Patienteninformation Konnatale Cytomegalie

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ICON – INITIATIVE ZUR PRÄVENTION KONNATALER CYTOMEGALIEINFEKTIONEN
Patienteninformation
Konnatale Cytomegalie
Cytomegalie
Herzlichen Glückwunsch.
Sie planen schwanger zu werden oder sind es bereits?
Eine Schwangerschaft kann etwas Wunderschönes sein. Diese Erfahrung wird Ihr Leben verändern – vielleicht hat sie es bereits getan?
Natürlich möchten alle Eltern, dass ihr Kind gesund zur Welt kommt. Um das Risiko gesundheitlicher Probleme für Ihr Kind zu verringern,
nehmen Sie die regelmäßigen Vorsorgetermine bei Ihrem Frauenarzt wahr.
Wir möchten Sie über eine Viruserkrankung informieren, die aufgrund ihres oftmals harmlosen Verlaufs
häufig unerkannt bleibt und deren Gefahr für die Gesundheit Ihres Kindes häufig unterschätzt wird:
die Infektion mit dem Cytomegalovirus während der Schwangerschaft.
Es ist die häufigste Virusinfektion mit hohem Schädigungsrisiko des Kindes, noch vor Röteln oder Toxoplasmose.
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Cytomegalie
Konnatale Cytomegalie – was ist das?
Cytomegalie ist eine Infektionserkrankung, die durch das Cytomegalovirus (CMV) verursacht wird. Die Infektion kann sowohl bei Menschen
mit geschwächtem Immunsystem (beispielsweise nach Organtransplantationen, bei AIDS oder Tumorerkrankungen) als auch bei Neugeborenen zu schweren Krankheitsverläufen führen. Das Virus bewirkt bei den infizierten menschlichen Zellen eine charakteristische Zellvergrößerung. Daher leitet sich auch der Name der Erkrankung ab (griech.: kytos = Zelle, megalo = groß).
Das Cytomegalovirus gehört zur Gruppe der Herpesviren und ist weltweit verbreitet. Es kommt in den westlichen Industrieländern bei etwa
40 bis 70 % der Bevölkerung vor. Die Verbreitung des Virus erfolgt am häufigsten durch Körpersekrete (Speichel, Urin, Blut) und steht in
engem Zusammenhang mit der Bevölkerungsdichte sowie den sozialen und wirtschaftlichen Lebensumständen.
Frauen der Mittel- und Oberschicht aus westlichen Industrienationen kommen mit dem Virus seltener in Kontakt. Gerade deshalb besteht
hier ein erhöhtes Risiko für eine Erstinfektion während der Schwangerschaft.
Eine Erstinfektion verläuft bei gesunden Erwachsenen in ca. 75 % der Fälle ohne oder nur mit geringen Krankheitsbeschwerden. Mögliche
Anzeichen können Fieber, eine Schwellung der Lymphknoten, Kopf- und Gliederschmerzen sein. Häufig bleibt die Infektion von der Betroffenen gänzlich unbemerkt.
Weltweite Verbreitung
Die Verbreitung des Cytomegalovirus ist in den Entwicklungsländern deutlich höher als in den Industrienationen.
Serokonversion* < 60 %
Serokonversion* > 80 % (bis 100 %)
*Serokonversion = positiver Virusnachweis im Blut
Konnatale Cytomegalie
Konnatale Cytomegalie – ein unterschätztes Risiko für das ungeborene Kind
Infiziert sich eine Schwangere mit dem Cytomegalovirus, so kann das Virus bereits im Mutterleib auf ihr Kind übertragen werden und zu
schwerwiegenden Beeinträchtigungen beim ungeborenen Kind führen.
Die konnatale (angeborene) Cytomegalovirusinfektion ist eine der häufigsten Ursachen für die Schädigung von Ungeborenen:
• ca. 42–46 % der Schwangeren in Deutschland sind CMV-seronegativ, das heißt sie besitzen keine Antikörper gegen das Cytomegalovirus,
da sie noch nicht mit dem Virus in Kontakt gekommen sind.
• das Risiko für CMV-seronegative Schwangere in Europa, sich mit dem Virus zu infizieren, liegt bei ca. 1–4 % .
• etwa 40 % der infizierten Frauen übertragen das Virus auf das ungeborene Kind. Das größte Risiko für eine kindliche Schädigung besteht dabei während der frühen Schwangerschaft, das heißt in den ersten 20 Schwangerschaftswochen.
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Die Infektion mit dem Cytomegalovirus verläuft bei gesunden Erwachsenen in den meisten Fällen ohne Beschwerden oder nur mit
leichten, grippeähnlichen Krankheitszeichen. Sie bleibt daher häufig unerkannt.
Trotzdem besteht die Gefahr schwerer Schäden beim Ungeborenen und beim Neugeborenen im Falle einer Erstinfektion der
Schwangeren.
Eine Erstinfektion wird meist eher zufällig erst am Ende des zweiten oder im letzten Schwangerschaftsdrittel entdeckt: Im Ultraschall erkennbare Veränderungen wie z. B eine Wachstumsverzögerung, eine verminderte Fruchtwassermenge, eine vergleichsweise geringe Größe
des Kopfes, sowie ein vergrößertes Herz können auf eine konnatale Cytomegalie hinweisen.
Sofern Sie früher schon einmal mit dem Cytomegalovirus in Kontakt gekommen sind (CMV-seropositiv), besteht bei einer möglichen
Zweitinfektion in der Schwangerschaft nur ein vergleichsweise geringes Risiko von etwa einem Prozent, dass es zu einer Übertragung auf
Ihr Kind kommt, wobei das Kind bei diesem selteneren Virusübertritt dann genauso schwer und häufig wie bei einer symptomatischen
primären Infektion betroffen sein kann.
Ausgehend von einer Geburtenrate von zirka 674.000 Lebendgeburten (2012) in Deutschland, erkranken schätzungsweise 1.800 Kinder
jährlich an einer konnatalen CMV-Infektion. Exakte Zahlen gibt es hierzu in Deutschland derzeit nicht. 10 % der infizierten Kinder zeigen
Symptome. Als Folge der Infektion treten gehäuft Frühgeburten und ein geringes Geburtsgewicht auf. Im Verlauf der Erkrankung weist ein
Teil dieser Kinder schwere Schädigungen wie Missbildungen und Schwellungen des Gehirns auf. Häufig sind auch neurologische Störungen wie Hörverlust, Sprach- und Sehstörungen, geistige Behinderungen und Epilepsie. Hinzu kommen körperliche Veränderungen wie die
Vergrößerung der Leber und Milz und/oder eine Lungenentzündung. Die Sterberate von Kindern mit konnataler Cytomegalieinfektion beträgt
etwa 5–10 % der symptomatisch infizierten Kinder.
Von den Neugeborenen, die bei Geburt keine Beeinträchtigungen aufweisen, entwickelt immerhin noch jedes siebte Kind in den folgenden
Jahren körperliche Probleme. Bei einem großen Anteil werden als Spätfolge vor allem Schwerhörigkeit, Entwicklungsverzögerungen und
geistige Behinderungen festgestellt.
Da die Cytomegalieinfektion sowohl bei der Mutter als auch beim Kind ohne Krankheitszeichen verlaufen kann, bleibt sie häufig unerkannt. Treten später beim Kind Beeinträchtigungen auf, denkt niemand mehr an eine mögliche Infektion mit dem Cytomegalovirus.
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Konnatale Cytomegalie
Wie können ich und mein Kind uns anstecken?
Die Infektion kann auf vielen Wegen erfolgen.
Das Cytomegalovirus wird von infizierten Menschen mit den Körperflüssigkeiten wie Speichel, Tränen, Urin, Sperma oder Vaginalsekret
ausgeschieden. Über den engen direkten Kontakt wird das Virus von Mensch zu Mensch übertragen.
Besonders risikoreich ist der enge Kontakt während der Schwangerschaft zu Kindern bis zu deren Vorschulalter
im eigenen Haushalt.
Laut Untersuchungen sind bis zu 20 % der Kinder unter drei Jahren in Kindertagesstätten mit dem Cytomegalovirus infiziert.
Infizierte Säuglinge und Kleinkinder können das Virus über Jahre in Urin und Speichel ausscheiden und stellen damit eine bedeutende
Infektionsquelle dar.
Frauen können das Cytomegalovirus nicht nur während der Schwangerschaft auf das ungeborene Kind übertragen, sondern ebenso ihr
Neugeborenes über die Muttermilch mit dem Virus infizieren. Für gesunde reife Säuglinge stellt eine Infektion mit dem Cytomegalovirus
über die Muttermilch in der Regel kein Risiko dar, gefährdet sind jedoch zu früh geborene Säuglinge mit Geburtsgewicht < 1200 g, weil ihr
Immunsystem noch nicht ausgereift ist und die Antikörper der Mutter sie nicht ausreichend schützen. Kurzzeitiges Erhitzen der Muttermilch kann das Virus vollständig zerstören. Auch durch Einfrieren der Muttermilch lässt sich das Übertragungsrisiko senken, jedoch nicht
zu 100 % verhindern.
Wie kann ich mich und mein Kind vor einer CMV-Infektion schützen?
Das höchste Risiko der Infektion und Übertragung einer Cytomegalieinfektion auf das Ungeborene besteht dann, wenn die Mutter keine
Antikörper gegen das Virus besitzt (CMV-seronegativ). Dies kann Ihr Arzt über einen Bluttest vor oder zu Beginn der Schwangerschaft
feststellen (siehe Seite 8).
Haben Sie noch keinen Kontakt mit dem Virus gehabt und sind Sie schwanger, sollten sie besondere Hygieneregeln beachten!
CMV-seronegative Schwangere sollten den häufigen und engen Kontakt zu Kleinkindern privat oder beruflich meiden – das gilt vor allem
für Kinderkrankenschwestern oder Erzieherinnen. Bei der Kleinkinderbetreuung empfiehlt es sich, insbesondere jene Gegenstände und
Oberflächen zu reinigen, die mit Urin und Speichel von Kleinkindern in Kontakt kamen. Wichtig für CMV-seronegative Schwangere ist
darüber hinaus eine gründliche Händehygiene mit Seife und warmem Wasser nach dem Windelwechsel, Füttern, Baden, Nase putzen und
dem Anfassen von Spielzeug. Auch die gemeinsame Benutzung von Tassen, Handtüchern, Löffeln und anderen Gegenständen, die gemeinsame Nahrungsaufnahme und das Küssen auf den Mund sind ein potenzielles Risiko und sollten soweit möglich vermieden werden.
Die Befolgung dieser Hygieneregeln mindert das Ansteckungsrisiko nachweislich um bis zu 50 % .
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Konnatale Cytomegalie
Kennen Sie Ihr Risiko, das heißt Ihren CMV-Immunstatus?
Ein selbstbezahlter Bluttest kann Ihnen Auskunft über Ihren eigenen Immunstatus und Ihr mögliches Infektionsrisiko geben.
Um ein Risiko möglichst frühzeitig zu erkennen, besteht jedoch die Möglichkeit, bereits vor einer geplanten oder kurz nach Eintritt einer
Schwangerschaft Ihr Blut auf darin enthaltene Antikörper gegen das CMV-Virus auf eigene Kosten zu testen. Fragen Sie Ihren Arzt danach.
Die Pflichtuntersuchungen gemäß den Mutterschutzrichtlinien in Deutschland sehen derzeit einen
CMV-Bluttest (CMV-IgG/IgM-Test) für Schwangere nicht vor, und die Gesetzliche Krankenversicherung
übernimmt die Kosten gegenwärtig nicht.
Anhand dieser Untersuchung wird das Vorhandensein von spezifischen, gegen CMV gerichteten, Antikörpern (CMV-IgG und CMV-IgM) im Blut der Schwangeren bestimmt. Fällt die CMV-IgG/IgM-Untersuchung negativ aus, so gehören Sie zur gefährdeten Gruppe der CMV-seronegativen Schwangeren, das
heißt Sie hatten bisher noch keinen Kontakt mit dem Virus. Hier ist es ggf. ratsam, den Test während
der Schwangerschaft zu wiederholen, um eine mögliche Erstinfektion frühzeitig zu erkennen.
In jedem Fall sollten Sie die Hygieneregeln (Seite 7) beachten!
Sind die weiteren Tests negativ, können Sie davon ausgehen, dass Sie sich während der Schwangerschaft nicht infiziert haben und Ihr
Kind nicht gefährdet ist. Falls ein Test positiv ausfallen sollte, werden weitere Tests durchgeführt, um eine mögliche Erstinfektion zu bestätigen und ggf. eine entsprechende Behandlung einzuleiten.
Konnatale Cytomegalie
Was ist, wenn mein Kind sich infiziert hat?
Besteht bei Ihrem Kind der Verdacht auf eine konnatale Cytomegalieinfektion, sollten innerhalb der ersten zwei Lebenswochen Untersuchungen durchgeführt werden, um den Verdacht zu bestätigen oder auszuräumen. Nur in dieser frühen Phase lässt sich feststellen, ob die
Infektion bereits vor oder erst nach der Geburt erfolgt ist. Bestätigt sich die Infektion, so kann ggf. durch eine frühzeitige Therapie Einfluss
auf eventuelle Spätfolgen, insbesondere Hörstörungen, genommen werden.
Kann die konnatale Cytomegalie behandelt werden?
Tritt eine Cytomegalieinfektion bei Menschen mit intaktem Immunsystem auf, so ist körperliche Schonung und eine Behandlung der Beschwerden in der Regel ausreichend. Eine spezifische Behandlung ist bei immungeschwächten Menschen, bei schwangeren Frauen ohne
spezifische CMV-Antikörper sowie bei bestimmten Neugeborenen in Erwägung zu ziehen.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit eine CMV-Infektion mit einer antiviralen Therapie, das heißt mit Medikamenten, die die Vermehrung des Virus hemmen (Virostatika) zu behandeln. In der Schwangerschaft können Virostatika jedoch beim Ungeborenen schwere
gesundheitliche Schäden verursachen und dürfen deshalb nicht gegeben werden. Bei Säuglingen mit ersten Krankheitsanzeichen einer
konnatalen Cytomegalieinfektion ist ein Behandlungsversuch mit diesen Medikamenten trotz der möglichen Nebenwirkungen sinnvoll,
um beispielsweise eine Verschlechterung von Hörstörungen zu verhindern.
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit können CMV-Hyperimmunoglobuline darstellen. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Proteinlösung (Eiweiße) mit einer hohen Konzentration an spezifischen CMV- Antikörpern, die gegen Bestandteile der Virushülle gerichtet sind
und somit frei im Blut schwimmende Viren abfangen. Damit verhindern sie ein Übergreifen der Infektion auf weitere Körperzellen und
stoppen somit die Infektion. Da sie über die Plazenta auch in den Blutkreislauf des Kindes gelangen, können sie auch die Infektionsrate
des Kindes verringern.
Hyperimmunoglobuline sind bislang nur für die Behandlung von Patienten mit geschwächtem Immunsystem, wie zum Beispiel bei einer
Transplantation oder HIV-Infektion von den Gesundheitsbehörden zugelassen. In diesem Fall dürfen sie auch bei Schwangeren eingesetzt
werden. Bei der vorgeburtlichen Behandlung von Schwangeren mit einer Cytomegalieinfektion dürfen Hyperimmunglobuline derzeit nur
außerhalb der Zulassung (so genannter „off-label-use“) in enger Absprache mit dem behandelnden Arzt und nach Kostenrücksprache mit
der Krankenkasse gegeben werden. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen und Einzelfallbeschreibungen zeigen ermutigende Behandlungserfolge auch in diesen Fällen. Zur Zeit läuft eine große Zulassungsstudie an 20.000 Schwangeren, die die vorbeugende Gabe eines
CMV-Hyperimmunglobulins bei Schwangeren mit einer Erstinfektion untersucht.
CMV-Hyperimmunglobuline sind auch in der Schwangerschaft in der Regel sehr gut verträglich.
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Konnatale Cytomegalie
Kann ich mich gegen das Cytomegalovirus impfen lassen?
Bislang gibt es keine aktive Impfung gegen konnatale Cytomegalie, wie beispielsweise gegen Mumps oder Röteln. Die Behandlung mit
einem CMV-Hyperimmunglobulin entspricht einer passiven Impfung, wie Sie es vielleicht von Ihrer Reiseimpfung gegen Hepatitis-A-Viren
kennen.
Wie verhalte ich mich, wenn ich eine CMV-Infektion befürchte?
Länger anhaltende grippale Infekte, Fieberschübe, Kopfschmerzen oder Oberbauchschmerzen können Anzeichen für eine Erstinfektion
mit dem Cytomegalovirus sein. Während der Schwangerschaft sollte Ihr Frauenarzt eine Ultraschalluntersuchung vornehmen, um erste
Anzeichen einer konnatalen Cytomegalie bei Ihrem Kind frühzeitig festzustellen. Besteht der Verdacht auf eine Cytomegalieinfektion, wird
Ihr Frauenarzt einen CMV-IgG-Test und gegebenenfalls weitere Laboruntersuchungen veranlassen.
Weitere Informationen erhalten Sie auf der Website der ICON-Initiative: www.icon-cmv.de
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www.icon-cmv.de
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