Gesund trotz weniger Antibiotika

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st.galler bauer 4 – 2015
tierhaltung
Landwirtschaftliches Zentrum SG Fachstelle Rindvieh
Gesund trotz weniger Antibiotika
Die Antibiotika galten lange
Zeit als Wunderwaffe der
Medizin. Immer öfter scheinen
sie aber vor allem in der
Humanmedizin wirkungslos zu
werden. Der Grund liegt in der
Ausbreitung von antibiotikaresistenten Keimen. Auch die
Landwirtschaft ist gefordert.
Text: Pirmin Zürcher, LZSG Flawil
Zunehmend wird in der Öffentlichkeit über den Antibiotikaeinsatz in
der Human- und Veterinärmedizin
diskutiert. Angefacht durch die bestätigte Ausbreitung von antibiotikaresistenten Keimen, wird auch die
heutige Prophylaxe- und Behandlungspraxis in der modernen Tierhaltung infrage gestellt. Eine kürzlich
vom Bund vorgestellte Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) will die
Ausbreitung von Resistenzen durch
Überwachung, Prävention und Sensibilisierung eindämmen. Neben der
Medizin rückt dabei vor allem die
Tierhaltung ins Zentrum.
Vorbeugen besser als Heilen
Als Tierhalter steht man in der gesetzlichen Pflicht, erkrankte oder
verletzte Tiere unverzüglich ihrem
Zustand entsprechend unterzubringen, zu pflegen und behandeln oder
zu töten (TschV). Häufig kommt
man dabei in Absprache mit dem
Tierarzt nicht um einen Antibiotikaeinsatz herum. Hingegen kann jeder Tierhalter sein Möglichstes tun,
um die Haltung so weit zu optimieren, dass man gar nicht erst vor die
Antibiotisch behandelte Kühe, bedeuten Kosten und Mindereinnahmen,
aber auch Störung der betriebsinternen Abläufe sowie Ärger. Bild: zVg.
Wahl über einen Antibiotikaeinsatz
gestellt wird. Dass dies auch in der
modernen Landwirtschaft mit grösseren Tierbeständen möglich ist,
«Antibiotika galt lange Zeit
als Wunderwaffe der
Medizin.»
beweisen einzelne Betriebe immer
wieder. Unabhängig von der Tierart
und der Intensität ist die Beschränkung auf einen minimalen Einsatz
von Antibiotika machbar. Dafür sind
ein angepasstes Produktionssystem
und ein konsequentes Management
notwendig.
Fokus Milchproduktion
In der Schweinehaltung bereiten
MRSA-Bakterien zunehmend Sorgen. Stetig mehr Schlachtschweine
sind mit den resistenten Staphylokokkus-aureus-Bakterien kontaminiert. Auch in der spezialisierten
­Kälbermast ist der Antibiotikaeinsatz
kaum zu verhindern. Gerade die
Durchmischung der jungen Kälber
überfordert die noch nicht vollausgebildeten Immunsysteme. In der
Milchviehhaltung kommen Antibiotika sowohl als Prophylaxe als auch
als Behandlungsmethode vor allem
gegen Gebärmutter- und Euterentzündungen zum Einsatz. Je häufiger
Antibiotika eingesetzt werden, desto
wahrscheinlicher ist die Ausbreitung
von resistenten Keimen. Die vermutlich natürlich vorkommenden, aber
meist harmlosen Resistenzbakterien
können sich aufgrund der unterdrückten Konkurrenz rasch ausbreiten. Eine grosse Gefahr stellt die
Weitergabe des Resistenzgens auf
ein krankmachendes Bakterium dar.
Zur Behandlung solcher Bakterien
müssen deshalb immer häufiger
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tierhaltung
«Notfall»-Antibiotika
eingesetzt
werden. Milchviehhalter klagen gehäuft über Mastitisfälle, die mit
«normalen» Behandlungs­methoden
nicht mehr zu bekämpfen sind.
Fokus Landwirt
Mastitisbehandlungen
kosten
nicht nur Geld, sondern auch Nerven. Viele Landwirte könnten noch
«Milchviehhalter klagen
gehäuft über schwere
Mastitisfälle.»
über den wirtschaftlichen Verlust
durch die Liefersperre hinwegsehen, aber das separate Melken
stellt eine körperliche und mentale Last dar. Auch die Kühe leiden
unter Schmerzen, und jede Behandlung zerstört milchbildendes
Gewebe im Euter. Die antibiotikahaltige Milch sollte auf keinen Fall
vertränkt werden. Denn zum einen wird die Darmflora abgetötet
und das Kalb somit massiv geschwächt, zum anderen werden
Resistenzen so nur noch gefördert. Umso wichtiger scheint daher die Verhinderung solcher Si­
tuationen. Ebenso steht die eigene Gesundheit auf dem Spiel.
Resistente Bakterien aus der Umwelt können sich im Körper ansammeln und bei irgendeiner Erkrankung die Überhand im Körper
st.galler bauer 4 – 2015
übernehmen. So können Humanmediziner sogar erkennen, ob der
Patient häufig in Kontakt mit
Nutztieren gekommen ist. Eine
Reduzierung des Medikamenteinsatzes und die Eindämmung der
Resistenzen liegen also auch im
Sinne des Landwirts.
Selektiv trockenstellen
Grosse Mengen an breit wirksamen
Antibiotika werden während der
Galtphase eingesetzt. Die konsequente Trockenstellung mit Galt­
tuben bei allen Tieren, unabhängig
vom Gesundheitszustand des Euters, hat sich als gängige Praxis auf
den meisten Betrieben durchgesetzt. Ein interessanter Ansatz zum
bewussteren Einsatz von Antibiotika stellt nun das selektive Trockenstellen dar. Nur Kühe mit erhöhten
Zellzahlen werden mit Galttuben,
welche die pathogenen Keime im
Euter gezielt beseitigen, galtgestellt. Die gesunden Euter werden
mit einem Zitzenversiegler versehen. Auch die Dauer der Regenerationsphase wird anhand der Zellzahlen am Ende der Laktation festgelegt. Eine optimale Haltung der
Trockensteher ist allerdings Grundvoraussetzung.
Welchen Beitrag können Milchviehhalter
konkret leisten? Am Dienstag, 27. Januar, führt
das LZSG in Flawil einen Tageskurs unter dem Titel «Gesunde Tiere mit weniger Antibiotika»
durch. Es werden Präventionsmassnahmen und
alternative Behandlungsmethoden gezeigt. Infos
und Anmeldung unter www.lzsg.ch oder Telefon
058 228 24 70. «St.Galler Bauer» im Internet!
www.bauern-sg.ch
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TELEX
306 Biber im Kanton Zürich.
Im Kanton Zürich hat sich in den
letzten drei Jahren die Anzahl Biber um 22 Prozent auf 306 erhöht.
Der Zuwachs fiel aber weniger
stark aus als in den vorangegangenen Jahren. Die aktuellen Zahlen wurden im Winter 2013/14 erhoben. Kontrolliert wurden dabei
mehr als 900 Kilometer Gewässerabschnitte. Ausgewertet wurden
dabei die Spuren der Biber, die Tiere selbst sind scheu und lassen sich
kaum zählen. Der Biber ist eines
der wenigen Lebewesen, das seine
Umgebung aktiv gestaltet. Das
führt auch immer wieder zu Konflikten, hauptsächlich im Bereich
der Land- und Forstwirtschaft. lid.
Höchstwert an Tierschutz­
delikten. Im letzten Jahr sind so
viele Tierschutzdelikte untersucht worden wie noch nie, teilt
die Stiftung «Für das Tier im
Recht» mit. In vielen Kantonen
werden Tierquäler aber nicht
konsequent verfolgt. Mit 1542
Tierschutzverfahren ist ein absoluter Höchstwert erzielt worden.
Landesweit hat sich die Fallzahl
in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Der Kanton Bern wies
mit 298 Fällen am meisten Strafverfahren auf. Dahinter folgen
die Kantone Zürich (273) und
St.Gallen (214). lid.
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