungen, Varianten sowie Kostensparpotenziale hingewiesen.15 Dabei werden die besonderen bautechnischen Merkmale der jeweiligen Plattenbautypen berücksichtigt. Mit den untersuchten Projekten werden in Ostdeutschland weit verbreitete Bautypen
vorgestellt, sodass eine Übertragbarkeit auf andere Vorhaben gegeben ist.
Bei den Objekten handelt es sich um Plattenbauten des Typs
P2 in Guben; der Plattenbautyp P2 wurde seit 1966 gebaut und machte Anfang der 90er Jahre
einen Anteil von 25 % aller Plattenbauwohnungen aus.16
IW 64 (= P-Halle) in Weißenfels; wurde nicht in allen Bezirken der DDR errichtet (Plattenbauanteil: 10 %)
IW 83 (=WBS 70) in Freiberg; die Plattenbauserie WBS 70 stellt mengenmäßig die bedeutendste Wohnungsbauserie dar. Ihr Anteil der bis 1990 fertig gestellten Plattenbauten beträgt
44 %.
Hallesche Monolithbauweise (HMB) in Zeitz ist hingegen als lokale Baureihe weniger verbreitet.
In seiner Grundrissstruktur ist er stärker an den WBS 70 angelehnt.
4.1
Umnutzungsbedingte Baumaßnahmen
4.1.1
Sanitär und Elektrik
Wesentliches Merkmal einer voll ausgestatteten und damit marktgängigen Plattenbauwohnung ist
ihre sanitäre Ausstattung. Auch in vielen Landesbauordnungen wird eine Wohnung über das Vorhandensein einer Küche oder Kochnische definiert. Wird diese Ausstattung reduziert, so verdeutlicht dies in hohem Maße die Dauerhaftigkeit der Umnutzung von Wohnungen in Bodenraum.
Ein Um- bzw. Rückbau der gesamten Sanitärzelle im Rahmen der Umnutzung stellt sich jedoch als
problematisch dar. Beim Plattenbautyp P2 sind in den meisten Fällen komplett eingerichtete Sanitärraumzellen einschließlich der notwendigen Rohrbündel eingebaut worden. Bei der Sanitärraum-
15
Bei allen Kostenangaben handelt es sich gemäß DIN 276 um Brutto-Angaben.
16
Vgl. IEMB 1995, Wohnbauten in Fertigteilbauweise
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ANALYSE &
KONZEPTE
zelle handelt es sich um ein nicht tragendes Raumelement, das aus dem Zellenkörper, der installationstechnischen Ausrüstung und der Innenausstattung besteht. Dabei wurden sowohl Zellen aus
Einzelelementen als auch Glockengusszellen verwendet. Der Plattenbautyp WBS 70 hat etwa in drei
Vierteln der Wohnungen eine Sanitärraumzelle.17 Der Nachteil dieser Fertigungstechnik tritt bei
baulichen Eingriffen, wie z.B. Veränderungen der Grundrissstruktur, zutage, die nur zu hohen baulichen Kosten möglich sind. Eine Demontage der Badzelle ist daher in keinem der Fallbeispiele
durchgeführt worden. Ungünstig kann damit jedoch der Verbleib des ca. 3,5 - 4 m² kleinen Raumes sein (vgl. Kap. 4.1.4).
Die Nutzungsänderung der Wohnungen hat zur Folge, dass die Sanitärinstallationen in Bad und Küche sowie die Elektrik nur noch in geringem Maße bzw. gar nicht mehr benötigt werden. Aus diesem Grund erfolgte in allen Fallbeispielen
ein Rückbau und Umschluss der Stränge
eine vollständige Demontage der Sanitärkeramik, sowie
der Verschluss aller Öffnungen.
Die Entlüftung der Badzellen und ggf. Küchen wurde hingegen beibehalten. Mit diesen Maßnahmen
können gleichzeitig der Wartungsaufwand und somit die laufenden Kosten gesenkt werden. Darüber hinaus ist die Verkürzung der Umlaufzeiten für die Qualität des Trinkwassers sowie die Temperaturhaltigkeit des Warmwassers von Vorteil. In den Fällen, in denen der Bodenraum zu einem
Kaltraum wird (vgl. Kap. 4.1.2), können durch die Demontage die Kosten für die Dämmung der
Versorgungsleitungen erspart werden. Für die genannten Maßnahmen können Kosten in Höhe von
125-170 € je Wohnung in Ansatz gebracht werden, für die Demontage der Küchendurchreiche soweit vorhanden - weitere 80-90 €.
Auch die Elektrik kann hinsichtlich der Anschlusswerte und der Beleuchtung auf das für eine Bodennutzung notwendige Maß reduziert werden. Je nach neuer Raumaufteilung werden aber auch
neue Beleuchtungskörper erforderlich. Hinsichtlich der Unterverteilung wurden verschiedene Wege
gegangen:
Bei der vollständigen Stilllegung wurden die Anlagen lediglich spannungsfrei gemacht.
Die Bodenräume werden an den Hausstrom angeschlossen.
Im Zuge der Vollmodernisierung wurden die Stromanschlüsse der Bodenräume der Verteilung
der jeweiligen Wohnung zugeordnet.
Die letzte Variante (Fallbeispiel Guben) ist zwar mit 184 € je WE (inkl. Demontage) die kostenintensivste, verdeutlicht jedoch in größerem Maße die Dauerhaftigkeit der Umnutzung - allerdings
verbunden mit einer gewissen Unflexibilität der Bodenraumnutzung - und entschärft den möglichen
Mieterstreit um die Betriebskostenumlage. Auf der anderen Seite stellt der einfache Umschluss auf
den Hausstrom mit 30-40 € je Wohnung ein erhebliches Einsparpotenzial dar.
17
Vgl. Leitfaden für die Instandsetzung und Modernisierung von Wohngebäuden in der Plattenbauweise, Wohnungsbauserie 70 6,3 t. Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 1993.
- 30 -
ANALYSE &
KONZEPTE
Insgesamt betrachtet ist der Rückbau der Installationen eine unumgängliche Maßnahme. Da es
sich hierbei im Prinzip nur um Demontage-Leistungen handelt, ist somit kein nennenswertes Kosteneinsparpotenzial gegeben. Lediglich bei der Elektrik bietet sich der Anschluss an den Hausstrom
an soweit nicht eine vollständige Erneuerung im Gebäude erfolgt.
4.1.2
Wärmedämmung und Beheizung
Leer stehende Wohnungen stellen für die angrenzenden Mieter aufgrund des erheblichen Wärmeabflusses und der damit verbundenen erhöhten Heizkosten sowie der entstehenden Unbehaglichkeit in großes Problem dar. Dieser Wärmeverlust kann einen solchen Stellenwert einnehmen, dass
er zu einem Fortzugsgrund wird und sich der Leerstand im Gebäude damit weiter vergrößert. Bei
einer Umnutzung werden die Kältebrücken zu einem Dauerzustand. Deswegen müssen die Dämmung bzw. die Beheizung der umgenutzten Wohnungen so geregelt werden, dass für die angrenzenden Mieter keine wesentlichen Nachteile entstehen. Auch bei den hier zu findenden Lösungsmöglichkeiten müssen einmalige Investitionskosten und laufende Betriebskosten gegeneinander
abgewogen werden.
In drei der vier Fallbeispiele wurde die Variante des Kaltraums gewählt, d.h. die ehemaligen Wohnungen werden nicht mehr beheizt, Heizkörper und -rohre sowie Steigeleitungen wurden demontiert. Die Kosten hierfür schwanken sehr stark zwischen 155 € je Wohnung in Guben und 355 € in
Zeitz. Eine Ursache hierfür kann in der Verbindung mit weiteren Leistungsschritten (komplette Neuinstallation) in Guben liegen.
Mithilfe einer Dämmung der obersten bewohnten Geschossdecke soll der Heizwärmeverlust
möglichst gering gehalten werden. Ca. 10-20 % der Heizenergie der obersten Wohnung gehen
über die Geschossdecke verloren. Daher bietet sich eine Dämmung des Fußbodens des ersten nicht
bewohnten Geschosses an. Entsprechende Maßnahmen müssen dabei der seit Februar 2002
geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) gerecht werden. Bei Änderungen der Außenwände,
die mehr als 20 % der Fläche betreffen, muss nach § 8 EnEV die gesamte Fassade nach den in der
Verordnung festgelegten Wärmedurchgangskoeffizienten ausgestaltet werden.
Als eine der DIN EN 13162 entsprechende Ausführungsvariante der Geschossdeckendämmung (UWert: W/qmK < 0,4) wäre das Auslegen von Mineralwollefilzen oder -platten zwar die preiswerteste Lösung, aber auch bei stillgelegten Wohnungen müssen gelegentliche Wartungsarbeiten durchgeführt werden, so dass die Dämmung begehbar sein sollte. Für solch eine geringe Belastung bieten sich vlieskaschierte Produkte, wie z.B. in Zeitz verwendet, an. Die Kosten liegen hier je nach
Verlegeaufwand zwischen 8,40 € und 9,70 € je m² Wohnfläche.
Bei genutzten Bodenräumen ist eine trittfeste Dämmung erforderlich (nach DIN EN 13162). In Guben und Weißenfels wurden Verbundplatten (Mineralwolle) verlegt, bei letzteren wurden diese
noch zusätzlich gegen Feuchtigkeit versiegelt. Die Kosten liegen in dieser Variante bei 37,30 € je
m² Wohnfläche in Guben bzw. 36,50 € in Weißenfels.
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ANALYSE &
KONZEPTE
Eine in den Fallbeispielen nicht verwendete Variante wäre eine Unterkonstruktion mit dazwischen
liegender Mineralwolle und Bekleidung mit Verlegeplatten, deren Kosten auf 40 bis 45 € je m² geschätzt werden.
Ein weiterer Einspareffekt tritt bei denjenigen Objekten ein, bei denen im Zuge der Vollmodernisierung auch eine Fassadendämmung als Wärmedämmverbundsystem bzw. eine Dachgeschossverkleidung angebracht worden ist (vgl. Kap. 4.1.3).
Die Umnutzung im Fallbeispiel Freiberg wurde in einem bereits teilsanierten Gebäude durchgeführt.
Die vor einigen Jahren durchgeführte Sanierung der Gebäudehülle umfasste auch die Dämmung
der Giebelseiten (WDVS) sowie des Drempels. Die übrigen Außenwandelemente (Drei-SchichtenPlatte) wurden nicht zusätzlich gedämmt. Vor diesem Hintergrund wurde auf eine Geschossdeckendämmung verzichtet und auch die Heizelemente nicht demontiert, stattdessen wird eine Mindestbeheizung analog zum Treppenhaus (15 Grad C) gewährleistet. Durch diese Variante fallen
zwar keine Investitionskosten an, es entsteht jedoch eine erhöhte Betriebskostenumlage (vgl. Kap.
4.2).
Hinsichtlich der Kostenanalyse kann insgesamt festgestellt werden, dass Wärmedämmung eine unumgängliche Maßnahme im Zuge der Umnutzung ist und i.d.R. die größte einzelne Kostenposition
ausmacht. Einsparpotenziale ergeben sich auch hier vor allem durch den gewählten Standard der
Umnutzung.
4.1.3
Türen, Fenster und Fassade
Bei der Modernisierung bzw. Umnutzung von Gebäuden können die mit dem Brandschutz verbundenen technischen Anforderungen einen weiteren Kostenfaktor darstellen. Dies ist insbesondere
der Fall, wenn es zu wesentlichen Änderungen der Gebäudestruktur kommt, wie z.B. bei Wohnungsdurchbrüchen im Zuge von Zusammenlegungen oder Veränderungen der Außenwand. Der
brandschutztechnische Aufwand und die damit verbundenen Kosten sind um so geringer, je mehr
Bauteile im Bestandsschutz verbleiben. So werden z.B. bei einfachen Grundrissänderungen (Abriss
von nicht tragenden Wänden innerhalb einer Wohnung) keine zusätzlichen brandschutztechnischen
Anforderungen an die Bauausführung gestellt.
Bei den beschriebenen Umnutzungsbeispielen wurden in drei Fällen (Freiberg, Weißenfels, Zeitz)
innerhalb der Wohnungen nur in geringem Umfang bauliche Eingriffe in die Gebäudestruktur vorgenommen. Eine größere Rolle spielt der Einbau von Brandschutztüren in die Dachräume, wie es
die Landesbauordnungen vorsehen: „In notwendigen Treppenräumen müssen Öffnungen (…) zu
nicht ausgebauten Dachräumen (…) mindestens feuerhemmende, rauchdichte und selbstschließende Türen haben.“ Bei größeren Modernisierungen in Wohngebäuden wird daher der Einbau von
T 30-Türen als Dachraumtüren empfohlen. T 30-Türen sind hinsichtlich ihrer Feuerwiderstandsfähigkeit feuerhemmend und werden nach der DIN 4102 als "Feuerschutzabschlüsse" definiert.
Generell sind bei baulichen Veränderungen am Gebäude die brandschutzrechtlichen Bestimmungen
der Länder zu beachten. Grundsätzlich gilt aber, dass bei Modernisierungen und Nutzungsänderun-
- 32 -
ANALYSE &
KONZEPTE
gen die Entscheidung über Veränderungen an bestehenden Bauteilen bezüglich des Brandschutzes
bei der lokalen Bauaufsicht liegt und daher vor Ort fällt. Dementsprechend differieren die an die
Unternehmen gestellten brandschutztechnischen Anforderungen in Verbindung mit den Umbaumaßnahmen: In Weißenfels sind die Türen der umgenutzten Wohnungen als T 30-Türen erneuert
worden. Dies war laut Bauordnungsamt aufgrund der Nutzungsänderung notwendig geworden. In
Freiberg konnten die Wohnungseingangstüren im Sinne des Bestandsschutzes erhalten bleiben.
Weitere Anforderungen an den Brandschutz wurden dort nicht gestellt und mit der Mindernutzung
in den umgenutzten Wohnungen begründet. In Zeitz und Guben konnten die Wohnungstüren ebenfalls erhalten bleiben und somit Kosten bis zu 400 € je Wohnung gespart werden.
Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass bei Umnutzungen mit Geschossdeckendämmung die Türblätter der verbleibenden Wohnungsinnentüren eingekürzt werden müssen,
was aber nur mit geringfügigen Kosten verbunden ist.
Bei der Umnutzung bzw. Stilllegung von Wohnungen stellt sich die Frage, inwieweit eine bauliche
Anpassung der Fenster an die neue Nutzung sinnvoll und notwendig ist. In den dokumentierten
Beispielen sind unterschiedliche Vorgehensweisen gewählt worden. Während in Zeitz die Fenster
gar nicht verändert wurden, reicht das Spektrum bei den anderen Maßnahmen von der einfachen
Erneuerung bis hin zur Verkleinerung der Fensteröffnungen.
Für die Analyse und Einordnung dieser Maßnahmen soll zunächst festgestellt werden, welche Bedeutung Fenster im Hinblick auf die Umnutzung von Obergeschossen haben. Dabei stehen vor allem zwei Funktionen der Fenster im Vordergrund:
Belichtung und Belüftung der Innenräume
Gestaltungselement und damit verbundene Rückschlussmöglichkeit auf die Nutzung
Zentrale Funktion der Fenster ist die Belichtung der Innenräume. An die Fenstergrößen werden
daher bei Wohn- und Aufenthaltsräumen besondere Anforderungen gestellt. So fordert z.B. die
Landesbauordnung Sachsen: "Aufenthaltsräume müssen (…) unmittelbar ins Freie führende und
senkrecht stehende Fenster von solcher Zahl und Beschaffenheit haben, dass die Räume ausreichend mit Tageslicht beleuchtet und belüftet werden können (notwendige Fenster). Das Rohbaumaß der Fenster muss mindestens ein Achtel der Grundfläche des Raumes betragen."
18
In ande-
ren Landesbauordnungen werden grundsätzlich die gleichen Anforderungen gestellt. Unterschiede
bestehen lediglich in den geforderten Mindestgrößen der Fenster. Während die ostdeutschen Bundesländer einen Fensteranteil an der Grundfläche von 12,5 % vorschreiben, genügen in einigen
anderen Ländern 10 % der Grundfläche.19
Mit der Nutzungsänderung vom Wohnen hin zur Mindernutzung "Dachraum" verlieren diese Anforderungen ihre Gültigkeit, sodass eine bauliche Veränderung der Fenster, die Auswirkungen auf die
Belichtung der Innenräume hat, ermöglicht wird. So wird z.B. durch die Verkleinerung der Fenster
18
Vgl. Landesbauordnung Sachsen, § 45 Abs. 2.
19
Weiter gehende Anforderungen, die über die Mindestbelichtung von Räumen hinaus gehen, sind technischen Richtlinien wie der DIN 5034 zu entnehmen.
- 33 -
ANALYSE &
KONZEPTE
ein baulicher Zustand geschaffen, welcher der neuen Nutzung angepasst ist und eine Wiedernutzung als Wohnraum nur mit erheblichem Aufwand möglich macht. Damit ist kein Provisorium geschaffen, sondern die Umnutzung konsequent vollzogen.
Fenster haben darüber hinaus eine große Bedeutung für die Gestaltung der Fassade und die Außenwirkung des Gebäudes. Durch ihre Größe und Verteilung lassen sie Rückschlüsse auf die sich
dahinter befindlichen Räume und deren Nutzung zu. So wird bei der Betrachtung der Fenster von
außen durch deren Größe und Anordnung in der Regel deutlich, ob sich dahinter ein Wohnraum,
das Treppenhaus oder ein Dachraum verbirgt. Auf diese Weise kann die Fassade gegliedert und
eine gestalterische Qualität geschaffen werden. Gleichzeitig wird verhindert, dass der Eindruck von
einem leer stehenden Wohngeschoss vermittelt wird.
Vor diesem Hintergrund wurde die
Umnutzung der obersten Geschosse in
Guben und Weißenfels baulich am
deutlichsten
vollzogen.
Verkleinerung
der
Durch
die
Fensteröffnungen
und das Einsetzen neuer, kleinerer
Fenster ist zum einen das oberste
Geschoss
hinsichtlich
verhältnisse
nicht
der
mehr
Lichtals
Aufenthaltsraum nutzbar. Zum anderen
wird von außen der Eindruck eines
Dachgeschosses
Weißenfels
hat
vermittelt.
die
In
Wohnungsbau-
genossenschaft allerdings nur einige Fensteröffnungen verkleinert, zum Teil wurden die alten Fenster des obersten Geschosses durch eine vorgehängte Fassade verdeckt. In einem Nachfolgeprojekt
hat die Wohnungsbaugenossenschaft um das gesamte oberste Geschoss eine lamellenartige Fassade vorgehängt, wodurch die alten Fenster verbleiben konnten, der Boderaum jedoch relativ dunkel ist. Durch die Hinterlüftung der Vorhangfassade ist auch eine Belüftung des Bodenraums gewährleistet.
Weniger Aufwand wurde bei den anderen Beispielen betrieben. In Freiberg war das Gebäude bereits vor der Umnutzung inkl. Fenster grundsaniert und das obere Geschoss
mit einer separaten Dachverkleidung umgeben. Auf diese
Weise erhält der Betrachter den Eindruck von einem Dachgeschoss. Von der Wohnungsgenossenschaft 1. Mai in
Zeitz, die die oberen Geschosse stillgelegt hat, wurden
keine Veränderungen an den Fenstern vorgenommen. In
beiden Beispielen konnten dadurch die gesamten Baukosten gering gehalten werden, allerdings besteht die Gefahr,
ANALYSE &
KONZEPTE
- 34 -
dass nach außen der Eindruck leer stehender Wohnungen vermittelt wird.
Das Beispiel Guben verdeutlicht jedoch auch die Kostenproblematik anspruchsvollerer Lösungen:
Im
Rahmen
der
Vollmodernisierung
des
Gebäudes
wurde
die
gesamte
Gebäudehülle
wärmetechnisch mit Hilfe eines Wärmedämmverbundsystems sowie neuer Kunststofffenster mit
Wärmeschutzverglasung
saniert.
Bezogen
auf
die
Leerwohnungen
betrugen
allein
die
Fassadenkosten inkl. anteiliger Gerüstkosten 4.430 € je Wohnung. Nimmt man die verbleibenden
Wohnungen als Basis, ergibt dies einen erhöhten Sanierungsaufwand von 1.133 € je WE oder rd.
20 € je m² Wohnfläche. Für die Schaffung eines einheitlichen Fassadeneindrucks scheint dies
notwendig, für den Kaltraum des Bodens sind jedoch Außenwände nach Vollwärmeschutzstandard
- der ohnehin durch die fehlende Dachdämmung aufgehoben wird - nicht erforderlich. Die
"Weißenfelser Obergeschossverkleidung", die ohne weitere Dämmung vor die 3-Schichten-Platte
gehängt wurde und die alten Fenster (weitgehend) beibehält, stellt damit die deutlich günstigere
Variante dar.
Im Zusammenhang mit den Maßnahmen an der Fassade steht auch die Frage zum Umgang mit
den nicht mehr benötigten Balkonen/Loggien an. Im einfachsten Falle (Zeitz) blieb die alte Loggia,
die konstruktiv Teil der Geschossdecke ist, erhalten und wurde lediglich mit einem von unten nicht
erkennbaren Nylon-Netz gegen einnistende Vögel geschützt. In den Fällen mit Fassadensanierung
und neuer Dachgeschossgestaltung wurden auch alle in Fertigteilbauweise angebauten Balkone
demontiert und am Obergeschoss keine neuen mehr errichtet. Die Abbruchkosten (inkl. Entsorgung) betrugen bis zu 650 € je WE (Guben).
Insgesamt ist eine bauliche Veränderung der Fenster unter derzeitigen Voraussetzungen nicht
zwingend notwendig. Im Hinblick auf die Gestaltqualität des Gebäudes sind zwar aufwendigere Lösungen wünschenswert. Zudem macht die Veränderung der Lichtverhältnisse in den Räumen die
Dauerhaftigkeit der Maßnahmen sehr deutlich. Angesichts der hohen Kosten und des baulichen
Aufwands sollten solche Maßnahmen allerdings nur nach genauer Analyse der Marktsituation und
nur dort umgesetzt werden, wo die entsprechenden Standorte langfristig weiter entwickelt werden.
Bei Stilllegungen von Wohnungen - möglicherweise als Vorlauf für einen mittelfristigen Abriss - sollte hingegen auf aufwendigere Maßnahmen verzichtet werden.
4.1.4
Innenausbau
In den Fallbeispielen, bei denen das Ziel der Umnutzung die Schaffung von Abstellflächen ist, wurde das Prinzip der individuellen Zuordnung gewählt, d.h. jeder Wohnung wird ein Abstellraum zugewiesen. Diese Entscheidung beruht auf der aktuellen Erfahrung, dass gemeinschaftlich zu nutzende Bodenflächen durch die Mieter meistens nicht akzeptiert werden. Zentraler Aspekt ist hierbei
die Sicherheitsfrage, also auf dem Boden verstaute Dinge auch verschließen zu können. Deswegen
war in allen Fallbeispielen die Ausstattung mit neuen Schlössern und Beschlägen erforderlich, um
die Räume adäquat absperren zu können.
Bei der Schaffung von Abstellräumen können drei zentrale Probleme auftauchen:
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ANALYSE &
KONZEPTE
je nach vorhandener Grundrissstruktur ist die Zahl der Räume kleiner als die Zahl der verbleibenden Wohnungen
die Räume sind unterschiedlich groß
der kleinste Raum ist i.d.R. die Badzelle
Entsprechend wurde in zwei Fallbeispielen eine neue Innenaufteilung geschaffen, wobei je nach
Aufwand die Kosten zwischen 350 € und 1.200 € je Leerwohnung liegen. Grundsätzlich wurde dabei eine Holzlattenkonstruktion mit Metallprofilständern gewählt und vorhandene Zwischenwände
bzw. auch ganze Räume mit einbezogen. Im Beispiel Freiberg, wo der größte Aufwand erforderlich
war, wurde die Aufteilung so gewählt, dass durch einen schmalen Gang ein öffentlicher Zugang zu
den Fenstern gewährleistet wird (vgl. Abb. 3). Mit Ausnahme der P2-typischen Küchentrennwand
mit Durchreiche wurden keine nichttragenden Zwischenwände abgebrochen. Dieses Kosten sparende Prinzip führt allerdings zu recht unterschiedlich großen Abstellräumen, was aber in der Vermietungspraxis bisher zu keinen nennenswerten Problemen geführt hat.
Als
für
die
Vermietung
sehr
ungünstig
eingeschätzt wird die kleine ca. 3,5-4 qm große
innen liegende Badzelle, in der zudem der Zugang
zu den Strängen (Entlüftung) gewährleistet sein
muss. Diese Räume werden daher entweder gar
nicht genutzt oder als Abstellraum für den
Hausmeister. In Guben wurde das Bad in jedem
zweiten Fall für die neu installierte Gastherme für
die aufgangsweise Heizungsversorgung umgenutzt.
Für die Nutzung durch die Mieter und eine
entsprechende
Mieterakzeptanz
ist
eine
malermäßige Instandsetzung des Obergeschosses
sinnvoll, so wie es in den drei Beispielen Freiberg,
Weißenfels und Guben geschehen ist. In Zeitz,
wo die Wohnungsgenossenschaft 1. Mai eG eine
Stilllegung vorgenommen bzw. Abstellräume für
den Hausmeister geschaffen hat, ist folglich auch
auf Malerarbeiten verzichtet worden.
- 36 -
Grundriss einer umgenutzten Wohnung in Freiberg
ANALYSE &
KONZEPTE
Abb. 3
- 37 -
4.2
ANALYSE &
KONZEPTE
Verringerung der Betriebs- und Leerstandskosten
Ein zentrales Kriterium für den Erfolg von Umnutzungen ist die Senkung der Betriebs- und Leerstandskosten. Sie setzen sich zusammen aus den mit der Nutzung des Gebäudes verbundenen
Kosten, die analog § 2 Betriebskostenverordnung anteilig von den Mietern zu tragen sind, sowie
weiteren vom Unternehmen zu tragenden Kosten, wie Kreditbelastungen oder Verwaltungskosten.
Für leer stehende Wohnungen verbleiben die Betriebskosten jedoch im Sinne des betriebswirtschaftlichen Risikos beim Vermieter. Eine Umlage auf den Mieter oder eine Beschränkung des Umlagemaßstabs nur auf die vermietete Fläche ist rechtlich nicht zulässig. In den untersuchten Fallbeispielen betragen diese monatlichen Kosten 1,00-1,40 € je m² Wohnfläche, was für eine durchschnittlich große Wohnung einen Betrag von rd. 750-1.000 € pro Jahr ergibt.
Durch die Umnutzung wird die Zahl der Wohnungen bzw. die Gesamtwohnfläche eines Objektes
reduziert. Dabei stehen aus Sicht der Wohnungseigentümer zwei Aspekte im Vordergrund. Zum einen sollen mithilfe der Umnutzungsmaßnahmen die Betriebskosten absolut gesenkt werden. Zum
anderen soll durch die Umlegung verbleibender Betriebskosten die Belastung von den Vermietern
genommen und somit die Leerstandskosten verringert werden. Folgende Betriebskostenarten
konnten aufgrund der Umnutzung wenigstens teilweise gesenkt werden:
Grundsteuer
Neuveranlagung mit geringerem Einheitswert; vgl. hierzu ausführlicher in Kap. 4.4
Wasser und Abwasser
Durch Zählerausbau Senkung der Grundkosten
Heizung und Warmwasser
Verringerung der Anschlusswerte für die Fernwärmeversorgung (je nach Konzessionsvertrag)
Müllabfuhr
Bei individueller Abrechnung kein Problem, ansonsten Reduzierung der Behälter(größen) möglich
Sach- und Haftpflichtversicherung
Neubewertung des Gebäudes führt zu Verringerung der Versicherungssumme
Hauswartkosten
Bei einer wohnungsbezogenen Berechnung nicht ganz proportional geringer, allerdings weitere
Kontrollgänge in geringfügigem Ausmaße notwendig
Zu den Betriebskosten, die in etwa konstant bleiben, deren Berechnungsgrundlage sich durch die
umnutzungsbedingt verringerte Wohnfläche jedoch ändert, und die in den Beispielen umgelegt
wurden, zählen Kosten für:
Grünpflege und Straßenreinigung
Gebäudereinigung
Beleuchtung/Hausstrom
Heizung
- 38 -
ANALYSE &
KONZEPTE
Dies ist bei den drei Beispielen in Guben, Freiberg und Weißenfels der Fall. Für die Mieter der Gubener Wohnungsgesellschaft hat sich insgesamt keine Betriebskostenerhöhung ergeben. Die Erhöhung der Betriebskosten wird von den Mietern in Freiberg akzeptiert. Und auch in Weißenfels wird
die Betriebskostenänderung unkritisch gesehen, da die neuen "Bodenkammern" den Wohnungen
ohne Kaltmiete zugeordnet sind. Die Einwilligung der Mieter erfolgte bei den beiden Genossenschaften nach Treu und Glauben, was sicherlich durch das Genossenschaftsprinzip befördert wird.
Vom mietrechtlichen Grundsatz her ist diese Form der Umlage nicht abschließend geklärt (vgl. ausführlich Kap. 4.4).
Als für die Unternehmen nachteilig stellt sich die Situation hinsichtlich der Altschulden dar. Denn
bei denjenigen, die gemäß Altschuldenhilfegesetz einen Antrag auf Entlastung von den Altschulden
gestellt haben, erfolgt bei umgenutzten Wohnungen nicht wie bei abgerissenen bzw. zum Teil zurück gebauten Wohnungen eine Entlastung. Damit verbleiben die Altschulden und müssen aus den
Erträgen der verbliebenen Wohnungen finanziert werden.
Auch wenn bei den Fallbeispielen seit der Umnutzung erst kurze Zeit vergangen ist und zur Betriebskostenentwicklung aufgrund der Abrechnungszeiträume nur partiell konkrete Aussagen möglich sind, lässt sich jedoch als grundsätzliche Tendenz beschreiben, dass es allen gelungen ist, die
Leerstandskosten in hohem Maße zu reduzieren. Damit wird das wesentliche betriebswirtschaftliche
Ziel der Umnutzung erreicht. Rechnet man die ersparten Betriebskosten gegen die Investitionskosten, so erweist sich im günstigsten Fall nach zwei bis drei Jahren und im ungünstigeren Fall nach
ca. zehn Jahren die Umnutzung gegenüber der Beibehaltung von Leerstand als wirtschaftlicher.
4.3
Mieterakzeptanz
In der Bewertung der Akzeptanz von Umnutzungen durch die Mieter gibt es deutliche Unterschiede
zwischen Bestandsmietern, also Mietern, die bereits vor der Umnutzung im Gebäude gewohnt haben, sowie Neumietern.
Hinsichtlich der Neuvermietung muss die Umnutzung als eindeutiger Vermarktungsvorteil angesehen werden. Dort, wo die still gelegten Wohnungen als Abstellräume zur Verfügung gestellt werden, kann in den Beispielen eine durchweg positive Resonanz festgestellt werden. Die neu geschaffenen Dachräume werden jeweils voll genutzt. Da die Plattenbauwohnungen zumeist über zu geringe Abstellflächen und geringe Wohnungsgrößen verfügen, ergibt sich hier eine spezifische Nachfrage. Entsprechend stieß das mit der Zurverfügungstellung von zusätzlichen Abstellräumen verbesserte Wohnungsangebot auf eine starke Resonanz und führte in den drei Fallbeispielen zu einer
erheblichen Verringerung des Leerstandes auf unter 2 % bei den verbleibenden Wohnungen des
Gebäudes. Hierin liegt neben der Ersparnis der Betriebskosten für die Wohnungsunternehmen ein
weiterer wirtschaftlicher Vorteil der Umnutzung.
Inwieweit die Nachfrage in gleichem Maße gegeben wäre, wenn für den Bodenraum ein zusätzliches Entgelt erhoben würde, kann aufgrund fehlender Erfahrungen nicht abschließend beurteilt
- 39 -
ANALYSE &
KONZEPTE
werden.20 Die leicht erhöhte Betriebskostenumlage ist für das Neuvermietungsgeschäft offensichtlich kein Hinderungsgrund.
Hinsichtlich der Bestandsmieter kann hingegen keine durchweg positive Bilanz gezogen werden.
Vorab-Befragungen bei den betroffenen Mietern haben zu einer geteilten Resonanz geführt. So
wurde beispielsweise in Zeitz im Vorwege der Umnutzung im Rahmen einer Mieterbefragung festgestellt, dass kein Interesse an zusätzlicher Fläche besteht, was ausschlaggebend für die Strategie
der völligen Stilllegung der Obergeschosse war. Grund hierfür könnten die relativ großen VierraumWohnungen sein, die ausreichend Abstellfläche für die zumeist älteren Zweipersonenhaushalte, die
in diesem Objekt wohnen, bieten.
Umgekehrt bestand bei den Mitgliedern der Wohnungsgenossenschaft Freiberg ein großes Interesse an den Abstellräumen. In den kleinen Dreiraum-Wohnungen wird die Abstellsituation überwiegend als Nachteil empfunden bzw. das zusätzliche Angebot als Vorteil erfahren. Dieser Aspekt
scheint damit gewichtiger zu sein als der erhöhte Betriebskostenanteil, der in diesem Fallbeispiel
aufgrund der Weiterbeheizung des Dachgeschosses vergleichsweise am höchsten ist.
Inwieweit neben der Wohnungsgrößenstruktur und einem damit quasi objektiven Abstellraumbedarf auch die Alters- und Sozialstruktur der Bestandsmieter eine Rolle bei der Akzeptanz der Umnutzung spielt, konnte mit dem Forschungsvorhaben nicht endgültig geklärt werden. Zur konkreteren Abschätzung ist vor der Umnutzung daher die Durchführung einer Mieterbefragung sinnvoll.
Die Erfahrungen aus den Fallbeispielen zeigen aber auch, dass ein etappenweises Vorgehen bei der
Umnutzung effektvoll sein kann. Denn dann weicht die grundsätzliche Skepsis gegenüber dem
neuen Angebot aufgrund positiver Erfahrungen der Nachbarn durch Mund-Mund-Propaganda neuer
Nachfrage.
20
Zu dem damit gleichzeitig entstehenden Grundsteuer-Problem vgl. Kap 4.4.
- 40 -
4.4
ANALYSE &
KONZEPTE
Rechtliche Probleme
Die bisherige Analyse hat gezeigt, dass mit der Umnutzung in bestimmten Bereichen rechtliche
Probleme auftauchen können bzw. die Rechtsgrundlagen unterschiedlich ausgelegt werden. Dazu
zählen:
Regelungen zur Grundsteuer
brandschutzrechtliche Bestimmungen
Umlagefähigkeit der Betriebskosten
Da im vorliegenden Forschungsprojekt der Schwerpunkt bei den Kostenreduzierungen liegt, kann
hier keine abschließende steuerrechtliche Bewertung der Grundsteuerproblematik erfolgen, es
sollen jedoch die wesentlichen Sachverhalte bzw. Probleme aufgezeigt werden.
So hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil den Erlass von Grundsteuern nach § 33
GrStG ("Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung") für leer stehende Plattenbauten abgelehnt,
da mit strukturellem Leerstand die Voraussetzungen dieses Paragrafen nicht erfüllt seien.21 Die
Umnutzung stellt jedoch eine anders zu bewertende Situation dar, auf die das Bundesverwaltungsgericht und auch schon das Verwaltungsgericht Magdeburg hingewiesen haben.22 Zentraler Punkt
ist hierbei, dass mit der Umnutzung der Wert des Gebäudes sich vermindert. Denn ändern sich die
"tatsächlichen Verhältnisse", so werden diese nach Maßgabe des § 22 BewG im Wege der Wertfortschreibung berücksichtigt und führen über eine Festsetzung des Steuermessbetrages auf den
Fortschreibungszeitpunkt zu einer Neuveranlagung und damit zu einer geringeren Grundsteuer.
Wesentlich ist hierbei der Nachweis, dass die Nutzung des Obergeschosses als Wohnraum zukünftig ausgeschlossen ist. Dies wird durch die Demontage der Bad- und Kücheninstallation, die Demontage der Heizung, dem Einbau von Abstellkammern oder der Verkleinerung der Fenster gewährleistet, da es sich so gemäß den Landesbauordnungen bzw. der DIN 5034 um keinen Wohnraum mehr handelt.
Allerdings ist zu beachten, ob der neu entstandene Bodenraum auch als ertragsfreie Nutzfläche
angesehen wird. So kann argumentiert werden, dass bei einer separaten Vermietung der Bodenräume - was in den untersuchten Fallbeispielen allerdings nicht der Fall ist - gesonderte Erträge erzielt werden, mithin die Fläche grundsteuerpflichtig wird. In denjenigen Fällen, in denen der Bodenraum jedoch als Fläche mit geringfügiger Nutzung kostenlos überlassen wird, müsste die
Grundsteuer gesenkt werden, so wie dies im Beispiel Freiberg auch gehandhabt wird.
Ein wesentlich kleineres Problem stellt der brandschutzrechtliche Umgang mit der Wohnungsabschlusstür dar (vgl. Kap. 4.1.3), wobei allerdings die Bestimmungen regional unterschiedlich
21
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 04.04.2001, vgl. BVerwG 11 C 12/00 und 11 C 13/00.
22
Verwaltungsgericht Magdeburg, Urteil vom 16.08.2000, Az. A6 K 398/98.
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ANALYSE &
KONZEPTE
ausgelegt werden. Zentrale Frage ist, ob die alte Wohnungsabschlusstür als Bodenraumtür weiter
genutzt werden kann, oder ob sie durch eine T 30-Tür ersetzt werden muss.
Der Bestandsschutz ermöglicht die Nutzung von Gebäuden, die nach früher gültigem Recht erbaut
wurden und den aktuell gültigen Regelungen nicht mehr entsprechen, solange das vorhandene
Gebäude funktionsgerecht ist. Der Bestandsschutz umfasst Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen am Gebäude. Qualitative und quantitative Änderungen, wie eine Nutzungsänderung, können demgegenüber eine Anpassung an die brandschutzrechtlichen Bestimmungen mit
sich bringen, sofern die Änderungen nicht begrenzter und geringfügiger Art sind und zu einer wesentlichen Veränderung des Bestandes führen.
Vor diesem Hintergrund wurden die Umnutzungen in den dargestellten Beispielen unterschiedlich
bewertet. Dies sei am Beispiel der Landesbauordnung Sachsen-Anhalts erläutert. So heißt es in
§ 91 Abs. 2 ("Bestehende bauliche Anlagen"): "Sollen bauliche Anlagen wesentlich geändert wer-
den, so kann gefordert werden, dass auch die nicht unmittelbar berührten Teile der baulichen Anlage mit diesem Gesetz oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften in Einklang gebracht werden."
Durch diese Formulierung ergibt sich ein erheblicher Ermessensspielraum, da
es sich zum einen um eine Kann-Bestimmung handelt, und
zum anderen die Frage zu klären ist, ob die Umnutzung eine wesentliche bauliche Änderung
darstellt.
Wird eine Anpassung verlangt, so bezieht sie sich auf § 51 Abs. 5 der Landesbauordnung: "Aufent-
haltsräume und Wohnungen im Dachraum müssen einschließlich ihrer Zugänge mit mindestens
feuerhemmenden Wänden und Decken gegen den nicht ausgebauten Dachraum abgeschlossen
sein; dies gilt nicht für frei stehende Wohngebäude mit nur einer Wohnung.“ 23 Auch hier müsste
erst geklärt werden, ob eine ehemalige Wohnung in Plattenbauweise tatsächlich einem nicht ausgebauten Dachraum gleichzusetzen ist.
Die Breite des Ermessensspielraums verdeutlichen die Fallbeispiele. So wurde in Weißenfels der
Einbau von T 30-Türen beauflagt, in den anderen Beispielen wurden jedoch keine weiteren Brandschutzauflagen gemacht.
Für die Etablierung der Umnutzung als Leerstandsstrategie wäre daher grundsätzlich eine Harmonisierung der Genehmigungspraxis wünschenswert, wobei im Sinne der Kosten sparenden Bauweise auf den Einbau einer T 30-Tür verzichtet werden sollte.
Eine weitere rechtlich nicht eindeutige Situation bezieht sich auf die Umlagefähigkeit derjenigen
Betriebskosten, bei denen komplett oder partiell verbrauchsunabhängig mit der Wohnfläche als
Umlagemaßstab abgerechnet wird (vgl. Kap. 4.2). Denn mit der Umnutzung verringert sich die
23
Ähnlich gefasst sind auch die Landesbauordnungen in Sachsen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, nicht jedoch in
Brandenburg und Thüringen.
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ANALYSE &
KONZEPTE
zugrunde zu legende Gesamtwohnfläche, wodurch der Anteil der verbleibenden Wohnungen jeweils größer wird, was zu einem entsprechenden Anstieg der Betriebskostenumlage führen kann.
Wird ein Wohnblock nach der Durchführung der Baumaßnahmen zur Umnutzung neu vermietet, so
ergeben sich keine Probleme, da die Mietverträge mit der neuen Geschäftsgrundlage der verkleinerten Gesamtwohnfläche abgeschlossen werden.
Schwieriger ist hingegen die Einschätzung der Rechtssituation bei Bestandsmietverträgen. Die
Komplexität des Problems kann am Beispiel der Heizkosten verdeutlicht werden:
So werden entsprechend der Heizkostenverordnung 30 bis 50 % der Kosten verbrauchsunabhängig
umgelegt (§ 7 HeizkV). Als Maßstab wird in § 6 Artikel 2 HeizkV festegelegt, dass "die übrigen Kos-
ten der Versorgung mit Wärme nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum
auf die einzelnen Nutzergruppen zu verteilen [sind]; es kann auch die Wohn- oder Nutzfläche oder
der umbaute Raum der beheizten Räume zugrunde gelegt werden." Bei Gebäuden mit umgenutzten Wohnungen bedarf es also Präzisierungen im Mietvertrag bzw. den Betriebskostenabrechnungen hinsichtlich
der Beschränkung auf beheizte Räume
und bei kalten Bodenräumen die Beschränkung auf die Wohnfläche
Die Art des Maßstabes kann nach § 6 Artikel 4 HeizkV der Vermieter für zukünftige Abrechnungszeiträume ändern. Kritisch gewertet wird vereinzelt jedoch die Verringerung der Wohnfläche, weil
damit die Betriebskostenerhöhung zulasten der Mieter gehe, obwohl die Umstände der Erhöhung
der Vermieter zu verantworten hat und dies sei nach §§ 556, 560 BGB unbillig und damit nicht zulässig.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass auf der einen Seite der Mieter wegen benachbarter
leer stehender Wohnungen erhöhte Heizkosten hat.24 Auf der anderen Seite trägt der Vermieter bei
Wohnungsleerstand einen Teil des Verbrauchs der Mieter. Durch die mit der Umnutzung verbundene Geschossdeckendämmung ergib sich nun ein Vorteil für den Mieter bei den Verbrauchskosten.
Hier ist also zu fragen, ob gemäß § 560 Abs. 6 BGB ("Veränderung von Betriebskosten") dem Mieter tatsächlich ein Nachteil entsteht.25
De Änderung der Betriebskostenumlage seitens des Vermieters setzt auf jeden Fall eine Begründung und vorherige Information des Mieters voraus. Inwieweit dann die Abrechnung nach Treu
und Glauben ausreicht, oder das Einverständnis oder die Zustimmung des Mieters erforderlich ist,
kann im Rahmen dieses Forschungsvorhabens nicht abschließend festgestellt werden.
Einige Einschätzungen gehen aber sogar davon aus, dass durch die Umnutzung die Mietsache sich
so wesentlich verändert, dass von einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB auszu-
24
Vgl. hierzu C. Deilmann/M. Möbius: Wohnungsleerstand: Wer zahlt die Heizkosten? in: Die Wohnungswirtschaft
2/2003, S. 41f.
25
Vgl. hierzu F. Sternel: Auswirkungen von Leerstand auf Mietverhältnisse, in: Wohnungswirtschaft und Mietrecht
5/2003, S. 243 ff.
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ANALYSE &
KONZEPTE
gehen ist, was ein neues Vertragsverhältnis sowie ein Kündigungsrecht des Mieters beinhalten
kann.
Insgesamt wird deutlich, dass hinsichtlich der Änderung der Betriebskostenumlage die aktuelle Gesetzgebung und Rechtssprechung noch nicht auf die spezifische Situation des Stadtumbaus eingestellt ist. Eine kurzfristige gesetzgeberische Klarstellung würde daher den Stadtumbauprozess vereinfachen, soll nicht erst mittelfristig eine Klarstellung durch die Rechtssprechung erfolgen.
ANALYSE &
KONZEPTE
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5
Typisierung der Umnutzungen
In der Analyse der Fallbeispiele ist deutlich geworden, dass hinsichtlich der Umnutzungsmaßnahmen zum einen unterschiedliche Umfänge gewählt wurden und zum anderen bei einzelnen Maßnahmen ein unterschiedlicher Standard realisiert wurde. Insgesamt wurde damit eine relativ große
Spannweite möglicher Maßnahmen aufgezeigt.
Gleichzeitig lassen sich aber auch typische Maßnahmekombinationen feststellen, die zu einer jeweils charakteristischen Umnutzungsart führen. Aufbauend auf den Analysen lassen sich in Bezug
auf Kosten und erforderliche Maßnahmen entsprechend drei typische Umnutzungen definieren
(vgl. Tab. 1):
Mit der einfachen Umnutzung erfolgt lediglich eine Stilllegung der Obergeschosse, die leer stehenden Räume werden den Mietern nicht zur Nutzung zur Verfügung gestellt, weil z.B. es für eine
Bodennutzung keine Nachfrage gibt oder weil das Gebäude mittelfristig rückgebaut werden soll.
Die baulichen Maßnahmen beschränken sich auf ein Minimum, das für alle Umnutzungsarten mindestens erforderlich ist. Dies umfasst im Einzelnen:
Kappung und Umschluss der Versorgungsstränge
Demontage Sanitär und Heizung
Spannungsfreimachung der Elektrik
Fußbodendämmung im ersten leer stehenden Geschoss, die nur einer geringen bis mittleren
Druckbelastung genügen muss
Sicherung des Balkons
Diese Maßnahmen lassen sich i.d.R. in einem Kostenrahmen bis zu 1.500 € pro Wohnung bzw.
25 € je m² Wohnfläche realisieren. Sie stellen nur die notwendigsten Eingriffe zur Senkung der laufenden Kosten dar, sodass damit keine bauliche Aufwertung des Gebäudes erreicht wird.
Da es sich hier im Wesentlichen um Demontagearbeiten handelt und die nur bedingt belastbare
Geschossdeckendämmung bereits eine preiswerte Variante darstellt, sind bei dieser einfachen Umnutzung keinen nennenswerten Einsparpotenziale zu verzeichnen.
Tab. 1
Typisierung der Umnutzungen
einfache Umnutzung
geringe Kosten (< 1.500 €/WE)
keine Nutzungs- und bauliche
Aufwertung
mittlere Umnutzung
einfacher Umbau zu Abstellräu-
Nutzungsaufwertung
men (3.000 – 4.000 €/WE)
aufwendigere
umfangreicherer Umbau zu
Nutzungs- und bauliche
Umnutzung
Abstellräumen im Zuge von
Aufwertung
Sanierungen (> 6.500 €/WE)
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ANALYSE &
KONZEPTE
Mit dem mittleren Umnutzungsgrad wird die Schaffung von individuell zuordbaren Abstellräumen als Aufwertung des vorhandenen Wohnungsangebotes angestrebt. Hierfür sind folgende Maßnahmen erforderlich:
Kappung und Umschluss der Versorgungsstränge
Demontage Sanitär und Heizung
Teilrückbau der Elektrik, Anschluss an Hausstrom
Trittfeste Fußbodendämmung im ersten leer stehenden Geschoss
Sicherung des Balkons
Einbau von Schlössern
ggf. Einbau von Trennwänden, soweit erforderlich
malermäßige Instandsetzung
Eine Erneuerung der Fenster außerhalb des Instandhaltungszyklus ist nicht erforderlich.
Kostenrahmen für die mittlere Umnutzung beträgt ca. 3.000-4.000 € je Wohnung bzw. 55-70 € je
m² Wohnfläche.
Soll darüber hinaus eine bauliche Aufwertung des Gebäudes erfolgen bzw. sind zusätzlich zur Umnutzung weitere Maßnahmen an der Fassade geplant, stellt eine hinterlüftete Vorhangfassade (ohne Dämmung) eine attraktive und zugleich preiswerte Lösung dar. Damit erübrigen sich zugleich
die Kosten für die Fassadendämmung sowie die Erneuerung und/oder Verkleinerung der Fenster.
Ein weiteres Einsparpotenzial ergibt sich, wenn die Umnutzung in Gebäuden erfolgt, deren Hülle
bereits saniert worden ist. Hier kann ggf. unter Beibehaltung der Heizungsanlage auf die Geschossdeckendämmung verzichtet werden, was zu einer deutlichen Reduzierung der Investitionskosten, aber zu stärkeren Erhöhung der Betriebskosten führt.
Aufwendigere Umnutzungen erfolgen im Zuge komplexer Modernisierungen. Sie umfassen einen Umbau von Wohnungen zu Abstellräumen in Verbindung mit Sanierungen der Gebäudehülle.
Daraus ergibt sich sowohl eine bauliche Aufwertung als auch eine Nutzungsaufwertung für die Mieter durch die Bereitstellung zusätzlicher Flächen. Erforderliche Maßnahmen sind:
Kappung und Umschluss der Versorgungsstränge
Demontage Sanitär und Heizung
Erneuerung der Elektrik
Trittfeste Fußbodendämmung im ersten leer stehenden Geschoss
Einbau von Schlössern
ggf. Einbau von Trennwänden, soweit erforderlich
malermäßige Instandsetzung
Demontage des Balkons
Fassadendämmung/Vorhangfassade
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ANALYSE &
KONZEPTE
Die Kosten für die aufwendigeren Umnutzungen liegen bei rd. 6.500 € und mehr je Wohnung bzw.
ab ca. 110 € je m² Wohnfläche.
Insbesondere bei der Fassadendämmung im Bereich des obersten Geschosses sowie der Erneuerung der Fenster können durch optimierte Lösungen höhere Kosten verhindert werden. Der Verzicht auf die architektonisch attraktive Variante der Verkleinerung der "Dachgeschossfenster" birgt
ein erhebliches Kostensparpotenzial.
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6
ANALYSE &
KONZEPTE
Objektauswahl für die Umnutzung von Obergeschossen
Nach der Analyse der Umnutzungsbeispiele ist zu untersuchen, welche Wohnungsbestände für welche Form der Umnutzung infrage kommen können. Die Situation auf den Wohnungsmärkten, die
von Leerständen betroffen sind, erfordert ein Leerstandsmanagement, das die langfristigen Perspektiven der Wohnungsbestände einbezieht und entsprechende Maßnahmen entwickelt, die eine
weiter ungünstige Entwicklung von Angebotsüberhang und Nachfragerückgang berücksichtigen.
Für die Einschätzung darüber, ob und welche Form der Umnutzung sinnvoll ist, müssen folgende
Kriterien geprüft werden:
(zukünftige) Nachfrage auf dem lokalen Wohnungsmarkt
Lagequalität des Gebäudes
Zustand des Gebäudes sowie Umfang der vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen
Die Lage des Gebäudes und dessen Zustand bestimmen die Vermietbarkeit innerhalb des städtischen Wohnungsmarktes. Die Zusammenhänge zwischen Lage und Ausstattung der Wohnungen
und der Leerstandsgefährdung wurden bereits in Abschnitt 2.2 dargestellt. Für welche Nachfragetypen Umnutzungen in Frage kommen können, ist in Abb. 4 dargestellt und wird im Folgenden näher erläutert.
Bestände in einfachen Lagen auf rückläufigen Wohnungsmärkten weisen zumeist keine langfristigen Vermietungsperspektiven auf. In Kombination mit einem geringen Wohnwert sind die Leerstände bzw. ist die Leerstandsgefährdung in diesen Beständen am größten. Entsprechend sind investive Maßnahmen in diese Bestände aufgrund ggf. zu kurzer Refinanzierungszeiträume wirtschaftlich riskant. Zudem kann in ungünstigen Lagen auch bei hoher Wohnqualität keine Vermietbarkeit garantiert werden. Dies gilt auch für aufwendigere Umnutzungen. Damit stehen hier in der
Regel Bestandsreduzierungen im Vordergrund. Dementsprechend können einfache Umnutzungen,
die in erster Linie die Reduzierung des Wohnungsangebotes zum Ziel haben, sinnvoll sein. Diese
Form der Stilllegung von Wohnungen im Leerstandsschwerpunkt Obergeschosse - wie im Fallbeispiel Zeitz aufgezeigt - stellen damit eine Art temporäre Umnutzung mit dem Endziel eines Rückbaus dar für diejenigen Bestände, die nicht kurzfristig leer gezogen werden können oder müssen.
Vorteil bei dieser Variante ist, dass bis zum endgültigen Abriss eine Reduzierung der Betriebskosten
bei geringen Investitionskosten möglich ist. Darüber hinaus wird auch eine höhere Flexibilität im
Leerzugs- und Rückbaumanagement des Stadtumbauprozesses erreicht. Bei Gebäuden, die innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre abgerissen werden sollen, stehen jedoch Investitionskosten
und Betriebskostenersparnis noch in keinem günstigen Verhältnis, so dass hier Umnutzungen nicht
erfolgen sollten.
Bei Wohnungsbeständen, die bereits teilsaniert sind oder nur teilsaniert werden sollen, können
mittlere Umnutzungen sinnvoll sein. Sofern der Bestand eine mittel- bis langfristige Perspektive auf
dem Wohnungsmarkt hat, kann eine Nutzungsaufwertung eine gute Ergänzung darstellen und zu
einer Verbesserung der Vermietbarkeit führen. Gleichwohl ist auch hier eine einfache Stilllegung
denkbar, wenn z.B. absehbar ist, dass von den Mietern kein weiterer Abstellraum gewünscht wird.
ANALYSE &
KONZEPTE
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Die Umnutzung in teilsanierten Objekten wird zukünftig wirtschaftlich interessanter werden, je
mehr Sanierungsinvestitionen bereits refinanziert wurden. Hierbei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass auf der einen Seite in der betriebswirtschaftlichen Berechnung die Refinanzierung nun
von weniger Wohnungen erbracht werden muss und damit die WE-spezifischen Erträge geschmälert werden, auf der anderen Seite aber leer stehende Wohnungen ohne Ertrag aus der Bilanz fallen. Umnutzung führt also allenfalls zu einer indirekten Ertragsverbesserung, indem der verbleibende Bestand besser vermietet wird. Entscheidend ist die Leerstandskostenreduzierung, aufgrund
der die zusätzlichen Investitionskosten je nach Umfang der Maßnahmen in zwei bis sechs Jahren
überkompensiert werden.
Abb. 4
Baumaßnahmen
Umnutzung und Bestandstypen
Vollsanierung
X
Uh
X
Teilsanierung
Ue /Um
Um
(Um)
Ue
Ue /Um
X
einfache
mittlere
gute
keine
Lage
Uh = aufwendige Umnutzung; Um = mittlere Umnutzung; Ue = einfache Umnutzung
Umnutzungen können auch in Beständen mit mittleren Lagequalitäten vorgenommen werden,
wie z.B. dauerhaft verbleibende Bestände in Stadtumbaugebieten, die zwar in insgesamt schwierigen Wohnungsmärkten liegen, aber innerhalb der kleinräumigen Märkte einen günstigeren Lagewert haben. Dazu zählen zum Beispiel die umgenutzten Objekte in Weißenfels und Guben, die in
Stadtumbaugebieten liegen, aber innerhalb der Siedlungen eine gute Lage haben. Daraus ergibt
sich eine mittel- bis langfristige Perspektive auf dem Wohnungsmarkt, sofern der Wohnungsüberhang an anderer Stelle beseitigt wird.
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ANALYSE &
KONZEPTE
Allerdings müssen neben dem mittleren Lagewert auch Standard und Ausstattung der Wohnungen
wenigstens mittlere Qualitäten aufweisen, um die Vermietung zu gewährleisten. Hier ist es sinnvoll,
im Zuge von Sanierungs- und Aufwertungsmaßnahmen auch Umnutzungen vorzunehmen, um so
zum einen Leerstandsgefährdungen zu verringern und zum anderen mit der Zurverfügungstellung
von Bodenraum ein neues, attraktives Ergänzungsangebot zu schaffen. Die Beispiele Guben und
Weißenfels haben gezeigt, dass aufwendigere Sanierungen in Verbindung mit Umnutzungen zu einer Aufwertung führen können und gleichzeitig die Vermietungschancen für den verbliebenen Bestand erhöhen. Eine Leerstandsgefährdung besteht in diesen Fällen kaum noch. Die dargestellten
Baumaßnahmen erfordern aber eine langfristige Marktgängigkeit von 20 bis 25 Jahren.
In guten Lagen lassen sich hingegen auch die oberen Geschosse soweit vermieten, dass dort eine geringe Leerstandsgefährdung besteht. Um die Vermietbarkeit zu gewährleisten, ist darauf zu
achten, dass eine gute Ausstattung mit einem entsprechenden Wohnwert vorhanden ist. Entsprechend können aufwertende Maßnahmen sinnvoll sein, wie z.B. Grundrissveränderungen, Umbau
oberer Geschosse zu Maisonettewohnungen oder der Anbau eines Fahrstuhls.
Zusammenfassend lassen sich aus der Analyse der Umnutzungsbeispiele folgende Thesen ableiten:
Für einfache Bestände und Bestände, deren Erhalt nicht dauerhaft gesichert ist, die aber auch
nicht kurzfristig rückbaut werden, ist eine einfache Umnutzung sinnvoll.
Für teilsanierte Bestände und Objekte in mittleren Lagen stellen mittlere und aufwendigere
Umnutzungen eine Aufwertung dar.
Für gute Bestände ist eine Umnutzung in der Regel nicht erforderlich.
Es deutet sich an, dass insbesondere bei teilsanierten Plattenbauten mit der Umnutzung die günstigsten Effekte erzielt werden können, da die Investitionskosten relativ gering gehalten werden
können und sich demgegenüber die Reduzierung der Betriebskosten bemerkbar macht und gegenüber Objekten mit Stilllegungen von einer deutlich längeren Nutzungszeit auszugehen ist.
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7
ANALYSE &
KONZEPTE
Leerstandsbeseitigungsstrategien im Vergleich
In der Frage, inwieweit Umnutzung als Strategie zur Leerstandsbeseitigung in der StadtumbauPraxis tatsächlich angewendet werden kann, müssen nicht nur die Bedingungen, Formen und Möglichkeiten der Umnutzung berücksichtigt werden, wie sie in den vorherigen Kapiteln aufgezeigt
worden sind. Wichtig ist auch die Abwägung zu anderen Strategien, wie z.B. dem Teilrückbau, die
aus betriebswirtschaftlicher Sicht konkurrierende Varianten zur Umnutzung darstellen.
In den folgenden Abschnitten werden die Vor- und Nachteile sowie die spezifischen Bedingungen
unterschiedlicher Strategien im Umgang mit dem Leerstand in leerstandsgefährdeten Gebäuden
diskutiert (zur Definition vgl. Kap. 2.2). Wichtige Aspekte sind hierbei
Leerstandsreduzierung und Vermietbarkeit
Umsetzbarkeit und Investitionskosten
Reduzierung der Leerstandskosten
Finanzierung, Förderung und Altschulden
Eine zusammenfassende Übersicht wird in Tab. 2 in Kap. 7.4 gegeben.
7.1
Umnutzung von Obergeschossen
Als Leerstandsbeseitigungsstrategie stellt Umnutzung ein effektives Instrument dar, denn mit der
Umnutzung wird der Leerstand in den Obergeschossen beseitigt. Häufig kann durch das verbesserte Angebot auch der Leerstand im verbleibenden Wohnungsbestand gesenkt werden, insbesondere
wenn er mit weiteren Modernisierungen verbunden ist. Umnutzungen sind ein hoch flexibles Instrument, das sogar aufgangsweise und sehr rasch umgesetzt werden kann, ein vorübergehender
Leerzug von Teilen des Gebäudes ist i.d.R. nicht erforderlich. Wesentlicher Vorteil hierbei ist, dass
keine oder nur geringe Freizugskosten anfallen.
Je nach baulichem Standard ist Umnutzung bzw. Stilllegung eine kostengünstige Möglichkeit der
Leerstandsreduzierung. Die Investitionskosten und der bauliche Aufwand variieren bei einfacher
und mittlerer Umnutzung je nach Art und Umfang der Maßnahmen zwischen rund 25 und 70 €/m²
umgenutzter Wohnfläche, bei aufwendiger Umnutzung können die Kosten jedoch auch deutlich
über 110 € je m² Wohnfläche liegen.
Auch wenn hinsichtlich der Umlagefähigkeit der Betriebskosten noch nicht in allen Punkten rechtliche Klarheit herrscht und dieser Umstand aktuell für Wohnungseigentümer ein Hindernis darstellen
kann, konnten in den Fallbeispielen grundsätzlich Teile der laufenden Kosten auf die Mieter umgelegt werden. Ein weiterer Teil der Betriebskosten (Hauswartkosten, Heizkosten, Versicherungsbeiträge) konnte komplett eingespart werden. Insgesamt können die beim Unternehmen verbleibenden Leerstandskosten also fast vollständig reduziert werden.
Zentraler Nachteil der Umnutzung ist jedoch die Tatsache, dass bisher Wohnungsstilllegungen nicht
zu einer Entlastung von den Altschulden führen und somit durch die Erträge des verbleibenden Bestandes refinanziert werden müssen.
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ANALYSE &
KONZEPTE
Eine ungünstige Finanzierungssituation ergibt sich außerdem aufgrund der Tatsache, dass Umnutzungsmaßnahmen nicht in das Stadtumbauprogramm integriert sind und folglich weder durch den
Programmteil "Aufwertung" noch den Teil "Rückbau" gefördert werden. Dies gerät Umnutzungen
gegenüber anderen Möglichkeiten der Leerstandsreduzierung zum Nachteil (vgl. Kap. 7.4).
Aus städtebaulicher Sicht sind Umnutzungen von Obergeschossen zu begrüßen, da so leer stehende Wohnungen dauerhaft aus dem Markt genommen werden, ohne jedoch Gebäude rückzubauen.
Dies ist insbesondere für Standorte interessant, an denen die städtebauliche Struktur erhalten bleiben soll. Zudem sind keine weiteren Maßnahmen, z.B. zur Wiedernutzung frei gelegter Flächen,
notwendig.
7.2
Teilrückbau
Angesichts hoher struktureller Leerstände in vielen Wohnungsunternehmen stellt der Abriss von
Wohngebäuden eine zentrale Strategie der Leerstandsreduzierung im Rahmen des "Stadtumbau
Ost" dar. Zu unterscheiden ist zwischen dem flächenhaften und dem objektbezogenen, punktuellen
Teilrückbau. Neben dem Komplettabriss von Gebäuden werden in zunehmendem Maße Gebäude
auch teilrückgebaut. Das bedeutet, dass der Rückbau segmentweise oder geschossweise vollzogen
wird. Im Falle leer stehender Obergeschosse könnte also das 5. bzw. 6. Geschoss zum Teil oder
komplett abgetragen werden und somit leer stehende Wohnungen dauerhaft aus dem Markt genommen werden.
In der Praxis durchgeführt werden sowohl der einfache Teilrückbau mit dem Rückbau der Geschosse und dem Neuaufbau eines Daches, als auch ein aufwendigeres Vorgehen, mit dem eine komplexe Sanierung des gesamten Gebäudes einhergeht. Entsprechend sind neben den Rückbaukosten,
die beim Teilrückbau höher liegen als beim Totalrückbau, auch der neue Dachaufbau als Investitionskosten einzubeziehen, wofür ca. 100-120 €/m² Wohnfläche an Ansatz gebracht werden können.26
Insbesondere bei komplexer Sanierung wird das Gebäude i.d.R. leer gezogen, wodurch den Wohnungsunternehmen zusätzliche Kosten (z. B. Mietverluste durch den Wegzug, Leerstandskosten,
Entschädigungszahlungen, Umzugskosten) und betriebliche Aufwendungen, wie z.B. durch Mitarbeiter als Ansprechpartner für die Mieter, entstehen.
Durch den Teilrückbau können die Betriebskosten der leer stehenden Wohnungen vollständig reduziert werden. Da i.d.R. nach dem Rückbau ein Neubezug des Gebäudes erfolgt, stellt die veränderte Betriebskostenabrechnung kein Problem dar. Nur bei Teilrückbau in bewohntem Zustand gilt die
gleiche rechtliche Situation wie bei der Umnutzung.
Bezüglich der Förderung stellt sich der Abriss von Gebäuden günstig dar. Die Wohnungsunternehmen können zum einen von den Vergünstigungen nach § 6a AHGV Gebrauch machen und somit
26
Vgl. Betriebswirtschaftliche Aspekte von partiellem Rückbau und Abriss. Dr. Winkler Finanz- und Wirtschaftsberatung
GmbH oder Dr. A. Mettke: Die Metamorphosen der Platte. Transformation und Chancen von Plattenbauten.
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ANALYSE &
KONZEPTE
einen Teil ihrer Altschulden erlassen bekommen. Zum anderen stellen Bund und Land mit dem
Programm Stadtumbau Ost Mittel für den Rückbau für den Zeitraum von 2002 bis 2009 zur Verfügung. Je nach Landesförderung beträgt der Förderbetrag 60-70 € je m² rückzubauender Fläche,
was damit zu einem wesentlichen Finanzierungsinstrument wird.
Teilrückbau wird in hohem Maße auch aus städtebaulichen Gründen betrieben, um so z.B. Grundstrukturen zu erhalten, gleichzeitig jedoch Fassadenfluchten und Geschossigkeit so zu variieren,
dass neue städtebauliche Qualitäten entstehen oder eine bessere Integration ins das städtische
Gefüge erfolgt.
7.3
Fahrstuhlanbau
Die Konzentration der Leerstände in den oberen Geschossen von Plattenbauten ist in erster Linie
auf die schlechte Erreichbarkeit der Wohnungen zurückzuführen. Eine Ausnahmegenehmigung
machte zu DDR-Zeiten das Wohnen im sechsten Stockwerk ohne Aufzug möglich. Sofern die Nachfrage auch in unteren Geschossen befriedigt werden kann, werden diese stets besser zu vermieten
sein. Daher ist anzunehmen, dass bei entsprechender Ausstattung und Lage der Objekte und einer
ausreichenden Nachfrage die Vermietbarkeit der oberen Geschosse durch einen nachträglichen Anbzw. Einbau eines Fahrstuhls erheblich verbessert werden kann. Auf diesem Wege können höher
gelegene Wohnungen zum Beispiel für gehbehinderte und ältere Menschen attraktiv werden. Damit
kann dies eine Strategie sein, Leerstände im Gebäude - jedoch nicht im Gesamtmarkt - zu reduzieren, das Vermietungsrisiko allerdings verbleibt.
Der Anbau eines externen Fahrstuhls ist bautechnisch vergleichsweise einfach zu lösen, da wenig
Verkehrsfläche in Anspruch genommen wird. Mit der Herstellung von Verbindungsflächen geht jedoch ein Verlust an Wohnfläche einher. Der Einbau von Fahrstühlen bringt einen Eingriff in die Gebäudestruktur mit sich, lediglich beim P2 lässt sich der - dann allerdings sehr kleine - Fahrstuhl im
Auge des Treppenhauses installieren. Beide Varianten sind mit erheblichen Kosten verbunden und
nur dann sinnvoll, wenn die Ursache für Leerstände tatsächlich in der schlechten Erreichbarkeit der
Wohnungen liegt, und nicht in der geringen Gesamtnachfrage. Es gibt positive Beispiele, die zeigen, dass sich die Vermietbarkeit erheblich verbessern kann, wenn die Nachfrage insgesamt gegeben ist.27
Ein Vorteil dieser Maßnahme besteht darin, dass der Ein- oder Anbau in der Regel ohne den Umzug
der Mieter vonstatten gehen kann. Dementsprechend entstehen für den Vermieter keine Kosten
durch die Organisation von Umzügen und Neuvermietung. Des Weiteren sorgt diese Form der
Leerstandsreduzierung dafür, dass das Gebäude und somit die Infrastruktur weiterhin ausgelastet
sind und Anpassungen der Leitungen an eine veränderte Nachfrage nicht notwendig werden.
27
Vgl. z.B. L. Hercher: Aufzüge werten auf; in: Die Wohnungswirtschaft 9/2002.
ANALYSE &
KONZEPTE
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Der Fahrstuhlanbau ist allerdings durch hohe Investitionskosten gekennzeichnet, so muss je nach
Typ des Gebäudes und Fahrstuhls von Baukosten in von Höhe von 10-14.000 € je Etage ausgegangen werden. Aufgrund der allgemeinen Mietpreisentwicklung in den Plattenbaubeständen sind
diese Investitionen ganz überwiegend nicht über Modernisierungsumlagen refinanzierbar. Dies hat
in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der Anbau von Fahrstühlen in einigen Bundesländern, wie z.B. Mecklenburg-Vorpommern, Berlin oder Sachsen-Anhalt, mit Landesförderprogrammen finanziell unterstützt wurde.
Nachteilig wirken sich Aufzüge auch auf die Betriebskosten aus. Der laufende Betrieb bringt erhöhte monatliche Kosten in einer Größenordnung von ca. 0,50 €/m² Wohnfläche mit sich. Gleichzeitig
sind diese Kosten unter Marktgesichtspunkten in den meisten Fällen nicht und nur teilweise umlagefähig und insofern unrentierlich. Der Einbau eines Aufzuges kann somit nur als Maßnahme zur
besseren Vermietung der oberen Geschosse dienen. Hinsichtlich der Dauerhaftigkeit ist der Einbau
eines Fahrstuhl daher eine langfristige Maßnahme.
7.4
Variantenvergleich unter den Bedingungen des Programms Stadtumbau
Ost
Der Vergleich der Varianten im Umgang mit in Obergeschossen leer stehenden Wohnungen zeigt,
dass die Umnutzung in Bezug auf Investitionskosten, Verringerung der Betriebskosten sowie der
flexiblen Umsetzbarkeit die günstigere Variante sein kann.
Tab. 2
Leerstandsbeseitigungsstrategien im Vergleich
Umnutzung
Teilrückbau
Fahrstuhl
WE-Reduzierung
+
+
O
Umsetzbarkeit
+
-
+
Vermietbarkeit
+
+
+
Investitionskosten
o/+
O
-
Betriebskosten
o/+
+
-
Förderung
-
+
+/-
Altschulden
-
+
+
Unter Berücksichtigung weiterer betriebswirtschaftlicher Parameter wie Finanzierung, Liquidität und
Rentabilität stellt - trotz höherer Investitionskosten - der Teilrückbau die günstigere Variante dar.
Ausschlaggebend hierfür ist vor allem der Einsatz von Fördermitteln für den Rückbau. Dieser Vor-
- 54 -
ANALYSE &
KONZEPTE
teil wird noch größer, wenn wie in Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der Wohnraumförderung
2004 der Dachaufbau nach Rückbau als Modernisierungsmaßnahme zusätzlich gefördert wird. Der
dann vom Unternehmen noch zu tragende Eigenanteil wäre in etwa so hoch wie die Kosten einer
einfachen Umnutzung (Stilllegung), bei der dann aber immer noch keine Altschuldenentlastung erfolgen würde.
Obwohl mit dem Teilrückbau als auch mit der Umnutzung - nicht jedoch mit dem Fahrstuhlanbau das wohnungswirtschaftliche Ziel der Reduzierung nicht mehr nachgefragter Wohnungen entsprochen wird, erfolgt eine förderpolitische Ungleichbehandlung in so hohem Maße, dass eine Umnutzung nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich sinnvoll ist. Im Folgenden ist daher zu diskutieren, in
welcher Form eine Neuausrichtung der Förderung v.a. des Programms "Stadtumbau Ost" erfolgen
kann und welche Auswirkungen dies hätte.
Zentraler Punkt des Programms "Stadtumbau Ost" ist die Förderung von Rückbau- und Aufwertungsmaßnahmen in Stadtumbaugebieten. Die bis 2009 zur Verfügung gestellten Mittel sollen zu
gleichen Teilen in den Rückbau dauerhaft nicht mehr benötigter Wohngebäude und in die Aufwertung des vorhandenen Gebäudebestandes fließen. Grundlage für die Förderung ist die jährlich abzuschließende Verwaltungsvereinbarung zur Städtebauförderung zwischen Bund und Ländern (VVStädtebauförderung). Für eine Förderung von Umnutzungen im Rahmen des Stadtumbauprogramms wäre zu klären, in welchen Programmbereich diese Maßnahmen integriert werden könnten.
Die Förderung der Aufwertung beinhaltet entsprechende Investitionen in Stadtquartieren, die von
Rückbaumaßnahmen betroffen sind. Das Ziel ist es, die Verringerung der Wohnungsdichte als Möglichkeit zur Steigerung der Lebensqualität zu nutzen. Dazu zählen Maßnahmen zur Erhöhung des
Gebrauchswertes, wie z.B. die Nutzungsänderung von Räumen. Insofern könnten Umnutzungen im
Zuge der Wohnungsbestandsverringerung als Aufwertung angesehen werden.
Die aktuelle Praxis des Einsatzes von Aufwertungsmitteln zeigt, dass sie bevorzugt für den Rückbau
sozialer Infrastruktur (wie z.B. leer stehender Kindergärten) und technischer Infrastruktur (Verund Entsorgungsleitungen) sowie für die Aufwertung öffentlicher Freiflächen verwendet werden.
Die Aufwertung von Wohngebäuden wird nur im Einzelfall mit Aufwertungsmitteln gefördert. Hier
kommt erschwerend hinzu, dass der kommunale Anteil in Höhe von einem Drittel des Förderbetrags kaum noch erbracht werden kann, und wenn doch, dann der Vorrang "öffentliche Gelder für
öffentliche Flächen" politisch gewollt wird. Somit ist davon auszugehen, dass eine theoretisch mögliche Förderung durch den Programmteil Aufwertung praktisch nicht erfolgen wird.
Entscheidender ist jedoch, dass die Aufwertung der verbleibenden Wohnungen durch Umnutzung
der Obergeschosse nur als sekundärer Effekt angesehen werden muss, denn der Anlass und der
primäre Effekt der Umnutzung ist die Reduzierung des Wohnungsangebotes und entspricht damit
stärker dem Ziel des Programmteils Rückbau. Gefördert werden beim Rückbau unrentierliche Ausgaben wie die Demontage von Gebäuden und Installationen, deren Vorbereitung und Planung sowie Leerzugsausgaben. Auch bei der Umnutzung erfolgen unrentierliche bauliche Maßnahmen, mit
denen Wohnungen dauerhaft vom Markt genommen werden.
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ANALYSE &
KONZEPTE
Umnutzung und Rückbau setzen also beim gleichen Problem an, beide Strategien sind in ihren betriebswirtschaftlichen Auswirkungen sowie dem Wohnungsmarktziel gleichgerichtet. Mit einer
Gleichstellung im Programm Stadtumbau Ost könnten jedoch flexiblere Möglichkeiten für einen differenzierten Stadtumbau geschaffen werden. Soll sich Umnutzung jedoch als Stadtumbaustrategie
etablieren und Mengeneffekte, die auf eine Größenordnung von 20-30.000 umnutzbare Wohnungen geschätzt werden können, erzielt werden, so ist dies nur durch eine Gleichbehandlung von
Rückbau und Umnutzung möglich. Dies kann relativ einfach durch eine Ergänzung der VVStädtebauförderung erfolgen. Es erfolgt damit keine Ausweitung der Fördervolumens.
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Zusammenfassung und Fazit
Anhand der im Rahmen dieses Forschungsvorhabens erfolgten Analysen und Bewertungen können
eine Reihe von Handlungsempfehlungen gegeben werden, um Umnutzungen von obersten Geschossen in Plattenbauten als ein Instrument der Bestandsentwicklung einzusetzen. Umnutzungen
stellen dabei unter den besonderen Bedingungen des ostdeutschen Wohnungsmarktes für spezifische Teilprobleme ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen dar. Hierbei ist besonders zu beachten:
Für Umnutzungen kommen nur Wohnungsbestände in Betracht, in denen mittelfristig nur die
obersten Geschosse vom Leerstand betroffen sein werden.
Für unsanierte Plattenbauten, die mittel- bis langfristig ganz vom Wohnungsmarkt genommen
werden sollen, führen Umnutzungen mit einem einfachen baulichen Standard (Stilllegungen)
mit geringen Investitionsaufwendungen (< 1.500 € je WE) zu einer weitgehenden Verringerung der Leerstandskosten.
Um den Charakter einer dauerhaften Umnutzung zu gewährleisten, müssen auf jeden Fall die
Sanitärinstallationen demontiert werden. Die Demontage der Heizung sowie eine Verkleidung
der Fenster wären weitere Möglichkeiten den Verlust der Wohnnutzung zu dokumentieren.
Dies wäre auch durch Verkleinerungen von Fenstern möglich, was aber aus Kostengründen
weniger zu empfehlen ist.
Darüber hinaus muss für die oberste noch genutzte Wohnung eine direkte oder indirekte Geschossdeckendämmung gewährleistet sein.
Durch Umnutzungen mit mittlerem Standard und Investitionskosten (3-4.000 € je WE) kann
das Angebot von individuell zuordbaren zusätzlichen Abstellräumen geschaffen werden. Diese
Verbesserung des vorhandenen Wohnungsangebotes wird vom Neu-Mieter gut angenommen,
es entspricht einer marktgerechten Verbreiterung des Angebotsspektrums und trägt damit zur
Stabilisierung der Plattenbaustandorte bei. Bezogen auf das Objekt werden die Leerstandskosten weitgehend gesenkt, und die Vermietungssituation des verbleibenden Bestandes verbessert, sodass sich die Investitionskosten mittelfristig "rentieren".
Es ist dabei sinnvoll, die Abstellflächen analog zum Keller unentgeltlich zu überlassen, um so
einerseits den Vermarktungsvorteil stärker zu nutzen und andererseits durch die damit mögliche Reduzierung des Einheitswertes die Grundsteuer für das Objekt zu senken.
Umnutzungen im mittleren Standard sind besonders sinnvoll in Beständen, die teilsaniert sind
oder werden sollen, da
-
sie über ähnliche Refinanzierungszeiträume der Investitionen verfügen.
-
eine ähnliche Stellung im Portfolio des Unternehmens aufweisen können.
-
sich aufgrund bereits getätigter Modernisierungsmaßnahmen für die Umnutzung Kosten
einsparen lassen.
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Aufwendigere Umnutzungen in Verbindung mit umfangreichen Sanierungen können zu einer
Aufwertung führen und gleichzeitig die Vermietungschancen für den verbliebenen Bestand erhöhen. Eine Finanzierbarkeit der Baumaßnahmen, die eine langfristige Marktgängigkeit von 20
bis 25 Jahren erfordern, ist jedoch nur mithilfe von Städtebaufördermitteln realistisch.
Zentrales Hemmnis bei der Realisierung von Umnutzungen ist die bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung deutlich werdende Schlechterstellung der Umnutzung gegenüber den anderen Formen der Leerstandsbeseitigung. Dies trifft insbesondere auf die Förderung des (Teil)Rückbaus durch das Programm Stadtumbau Ost sowie die mögliche Altschuldenentlastung
nach AHG zu. Soll Umnutzung ein mengenrelevantes Instrument im Stadtumbauprozess sein,
so ist eine Gleichstellung mit dem Rückbau erforderlich. Dies kann bei gleich bleibendem Fördervolumen durch eine Ergänzung der VV-Städtebauförderung erfolgen.
Hinsichtlich der Betriebskostenumlage ist die aktuelle Gesetzgebung und Rechtssprechung
noch nicht auf die spezifische Situation des Stadtumbaus eingestellt. Eine kurzfristige gesetzgeberische Klarstellung würde daher den Stadtumbauprozess vereinfachen, wenn nicht erst
mittelfristig eine Klarstellung durch die Rechtssprechung erfolgen soll.
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Anhang
Freiberg
Weißenfels
Zeitz
Guben
6. Geschoss
5. Geschoss
5. und 6. Geschoss
5. Geschoss
6-8qm individuelle Bodennutzungsfläche, Badzelle als Hausmeisterabstellraum
Abstellräume für Mieter
Abstellraum für Hausmeister
Abstellräume für Mieter
umgenutzte WE
36, weitere 22 bis 2003,
weitere 30 bis 2004
12
13
44
Sanierungsstand vor
Umnutzung
teilsaniert (Gebäudehülle inkl.
WDVS, Drempeldämmung)
teilsaniert
grundsaniert
unsaniert
vor Sanierung:
-
28,1%
46,5%
26%
nach Umnutzung:
-
2%
23%
3%
Leerstandskosten
1,40 €/m²
12,80 €/m² pro Jahr
1 €/m²
Baukosten
2.699,15 €/WE
3.150 €/WE, weitere
3.300 €/WE für Fassadenanteil
ca. 1.230 €/WE
6.476 €/WE, weitere
4.433 €/WE für Fassadenanteil
Baumaßnahmen
Demontage Sanitäreinrichtungen
Demontage Installation
Versorgungsstränge gekappt
Demontage Installation
Rückbau Elektrik
s.o.
Spannungsfreimachung der
Elektroanlage
s.o.
Umnutzung
Leerstand
Trennwände in
Holzlattenkonstruktion
Tischlerarbeiten für Aufteilung in
vier Räume
Schlösser Beschläge etc.
Neuer Wandanstrich
malermäßige Instandsetzung
malermäßige Instandsetzung
Verkleinerung Fensteröffnung,
neues Fenster/Verkleidung Fenster
durch vorgehängte Fassade
Verkleinerung Fensteröffnung,
neues Fenster
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Baumaßnahmen
Freiberg
Weißenfels
Zwischenwände bleiben erhalten
ursprüngliche Zimmeraufteilung
beibehalten
Wohnungseingangstür bleibt erhalten (kein weiterer Brandschutz)
Erneuerung Eingangstür als
T30-Tür
Zeitz
Guben
Wohnungseingangstüren wie bei
verbleibenden Wohnungen
keine besonderen Brandschutzauflagen
Gesonderte Verkleidung
5. Geschoss
trittfeste Dämmung
Geschossdecke
Mindestbeheizung
WDVS
trittfeste Fußbodendämmung
(Mineralwolle) im 5. Geschoss
Räume nicht beheizbar
Dämmung Geschossdecke mit trittfesten Verbundplatten
(Mineralwolle und Spanplatte)
Räume nicht beheizbar
Kostenersparnis durch Nichtsanierung
Loggia
Abbruch Loggia
Elektroverteilung an Mieterzähler
Nylonnetz für Loggia
Red. Um 12 WE auf 48 WE erhöhte
„Kalte BK“ um 53 € pro Jahr und
WE
Betriebskosten
Ersparnis für Genossenschaft
ca. 0,90 €/m²
keine Betriebskostenerhöhung für
Mieter
Reduzierung Fernwärme durch Neuberechnung
Keine Heizungskosten
Versicherung wohnungsweise auf 0
gesetzt
Reduzierung Versicherungsbeitrag
Lineare Reduzierung der Gebäudeversicherung
Grundsteuerreduzierung
Grundsteuerreduzierung
Grundsteuerreduzierung
Mindestbeheizung Dachboden, Umlage
Strom über Umlage
Reduzierung Hauswartkosten
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Umlage Grünflächenpflege erhöht
Mieterakzeptanz
Gesamtbewertung
Nutzungsgrad: 100%
Nutzungsgrad: vollständig
Erhöhung Betriebskosten akzeptiert
Betriebskostenänderung unkritisch
da „Bodenkammern“ ohne Kaltmiete den WE zugeordnet sind
Umnutzung führt zu Senkung der
Leerstandskosten und Stabilisierung
der Vermietungssituation, trifft auf
Nachfrage, weitere Umnutzungen
geplant
Umnutzung führt zu Senkung der
Leerstandskosten und Stabilisierung der Vermietungssituation,
trifft auf Nachfrage, weitere Umnutzungen geplant
Nutzungsgrad: leer
Nutzungsgrad: 100 %
Da Teilrückbau nicht möglich, Fahrstuhlanbau zu teuer, weitere Stilllegungen denkbar
Umnutzung aus Vermarktungsgesichtspunkten sinnvoll, wegen ungünstiger Finanzierung jedoch keine
weitere Umnutzungen geplant, alternative Wirtschaftlichkeitsberechnung Fahrstuhleinbau, Projekt Teilrückbau
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