Die 4Pi-konfokale Mikroskopie auf dem Weg zur Routineanwendung

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Die 4Pi-konfokale Mikroskopie auf dem Weg
zur Routineanwendung
4Pi-konfokale Mikroskope besitzen mit
100 nm im Vergleich zu herkömmlichen
Fluoreszenzmikroskopen eine 4- bis 7fach höhere axiale Auflösung. Mit den
Geräten der neuesten Generation ist
die Beobachtung lebender Zellen mit
einer bisher in der hoch auflösenden
Mikroskopie unerreichten Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit möglich.
Die Fluoreszenzmikroskopie ist heutzutage aus der biologischen Forschung
nicht mehr wegzudenken. Sie erlaubt die
nicht-invasive Beobachtung subzellulärer Strukturen im Inneren lebender Zellen, die durch Fluoreszenzfarbstoffe oder
fluoreszierende Proteine wie beispielsweise GFP spezifisch markiert werden
können. Die konfokale sowie die Multiphotonen-Laserrastermikroskopie zeichnen sich dabei durch ihre Fähigkeit aus,
dreidimensionale (3D) Bilder zu erzeugen. Wie jede andere auf der Fokussierung von Licht basierende Aufnahmetechnik sind sie jedoch selbst bei der
Verwendung von Objektiven höchster
numerischer Apertur (NA) in ihrer räumlichen Auflösung auf lateral bestenfalls
~200 nm und axial auf 500 bis 800 nm
beschränkt. Dadurch ist die detaillierte
Beobachtung kleinerer Strukturen nicht
möglich.
entfernt werden können. Als Faustregel
sollte die Helligkeit dieser Geisterbilder
jeweils nicht 50 % der Signalstärke des
Hauptbildes überschreiten. Leider ist
dies selbst mit Objektiven der höchsten
NA nicht der Fall; unter idealen Umständen erreicht man nur ein Signalverhältnis von 60 % bis 70 %. Um die Intensität
der Nebenmaxima zu senken ist daher
eine Kombination aus folgenden Maßnahmen nötig: Durch die konfokale Detektion wird Fluoreszenz, die aus den
Nebenmaxima stammt, unterdrückt, so
dass ihr Beitrag zum Gesamtsignal sinkt.
Zusätzlich kann die relative Höhe der
Nebenmaxima mittels 2-Photonenanregung [2] der Fluoreszenzfarbstoffe aufgrund der quadratischen Abhängigkeit
der Anregungseffizienz von der Beleuchtungsintensität gesenkt werden. Durch
die höhere Wellenlänge des 2-PhotonenAnregungslichts werden außerdem die
Nebenmaxima weiter vom Hauptmaximum weg geschoben, so dass sie durch
die konfokale Lochblende effizienter
unterdrückt werden können. Eine dritte
Maßnahme besteht in der gleichzeitigen
Ausnutzung der Anregungs- und der
Detektionsinterferenz. Der Unterschied
zwischen den beiden Wellenlängen führt
hierbei zu unterschiedlichen axialen Positionen der Nebenmaxima und verringert dadurch die Detektionseffizienz der
Anregungsnebenmaxima.
Konzept
Realisierung
Durch die kohärente Nutzung zweier
einander gegenüber liegender Objektive,
die auf den gleichen Punkt fokussieren,
erzielt die 4Pi-konfokale Mikroskopie [1]
eine 4- bis 7-fach höhere axiale Auflösung als herkömmliche konfokale Mikroskope. Die Interferenz der einander entgegenlaufenden Wellenfronten schärft
den konfokalen Fokus (die Punktbildfunktion, engl. point spread function,
PSF), erzeugt allerdings auch zwei Interferenz-Nebenmaxima, die im Abstand
der ca. halben Wellenlänge des verwendeten Lichts ober- und unterhalb der Fokusebene entstehen (Abb. 1). Diese führen bei der Bildaufnahme zu axial
verschobenen Geisterbildern, die – wenn
sie nicht zu dominant sind – durch mathematische Bildrekonstruktionsverfahren aus dem aufgenommen Datensatz
Eingeführt im Jahr 1992 [3] hat sich die
4Pi-Mikroskopie stetig weiterentwickelt
und wurde mittlerweile in ein modernes
konfokales Laserrastermikroskop (Leica
TCS 4PI) integriert. Dieses ermöglicht robuste Aufnahmen in 3D sowohl von fixierten als auch von lebenden Zellen bei
einer Auflösung von unter 100 nm [4].
Das Gerät besteht aus einem normalen
Konfokalmikroskop (TCS SP2, Leica
Mikrosystems CMS, Mannheim) sowie einer 4Pi-Einheit, die fest an das Mikroskopstativ montiert ist, um den Scanner
und den spektralen Detektor des Mikroskops nutzen zu können (Abb. 2). Für die
2-Photonenanregung ist der Strahl eines
modengekoppelten Titan-Saphir-Lasers
in den Strahlengang des Scanners eingekoppelt. Die 4Pi-Einheit ist durch das
symmetrische Design der mechanischen
Einleitung
Komponenten gegen thermische Drift
stabilisiert und gewährleistet konstante
interferometrische Bedingungen. Über
den Strahlteiler (engl. beam splitter, BS)
wird der Laserstrahl in zwei Strahlen
gleicher Intensität aufgespaltet und über
die Objektive O1 und O2 in die Probe fokussiert. Der Strahlscanner des Systems
ermöglicht ein schnelles laterales Abrastern der Probe. Durch Auf- und Abbewegen des piezogetriebenen Probentisches kann zusätzlich in Richtung der
optischen Achse (z) gerastert werden.
Das Fluoreszenzlicht wird von beiden
Objektiven aufgenommen, am Strahlteiler vereint und zurück in den konfokalen
Scanner reflektiert, wo es in der spektralen Detektionseinheit des Geräts detektiert werden kann. Optional können
durch die zusätzliche Nutzung der Fluoreszenzinterferenz die Nebenmaxima
weiter gesenkt und die axiale Auflösung
nochmals verbessert werden. Die in diesem Betriebsmodus erforderliche Kompensation der Dispersionsdifferenz zwi-
3.141592653589793238462643383279502884197169399375105820974944
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Abb. 1: Punktbildfunktionen (PSFs) des 4Pi-konfokalen Mikroskops bei 2-Photonenanregung
(berechnet). Im Typ A Modus wird die konfokale
PSF durch die Interferenz der fokussierten Wellenfronten moduliert. Dadurch wird ein scharfes
zentrales Maximum sowie zwei entlang der optischen Achse (z) verschobene Nebenmaxima erzeugt. Die weitere Kombination mit der Fluoreszenzinterferenz durch gleichzeitige Detektion
mit beiden Objektiven (Typ C Modus) senkt die
Nebenmaxima und schärft das Hauptmaximum
auf ~100 nm. Die Kurven zeigen die jeweilige zAntwort, d.h. das Signal eines optischen Schnitts
entlang der optischen Achse durch eine dünne
laterale Schicht, mit einer Nebenmaximahöhe
von deutlich unter 50 %.
BIOforum 3/2005, S. 46–47, GIT VERLAG GmbH & Co. KG, Darmstadt, www.bioforum.de
Abb. 2: Leica TCS 4PI. Rechts ist die 4Pi-Einheit gezeigt (siehe Text für Beschreibung).
Zelle. Die 3D-Darstellung der EGFP-markierten 1,4-β-Galactosyl Transferase
(GalT), einem im mittleren und TransGolgi lokalisieren Protein, zeigt deutlich
Strukturen wie z. B. Einstülpungen von
200 nm Größe, die in konfokalen Aufnahmen kaum zu erkennen sind. Die Analyse
von Aufnahmeserien ergab, dass, obwohl
die Zellen bei 32 °C gehalten werden, die
Bewegung des Golgiapparates während
der Aufnahme eines 3D-Datensatzes kein
Problem darstellt. Außerdem konnte bei
wiederholten Aufnahmen der gleichen
Zelle keine signifikante Abnahme des Signals beobachtet werden, so dass PhotoBleichen von EGFP bei diesen Proben als
unproblematisch angesehen werden
kann. Um Artefakte aufgrund der Probenpräparation auszuschließen, wurden
die Zellen in einer speziell entwickelten
Kammer unter physiologischen Bedingungen mikroskopiert.
Zusammenfassung
markierten mitochondrialen Netzwerks
schen den beiden Interferometerarmen,
45923078164062862089986280348253421170679821480865132823066470
einer lebenden Hefezelle (Saccharomykann durch ein verschiebbares Glaskeile-Paar (engl. wedges, W) in einem
Arm sowie einer planparallelen Glasplatte (P) auf der anderen Seite eingestellt werden. Das optische Design des
Mikroskops gewährleistet die Invarianz
der 4Pi-PSF über ein Bildfeld der Größe
50 µm x 50 µm.
ces cerevisiae) aufgenommen mit einem
Leica TCS 4PI Mikroskop. Das Netzwerk
besitzt einen Gesamtdurchmesser von
ungefähr 5 µm, die Aufnahmezeit betrug
weniger als 2 Minuten [4]. Da die Höhe
der Nebenmaxima unter 30 % lag, konnten die Geisterbilder mit einem einfachen Wiener-Filter aus den Rohdaten
entfernt werden.
Die Aufnahmezeit kann durch die parallele Verwendung mehrerer Fokusse
deutlich verringert werden (multifokale
Multiphotonenmikroskopie, MMM) [5].
Dies wurde im MMM-4Pi [6] erfolgreich
umgesetzt. Mit diesem Gerät konnte die
zuverlässige Nutzung der 4Pi-Mikroskopie zur routinemäßigen Untersuchung
von lebenden Säugerzellen demonstriert
werden [7]. Abbildung 4 zeigt die 3D-Rekonstruktion einer MMM-4Pi-Aufnahme
des Golgiapparats einer lebenden Vero-
Die 4Pi-Mikroskopie ist durch die Entwicklung des Leica TCS 4PI und des
MMM-4Pi dem reinen Versuchsstadium
entwachsen. Während das Leica-System
eine stabile und benutzerfreundliche
Plattform für Fluoreszenzmikroskopie
mit einer Auflösung von ~100 nm im Inneren lebender Zellen bietet, zeichnet
sich das MMM-4Pi insbesondere durch
seine hohe Aufnahmegeschwindigkeit
aus. Mehrere Anwendungen haben gezeigt, dass der Routinebetrieb mit einer
Auflösung von ~100 nm möglich ist.
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Aufnahme lebender Zellen
Lebende Zellen können unter Verwendung von 1.20 NA Wasserimmersionsobjektiven, die physiologische Aufnahmebedingungen erlauben, in Kombination
mit einem schnellen Strahlscansystem in
3D mikroskopiert werden. Abbildung 3
zeigt die 3D-Rekonstruktion des GFP-
Referenzen
[1] Hell S.W.: Europäisches Patent (1990)
[2] Denk W. et al.: Science 248, 73–76 (1990)
[3] Hell S. und Stelzer E.H.K.: J. Opt. Soc. Am. A
9, 2159–2166 (1992)
[4] Gugel H. et al: Biophys. J. 87, 4146–4152
(2004)
[5] Bewersdorf J. et al: Opt. Lett. 23, 655–657
(1998)
[6] Egner A. et al: Proc. Natl. Acad. Sci. USA 99,
3370–3375 (2002)
[7] Egner A. et al: J. Struct. Biol. 147(1), 70–76
(2004)
Dr. rer. nat. Jörg Bewersdorf
Postdoc, jbewers @ gwdg.de
Dr. rer. nat. Alexander Egner
Postdoc, aegner @ gwdg.de
Abb. 3: 3D-Rekonstruktion des mitochondrialen
Netzwerks einer lebenden Hefezelle. Der Datensatz wurde mit einem Leica TCS 4PI Mikroskop
unter Verwendung von Wasserimmersionsobjektiven (1,20 NA) aufgenommen. Das Netzwerk hat
einen Durchmesser von ~5 µm.
Abb. 4: MMM-4Pi-Aufnahme des Golgiapparats
in einer lebenden Verozelle bei ~100 nm Auflösung. Gezeigt ist die Verteilung der EGFP-marβ-Galactosyl Transferase. Das kleine
kierten 1,4-β
Fenster zeigt eine Epifluoreszenzübersicht, die
die relative Lage des Golgiapparats zum Zellkern
darstellt.
Prof. Dr. rer. nat. Stefan W. Hell
Direktor, shell @ gwdg.de
Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie
Abteilung für NanoBiophotonik
37070 Göttingen
www.mpibpc.gwdg.de/abteilungen/200
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