Die ersten Jahre des regulierten Stadtmagistrat und die Zeit der

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Kapitel 9
Die ersten Jahre des regulierten Stadtmagistrat
und die Zeit der Franzosenkriege
D
IE ERSTEN JAHRE DES REGULIERTEN STADTMAGISTRAT
UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Die Auswirkungen der Josephinischen
Verwaltungsreformen auf die Stadtmagistrate
Die Verwaltungs- und Justizreform Joseph II. für die Magistrate hatten zu einem straffen,
streng zentralistischen Regierungssystem geführt. Alle Eingaben des Magistrats und des
Distriktskommissariates, ob es sich um Anfragen, Anträge oder Rekurse handelte, mussten
den Instanzenzug über Kreisamt, Landesregierung bzw. Niederösterreichisches Appellationsgericht durchlaufen. Doch selbst ganz unbedeutende Angelegenheiten gelangten
zumeist von dort noch zur Hofkanzlei und wurden von dieser an den Hof zur Abfassung
einer allerhöchsten Entschließung vorgelegt. Die Folge dieser Entwicklung war eine ungeheure Vielschreiberei und starke Verzögerung der Erledigung selbst dringendster Angelegenheiten. Eine weitere negative Auswirkung war das Entstehen eines unselbstständigen
Beamtenapparates, der sich die geringfügigsten Angelegenheiten nicht selbst zu entscheiden getraute, sondern bei der nächst höheren Stelle anfragte. Bei den Magistraten ergab
sich auch eine zunehmende Entfremdung der Bürgermeister und Ratsmitglieder von den
Bürgern, die schon früher bei den ortsfremden Syndici eingesetzt hatte. Denn Bürgermeister und Rat waren nunmehr als Beamte in erster Linie den vorgesetzten Behörden, die ihre
Tätigkeit akribisch überwachten, und nicht der Bürgerschaft verantwortlich.
Da diese zunehmend von der Mitwirkung in den kommunalen Angelegenheiten ausgeschlossen war, verlor sie auch immer mehr das Interesse daran und entwickelte vielfach
sogar eine geradezu feindliche Abwehrstellung gegenüber der etablierten Magistratskaste,
die an ihren Sorgen und Nöten vermeintlich oder tatsächlich nicht mehr Anteil nahm.
Dazu trug auch noch bei, dass schon wegen der bei Amtsantritt zu erlegenden Kautionen
nur begüterte Bürger in Amtsstellungen gelangen konnten. Die Bürgerschaft selbst veränderte sich ebenfalls rascher in ihrer Zusammensetzung. Durch die von Joseph II. im
Zuge seiner Reformen erfolgte Aufhebung des Einstandsrechtes der Bürger auf freiwerdende Realitäten erfolgte ein stärkerer Zuzug neuer Bürger von auswärts, sodass es zu
einer Auflösung der bis dahin weitgehend geschlossenen Korporation der Bürger kam.
Die Vermögensverwaltung der Städte und Märkte war bereits durch die Josephinische
Magistratsreform von dem Grundsatz geprägt worden, der durch das Hofkanzleidekret
vom 27. März 1805 seine endgültige Ausformung erhielt: »Das städtische Vermögen
steht so wie jedes andere Vermögen unter der Kuratel der Staatsverwaltung und der
Magistrat ist nur die Verwaltungsbehörde, welchem durchaus keine eigenmächtige Gebarung, noch irgend ein Recht zukomme, von welcher Gattung sie sein mögen, zu was
immer für Zwecken zu bestimmen.«1
Von der Landesstelle wurden in der Folge immer umständlichere und detailliertere Instruktionen über Verwaltung und Kontrolle des Kommunalvermögens erlassen. Lediglich die
kaiserliche Entschließung vom 29. Jänner 18002 brachte insoferne eine geringfügige Verwaltungserleichterung, als die Kreisämter ermächtigt wurden, »die Passierung der städtischen Auslagen bei größeren Städten und Märkten bis zu 100 fl sowie für Baulichkeiten, wenn sie 100 fl nicht übersteigen und aus dem Vermögen der Stadt bestritten
werden nach Berichtigung der Bau Uiberschläge zu erteilen.« Außerdem wurden die
Kreisämter zur Bestätigung der Wahlen bei nicht organisierten Magistraten ermächtigt.
Bei organisierten galt dies nur für die Wahl der Ausschüsse.
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REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Am stärksten war die Abhängigkeit von den vorgesetzten Stellen im Bereich der Finanzgebarung fühlbar. Der Stadtmagistrat war nur berechtigt Ausgaben bis zu 50 fl ohne
Bewilligung zu tätigen, soferne sie im Laufe der gewöhnlichen Administration anfielen.
Ausgaben über 100 fl musste das Kreisamt der Landesstelle vorlegen, die ermächtigt war,
die Bewilligung bis zu einem Betrag von 6.000 fl zu erteilen, die Hofkanzlei konnte Ausgaben bis zu einem Betrag von 25.000 fl genehmigen. Alles, was darüber hinaus ging,
bedurfte der ausdrücklichen Zustimmung des Kaisers.
Jede Verwendung des Gemeindevermögens zu anderen als Gemeindezwecken war verboten. Ausgaben, die nur einzelnen Klassen von Bürgern zugute kamen, mussten von diesen
selbst getragen werden. Jeder, der einen Liegenschaftsbesitz in der Gemeinde hatte, war
verpflichtet, an der städtischen Last »mitzuleiden«, das heißt, seinen Anteil an die Stadtkasse zu leisten.
Der Verkauf städtischer Realitäten war ohne oberbehördliche Bewilligung untersagt. Bis
zu 500 fl. konnte sie vom Kreisamt, bis 6.000 fl von der Landesstelle, bis 12.000 fl von
der Hofkanzlei erteilt werden. Der Verkauf konnte erst nach Kundmachung durch Versteigerung unter Vorbehalt der oberbehördlichen Bewilligung erfolgen. Ohne Bewilligung
der Landesstelle durfte sich auch keine Gemeinde in einen Rechtsstreit einlassen. Das
Kreisamt hatte sich zunächst um einen Vergleich zu bemühen, erst wenn dieser erfolglos
blieb, konnte über die Beschreitung des Prozessweges entschieden werden.
Sobald der Magistrat sein Amt angetreten hatte, haftete er korporativ für alle Missstände und Versäumnisse, mochten sie von ihm oder unterstellten Verwaltern verursacht worden sein. Jede Abweichung von den bewilligten Ausgaben war ihm ohne Zustimmung der
höheren Stellen bei Strafe untersagt. Pflichtwidrige oder ohne oberbehördliche Zustimmung getätigte Ausgaben mussten von den Magistratsmitgliedern ersetzt werden. In
Form einer tabellarischen Übersicht über die zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben
waren jährliche Präliminare zu verfassen und über das Kreisamt der Landesstelle vorzulegen, die sie entweder bestätigte oder in verschiedenen Bereichen abänderte. Ebenso
waren die Jahresabschlüsse auf diesem Weg vorzulegen, die überdies noch der Überprüfung durch die Provinz- und Hofbuchhaltung unterlagen. Für die Kosten des hiefür erforderlichen Buchhaltungspersonals mussten die Städte und Märkte selbst aufkommen. Für
Oberösterreich betrug dieser Beitrag jährlich 1200 fl. Er wurde nach folgendem Schlüssel aufgeteilt3: Linz 100, Steyr 50, Wels 60, Enns 40, Freistadt 120, Gmunden 120,
Vöcklabruck 10, Braunau 60, Schärding 50, Ried 60 fl, während die restlichen 630 fl
auf die übrigen Märkte entfielen. Der geringfügige Beitrag von 10 fl, den Vöcklabruck zu
leisen hatte, veranschaulicht die finanzielle Situation der Stadt nach der von Joseph II.
verfügten Einstellung der Zahlung des Mautäquivalents von 1.800fl.
Rigoros griffen die josephinischen Reformen auch in die Gefälle der Städte und Märkte
ein, die ihren Ursprung in alten Privilegien hatten. Obzwar mancher Ort solchen Privilegien Blüte und Wachstum verdankte, sah Joseph II. in ihnen größtenteils ein Hemmnis
für Handel und Verkehr, das zu Verteuerungen führte. Aus dem früheren Nutzen war vielfach ein Schaden für die Allgemeinheit entstanden. Wie das Beispiel Vöcklabruck zeigt,
konnte die Einstellung eines Privilegiums für einen Ort aber eine große Härte bedeuten
und seinen Lebensnerv treffen. Wie bei der 1783 erfolgten Einstellung des Vöcklabrucker
Mautäquivalents vertrat Joseph II. auch bei der Gefällsreform den später auch von seinen Nachfolgern übernommenen Grundsatz, dass keine Stadt und kein Markt ein Recht
habe, sich auf verbriefte Privilegien zu berufen. Denn ein auf kaiserlicher Gunst beruhendes Privileg könne aus gleicher Machtvollkommenheit jederzeit wieder aufgehoben
werden.
Die Gefällsreform wurde allerdings nicht überall zugleich in Angriff genommen. Zuerst
wurden jene Gefälle, Gebühren und Mauten abgebaut, für die, aus welchen Gründen
immer, ihre rechtmäßige Erwerbung nicht nachgewiesen werden konnte. Als nächstes
wurden jene Gefälle aufgehoben, die den Gesetzen widersprachen oder offenkundig geeignet waren, die allgemeine Wirtschaft zu schädigen. Joseph II. und seine Nachfolger hielten fortan in ihren Privilegienbestätigungen fest, dass sie nur insoweit gelten, als die
bestätigten Privilegien, Rechte und Freiheiten nicht Gesetzen widersprächen.
Für Mauten galt, dass sie nur dann weiter eingehoben werden können, wenn sie für die
Erhaltung von Brücken, Wegen oder Uferbauten dienen. Es durfte aber nicht mehr eingehoben werden, als die tatsächlichen Aufwendungen betrugen. Wenn keine solchen Auslagen zu decken waren, wurden Maut oder Gefälle als ungerecht eingestellt.
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REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Der Stadtmagistrat Vöcklabruck unter den Bürgermeistern Franz Seraph
Hörmann (1788 – 1797) und Franz Paul Enthofer (1798 – 1810)
Die umstrittene Amtsführung von Bürgermeister
Franz Seraph Hörmann
Franz Hörmann trat 1777 als
Kanzlist in den Dienst des
Stadtmagistrats. 1784-1788
Stadtschreiber, 1788-1797
erster Bürgermeister der Stadt.
Er starb am 6. Dezember 1817
im Hause Stadtplatz 51 im
78. Lebensjahr.
Im Zuge der von Kaiser Joseph II. angeordneten Magistratsregulierungen war am 18.
August 1788 der bisherige Stadtschreiber Franz Seraph Hörmann zum ersten Bürgermeister gewählt worden. Gleichzeitig hatten die von der Bürgerschaft berufenen 20
Wahlmänner (Joseph Arminger, Grießler, Anton Fetzmann, Gastgeb, Johann Dengg,
Bierbrauer, Thomas Eder, Kaufmann, Johann Kreppus, Rauchfangkehrer, Ignaz Gschlößl,
Kramer, Joseph Kemetmüller, Müller, Johann Michael Leitner, Gastgeb, Lorenz Lechner,Handelsmann, Franz Lechner, Kaufmann, Johann Mizelli, Handelsmann, Matthäus
Neuhauser, Bierbrauer, Anton Kuttner, Kupferschmied, Michael Lackerbauer, Lederer,
Franz Prandstätter, Metzger, Johann Piesinger, Kirschner,Johann Schönswetter,
Weißgärber, Anton Rager, Bäcker, Joseph Waldsam, Sattler, Sebastian Rager, Bäcker),
Joseph Fink zum Syndikus und ersten Ratsmann sowie Anton Fetzmann und Johann
Michael Leitner zum zweiten und dritten Ratsmann bestellt. Joseph Fink legte jedoch
schon Ende 1789 sein Amt zurück und zog nach Rohrbach. Daraufhin übernahm Franz
Seraph Hörmann zu seiner Funktion als Bürgermeister, das ihm wegen der schlechten
Finanzlage der Stadt ehrenamtlich ohne jede Entlohnung übertragen worden war, zusätzlich wieder das schon vor der Wahl ausgeübte Amt des Stadtschreibers gegen die schon
vorher bezogene Entlohnung von jährlich 150 fl.
Gegen seine Amtsführung entstand aber bald Unzufriedenheit und Misstrauen innerhalb
der Bürgerschaft, vor allem wurde ihm nach der zusätzlichen Übernahme der Funktion
des Stadtschreibers zu selbstherrliches Agieren vorgeworfen. Da auch die Stelle des
Kanzleischreibers unbesetzt war, hatte offenbar niemand Einblick in die Amtsgeschäfte,
sodass viele Entscheidungen auch ohne Wissen der übrigen beiden Ratsmitglieder getroffen wurden. Diesbezügliche Beschwerden der Bürgerschaft an das Kreisamt, dessen Sitz
1790 von Lambach nach Wels verlegt worden war, blieben aber zunächst ohne Erfolg.
Eine nach dem verheerenden Stadtbrand von 1793 von der Staatsbuchhaltung durchgeführte Untersuchung der städtischen Gebarung brachte dem Bürgermeister zwar den Vorwurf der mangelnden Sorgfalt bei der Eintreibung der Steuern ein, doch konnte Hörmann
diese Beanstandungen offenbar zunächst entkräften. Erst auf Grund einer von der Bürgerschaft unter Umgehung des verbindlich vorgeschriebenen Instanzenzuges über das
Kreisamt Wels im Jahre 1795 direkt beim niederösterreichischen Appellationsgericht in
Wien eingebrachten Beschwerde wurde die Landesregierung mit der Einleitung einer
Untersuchung beim Stadtmagistrat Vöcklabruck beauftragt.
Dabei wurde eine große Unordnung im gesamten Rechnungswesen sowie das Fehlen der
Kassieramtsrechungen der letzten Jahre festgestellt. Außerdem kam zutage, dass Hörmann neben seinen Bezügen von jährlich 150 fl als provisorischer Stadtschreiber auch
noch weitere 150 fl jährlich aus einer »schwarzen Kasse« bezog, die aus diversen Taxen
und Gefällen gespeist wurde.
Bürgermeister Hörmann verwies zu seiner Rechtfertigung auf ein Protokoll vom 17.
August 1788, dem Tag vor der erstmaligen Wahl des regulierten Stadtmagistrats. Dabei
wurde von den 20 Wahlmännern die Zustimmung erteilt, dass bisherige Extra-Einkünfte, wie Standlgeld auf Jahr- und Wochenmärkten, Hausierergeld, Schutzgelder, Schätzund Inventurgebühren, Grundbuchgebühren, Verhandlungs- und Kaufgebühren etc., die
bisher vom Stadtrichter, den Ratsfreunden sowie den Rats- und Gerichtsdienern bezogen
wurden, »künftig der gemeinen Stadt verrechnet werden und davon jährlich der Bürgermeister 150 fl und die beiden Rathsmänner je 50 fl erhalten sollen, da von selbsten leicht
zu begreifen ist, dass niemand unentgeltlich dienen und sich erhalten könne.«4
Wegen der beanstandeten Unordnung des Rechnungswesens verwies Hörmann auf seine
Arbeitsüberlastung als Bürgermeister, Stadtschreiber und Kanzlist in einer Person und
bot seinen sofortigen Rücktritt an. Von der Landesregierung wurde jedoch verfügt, dass er
bis zum Abschluss der gegen ihn erhobenen Vorwürfe sowie zur Herstellung der Ordnung
im Rechnungswesen im Amt bleiben müsse. Zugleich wurde ihm in der Person des Anton
Hebartner, dem bisherigen Pfleger der Herrschaft Puchheim, ein provisorischer Syndikus
beigestellt, der dafür die bisher von Hörmann als Stadtschreiber bezogenen 150 fl jährlich
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REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
zugesprochen erhielt. Bürgermeister Hörmann wurde der Bezug jeglicher Besoldung
untersagt. Von der Bestellung eines juristisch ausgebildeten Syndikus wurde offenbar
wegen der Finanzlage der Stadt Abstand genommen, da dieser mindestens das Dreifache
der ausgeworfenen 150 fl gekostet hätte. In der Folge stellte sich allerdings heraus, dass
auch Hebartner bei der Bewältigung der an ihn gestellten Anforderungen heillos überfordert war.
Der verheerende Stadtbrand von 1793 und vorausgegangene
Großbrände in Vöcklabruck
Die frühesten urkundlich dokumentierten Stadtbrände
Stadtbrand 1765.
Ölgemälde im Heimathaus
Vöcklabruck.
Der älteste Hinweis auf Brandschäden in Vöcklabruck stammt aus dem zwischen 1251
und 1276 vom Böhmenkönig Ottokar II. angelegten Urbar über die ehemaligen babenbergischen Besitzungen, worin Vöcklabruck erstmals als Markt bezeichnet und angeführt
wird, dass es von allen Abgaben befreit sei, weil es durch Raub und Brand verwüstet worden sei.5
Die erste gesicherte Feuersbrunst ist der Urkunde Herzog Albrechts III. vom 25. Juni
1390 zu entnehmen, in der es heißt: »daz wir haben angesehen die grossen scheden, die
unserm lieben unserm purgern ze Veklaprugk in der prunste beschehen sind und haben in
von sundern genaden und fleissiger pete willen diese gnaden getan«6. Da sich die Urkunden nach 1388 erhalten haben, muss der Brand vor dieser Zeit stattgefunden haben.
Genauere Nachrichten sind von einem Großbrand überliefert, der am 30. November 1542
im Haus des Schulmeisters Wolfgang Rueschpekh in der Hinterstadt ausbrach und über
60 Feuerstätten innerhalb der Ringmauer vernichtete, darunter auch das Benefiziatenhaus (heute Heimathaus). Der Schaden war um so größer, als es damals in der Stadt »vil
armbe Handwerksleuth und Tagwerker« gab und auch »ettlich Heuser gar ödt und zugesperrt waren«. Rueschpekh wurde offenbar am Ausbruch des Brandes ein Verschulden
angelastet, da er sich in einem Vergleich vor Richter und Rat verpflichtete, den Geschädigten 600 Pfund Pfennige zu zahlen.7
Auf Brandstiftung geht der Brand im Jahre 1632 zurück, als die Bauern unter Stephan
Nimmervoll die Stadt belagerten. Da ihnen die Bürger die Übergabe verweigerten, wurde
die Vorstadt zum größten Teil ein Raub der Flammen.8 Nur wenige Jahre später kam es
zu einer der größten Brandkatastrophen in der Geschichte der Stadt, als am 15. Mai
1638 im Haus eines Kupferschmiedes in der Vorstadt ein Brand ausbrach, dem 38 Häuser
in der Stadt, einschließlich der beiden Stadttürme zum Opfer fielen. Graf Franz Christoph
I. von Khevenhüller besichtigte damals den Schaden und erbat vom Kaiser Hilfe für die
Stadt, der jedoch lediglich für drei Jahre für die abgebrannten Häuser eine dreijährige
Steuerbefreiung gewährte. Als er 1644 die Stadt an Bayern verpfändete, gab es noch
zahlreiche Brandruinen in der Stadt.9
Das älteste Bild über einen Stadtbrand in Vöcklabruck befindet sich im Vöcklabrucker
Heimathaus. Die darunter angebrachte Schrift berichtet von dem Großbrand, der am 17.
Juni 1765 gegen 11 Uhr abends durch einen Blitzschlag in der Vorstadt ausbrach und
dem neun Häuser zum Opfer fielen. Das Ölgemälde bietet auch ein anschauliches Bild vom
damaligen Brand- und Löschgeschehen bei einer solchen Feuersbrunst. Das Bild wurde
von den verschont gebliebenen Bürgern der Vorstadt zur schuldigen Dankbarkeit sowie
den »verunglückten Abbrändlern um fernere Beschützung« als Opfertafel am Rosenkranzfest zur Ehre Gottes, der seligsten Jungfrau Maria und der Blitz- bzw. Feuerheiligen Donat und Florian gestiftet. Das Bild liefert aber auch aufschlussreiche Erkenntnisse über das Aussehen der Stadt zu dieser Zeit. Man sieht einen Teil der Stadtmauer mit
den kleinen Türmchen und dem Wassergraben beim unteren Stadttor, der anstelle der
alten Ziehbrücke schon mit einer festen Brücke überquert wird. Die vor der Brücke
befindliche kleine Kapelle mit rotem Spitzdach wurde erst 1908 abgetragen. Da der
Stadtmagistrat der Bevölkerung noch 1790 das Reinhalten des Wassers im Stadtgraben
zur besonderen Pflicht machte10, ist gesichert, dass der rund um die Stadt führende Wassergraben zu dieser Zeit noch intakt war. Von Bränden aus den Jahren 1771 und 1779
ist nur durch ein Schreiben des Stadtmagistrats an den Pfarrhof aus dem Jahre 178211
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REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
bekannt, dass die Feuerschäden über 100.000 fl ausmachten. Einer weiteren Feuersbrunst im Jahre 1791 fiel unter anderem das Rathaus am Stadtplatz zum Opfer, ehe es
schließlich nur zwei Jahre später zum verheerendsten Brandunglück kam.
Doch scheinen bereits die häufigen Brandschäden zwischen 1765 und 1779 den Stadtmagistrat veranlasst zu haben, noch im Jahre 1781 also 6 Jahre vor der von Kaiser
Joseph II erlassenen allgemeinen Feuerordnung, mit Genehmigung der Landeshauptmannschaft die mit 1. März 1781 datierte Feuerordnung zu erlassen12. Sie hat offensichtlich die Linzer Feuerordnung aus dem Jahre 1755 zum Vorbild und zählt damit zu
den ältesten des Landes, geht jedoch inhaltlich eigene, auf Vöcklabruck angepasste Wege.
So enthält sie beispielsweise im Gegensatz zur Linzer Feuerordnung noch ein Verzeichnis
über die Aufgaben der Stadtobrigkeit bei Feuersbrünsten sowie ein Verzeichnis der Strafen und Belohnungen. Diese Feuerordnung musste in jedem Haus vorhanden sein und
wurde außerdem viermal im Jahre vor der durch den Trommler zusammengerufenen Bürgerschaft vor dem Rathaus verlesen.
Sie führt in der Einleitung aus: »Wiewohl Jedermann sich vor Schäden vorläufig zu hueten, oder selben, soviel seinen Kräften gemäß ist, zu mindern, oder gar abzuleinen,
ohnehin aus eigenem Antrieb ganz natürlicher Weise geneigt ist, und Niemand seinen
eigenen Schaden geflissentlich zu wählen bedacht seyn wird. So hat doch hiesiger Stadtrath in genaue Einsicht und Betrachtung wie sehr hiesige Stadt von ihrem Anbeginn her
in Ansehung ihrer Lage und ringhältigen Gebäuden theils durchZufälle, theils unerforschlich durch Feuersbrünste in unerschwingliche Schäden gesetzt worden sey, vor
nöthig erachtet, auf das genaueste einzusehen, wie diesem Übel konftighin vorgebogen,
und selbes nach Möglichkeit zurückgehalten werden möge.«
Jeder Zunftmeister war ebenfalls bei Strafdrohung zu ihrer Einhaltung verpflichtet, ebenso mussten die vom Stadtrat gemäß Handwerksordnung zu den Zunftversammlungen entsendeten Kommissare auf ihre genaueste Befolgung achten. Jeder Bürger hatte vor seinem Bürgereid einen im Rathaus zu verwahrenden ledernen Feueramper zu beschaffen
und neben dem Bürgergeld noch einen Feuerlöschrequisiten-Beitrag zu leisten.
Sodann folgen Anweisungen, wie sich jedermann in seinen Häusern zu verhalten hat, um
die Entstehung eines Feuers zu vermeiden, welche Verhaltensweisen bei einer ausgebrochenen Feuersbrunst erforderlich sind. Der Stadtrichter und der Ratsälteste mussten sich
sofort zur Brandstelle begeben und die Aufsicht über die Brandbekämpfung übernehmen.
Ebenso hatten die übrigen Ratsfreunde und der Gemeindevorsprecher zu erscheinen und
nach den Anordnungen des Stadtrichters zu handeln.
Als erste Maßnahme mussten nach Feststellung eines Feuerausbruches beim unteren
Stadtturm die beiden Glocken geläutet werden, während der Stadtschreiber und das übrige Kanzleipersonal die notwendigen Vorkehrungen zur Rettung des Kanzleiarchivs treffen mussten. Der Stadtdiener und seine Knechte mussten Sorge tragen, dass keine Diebereien während des Feuers geschahen. Außerdem mussten die Kirchenglocken läuten, ein
Hornist blasen und der Trompeter Lärm schlagen.
Neben den Strafbestimmungen für diejenigen, welche für den Ausbruch des Feuers verantwortlich waren, gab es Belohnungen für die beiden, die als erste mit der großen Feuerspritze mit den Pferden zur Brandstätte fuhren sowie für jene aus der Bürgerschaft, die
bei den Löschaktionen besonderen Wagemut und Eifer bewiesen hatten.
Die vom Rat erlassene Feuerordnung aus 1781 ist jedoch nicht die älteste städtische Satzung mit feuerpolizeilichen Bestimmungen. Bereits das Stadtbuch aus 1391 enthält eine
Reihe von Bestimmungen über die Vermeidung von Bränden sowie über Strafen bei Verursachung einer Feuersbrunst und Belohnungen für das rechtzeitige Melden eines Feuers.13
Die Brandkatastrophe von 1793 und die Gewährung eines
ständischen Darlehens
Die weitaus größte Brandkatastrophe, die je über Vöcklabruck hereinbrach, ereignete
sich am 18. August 1793.14 Dabei wurden 118 der insgesamt 233 Gebäude der Stadt ein
Raub der Flammen. Über die Ursachen des Ausbruchs der Brandkatastrophe ist nichts
überliefert. Johann Baptist Hörlesberger gibt in seiner Turmschrift aus 1817 genau die
Häuser mit den alten Hausnummern an, die damals »abgeprunnen« sind. In dieser über
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REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
die ganze Bevölkerung der Stadt hereingebrochenen Not gab der Schneidermeister im
Dörfl, Christoph Ehmer (1749-1806) ein besonderes Beispiel der Nächstenliebe. Hörlesberger beschreibt ihn als einen »so edlen Carackter von Menschlichkeit als nur immer
möglich war, er konnte nicht ruhen, wenn er einen leiden sah, bis er ihm nicht geholfen
hatte«. Er reiste zum Kreisamt Wels, schilderte das große Unglück der Stadt und bat um
die Erlaubnis, am Wochenmarkt bei den feilbietenden Verkäufern eine Getreidesammlung
abhalten zu dürfen. Dabei konnte er eine beträchtliche Menge sammeln. Er bewirkte auch
Getreidesammlungen durch die umliegenden Pfarrer, sodass mehrere hundert Metzen
Getreide und eine schöne Summe Bargeld zusammen kamen.
Da die vom Kaiser in allen seinen Erblanden bewilligte Brandsteuer, die drei steuerfreie
Jahre für die Brandgeschädigten vorsah, im wahrsten Sinn des Wortes nur ein Tropfen
auf dem heißen Stein war, befahl der Kaiser den Ständen, den Brandgeschädigten ein
Darlehen von 30.000 fl zu gewähren. Die Stände waren aber nur bereit, die übliche
Steuerfreiheit auf drei Jahre zu gewähren und die Kontributionsrückstände der Stadt
auf zwei Jahre zu erstrecken. Sie verwiesen auf die Untersuchung der städtischen Gebarung im Jahre 1791, die einen Schuldenstand von 12.693 fl erbrachte und zeige, dass
die Stadt schon vor dem Brand nicht in der Lage gewesen war, ihre Steuern zu zahlen,
sodass keine Gewähr gegeben sei, das Darlehen je zurück zu bekommen. Sie schlugen
daher ihrerseits vor, der Stadt entsprechend ihren Bitten wieder das 1783 entzogene
Mautäquivalent von 1.800 fl jährlich zuzuerkennen. Dann wären auch die Stände bereit,
das Darlehen zu gewähren. Erst im Juli 1796 kam es schließlich zur Auszahlung des
ständischen Darlehens von 31.220 fl. Dabei gelangte ein Betrag von 16.020 fl bar zur
Auszahlung, während die restlichen 15.200 fl in ständischen 3 1/2-prozentigen Obligationen, die mit einem Rabatt von 15 bis 16 Prozent zu verkaufen waren, geleistet wurde.
Als sich 1797 die Erzherzogin Elisabeth (1743-1808), eine Schwester Kaiser Josephs
II. auf der Durchreise in Vöcklabruck aufhielt, baten sie die Bürger um Hilfe in ihrer
Not. Ihrer Fürsprache dürfte der Nachlass von Steuerrückständen im Betrag von 7.055 fl
zu verdanken sein.
Ein Verzeichnis des Stadtmagistrates vom 19. Oktober 1797 weist 62 Bürger aus, denen
Darlehenssummen von 100 bis 2.500 fl gewährt wurden, die auf den einzelnen Realitäten
hypothekarisch sichergestellt wurden und für welche die Stadt überdies die Bürgschaft
übernahm. Einem Ratsprotokoll vom 3. Mai 1805 ist zu entnehmen, dass sämtliche Schuldner vor den Rat gerufen wurden und ihnen vor Augen geführt wurde, dass bisher von den
Darlehensbeträgen weder etwas getilgt noch die ab 1796 fälligen Zinsen von 4 Prozent
gezahlt worden seien. Die Darlehensnehmer erklärten, dass die meisten von ihnen gegenwärtig nicht einmal imstande seien, das tägliche Brot zu erwerben, geschweige denn für
Kapitaltilgung und Zinsen aufzukommen. Sie baten in diesem Sinne beim ständischen
Verordneten Kollegium vorstellig zu werden. Darauf teilte das Kreisamt Wels dem Stadtmagistrat am 19. November 1807 mit, dass nach Auffassung des ständischen Verordnetenkollegiums unmöglich der Fall sein könne, dass sämtliche Schuldner unfähig zur Rückzahlung seien. Der Stadtmagistrat wurde darauf aufmerksam gemacht, dass er selbst für
die Darlehen hafte und ihm aufgetragen individuell die Lage der einzelnen Schuldner zu
erheben.
Auf eine neuerliche Urgenz der Stände teilte der Stadtmagistrat am 6. Februar 1808 mit,
dass der unterfertigte Syndikus Martin Skolaris, der am 1. März 1800 sein Amt antrat,
von diesem Darlehen zunächst nicht die geringste Kenntnis hatte. Im Zuge der feindlichen
Einfälle sei die Darlehensangelegenheit offenbar in Vergessenheit geraten und erst durch
die ständischen Urgenzen im Jahre 1807 sei sie wieder in Erinnerung gebracht worden.
Inzwischen hätten sich aber die Vermögensverhältnisse der Stadt und ihrer Bürger weiter verschlechtert, sodass die Einbringung der schuldigen Rückstände unmöglich sei. »Der
gegenwärtige Magistrat verabscheut selbst, dass sich die vorherigen Magistratualen in
Verbindlichkeiten eingelassen haben, von denen sie hätten voraussehen müssen, dass sie
diese nie werden erfüllen können.«
Über das weitere Schicksal dieses Darlehens nach Übergang der Stadt unter die bayerische Verwaltung im Jahre 1810 und der Rückkehr zu Österreich ist den Quellen nichts zu
entnehmen. Erst aus einer Notiz vom 6. Februar 1836 geht hervor, dass das 1796 aus
dem ständischen Domesticalfonds empfangene Darlehen von 31.220 fl in der obderennsischen Landtafel extabuliert wurde.15 Ob seitens der Stadt oder einzelnen Bürgern je für
Kapitaltilgung oder Zinsen eine Zahlung geleistet wurde, ist ungeklärt.
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REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Die erstmalige Einführung einer
Feuerschadensversicherung
Da die Menschen in allen Kulturepochen Feuersbrünsten schutzlos preisgegeben waren,
sind schon früh Ansätze für die Organisation materieller Hilfe in verschiedenen Formen
feststellbar. Im Mittelalter spielten bei diesen Hilfsmaßnahmen die Zünfte eine bedeutende Rolle, die in Notlagen nach Feuerschäden ihren Mitgliedern finanzielle Hilfe
zukommen ließen. Eine weitere Hilfe war der sogenannte Brandbettel, der den Geschädigten mit obrigkeitlicher Erlaubnis das Betteln nach Feuerunglücken erlaubte. Eine häufige Hilfeleistung war auch die von der Obrigkeit für eine bestimmte Zeit erfolgte Steuerfreiheit, wie sie etwa 1353 Vöcklabruck durch Herzog Albrecht II. gewährt wurde.
Eine wirksame Hilfe für den Wiederaufbau der Brandstätten wurde jedoch mit diesen
Maßnahmen selten bewirkt.
Der Gedanke einer Feuerversicherung im Sinne einer Versorgungsmaßnahme setzte sich
in Ansätzen erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch. So legten 1762 die
obderennsischen Stände der Regierung in Wien den Entwurf eines »BrandassekurationsReglements« vor, der aber nicht zur Verwirklichung gelangte. Auch ein 1788 unternommener Versuch alle Erbländer unter eine einzige »Brandschaden-Assekuranz« zu bringen,
blieb erfolglos. 1804 unternahm das Land ob der Enns durch den ständischen Buchhalter Leopold Kloimstein und den Syndikus Anton von Spann einen neuerlichen Vorstoß für
die Einrichtung einer Feuerversicherung, der jedoch im Zuge der Napoleonischen Kriegswirren nicht weiter betrieben wurde.16
Erst als Salzburg, das Innviertel und Teile des westlichen Hausruckviertels 1809 durch
den Frieden von Schönbrunn an Frankreich und ein Jahr später an Bayern fielen, kam es
für diese Gebiete auf Initiative der bayerischen Regierung zur Einführung einer Feuerversicherung. Das von König Maximilian I. Joseph von Bayern am 13. Jänner 1811
erlassene Gesetz zur Errichtung einer Reichsversicherungsanstalt regelte in 41 Artikeln
sowie einer Instruktion für die Geschäftsführung die Rechte und Pflichten der Versicherungsnehmer und stellte die eigentliche Geburtsstunde der Feuerversicherung nicht nur
für Bayern, sondern auch für die 1809 aus Österreich ausgegliederten Gebiete dar. Denn
als diese Territorien 1816 durch den Münchner Vertrag wieder an Österreich fielen,
wurde der Feuerversicherungsschutz auf Salzburg und ganz Oberösterreich ausgedehnt.
Das Gesetz aus 1811 war für die damalige Zeit ausgesprochen fortschrittlich und gewährte den Brandgeschädigten rasche und zielführende Hilfe. Die mit 8 bis 9 kr pro 100 fl
Kapital verhältnismäßig niedrigen Jahresprämien und die raschen Auszahlungen im
Schadensfall ließen das Ansehen der Versicherungsanstalt in kurzer Zeit ansteigen.
Bereits im Juni 1811 waren im königlich-bayerischen Landgericht in Vöcklabruck 218
Objekte mit einer Summe von insgesamt 66.000 fl versichert.
Bereits mit Wirkung vom 20. Juni 1816 wurde die Feuerversicherung für die zurückgelangten Gebiete von der bayerischen Hauptanstalt abgetrennt und der k.k. Kreisdirektion
in Salzburg übertragen, die wiederum der Landesregierung in Linz unterstellt wurde.
Schon bald darauf wurde die Zuständigkeit auf alle Landesteile ausgedehnt. Als 1824 in
Wien die erste österreichische Brandversicherungsgesellschaft gegründet wurde, machte
das Brand- Assekuranzkapital in Vöcklabruck bereits den Betrag von 374.000 Gulden
aus.17 1848 kam es schließlich zur Übernahme der Versicherung durch die obderennsischen Stände.
Die Funktionsperiode von Bürgermeister Franz Paul
Enthofer
Mit 31. August 1797 erfolgte schließlich doch der Rücktritt von Bürgermeister Franz
Seraph Hörmann zusammen mit den Magistratsräten Anton Fetzmann und Johann
Michael Leithner. Dem abgetretenen Magistrat wurde jedoch keine Entlastung erteilt.
Seitens der Landesstelle erging der Auftrag unverzüglich im Zusammenwirken mit dem
provisorischen Syndikus Anton Hebartner die seit dem Jahre 1795 ausständigen Kassierund Steueramtsrechnungen vorzulegen. Überdies wurde gerügt, dass für den Zeitraum
von 1788 bis 1796 aus dem Contributionale an die obderennsische Landschaft noch ein
Betrag von 10.250 Gulden offen sei.
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REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Von den 20 aus der Bürgerschaft bestellten Wahlmännern wurde der bürgerliche Seifensieder Franz Paul Enthofer einstimmig zum neuen Bürgermeister gewählt. Zu neuen
Magistratsräten wurden bestellt: Jakob Schwaimhofer, Kirschner, Johann Mizelli, Handelsmann und Kaspar Lechner, Kaufmann. Der provisorische Syndikus Anton Hebartner
blieb im Amt. Es dauerte aber fast ein Jahr, ehe es am 30. August 1798 zur Vereidigung
des Bürgermeisters Enthofer in Linz kam. Maßgeblich scheint gewesen zu sein, dass sich
Enthofer weigerte, das Amt unentgeltlich auszuüben. Erst auf wiederholtes Zureden,
auch seitens des Kreisamtes, erklärte sich Enthofer schließlich bereit, die Bürgermeisterstelle für vier Jahre mit der Zusicherung anzunehmen, dass »wenn durch seine Verwendung einiger Vermögensüberschuss erwirkt werden sollte, eine angemessene Remuneration zu bewilligen seyn würde«. Im Bewilligungsdekret des Kreisamtes vom 18. Juli
1798 ist allerdings ausdrücklich festgehalten, dass es die finanzielle Lage der Stadt nicht
zulässt, »den Magistratsräthen und dem Bürgermeister ein Gehalt oder einigen Genuss
für ihre der Gemeinde zu leistenden Dienste abzureichen.«18
Mit Schreiben vom 18. Oktober 1799 überreichte der Stadtmagistrat dem Kreisamt Wels
die vom provisorischen Syndikus Anton Hebartner wohl auf Druck der Stadtobrigkeit eingereichten Dienst-Resignation. Gleichzeitig wurde festgestellt, das sich Hebartner verpflichtet habe, die rückständigen Amtsgeschäfte innerhalb eines Vierteljahres zu erledigen. Das Verzeichnis der Rückstände könnte nicht vorgelegt werden, da es von Hebartner
nicht ausgehändigt wurde.
Das Kreisamt bestätigte zwar in seiner Antwort die auch vom Stadtmagistrat vertretene
Auffassung, dass Hebartner für seine Aufgabe als Syndikus ungeeignet sei, doch könne er
seinen Dienst nicht früher verlassen, bis er nicht seine rückständigen Arbeiten ausgeführt
habe. Daher könne er auch nicht aus dem Dienst entlassen werden, sondern müsse notfalls mit außerordentlichen Zwangsmitteln wie Personalarrest zur Bearbeitung seiner
Rückstände verhalten werden. Die vom Stadtmagistrat erbetene Vornahme der Wahl
eines neuen Syndikus könne nicht eher bewilligt werden, als über den Vermögensstand
und die Steuerrückstände der Stadt ein Überblick gegeben sei.
Hebartner scheint jedoch mit seinen rückständigen Arbeiten nicht weitergekommen zu
sein, da zu Beginn des Jahres 1800 der Stadtmagistrat dem Kreisamt mitteilte, dass die
rückständigen Kassier- und Steueramtsrechnungen für die Jahre 1795 bis 1797 trotz
mehrfacher Aufforderungen noch immer nicht vorgelegt wurden. Vorsorglich wies der
Magistrat auch darauf hin, es sei zu befürchten, dass »viele Sachen in die Hände des Hebartner gerathen sein müssen, wovon der unterzeichnete Magistrat gar keine Wissenschaft
hat, und folglich, wenn hierwegen von dieser oder jener Seite beschwerden einlangen
dürften, nicht zur Verantwortung gezogen werden könne.«
Das Kreisamt war nun offenbar ebenfalls zur Erkenntnis gelangt, dass zur Schaffung
geordneter Verhältnisse in der Stadtverwaltung die Einstellung eines rechtskundigen Syndikus unumgänglich sei. Der Stadtmagistrat erhielt daher die Bewilligung mit 1. März
1800 Martin Skolaris, der vorher bei einem Linzer Anwalt gearbeitet hatte, als provisorischen Syndikus einzustellen. Nachdem er in der Folge beim Niederösterreichischen
Appellationsgericht die vorgeschriebene Prüfung über alle Kriminal-, Rechts- und politischen Wissenschaften abgelegt hatte, wurde ihm die Stelle des Syndikus und des
Distriktskommissars mit Dekret vom 24. November 1802 definitiv verliehen.19
Wie seine Witwe Katharina Skolaris später in ihrem Pensionsgesuch angab, bezog er ein
jährliches Gehalt von 300 fl, ein mit 50 fl jährlich bewertete freie Dienstwohnung im Rathaus sowie ein mit 100 fl veranschlagtes Jahresdeputat an Brennholz und Wachskerzen.
Dazu kamen noch Kanzleitaxen und diverse Emolumente von etwa jährlich 150 fl, sodass
sich sein Gesamteinkommen auf etwa 600 fl im Jahr belief.
Das Ergebnis einer Untersuchung der städtischen
Gebarung im Jahre 1800
Um einen umfassenden Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse beim Stadtmagistrat
Vöcklabruck zu gewinnen, ordnete die Landesregierung eine gründliche Überprüfung der
gesamten Gebarung der Stadtverwaltung an. Sie wurde im Laufe des Jahres 1800 vom
Kreisamt Wels unter Beiziehung von zwei »Raitoffizieren« der Provinzialstaatsbuchhal-
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tung durchgeführt. Der darüber verfasste Bericht20 ermöglicht zugleich einen detaillierten Einblick über die in dieser Zeit von einer landesfürstlichen Stadt ob der Enns eingehobenen Steuern und Gefälle:
1. Rustikalsteuer:
Sie ging aus den sechsmal im Jahr eingehobenen Rüstgeldern21 hervor und wurde an das
Einnehmeramt der obderennsischen Landschaft abgeführt. Zu ihrer Einhebung schrieb
die Stadt den Bürgern eine Gewerb- und Realitätensteuer vor, zu deren Bemessung das
jeweils betriebene bürgerliche Gewerbe oder der Wert der Realität herangezogen wurde.
Während das von der Landschaft vorgeschriebene Rusticale 1.273 fl im Jahr betrug,
schrieb die Stadt mit 1.496 fl etwa 20 Prozent mehr den Bürgern vor, um gegen uneinbringliche Steuerrückstände abgesichert zu sein. Zum Zeitpunkt der kreisamtlichen Einschau beliefen sich die von der Stadt aus den verschiedenen Titeln an die Landschaft auf
Grund säumiger Vorschreibungen und Eintreibung nicht abgelieferten Rückstände auf
über 12000 fl.
2. Dominikalsteuer:
Sie war die von den Grundherrschaften,zu denen auch die städtischen Obrigkeiten zählten, für ihre Vermögenswerte zu entrichtende Steuer. Bemessungsgrundlage waren die bei
der Landschaft für die Nutzungswerte der einzelnen Obrigkeiten in der Dominikal-Fassion
festgelegten Beträge. Für Vöcklabruck betrug das Dominikale 790 fl. Dazu musste noch
für jeden bei einer Obrigkeit fix besoldeten Beamten eine perzentuell bemessene Beamtensteuer abgeführt werden.
3. Die Fleischkreuzer:
Sie waren von jedem Pfund verkauften Fleisch bei den einzelnen Fleischhauern einzuheben und als landesfürstliches Gefälle an das Einnehmeramt nach Linz abzuführen. Die
Stadt hatte diese Steuer um ein jährliches Pauschale von 1.110 fl vom Land in Pacht und
hob die Beträge nach verschiedenen Güteklassen des Fleisches abgestuft bei den örtlichen
Fleischhauern ein.
4. Die Schutzsteuer:
Sie wurde in den Städten von den so genannten Inleuten eingehoben, die kein Bürgerrecht
besaßen und daher auch nicht zur Gewerbs- und Realitätensteuer herangezogen werden
konnten. Da eine solche Schutzsteuer in Vöcklabruck nicht bestand, regte das Kreisamt
ihre Einhebung zur Verbesserung der Einnahmen an. Der Stadtmagistrat stellte dazu in
seiner Stellungnahme fest, dass derzeit nur 15 Familien dafür in Frage kämen, von denen
einige als Professionisten in die Gewerbsteuer miteinbezogen würden, während es sich bei
den restlichen um sehr arme Leute handelt, von denen kaum etwas einzuheben ist. Außerdem wäre die Einführung der Abgabe für sie unbillig, da ihnen bei ihrem seinerzeitigen
Zuzug von so einer Gebühr nichts bekannt war. Die Stadt werde aber künftig von allen
Inleuten, die sich bei ihr niederlassen wollen, pro Familie eine jährliche Schutzsteuer von
15 kr einheben. Dadurch werde auch zu erreichen sein, dass sich künftig »umso weniger
Bettelleut und schlechtes Gesindel in die Stadt schleichen« und der Bürgerschaft zur Last
fallen kann.
5. Meldesteuer:
Diese Gebühr wurde in jedem Haus bei jeder in einer Familie sich ergebenden Personaländerung für die Eintragung ins Conskriptionsbuch eingehoben und betrug jeweils 3 kr.
6. Heb- und Abfahrtsgelder:
Diese Gebühr wurde von allen Bürgern erhoben, die aus dem Bereich der städtischen
Jurisdiktion ins Ausland zogen und betrug 10 Prozent des ins Ausland verbrachten Vermögens. Bei einer Stadt von der Größenordnung Vöcklabrucks war diese Steuer ohne
Bedeutung, da sie nur ganz selten anfiel .
7. Zahlungen des ständischen Quartiermeisters an die Stadt:
Die Stadt erhielt für die bauliche Erhaltung der beiden »Kaßern-Gebäude« am Stadtplatz
einen jährlichen Betrag von 351 fl sowie die sogenannten Schlafkreuzer für die drei in
Vöcklabruck stationierten Kompagnien von insgesamt 1.000 fl jährlich. Neben der baulichen Erhaltung der Kaserngebäude musste die Stadt für den Service wie Reinigung und
Bettwäsche etc. aufkommen. Da in den letzten Jahren eine ständige Steigerung der
Bedürfnisse an Holz, Licht und Stroh eintrat, verblieb der Stadt aus diesen Einnahmen
kaum ein Überschuss. Dazu ergab sich das Problem, dass die Zahlungen des ständischen
Quartieramtes in Linz immer viel später eingingen, während der städtische Quartiermeister die Ausgaben sofort zu bestreiten hatte. Da die Vermögenslage der Stadt die Zahlung
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von Vorschüssen an den Quartiermeister nicht ermöglichte, musste dieser die Zahlungen
zunächst aus eigenem Vermögen bestreiten, sodass sich für dieses Amt nur schwer jemand
finden ließ, zumal es bei der Verteilung der Quartierlasten bei außerordentlichen Militäreinquartierungen mit großen Unbilden verbunden war.
8. Mauteinnahmen:
Diese waren seit 1. Oktober 1798 nicht mehr verpachtet, sondern wurden von der Stadt
in Eigenregie erhoben. Die drei Mautstellen befanden sich bei der Agerbrücke in Schöndorf, beim oberen Stadttor nächst der Post sowie an der Dörflbrücke, wo jeweils Schrankenwärter aufgestellt waren. Die Einnahmen betrugen 1799 1.252 fl, denen Ausgaben
von 277 fl gegenüberstanden.
9. Die Tatz-Einnahmen:
Das Tatzgefälle (Getränkesteuer) wurde seinerzeit von den oberen Ständen um 6.000 fl
gekauft, wobei zur Zahlung des Kaufpreises das Stiftungskapital des »Hoplschen Benefiziums« verwendet wurde. Dafür musste sich die Stadt zur vollen Erhaltung des Benefiziaten
für die St. Ulrichskirche verpflichten und die Zinsen von 5 Prozent mit 300 fl jährlich sowie
freie Wohnung und 16 Klafter Holz leisten.22 Da die Verzinsung 1785 auf 4 Prozent gesenkt
wurde, reduzierte sich der jährlich an den Benefiziaten zu zahlende Betrag auf 240 fl. Das
Tatzgefälle war 1799 um 754 fl kumulativ an alle Bräuer und Wirte verpachtet, die sich
den Pachtbetrag untereinander aufteilten. Die vom Kreisamt empfohlene Erhöhung erschien
der Stadt bei den gegenwärtigen Erwerbsverhältnissen nicht durchsetzbar. Von dem Pachtbetrag hatte die Stadt noch 122 fl Steuer an Staatsärar zu zahlen.
10. Getreide-Abmaßgelder:
Von jedem Metzen Getreide, der auf dem Vöcklabrucker Wochenmarkt zum Verkauf
gelangte, war an die Stadtkasse ein Betrag von 2 Pfennigen zu zahlen. Dafür war am
Wochenmarkt ein eigener Abmesser und Zettelschreiber abgeordnet. Nach einem sechsjährigen Durchschnitt erbrachte diese Gebühr jährlich 107 fl, wovon der Stadt aber nach
Abzug aller Unkosten nur 44 fl verblieben.
11. Marktgefälle:
Sie bestanden vor allem aus den sogenannten »Standlgeldern«, ferner Garnbixen- und
Hausierergeldern und sonstigen kleinen Gefällen für die auf die Wochenmärkte gebrachten Artikel wie Greißlerei-Waren, Grünzeug oder Kräuter sowie Fischen. Das »Standlgeld« wurde je nach der Größe des Standes in drei Klassen zu 4, 7 und 10 kr pro Stand
erhoben. Das Garnbixengeld betrug für jeden auf den Markt verkauften Buschen Garn
2 Pfennige. Von jedem Greißler, der auf dem Markt seine Waren anbot, wurden 11/2
Pfennige gezahlt. Das Hausierergeld in der Höhe von 3 Pfennigen wurde von jedem Hausierer verlangt, wenn er in der Stadt verkaufen wollte. Darüber hinaus musste er aber
einen Hausiererpass vorweisen können. Für den Verkauf von Grünzeug, Kräutern und
Fischen wurde seit 1795 nichts mehr eingehoben. Der Rats- und der Gerichtsdiener
erhielten für jeden Einsatz an einem Markttag 30 kr, ebenso die Nachtwächter für die
Aufsicht bei den Toren.
Insgesamt erbrachten die Marktgefälle in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt jeweils
68 fl. Da sich die Regieauslagen auf 13 fl beliefen, machte der Reinertrag 55 fl aus. Die
vom Kreisamt empfohlene Verpachtung der Marktgefälle erschien der Stadt nicht durchführbar, da ihre Einbringung ohne obrigkeitliche Unterstützung nicht möglich wäre.
12. Verhandlungs- und Kauftaxengefälle:
Auf Grund der bestehenden Taxordnung musste bei jeder Veräußerung sowie bei Todfallsaufnahmen vom »liegenden und fahrenden Vermögen« eine dreiprozentige Gebühr
gezahlt werden, die auch Laudemial-oder Mortuargebühr genannt wurde. Sie fiel seit
1795 in vollem Umfang der Stadtkasse zu, während bis dahin die Stadt nur zwei Prozent
erhielt, da ein Prozent unter den Ratsfreunden aufgeteilt wurde. Dieses Gefälle erbrachte nach einem zehnjährigen Durchschnitt jährlich 605 fl.
Außerdem wurde auf Grund einer 1782 zwischen allen Bürgern getroffenen Vereinbarung
im Todesfalle zur Inventarisierung der Hinterlassenschaft noch ein sogenannter »Sperrthaler« eingehoben. Diese Gebühr war nach dem Vermögen gestaffelt und betrug bis zu
100 fl 30 kr, bis 200 fl 1 fl, darüber bis 1.000 fl 1 fl 30 k und über 1.000 fl je 3 fl.
13. Justiztaxen:
Sie wurden nicht mit der Stadtkasse verrechnet, sondern von den jeweils amtierenden
Magistratualen eingehoben, die davon die beim Landgericht anfallenden Unkosten
bestritten. Diese Gebühren wurden von der Stadt als sehr geringfügig bezeichnet, da die
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wenigen und unbedeutenden beim Stadtgericht anfallenden Rechtsstreitigkeiten zumeist
mit einem Vergleich beendet wurden, sodass jährlich kaum mehr als ein Urteil auszufertigen war.
14. Grundbuchtaxen:
Sie wurden von den Bürgern eingehoben, die eine Eingabe an das Grundbuch oder
Gewährbuch begehrten und gleichfalls nicht mit der Stadtkasse verrechnet.
15. Beschäftigung von 6 Nachtwächtern:
Vom Kreisamt wurde beanstandet, dass bei nur insgesamt 225 Häusern des städtischen
Burgfriedens sechs Nachtwächter beschäftigt werden. Hier müsste eine Reduzierung auf
vier Personen möglich sein. Die Stadt wies darauf hin, dass jeweils ein Wächter tagsüber
bei den beiden Stadttoren eingesetzt wird, zwei in der Vorstadt und zwei in der Stadt tätig
sind und während der Nachtstunden jeweils drei Nachtwächter vor Mitternacht und drei
nach Mitternacht im Einsatz sind. Eine Reduzierung dieses Patrouillendienstes könne den
durch Feuersbrünste ohnedies schwer geschädigten Bürgern nicht zugemutet werden.
Als Ergebnis der Untersuchung stellte die Provinzialstaatsbuchhaltung in ihrem Bericht
an die Landesregierung fest, dass die Stadt dem totalen wirtschaftlichen Verfall nahe sei,
in der Stadtverwaltung überall Unordnung herrsche, die Registratur in einem völlig desolaten Zustand sei, den Verantwortlichen schlechte Finanzgebarung, fahrlässige Handlungsweise und mangelnde Geschäftskenntnis anzulasten sei, zumal auch das Pupillarund Kirchenvermögen in größter Unordnung vorgefunden wurde. Außerdem sei auf Grund
der fehlenden Kassier- und Steueramtsrechnungen für die Jahre ab 1795 eine abschließende
Beurteilung der Finanzgebarung gar nicht möglich. Es wurde daher vorgeschlagen, den
Stadtmagistrat vorübergehend außer Funktion zu setzen und die Stadt gegen eine jährliche Remuneration von 150 fl durch den Pfleger der Herrschaft Wartenburg verwalten
zu lassen. Ihm sollten vier Bürger als Mitwisser in ökonomischen Angelegenheiten beigegeben werden, während der Bürgermeister mit Unterstützung von zwei Räten nur mehr
die politische Verwaltung besorgen sollte. Die zwischenzeitig erfolgte Einstellung von
Martin Skolaris sowie der Ausbruch der Franzosenkriege dürfte eine weitere Verfolgung
dieser Vorschläge der Untersuchungskommission verhindert haben.
Die Rechtfertigung des vorherigen Stadtmagistrates zu
den aufgedeckten Missständen
Erst am 10. März 1803 kann es nach mehrmaligen Urgenzen der Provinzial-Staatsbuchhaltung zur Vorlage der von Anton Hebartner verfassten Kassier- und Steueramtsrechnungen, die sich in den Akten aber nicht erhalten haben. Seinem Begleitschreiben23
ist zu entnehmen, dass er sich zur Rechtfertigung im wesentlichen auf das Brandunglück
aus dem Jahre 1793 sowie die vielen Miltäreinquartierungen und – durchmärsche in dieser Zeit beruft. Dadurch sei unter den meisten Bürgern eine so große Not entstanden,
dass die Einbringung der ausständigen Zahlungen unmöglich war. Es sei daher nicht dem
damaligen Magistrat anzulasten, dass es zu den Rückständen gekommen sei. Inzwischen
habe sich aber die Situation gebessert, sodass der derzeitige Magistrat wohl in der Lage
sein müsse, die Aussenstände einzutreiben.
Die Staatsbuchhaltung rügte an den vorgelegten Jahresabschlüssen die große Nachlässigkeit des damaligen Stadtmagistrats bei der Eintreibung der fälligen Zahlungen, die auch
mit der Notlage der Bürger nicht zu rechtfertigen sei, da nicht einmal die fälligen Pachtzahlungen für Maut und Tatz eingefordert wurden. Auch habe Bürgermeister Hörmann
für das von ihm käuflich erworbene »Scheibenbognerische-Haus« nicht einmal die dafür
anfallende Gebühr an die Stadtkasse gezahlt. Insgesamt sei der vormalige Magistrat über
einen Betrag von 2.144 fl nicht in der Lage Aufklärung zu geben, sodass dieser gegebenenfalls von den damaligen Magistratsmitgliedern einzufordern sei. Es erging daher an
sie die Aufforderung, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Da der damalige Syndikus
Anton Hebartner bereits im Jahre 1803 kurz nach Abgabe der Abrechnungen verstarb,
konnten nur noch die damaligen Magistratualen gehört werden.
Bei Bürgermeister Hörmann ist lediglich zu entnehmen, dass er befragt wurde, mit welchem Recht er einen Gehalt als Bürgermeister von 150 fl bezogen habe. Zu seiner Rechtfertigung berief er sich auf das Protokoll vom 17. August 1788, nach dem ihm dieser
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Betrag von den Wahlmännern zugesprochen wurde. Auch der damalige Wahlkommissär
Joseph Freyherr von Eiselsperg habe an dieser Regelung nichts beanstandet. Außerdem
hätten auch die vormaligen Stadtrichter seit undenklichen Zeiten zu ihren Bezügen noch
zusätzliche Einkünfte bezogen. Ohne das Gehalt von 150 fl hätte er das Amt des Bürgermeisters nie übernehmen können.
Die früheren Räte Johann Anton Fetzmann und Johann Michael Leitner erklärten, dass
sie im Jahre 1788 nie als Ratsmänner Bürgermeister Hörmann an die Seite getreten
wären, wenn sie nicht der Meinung gewesen wären, in allen die Stadt betreffenden Angelegenheiten auch tatsächlich einbezogen zu werden. In Wirklichkeit habe aber »allein
Hörmann als Capo der gemeinen Stadt regiert«, als Bürgermeister nicht nur die
Geschäfts des Syndikus und des städtischen Kassieramtes geführt, sondern sich auch die
alleinige Verwaltung des Kirchenamtes, des Bruderhauses und der Pupillengelder angeeignet. Da aus Mangel eines geprüften Syndikus ein Großteil der Geschäfte liegen blieb,
das Contributionale nicht abgeführt wurde, und die Rechnungsleger zum Teil nach sieben
Jahren noch keine Zahlung erhielten, hätten sie sich mit dem Bürgerausschuss beraten
und schließlich gegen die Amtsführung des Bürgermeisters schon am 7. Mai 1790
Beschwerde beim Kreisamt erhoben und um die Wahl eines geprüften Syndikus gebeten.
Da diese Anzeige erfolglos blieb wandten sie sich schließlich an die Regierung, die zwar
1795 die Einsetzung des Anton Hebartner zum provisorischen Syndikus veranlasste, doch
hätte sich im Grund nichts gebessert, da Bürgermeister Hörmann weiterhin selbstherrlich
agierte. Bei diesem Sachverhalt hätten sie sich daher »keiner Untreue gegen die gemeine Stadt schuldig gemacht und müssten jede Verantwortung zurückweisen.«
Da aus den Akten nicht zu entnehmen ist, dass in dieser Angelegenheit weitere Schritte
gegen die Mitglieder des früheren Rates unternommen wurden, ist anzunehmen dass seitens der Oberbehörden im Hinblick auf die wenig rühmliche Rolle, die sie selbst bei säumiger Abstellung der angezeigten Missstände gespielt hatten, wenig Interesse an einer
weiteren Verfolgung bestand.
Im übrigen ist bei Sichtung der allerdings nur sehr fragmentarisch vorhandenen Akten
des Stadtarchives aus dem Zeitraum von 1780 bis 1810 festzustellen, dass sich die städtische Verwaltung von der 1783 durch Kaiser Joseph II. schlagartig erfolgten Einstellung
des Mautäquivalents von 1.800 fl, das etwa ein Drittel der ordentlichen Einnahmen ausmachte, nicht mehr erholen konnte. Seit diesem Zeitpunkt gibt es nur noch sporadische
Kassieramts- und Steueramtsrechnungen, die überdies unvollständig und ohne Aussagekraft sind. Die mit der Führung der Geschäfte des Stadtmagistrats betrauten Personen
waren fachlich und arbeitsmäßig überfordert. Mit Ausnahme eines bescheidenen Salärs
für einen wenig kompetenten Stadtschreiber fehlten der Stadt auch die Mittel für die
Bestellung fachkundiger Personen wie sie in anderen Städten die Geschäfte führten. Da
auch die übergeordneten Behörden nicht erkannten oder erkennen wollten, dass die Stadt
nach der Einstellung des Mautäquivalents ihre Aufgaben nicht mehr im bisherigen
Umfang erfüllen konnte – was vom Stadtmagistrat in zahllosen Eingaben inmer wieder
zum Ausdruck gebracht wurde – ergab sich schließlich die von der Untersuchungskommission in ihrem Bericht vom 13. Februar 1801 aufgezeigte ruinöse Situation der städtischen Gebarung.
Conventions Münze, Bancozettel und Wiener Währung –
vom Staatsbankrott im Jahre 1811 zur Gründung der
Nationalbank von 1816
Um Ordnung in das durch die Kriege entstandene Münzchaos zu bringen, wurde unter
Maria Theresia mit Patent vom 12. Jänner 1754 die ConventionsMünze (CM) eingeführt.
Sie löste die bis dahin geltende Rheinische Währung ab. Der Einführung ging der
Abschluss einer Münzconvention mit Bayern voraus, in der für eine feine Kölner Mark mit
233,81 Gramm Silber als neuer Münzfuß ein Wert von 20 Gulden festgelegt wurde. Ein
Gulden hatte einen Silbergehalt von rund 14 Gramm, war einen halben Taler wert und
wurde wie bisher in 60 Kreuzer zu je 4 Pfennigen unterteilt. Man sprach bei der neuen
Währung fortan von »Conventions Münze« (CM), weil sie eine Vertragsmünze war, deren
gleichmäßiges Edelmetallverhältnis unter mehreren Staaten vereinbart war. Die meisten
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Wiener Stadt - Banco Zettel
von 1762.
süddeutschen Staaten schlossen sich dieser Konvention an. Da Bayern nach 1776 nach
dem 24 Guldenfuß ausprägte, hatten die in Bayern umlaufenden Gulden einen etwas geringeren Wert. Um eine Beschneidung der Münzen zu verhindern wurde eine Randschrift eingeführt. Mit den Kreuzern wurden auch noch Scheidemünzen in Kupfer ausgeprägt.24
Über Vorschlag des Präsidenten der Hofkammer, Philipp Ludwig Graf Sinzendorf gab
Österreich auf Grund der kaiserlichen Verordnung vom 15. Juni 1762 als erster Staat in
Mitteleuropa Papiergeld heraus. Sinzendorf wollte durch die Ausgabe des Papiergeldes
vor allem die Erwerbung staatlicher Schuldscheine ermöglichen und damit dem Staat privates Kapital zuführen. Die 1706 gegründete und stark von der Hofkammer abhängige
»Stadt Wiener Bank«, auch Wiener Stadtbank genannt, gab unverzinsliche Wertpapiere
im Umfang von 12 Millionen Gulden heraus. Für diese Zahlungsmittel, die einen Nennwet von 5, 10, 25, 50 und 100 Gulden hatten, bürgerte sich die Bezeichnung »Banco Zettel« (BZ) ein. Durch diese kontrollierte Belebung des Geldumlaufes gelang es in Österreich
besser als in Preußen die Folgen des Schlesischen Krieges ohne Münzverschlechterung
durchzustehen. Von der Regierung wurde auch verfügt, dass die Steuern und Abgaben zu
einem Drittel in Banco Zetteln gezahlt werden mussten. Durch eine besondere Herstellungsart wurde Fälschungen vorgebeugt, außerdem stand auf der Nachahnung des Papiergeldes die Todesstrafe.25
Dass die Fälschung von Banco Zetteln aber dennoch vorkam, zeigt eine Anzeige des
Stadtmagistrates Vöcklabruck vom 13. September 1800 an das Kreisamt Wels. Darin
wird ausgeführt, dass sich unter der beim Müllermeister Joseph Winkler am gleichen
Tag erlegten Kaufsumme zwei Stück Banco Zettel à 5 fl befanden, welche die gleiche
Nummer 594 525 aufwiesen, sodass ein Banco Zettel unecht sein musste. Die beiden
Banco Zettel wurden sofort in Beschlag genommen und an das Kreisamt weiter geleitet.
Joseph Winkler war nicht in der Lage anzugeben, von wem er die Banco Zettel bekommen hatte.26
Am 1. August 1771 wurden mit kaiserlichen Patent weitere 12 Mio. Gulden in Banco
Zetteln ausgegeben. Zu den bestehenden Werten kamen noch solche zu 500 und 1.000
Gulden hinzu. Gleichzeitig wurde angeordnet, dass künftig jeweils der ganze geschuldete
Betrag in Banco Zettel bezahlt werden müsse. Lediglich für bestimmte Steuern galt, dass
sie jeweils zur Hälfte in Conventions Münze und Banco Zettel einbezahlt werden müssen.
Wer die Hälfte nicht in Banco Zetteln zahlen konnte, musste den doppelten Betrag in
Münze zahlen. Dieses System konnte aber nur funktionieren, solange Papiergeld und
Münze als gleichwertig auf dem Markt akzeptiert wurden. Bald gab es aber zumindest in
den Staatskassen keine Münzen mehr. In der Folge wurden die Banco Zettel ständig vermehrt und verloren immer mehr an Wert. Beim Regierungsantritt von Leopold II. 1790
betrug die Staatsschuld bereits 375 Mio. fl, die jährliche Zinslast 15 Mio. fl. Als 1793
der Erste Koalitionskrieg gegen Frankreich ausbrach, wurden abermals 7,7 Mio. in
Banco Zetteln ausgegeben, aber nur 2 Mio. fl eingezogen.
Seit 1797 mussten die Banco Zettel auch im Privatverkehr als Zahlungsmittel angenommen werden, sodass sie auch offiziell keine Staatsanleihe mehr, sondern echtes Papiergeld
waren.27 Da sich der Geldbedarf vor allem wegen der jahrelangen Kriege gegen Frankreich immens steigerte, nahm auch der Geldumlauf entsprechend zu. Betrug er 1799 91,8
Mio. fl, stieg er 1801 auf 200,9 Mio. fl; als er allein im Jahre 1806 von 377,1 auf 546
Mio. fl anstieg, deutete sich die bevorstehende Katastrophe bereits an.
Einer Eingabe des Stadtmagistrates Vöcklabruck an das Kreisamt Wels vom 14. November 180528 ist zu entnehmen, dass zu dieser Zeit in Vöcklabruck und Umgebung auf einige
Meilen im Umkreis kein Mensch mehr von dem anderen einen Banco Zettel weder zu
einem hohen noch niedrigen Betrag annehmen wollte, da man sie als wertlos betrachtete.
Das Kreisamt verfügte darauf, dass »derjenige, welcher die Annahme dieser Geldsorte
verweigere mit gerichtlicher Hinwegnahme des Gegenstandes oder der Ware, die mit
Banco Zettel gekauft werden sollte, gestraft werden soll. Der Erlös sei dem Pfarrarmeninstitute zuzuweisen«. Da sich ähnliche Vorfälle auch in den übrigen Landesteilen häuften, sah sich die Regierung genötigt in der Linzer Zeitung Nr. 94 vom 2. Dezember 1895
eine Kundmachung zu erlassen, dass »jeder, der dem Banco Zettel gar nicht oder nur mit
Abzug annehme, nicht nur um den vollen Wert des Banco Zettels gestraft, sondern auch
mit Arrest bestraft werden sollte.« Den wirtschaftlichen Realitäten konnte mit solchen
Maßnahmen natürlich nicht abgeholfen werden. Die Güter verschwanden einfach aus dem
Handelsverkehr.
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Bereits 1805 waren alle Silbermünzen aus dem Verkehr verschwunden, 1807 folgte das
Kupfergeld.29 Die Folge war eine katastrophale Inflation, die beispielsweise den Preis für
1 kg Rindfleisch von 65 Kreuzer im Jahre 1806 auf 6 Gulden im Jahre 1811 trieb, was zur
Verelendung breiter Volksschichten führte. Die im Vertrag von Schönbrunn vom 14. Oktober 1809 auferlegte Verpflichtung zu Kriegsreparationen an Frankreich in der Höhe
von 85 Mio. Francs brachten das österreichische Geldwesen in weitere Schwierigkeiten.
Als der Notenumlauf im Jahre 1811 die Grenze von einer Milliarde Gulden überschritt,
war eine radikale Währungsreform unvermeidlich, doch verwarf Kaiser Franz I. alle diesbezüglichen Vorschläge immer wieder als zu unpopuläre Maßnahmen. Erst dem Hofkammerpräsidenten Joseph Graf Wallis gelang es, die Veröffentlichung des kaiserlichen
Patentes vom 15. März 1811 (datiert bereits mit 20. Februar 1811) durchzusetzen. Trotz
strengster Geheimhaltung konnten jedoch Vertreter des Hochadels und der höheren Kreise
des Handelsstandes ihr Vermögen rechtzeitig durch Umtausch in andere Währungen vor
allem aber durch Bezahlung von Schulden in Sicherheit bringen.30 Die Banco Zettel
behielten nur mehr bis 31. Dezember ihre Gültigkeit und konnten bis dahin zum fünften
Teil ihres Wertes gegen Einlösungsscheine umgewechselt werden. Dadurch war das neue
Papiergeld, das »Wiener Währung« (WW) oder »Einlösungsscheine« bezeichnet wurde,
das einzig im Umlauf befindliche Papiergeld, zum Unterschied von der weiter bestehenden Conventions Münze nannte man die neue Papierwährung »Scheingeld«.
Für die Stadt Vöcklabruck hatte der Staatsbankrott zwar keine direkte Auswirkung, da
sie zu dieser Zeit bereits zum Königreich Bayern gehörte, doch waren die mittelbaren
Auswirkungen ähnlich. Denn am 22. Dezember 1810 erging die Bekanntmachung des
Generalkommissariats Salzburg, dass nur mehr bis Ende 1810 bei der provisorischen
Landeskommission Salzburg die Steuerrückstände aus 1809 und die Steuern für 1810 in
Banco Zetteln gezahlt werden können. Ab 1. Jänner 1811 waren für einen Gulden Banco
Zettel nur mehr 22 Kreuzer Conventions Münze Reichswährung (CM.RW) zu berechnen.31
Die Entwertung der Banco Zettel, die viele Menschen über Nacht um ihr Vermögen brachte, rief in der Öffentlichkeit große Empörung hervor, die sich besonders gegen Graf Wallis richtete. Die neue Wiener Währung konnte für zwei Jahre bis zum neuerlichen Kriegsausbruch das Papiergeld weitgehend stabil halten. Bis 1816 war aber auch die Wiener
Währung wieder in Misskredit geraten, da der ungedeckte Papiergeldumlauf bereits wieder 682 Mio. fl erreicht hatte. Die Hauptursache der Instabilität der Wiener Währung lag
darin, dass die Entwertung auf ein Fünftel von vornherein zu niedrig gewesen war, sodass
der Kurs der neuen »Einlösungsscheine« von Anfang an nicht dem Wert der Conventions
Münze entsprochen hatte. Für 100 Gulden Conventions Münze musste man bis zu 350 fl
Wiener Währung zahlen. Im Ausland und damit auch in dem an Bayern abgetretenen
Hausruckviertel hatte ein Papiergulden nur mehr den Wert von 20 Kreuzern.
Da die österreichische Staatskasse auf Grund des Friedensvertrages von 1815 auf dem
Wiener Kongress erstmals wieder außerordentliche Einnahmen zu erwarten hatte, (durch
Kriegskontributionen vor allem aus Frankreich flossen bis 1822 über 122 Mio. Gulden
Conventions Münze zu) konnte man unter dem neuen Finanzminister Johann Philipp Graf
Stadion zu einer nachhaltigen Sanierung der Währung schreiten. Da jedoch die Kreditwürdigkeit des Staates völlig erschüttert war, musste man sich dazu einer vom Staat
unabhängigen Notenbank bedienen. Durch zwei kaiserliche Patente vom 1. Juni 1816
wurde die Währung neu geregelt und die »Privilegierte Oesterreichische Nationalbank«
gegründet.32 Diese sollte als Aktiengesellschaft unabhängig vom Staat sein und das
Papiergeld der »Wiener Währung« nach und nach gegen neue von der Nationalbank ausgegebene Banknoten, teilweise aber auch gegen vollwertige Silberwährung austauschen,
wobei nunmehr 250 Gulden »Wiener Währung« mit 100 Gulden »Conventionswährung«
gleichgesetzt wurden. Dafür verpflichtete sich der Staat selbst kein neues Papiergeld
mehr zu schaffen. Zur Deckung des in Umlauf gesetzten Papiergeldes gab es eine Dritteldeckung in Silbermetall.
Die Nationalbank eröffnete bereits am 1. Juli 1816 ihre Schalter und begann mit der
Ausgabe von Noten zu 1.000, 500, 100, 50, 25, 10 und 5 Gulden. Nach gewissen Anfangsschwierigkeiten konnte die Nationalbank tatsächlich die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen. Ende 1847 war der Umlauf der Wiener Währung auf ein nahezu unbedeutendes Ausmaß von 7,5 Mio. Gulden (3 Mio Gulden Conventions Münze) gesunken.
Erst mit kaiserlichem Patent vom 19. September 1857 über die Bestimmungen zur Regelung des Münzwesens endete nach rund 100 Jahren die »Conventionswährung«. An die
424
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Stelle von 100 Gulden Conventions Münze traten 105 Gulden neue österreichische
Währung. Am 11. August 1892 kam es schließlich zur Einführung der Goldwährung an
Stelle der bisherigen Silberwährung und einer neuen Münzeinheit für Österreich-Ungarn.
1 Krone mit 100 Heller entsprach jetzt einem halben Gulden. Ab 1. Januar 1900 wurde
schließlich die Krone zum einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel.33
Die Zeit der Franzosenkriege
Der erste und der zweite Koalitionskrieg und die
Plünderung Vöcklabrucks im Jahre 1800
Als sich am 14. Juli 1789 in Paris das Volk mit dem Sturm auf die Bastille unter der
Devise »libertè, egalitè, fraternitè« erhob, griff der Aufstand rasch auf die Provinzen
über. In den österreichischen Ländern zeigten die revolutionären Ereignisse in Frankreich
so gut wie keine Wirkung, hatte doch die Reformpolitik Maria Theresias und Josephs II.
eine mehr oder minder zaghafte Revolution von oben gebracht und im Gegensatz zu
Frankreich eine Menge gefährlichen Zündstoffes rechtzeitig abgebaut. Bauern, Bürger,
Beamte und Offiziere hatten überwiegend den Eindruck in einem wohlgeordneten fortschrittlichen Staat zu leben. Ein Blick über die Grenzen, vor allem nach Russland oder in
das türkische Reich, bestärkte sie in dieser Meinung. Die Nachrichten über die blutigen
Zusammenstöße in Paris, über Mord, Plünderungen und sittlichen Verfall trugen weiter
dazu bei, dass sich bei der Bevölkerung im habsburgischen Reich kein Verlangen nach
einem Umsturz entwickelte.
An den europäischen Fürstenhöfen entstand zwar erste Besorgnis, als in Frankreich Adel
und Kirche gezwungen wurden auf ihre Feudalrechte zu verzichten, doch wurden die
tatsächlichen Auswirkungen erst erfasst, als König Ludwig XVI und seine Gemahlin Marie
Antoinette, eine Tochter Maria Theresias gefangen gesetzt wurden und 1793 unter der
Guillotine starben.34
Daraufhin traten England, Holland, Spanien, Sardinien,Neapel, der Papst und das Reich
dem Bündnis Österreichs und Preußens gegen Frankreich bei. Die nach Frankreich vordringenden Koalitionstruppen wurden geschlagen und der erste Koalitionskrieg (17921797) entwickelte sich rasch zu einem Angriffskrieg Frankreichs.35 Oberösterreich wurde
durch die aus Italien eindringenden Truppen bedroht, ohne jedoch direkt zum Kriegsschau-
Hinrichtung Ludwig XVI. am
21. Jänner 1793 (Radierung
von Quirin Mark 1753 - 1811).
Nach den berüchtigten Septembermorden beschloss der Nationalkonvent am 21. September
die Abschaffung des Königtums
und die Einführung der neuen
Zeitrechnung, Symbol für den
Anbruch einer neuen Ära der
Menschheitsgeschichte. Mit
einer einzigen Stimme
Mehrheit, verurteilte der
Konvent am 17. Jänner 1793
Ludwig Capet, wie nunmehr
Ludwig XVI. genannt wurde,
zum Tode. Nach der Vollstreckung des Urteils durch die
Guillotine, traten die meisten
europäischen Mächte, u. a.
England, Holland, Spanien,
Portugal und das Römische
Reich als Gesamtverband in
den Krieg gegen das
revolutionäre Frankreich.
425
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
platz zu werden, da das französische Heer in der Steiermark zum Stehen kam. Der Krieg
endete mit dem Frieden von Campoformido in Venetien vom 17. Oktober 1797, in dem
Österreich die belgischen Niederlande, die Lombardei und ganz Oberitalien bis zur Etsch
an Frankreich abtreten musste.
Der zweite Koalitionskrieg (1799-1801), in dem sich England, Russland und Österreich
verbündeten, brachte nach anfänglichen Erfolgen der Koalition, die aber nicht zuletzt
durch die Interessengegensätze der Verbündeten zunichte gemacht wurden, rasch wieder
französische Erfolge. Am 3. Dezember 1800 wurden die 57.000 Mann starken österreichischen Truppen unter Erzherzog Johann bei Hohenlinden von 49.000 Franzosen
unter dem Chefgeneral Jean Victor Moreau (1763-1813) vernichtend geschlagen, sodass
Napoleonische Staatenbildungen 1795-1801.
Landkarte aus G. Droysons
Historischem Handatlas,
1886.
426
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
die französischen Truppen nach Oberösterreich vordringen konnten. Nach vergeblichen
Abwehrversuchen an der Salzach überschritten die Franzosen schon am 16. Dezember
mit vier Artillerieregimentern die Grenze des heutigen Bezirks Vöcklabruck. Da bei Frankenmarkt die Brücken gesprengt worden waren, mussten sie von Obermühlham über Pöndorf ins Redltal ausweichen. Bauern mussten mit 200 französischen Sappeuren die
schlechten Straßen instand setzen. Eine französische Division unter General Richeponse
wurde bei Frankenmarkt in ein Gefecht verwickelt, sodass das österreichische Hauptquartier von dort nach Vöcklabruck zurückgenommen werden musste, wo Erzherzog Karl
den Oberbefehl über die unzureichend verpflegten und ausgehungerten österreichischen
Truppen übernahm und den Rückzug organisierte.
Am Morgen des 17. Dezembers erreichten die Franzosen den Raum Vöcklabruck. Die Kirche von Oberthalheim wurde geplündert. Vom Pfleger von Wartenburg wurde Geld und
Wein gefordert, 5.000 fl konnten ihm abgenommen werden. Gegen Abend wurde Vöcklabruck besetzt und die Stadt zur Plünderung frei gegeben. Sogar in Maria Schöndorf
wurde das Tabernakel aufgebrochen, das Ziborium geraubt und die Monstranz, da sie nur
aus Messing war, zerschlagen. Die Aufführung dieser ersten nach Oberösterreich einrückenden französischen Truppen wird in allen Berichten als besonders schlecht geschildert. »Die Mannschaft plünderte, wo sie konnte und verübte unter Gewalttätigkeiten und
fürchterlichen Drohungen allerlei Erpressungen. Wo ihnen nicht gutwillig aufgetan wurde, schlugen sie Türen ein und erbrachen Kisten und Kasten. Auch raubten sie den Leuten das Geld aus den Kleidern, die sie am Leibe trugen,und rissen den Weibern und Mädchen die Ohrgehänge samt den Läppchen aus.36
Am nächsten Vormittag, den 18. Dezember entwickelte sich vor den Toren der Stadt auf
der Ebene von Oberregau und Lixlau ein bedeutendes Gefecht zwischen drei Regimenten
Kavallerie und zwei Regimenten Infanterie der Österreicher und der Franzosen unter
General Richeponse. Dem Bericht des Regauer Pfarrers Franz Jäger an den Propst von
St. Florian ist noch der Schrecken über die Schlacht herauszulesen, die unmittelbar
neben seinem Haus begann. Die siegreichen Franzosen nahmen 5000 Österreicher, darunter drei Generäle mit General Löppert an der Spitze, gefangen. Pfarrer Jäger wurde
unter Bedrohung seines Lebens das Bargeld von 300 fl abgenommen. Noch am Nachmittag des 18. Dezember kam es zwischen der Division Richeponse und 4.000 Mann österreichischer Truppen bei Schwanenstadt zu einem weiteren blutigen Gefecht, das viele Tote
und Verwundete forderte. Die Stadt wurde nach kurzem Beschuss eingenommen und in
ihr ein Lazarett errichtet. Die Verpflegung der französischen Truppen erfolgte anschließend aus Magazinen von Vöcklabruck und Schwanenstadt.
Am 16. Jänner 1801 kamen französische Soldaten neuerdings nach Vöcklabruck, brachen die Ägidiuskirche im Dörfl auf, zertrümmerten mutwillig einige Statuen und
schleppten die Kirchenwäsche fort. Für 15 Wochen waren französische Soldaten, darunter die Generäle Prouet, Lecombe, Richeponse, Grandjean, Desolt, Decaen und Ney einquartiert. Von Decaen wird überliefert, dass er sich durch »gemeine Raubsucht und brutale Gemeinheit« auszeichnete.37
Pfarrer Gottlieb Hermannseder bezifferte den Schaden, der dem Pfarrhof durch die feindliche Besatzung erwuchs mit 14.445 fl. Erst am Karsamstag dem 2. April 1801 zogen
die Franzosen wieder aus Vöcklabruck ab.38
Die französischen Heeresverbände unter General Moreau drängten die österreichische
Armee unter Erzherzog Johann nach weiteren verlustreichen Gefechten, darunter am 19.
Dezember 1800 bei Lambach nach Niederösterreich und in das Mühlviertel zurück. Am
25. Dezember wurde in Steyr, wo Moreau sein Hauptquartier bezogen hatte, ein Waffenstillstand geschlossen, der den Franzosen das gesamte Gebiet südlich der Donau und westlich der Erlauf überließ. Für das Land folgte eine Zeit härtester Belastungen durch Geldforderungen, Einquartierungen, Beschlagnahmungen, Plünderungen und Misshandlungen
der Bevölkerung. Die von General Moreau verlangten 3,022.000 fl, davon eine Million in
bar innerhalb von vier Tagen, konnten auch nach Herabsetzung um 500.000 fl nur mit
Hilfe einer Wechselzahlung aus Wien und einer ständischen Anleihe aufgebracht werden.
Erst der am 9. Februar 1801 abgeschlossene Frieden vom Luneville brachte bis Ende
März den Abzug der Franzosen.39
427
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Kaiser Franz Joseph I. im
Ornat eines österreichischen Kaisers.
Von Leopold Kupelwieser.
Der Dritte Koalitionskrieg (1805 - 1806) und die
neuerliche Besetzung Vöcklabrucks
Lithographie.
Die Entschädigung der Reichsfürsten für die an Frankreich abgetretenen linksrheinischen
Gebiete erfolgte durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 in
Regensburg. Er führte zur Säkularisation der geistlichen Fürstentümer und Aufteilung
ihrer Gebiete. Auch das Bistum Passau wurde aufgelöst und zwischen dem neuen Kurfürstentum Salzburg und Bayern aufgeteilt, während Österreich die auf seinem Gebiet
befindlichen passauischen Herrschaften erhielt. Als sich Napoleon Bonaparte am 18. Mai
1804 als Napoleon I. zum Kaiser der Franzosen ausrufen ließ, reagierte Kaiser Franz II.
und erließ am 11. August 1804 ein Patent, mit dem er den Titel und die Würde eines erblichen Kaisers von Österreich annahm und sich als solcher »Kaiser Franz I. von Österreich« nannte. Dieser Titel sollte unmittelbar nach dem eines erwählten Römisch-Deutschen Kaisers eingeschaltet werden. Zugleich wurde damit die Pragmatische Sanktion
von 1713 durch die Schaffung eines habsburgischen Einheitsstaates zum Abschluss
gebracht und der Vorrang der erzherzoglichen Würde von Österreich über die Stellung
eines Königs von Böhmen und Ungarn hergestellt.
Als sich Österreich im August 1805 weigerte, den Forderungen Frankreichs auf Abzug
seiner Garnisonen aus Tirol und Venedig zu entsprechen und Erzherzog Karl in Italien
den Oberbefehl über die österreichischen Truppen übernahm, kam es zum Ausbruch des
Dritten Koalitionskrieges, in dem sich Österreich, Russland, England und Schweden gegen
Frankreich, Bayern, Baden und Württemberg gegenüberstanden. Der Raum zwischen
Traun und Inn diente als Aufmarschgebiet für die österreichischen Truppen, die am 12.
September München besetzten, aber von Napoleon bei Ulm eingeschlossen wurden. Feldmarschallleutnant Karl Freiherr von Mach musste sich den Franzosen am 20. Oktober
ergeben, die 23 000 Mann gefangen nahmen.40 Der Feldzug scheiterte neuerlich an der
unterlegenen Kriegstaktik der Verbündeten, da die russischen Truppen sich noch am Inn
befanden, während Erzherzog Karl mit seinen aus Böhmen herangeführten Truppen noch
einige Tagesreisen entfernt war. Der Dritte Koalitionskrieg endete schließlich mit dem triumphalen Sieg Napoleons in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz östlich von Brünn am
3. Dezember 1805.41
Im Frieden von Pressburg am 26. Dezember 1805 wurden Österreich abermals Gebietsverluste von 1.000 Quadratmeilen mit 3 Mio. Einwohnern auferlegt, wovon der Verlust
Tirols mit den Bistümern Brixen und Trient sowie ganz Vorarlbergs am schmerzhaftesten
war, denen nur der Gewinn von Salzburg mit Berchtesgaden gegenüberstand.
428
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Die Österreichische Kaiserkrone.
Die sogenannte Rudolphskrone, ein
Prachtwerk des Kunsthandwerks aus der
Prager Hofwerkstatt des Kaisers, wurde
nicht, wie manche ihrer Vorgängerinnen
wieder eingeschmolzen, sondern wanderte
in die Schatzkammer. Sie wurde nie bei
Krönungen eines Römischen Königs oder
Kaisers verwendet, diente jedoch als
kaiserliches Rangabzeichen und wurde
deshalb auch auf den Siegelbildern und
Wappen der Römischen Kaiser gebraucht.
So war diese Krone der Menschen sehr
vertraut. Als 1804 das neue Österreichische Kaisertum geschaffen wurde, sollte
nunmehr heraldisch die Reichskrone als
Symbol des Römischen und die vertraute
Rudolphinische Kaiserkrone Insigne des
neuen Kaisertums werden. So bekam das
neugeschaffene Kaisertum keine neue,
unbekannte Krone, sondern eine altehrwürdige und wohl bekannte.
Weltliche Schatzkammer im SchweizerHof der Wiener Burg.
Erste Seite des
gedruckten Exemplars
des Haus-, Hof- und
Staatsarchiv Wien.
429
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Franz II. verzichtet auf die
römisch-deutsche Kaiserwürde.
Illustration zu einem
Geschichtswerk von Anton
Ziegler aus dem Besitz
Kaiser Ferdinands.
Gouache-Malerei über
Lithographie. Österreichische Nationalbibliothek,
Wien.
Kaiser Franz II. nimmt als
Franz I. Titel und Würde
eines Kaisers von Österreich an.
Oberösterreich erlebte neuerlich eine harte Besatzungszeit, die bis März 1806 dauerte.
Die von Frankreich geforderte enorme Kriegskontribution von 3,867.187 fl konnte wiederum nur durch eine Anleihe der Stände aufgebracht werden. Am 2. November 1805
wurde auch Vöcklabruck neuerlich von französischen Truppen unter den Marschällen
Marmont und Jean Baptiste Bernadotte (1763-1844),dem Schwager Napoleons, der
1818 als Karl XIV das derzeitige schwedische Königshaus begründete, besetzt. Pfarrer
Gottlieb Hermannseder flüchtete diesmal vor den einfallenden Feinden in die Wachau, wo
er noch im selben Jahr starb. Die Franzosen blieben bis Ende Februar in der Stadt, die
auch unter den zahlreichen Durchzügen der seit Anfang Jänner aus Niederösterreich
abziehenden französischen Kontingente schwer zu leiden hatte. Die abziehenden Franzosen hinterließen ein so ausgebeutetes Land, dass der Kaiser zur Linderung der ärgsten
Not tausend Metzen Getreide schicken musste.
430
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Die römisch-deutsche Kaiserkrone.
Die Krone wurde wahrscheinlich anlässlich der Kaiserkrönung Ottos I. 962 in Rom geschaffen. Sie wurde bis
zur letzten römisch-deutschen Kaiserkrönung im Jahr
1792 (Kaiser Franz II.) verwendet. Sie befindet sich
heute in der Weltlichen Schatzkammer der Wiener
Hofburg.
Links:
Niederlegung der Römischen
Kaiserwürde durch Franz II.
am 6. August 1806.
Rechts:
Erste Seite des Patents über
die Niederlegung der Römischen Kaiserwürde, 6. August
1806. Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien.
431
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Feldmarschall Karl Philipp
Fürst Schwarzenberg
(1771-1820).
Er erhielt den Oberbefehl
über alle verbündeten
Heere und kommandierte
im Russlandfeldzug Napoleons 1812 das österreichische Korps und 1813 die
Hauptarmee der Alliierten
in der Völkerschlacht bei
Leipzig. Kolorierter Stich
von Noireterre, 1812.
Schwarzenbergsche
Archive, Murau.
Trotz der Not der Bevölkerung sah sich der Kaiser in den nächsten Jahren veranlasst als
Folge des Krieges höhere Steuern und Abgaben zu fordern. Als besonders belastend
erwies sich, das von Kaiser Franz I. am 20 August 1806 erlassene Steuer-Patent42, mit
dem er die zur Bedeckung der jährlichen Staatserfordernisse notwendigen Extrasteuern
für die fünf Militärjahre 1807, 1808, 1809, 1810 und 1811 festsetzte. Diese bestanden
in einer »extraordinären Realitätensteuer«,einer Classensteuer und einer Personalsteuer.
Die Realitätensteuer bestand in einem Zuschlag von 60% zur bisherigen Dominical- und
Rusticalsteuer für die genannten Jahre. Die Classensteuer war eine nach der Höhe der
Einkünfte mit 21/2 % bis 20% gestaffelte Abgabe, die »Jedermann, mithin auch der
Gewerbsmann, nach der Totalsumme seiner Einkünfte aus was immer für einer Quelle er
sie beziehen mag, (die von Realitäten allein ausgenommen, als wovon der erhöhte
Zuschlag der Contribution bezahlt wird) zu leisten hatte.«
Die Personalsteuer wurde mit 30 kr bestimmt. Ihr unterlagen als Kopfsteuer »ohne
Unterschied des Standes, Ranges oder Geschlechts, alle Landesinsassen, welche das 15.
Jahr ihres Alters vollendet haben«. Ausgenommen waren Militär- Personen sowie »die in
Versorgungshäusern oder Land-Spitälern lediglich durch Almosen sich nährende, Alters
oder Gebrechlichkeit halber zum eigenen Verdienst unfähig oder vom Armeninstitut betheilte Personen, welche sich darüber mit Attestaten von ihren Seelsorgern ausweisen.«
Für die Unterlassung der vorgeschriebenen Einreichung der Vermögensangabe aus Vorsatz oder Nachlässigkeit wurde ein Strafbetrag von 100% der jährlich zu entrichtenden
Steuer festgesetzt. In den Städten wurde die Obrigkeit dafür verantwortlich gemacht,
»dass sich keine Parthey der Ueberreichung ihrer Eingaben entziehe. Magistratuale, welche hierin einer Saumseligkeit überwiesen werden sollten, waren zur Verantwortung zu
ziehen und ihnen, ein nach dem Grade der ihnen zur Last fallenden Nachlässigkeit zu
bestimmender Strafbetrag aufzuerlegen.«
Für die Stadt Vöcklabruck wurde dieses Steuer-Patent nur mehr für die Jahre 1807 und
1808 voll wirksam, da sie nach dem Frieden von Schönbrunn vom 14. Oktober 1809 zu
den von Österreich bis 1. Mai 1816 abgetrennten Gebieten gehörte. 1809, nur wenige
Monate vor der neuerlichen Besetzung der Stadt durch kaiserliche Truppen, kam es durch
die Provinzial-Staatsbuchhaltung noch zu einer Einschau in die Vermögenslage der
Stadt. Dabei wurde festgestellt, dass es in Vöcklabruck kaum einen Handel, keine Fabriken und bloß auf den Lokalbedarf beschränkte Gewerbe gebe. Bürgermeister Enthofer
wurde »als ein zum Dienst ganz untaugliches Individium« bezeichnet.43
Am 6. August 1806 legte Kaiser Franz I. von Österreich die als Franz II. getragene
Würde eines römischen Kaisers nieder. Dieser Entschluss fiel ihm um so leichter, da es
durch die bereits am 12. Juli in Paris unter dem Protektorat Napoleons erfolgte Konföderation 16 süd- und westdeutscher Fürsten zum Rheinbund ein »Reich« im tatsächlichen Sinn gar nicht mehr gab und Napoleon außerdem mit der Überschreitung des Inn
drohte, falls Kaiser Franz II. nicht »abdankte«. Das »Heilige Römische Reich Deutscher
Nation« hatte damit sein unrühmliches Ende genommen.44
Der Österreichisch-Französische Krieg des Jahres 1809
Johann Philipp Graf
Stadion, ab 1805 Leiter
der österreichischen
Außenpolitik.
Stich von Friedrich
Fleischmann nach einer
Zeichnung von Peter Fendi.
Durch die demütigenden Ereignisse der Niederlegung der Kaiserkrone des Römischen Reiches und die mehrfachen Niederlagen gegen die französische Übermacht war der Widerstand in Österreich gegen Napoleon keineswegs erloschen. Vor allem ein Kreis um Johann
Philipp Graf Stadion- Thannhausen, der seit Ende 1805 als Leiter der Staatskanzlei für
die Außenpolitik verantwortlich war, bemühte sich, einen neuen patriotisch-nationalen
Geist gegen Frankreich zu wecken und die militärischen Kräfte der Monarchie zu sammeln. In den Buchhandlungen gab es patriotische Helden- und Wehrmannslieder zu kaufen, welche die Begeisterung für den Kaiser und den Hass auf Napoleon anheizen sollten.
Vor allem sollte die von Erzherzog Karl propagierte Idee der Volksbewaffnung verwirklicht werden.
Am 8. Juni 1808 erließ der Kaiser das von Graf Stadion und Erzherzog Karl entwickelte
Patent über die Errichtung der Landwehr, das zugleich die Grundlage für die allgemeine
Bewaffnung in den Kronländern bildete. Betroffen waren alle Männer von 18 bis 45 Jahren, die bisher vom Wehrdienst befreit waren, ausgedient hatten oder wegen geringer
Fehler ausgemustert worden waren. Jeder Kreis hatte ein Bataillon von 800 bis 1400
432
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Mann je nach Bevölkerungsdichte aufzustellen. Die Auswahl der benötigten Landwehrmänner erfolgte in den Distriktskommissariaten grundsätzlich durch Los, jedoch war
stellvertretender und freiwilliger Beitritt möglich. Durch die erfolgreiche Kriegspropaganda war an vielen Orten eine Aufbruchstimmung zustande gekommen, sodass die Zahl
der Freiwilligen sehr groß war. In Gmunden meldeten sich mit 44 Mann zwei Drittel der
zur Landwehr benötigten Personen freiwillig. Die Landwehrleute waren in einer Kompanie zu 75 Mann unter dem Kommando eines Oberleutnants vereinigt. Dazu gehörten noch
ein Unterleutnant, 12 Feldwebel, 2 Tambours, 6 Corporäle, 14 Schützen und 48 gemeine
Landwehrmänner. Auf diese Weise kamen insgesamt 150 Bataillone zustande. Oberösterreich stellte 15 Bataillone mit 13.200 Mann, die dem Landwehrinspektorat Österreich ob und unter der Enns unter der Leitung des Erzherzogs Maximilian d´Este unterstellt waren.45 Mit der Hauptarmee unter dem Oberbefehlshaber Erzherzog Karl
sammelten sich 180 000 Mann in Oberösterreich, Erzherzog Johann war Kommandant
der in Oberitalien stehenden Armee von 80.000 Mann, während Erzherzog Ferdinand III.
von Österreich-Este die 38.000 Mann starke Sicherungsarmee in Galizien führte. Einschließlich der Landwehr, der Grenzer und der von Ungarn gestellten Freiwilligen verfügte Österreich über 725 000 Mann und 60 000 Pferde, wovon zur Offensive über die
Landesgrenze 396 000 Mann und 36000 Pferde zur Verfügung standen. Es handelte sich
um die größte Armee, welche die Habsburgermonarchie bisher zustande gebracht hatte.
Am 9. April erfolgte die Kriegserklärung Österreichs an Frankreich. Einen Tag später
überschritten die österreichischen Truppen bei Schärding, Obernberg und Braunau den
Inn, besetzten Passau und München, wurden aber im Raum Regensburg von den Franzosen zurück geworfen. Die Hauptarmee zog sich darauf überhastet über Böhmen zurück.46
Napoleonische Staatenbildungen 1804-1806.
Landkarte aus G. Droysens
Historischem Handatlas.
433
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
»Ebelsberg war ausgebrannt, die Straße, durch
die wir zogen, war mit
Toten gesäumt«, schreibt
als Augenzeuge der Dichter
Stendhal in sein Tagebuch.
OÖ. Landesarchiv.
Lediglich drei abgesprengte Korps unter Feldmarschall Johann Freiherr von Hiller blieben noch übrig, um den Feind am direkten Vorstoß nach Ober- und Niederösterreich sowie
nach Wien zu hindern. Am 2. Mai versammelte sich der Großteil dieser Truppen im Raum
Linz, um über die Enns und Traun zur Vereinigung mit der Armee Erzherzog Karls überzusetzen. Beim Übergang über die Traunbrücke bei Ebelsberg wurden aber am 3. Mai
1809 die letzten Abteilungen der Österreicher von den schnell nachrückenden Franzosen
überrascht und in ein blutiges Gefecht verwickelt, das insgesamt 12.000 Männern Tod,
Verwundung oder Gefangenschaft brachte. Markt und Schloss Ebelsberg wurden ein
Raub der Flammen.47 Der Hauptteil der österreichischen Truppen konnte sich nach Niederösterreich absetzen. Ganz Oberösterreich war damit Napoleon und seinen Verbündeten preisgegeben. Die neu aufgestellte Landwehr hatte sich bei diesen Auseinandersetzungen nicht bewährt, da schon in den letzten Apriltagen drei Viertel der 13.200 schlecht
ausgerüsteten und ausgebildeten Landwehrleute desertiert waren.
Zum dritten Mal lastete auf Oberösterreich schwer die französische Besatzung. Das Land
unterstand französischen Gouverneuren, die sich rasch ablösten und in Linz ihren Sitz
hatten. Dazu kam wie schon 1800 und 1805 eine Landeskommission unter dem Regierungspräsidenten Johann Freiherrn von Hackelberg zu Landau sowie Hof- und Regierungsräten, ständischen Verordneten und Beamten.Marschall Davou bestätigte im
Namen Napoleons alle Behörden und nahm den Beamten die Eidesleistung auf den französischen Kaiser ab. Zum Schutz der Straßen wurde eine gemischte französisch-österreichische Gendarmerietruppe geschaffen. In Linz und in den Kreisstädten wurde zur Aufrechterhaltung der Ordnung eine bewaffnete Bürgermiliz sowie ein berittenes Polizeikorps
aufgestellt. Um die gewaltigen Ausgaben für die Besatzungsmacht bestreiten zu können,
musste im Lande ein Darlehen von 3,5 Mio.fl erzwungen werden. Die massenhaften
Soldateneinquartierungen und die ungeheuren Forderungen von Getreide, Lebensmitteln,
Vieh, Pferden, Futter, Bekleidung etc. belasteten das Land auf das äußerste.48
Die Hauptmacht der französischen Armee stieß nach dem Gefecht bei Ebelsberg Richtung
Wien vor, das am 13. Mai besetzt wurde. Am 21. und 22. Mai gelang zwar Erzherzog
Karl bei Aspern der erste Sieg über Napoleon49, doch erlitten die Österreicher schon am
5. und 6. Juli bei Wagram die kriegsentscheidende Niederlage.50 Am 14. Oktober 1809
kam es zum Frieden von Schönbrunn, in dem Österreich das erst vor kurzem erworbene
Salzburg, das Innviertel und den westlichen Teil des Hausruckviertels abtreten musste.
Laut Artikel III des Friedensvertrages wurde die neue Westgrenze zu Österreich im
Dezember 1809 von einer französisch-österreichischen Kommission festgelegt und verlief
von der Donau zwischen Strass und Schlögen, über Waizenkirchen, Polheim, Grieskirchen, Gallspach, Meggenofen, Gaspoltshofen, Niederthalheim, Schwanenstadt und dann
entlang der Ager zum Attersee und über den Falkenstein zum Salzburger Gebiet. Oberösterreich verlor mit dem Innviertel rund 119.000 Einwohner und von den 183.000 Einwohnern des Hausruckviertels etwa 73.000. Dieser große Gebietsverlust gefährdete sogar
die Selbstständigkeit des Landes. Nachdem die Franzosen im Jänner 1810 die dem Kaiser
verbliebenen Gebiete Oberösterreichs verlassen hatten, suspendierte dieser alle höheren
Landesbeamten, die Napoleon die Treue geschworen hatten, für kurze Zeit vom Dienst.
Der Präsident der obderennsischen Landrechte Graf Christian von Aicholt wurde zwar mit
der provisorischen Landesverwaltung betraut, unterstand jedoch dem Statthalter von Niederösterreich unter und ob der Enns. Nur der entschieden vorgetragenen Ablehnung der
obderennsischen Stände war es zu verdanken, dass der Plan der Hofkanzlei die Stände
von Österreich ob und unter der Enns zu vereinigen, nicht zur Ausführung kam. Die obderennsischen Stände konnten nachweisen, dass die damit verbundenen Einsparungen kaum
der Rede Wert wären, andererseits aber in einer jahrhundertealten Entwicklung sich zwischen den beiden Ländern erhebliche Unterschiede herausgebildet hatten, die nicht ohne
Nachteile rückgängig gemacht werden konnten. Außerdem sei das Land ob der Enns trotz
der Gebietsabtretungen noch immer größer als die Länder Kärnten oder Krain. Es dauerte jedoch bis zum Ende des Jahres 1812, ehe diese Pläne endgültig verworfen wurden
und Graf Aicholt zum Präsidenten einer wieder vom österreichischen Statthalter unabhängigen Landesregierung ernannt wurde.51
434
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Links:
Napoleon Bonaparte als König
von Italien. Gemälde aus der
Werkstatt von Andrea Appiani.
Öl auf Leinwand, um 1805.
Rechts:
Kaiserin Marie Louise mit
ihrem Sohn, dem König von
Rom, Napoleon II., dem späteren Herzog von Reichstadt.
Gemälde von Jean François
Franque.
Begegnung zwischen Kaiser
Franz I. und Kaiser Napoleon I.
Friedensvertrag von
Campoformido vom
17. Oktober 1797.
Mit Unterschriften von Napoleon und den österreichischen
Unterhändlern. Es fiel für
Österreich, trotz der Niederlage, noch günstig aus. Haus-,
Hof- und Staatsarchiv, Wien.
Die Katastrophe von Austerlitz.
Napoleon besiegt in der Dreikaiserschlacht Zar Alexander I.
und Kaiser Franz I. Kolorierter
Stich von Lerouge dem Jüngeren nach einer Zeichnung von
Martinel.
435
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
436
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Schlacht bei Aspern.
Nach über einem Jahrzehnt
Krieg gegen Napoleon der erste
Sieg: Erzherzog Karl mit
seinem Stab in der Schlacht
bei Aspern am 21./22. Mai
1809. Gemälde von Johann
Peter Krafft, 1820. Österreichische Galerie Belvedere.
Napoleon.
Er beobachtet das Kampfgetümmel bei Wagram. Gemälde
von Horace Vernet (Detail). Öl
auf Leinwand. Musée National
du Château, Versailles.
Schlacht bei Deutsch-Wagram
am 5. und 6. Juli 1809.
Kaiser Napoleon I. steht
Erzherzog Karl mit 180.000
Mann gegenüber. Diese zahlenmäßige französische Überlegenheit entscheidet am zweiten
Tag die Schlacht.
Kolorierter Stich von Benedikt
Piringer. Heeresgeschichtliche
Museum, Wien.
437
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Erzherzog Karl im Kreis seiner Kinder vor der Weilburg
bei Baden, von links:
Wilhelm, Friedrich, Maria Theresia, Albrecht, Maria
Karolina und Karl Ferdinand. Die Büste links stellt seine
verstorbene Frau, Erzherzogin Henriette, dar. Gemälde
von Johann Ender.
Erzherzog Karl.
Als umjubelter Sieger von
Aspern (21./22. Mai 1809)
ging er in die Geschichte ein:
Erzherzog Karl (1771-1847).
Stich nach einer Zeichnung
von Ferdinand Hofbauer. Nach
der Niederlage in der Schlacht
bei Wagram am 6. Juli 1809
war der Krieg gegen Napoleon
jedoch nicht mehr zu gewinnen. In der Folge legte der
Erzherzog alle Funktionen im
Heer zurück und trat nur
mehr als Militärtheoretiker in
Erscheinung.
Die Habsburgermonarchie von 1700 bis 1815.
438
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Kongresse und Fürstentreffen.
Nach der Zerschlagung des
alten europäischen Machtgefüges leitet Napoleon mit einer
Serie von Kongressen die Neugestaltung Europas ein, so
1808 auf dem »Erfurter
Fürstentag« (oben, Bilderbogen
von 1808), auf dem er u.a. mit
Zar Alexander I. und Franz II.
(unten, Stich von Monin nach
einem Gemälde von Gosse)
zusammentraf.
Der Rückzug der Großen
Armee aus Rußland.
Radierung von H. Mansfeld/J.
A. Klein, 1812.
439
REGULIERTE STADTMAGISTRATE UND DIE ZEIT DER FRANZOSENKRIEGE
Unterschriftenseite der Schlussakte
des Wiener Kongresses.
Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien.
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