Psychische Gesundheit

Werbung
Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer
Psychische Gesundheit und
Wohlbefinden von Kindern und
Familien in Deutschland - Ergebnisse
repräsentativer Studien
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer MPH
Professorin für Gesundheitswissenschaften – Versorgung von Kindern
und Jugendlichen
Forschungsdirektorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, psychotherapie und -psychosomatik
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistr. 52
20246 Hamburg
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Kindergesundheit im 20. Jahrhundert – neue Probleme?
Was bezeichnet die „neue Morbidität“
im Kindes- und Jugendalter ?
 Verschiebung von den akuten zu den chronischen
Erkrankungen
• Zunahme von chronischen Krankheiten wie z.B. Asthma,
Diabetes, Krankheiten des allergischen Formenkreises
und Adipositas
 Verschiebung von den somatischen zu den psychischen
Störungen
• Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, Lernstörungen,
Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörungen,
Gewaltbereitschaft, emotionale Auffälligkeiten sowie
Risikoverhalten (Alkohol- und Drogenkonsum)
 Die „neue Morbidität“ wird zu einem großen Teil von
Störungen der Entwicklung, der Emotionalität und des
Sozialverhaltens bestimmt
Zunahme psychischer
Probleme
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
ADHS:
Konzentrationsprobleme,
motorische Unruhe,
Impulsivität,
Stimmungsschwankungen
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
7
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prävalenz psychischer Auffälligkeiten
bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland
17,6%
präzisionsgewichtete
durchschnittliche
Primärstudienprävalenz
(95%-KI=15.7;19.5,
k=33, n=72.978)
Aus: Barkmann & Schulte-Markwort (2010)
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Nehmen psychische Störungen bei Kindern und
Jugendlichen in Deutschland zu?
Trends von 1950 bis 2007 [k=33 Studien]
Aus: Barkmann & Schulte-Markwort (2010)
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Fragen und Herausforderungen an die Public Health
Forschung:
1. Was sind die bedeutsamsten Gesundheitsprobleme im Kindesund Jugendalter?
Prävalenz und Verlauf psychischer Störungen,
2. Wie ist die Versorgungslage der betroffenen Kinder?
Versorgungsforschung, Ergebnisse als Basis für
Präventions- und Interventionsmaßnahmen,
3. Welche Einflussfaktoren – Risiken und Ressourcen – sind
besonders wichtig?
Determinanten im Entwicklungsverlauf
4. Wie lassen sich entsprechende Ergebnisse kommunizieren,
z.B. an Familien, Schulen, Kindergärten …aber auch an die
Gesundheitspolitik?
Transfer / „evidenced based policy“
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Studienbeispiele:
 Der bundesweite Kinder- und Jugendgesundheitssurvey
des Robert Koch-Instituts (KIGGS)
& die BELLA-Studie als ein Modul
von KIGGS
• Psychische Gesundheit
• Versorgung
• Risiko und Schutzfaktoren
 Implikationen für Prävention und Versorgung:
Die AOK-Stern-Familienstudie
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Der bundesweite Kinder- und
Jugendgesundheitssurvey des
Robert-Koch Instituts …

… untersuchte von Mai
2003 bis Mai 2006 mit vier
Teams eine repräsentative
Stichprobe von 17.641
Kindern an 167 Orten.

Die Familien hatten Kinder
zwischen 0 und 17 Jahren.

Teilnahmequote = 66,6%.

Themen: körperliche &
psychische Gesundheit,
soziales Umfeld, Lebensbedingungen u.v.m.
12
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Untersuchungsprogramm und -durchführung
Die Untersuchungen
wurden von vier
ärztlich geleiteten
Untersuchungsteams
vor Ort durchgeführt.
Für die Untersuchungen
wurden eigens spezielle
Untersuchungszentren vor
Ort eingerichtet
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Untersuchungsprogramm
Das nach Altergruppen gestaffelte Untersuchungsprogramm
bestand aus:
schriftliche Befragung der
Eltern und der
Jugendlichen
von 11-17
Jahren
Medizinische Untersuchungen
und Tests
computergestütztes ärztliches
Elterninterview
Blut- und
Urinprobe
CAPI
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Die Befragung “Seelisches Wohlbefinden und Verhalten” ein Modul von KiGGS

KiGGS
erheben.

Vertiefende Erhebungen
wurden durch Zusatzmodule an Subsamples
durchgeführt.

BELLA ist an KiGGS
angeschlossen

Eine repräsentative
Unterstichprobe von
4199 Familien wurden
um Teilnahme an der
BELLA-Studie gebeten.
Prof. Ravens-Sieberer
konnte nur die wichtigsten Indikatoren als „Eckwerte“
Aus Ravens-Sieberer et al. (2008) Eur Child Adolesc Psychiatry 17(Suppl1):10-21.
Februar 2015
HAW Hamburg
Die Bella-Studie: Durchführung

Bei Einverständnis wurden die Familien
telefonisch kontaktiert und etwa ½ Stunde
standardisiert interviewt.

Anschließend wurde ihnen ein
Fragebogen geschickt.

2863 Familien mit Kindern
zwischen 7 und 17 nahmen teil.

Ab 11 Jahren wurden auch die
Kinder selber telefonisch und
schriftlich befragt.
Zur Durchführung der BELLA-Studie siehe auch Ravens-Sieberer et al. (2008) Eur Child Adolesc Psychiatry 17(Suppl1):10–21
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Die BELLA Studie: Die Befragung “Seelisches Wohlbefinden
und Verhalten”
 eine Längsschnittuntersuchung
 Alle TeilnehmerInnen werden gebeten mehrfach an der Studie
teilzunehmen.
KiGGS [Basis]
2003-2006
BELLA [Basis]
KiGGS [Welle 1]
2003-2006
2009-2012
BELLA [Welle 1]
KiGGS [Welle 2]
2004-2007
2014-2017
BELLA [Welle 2]
2005-2008
BELLA+ [Welle 3]
2009-2012
Analysen
BELLA [Welle 4]
2014-2017
2003
2004
2005
Prof. Ravens-Sieberer
2006
2007
2008
Februar 2015
2009
2010
2011
HAW Hamburg
2012
2013
2014
2015
Erfassung psychischer Auffälligkeiten - Methode

Um allgemeine psychische Auffälligkeiten zu erfassen, wurde der
SDQ eingesetzt, der Symptome und Belastungen erfasst.
(Strength and Difficulties Questionnaire, Goodman et al. 1997)

Spezifische psychische Auffälligkeiten wurden mit weiteren
standardisierten Instrumenten erfasst.
 Ängste:
z.B. exzessive Angst bei Trennung von den Eltern; unrealistische Sorgen; Angst
vor Sozialkontakten
 Depression:
z.B. Traurigkeit, Interesselosigkeit, Suizidgedanken
 Störungen des Sozialverhaltens:
absichtliches unsoziales Verhalten; Aggression; Verletzung sozialer Normen
 Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung:
Konzentrationsprobleme, (motorische) Unruhe, Impulsivität,
Stimmungsschwankungen
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Erfassung psychischer Auffälligkeiten mit dem SDQ
(Strength and Difficulties Questionnaire, Goodman et al. 1997)

Die Informationen aus SDQ-Symptomfragebogen und SDQImpact zur Belastung können mit Hilfe eines Algorithmus
integriert werden, der ermittelt, ob psychische Auffälligkeit
„unwahrscheinlich“, „möglich“ oder „wahrscheinlich“ ist.
Symptome
Vorhersage psychische Auffälligkeit:
Belastung
Prof. Ravens-Sieberer
=> „unwahrscheinlich“
=> „möglich“
=> „wahrscheinlich“
Februar 2015
HAW Hamburg
Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen (DIPS)
Um spezifische Auffälligkeiten wie Depressionen, Ängsten, ADHS
oder Störungen des Sozialverhaltens zu erfassen, wurden
zusätzliche standardisierte Instrumente und ein klinisches Interview
eingesetzt.
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Häufigkeiten psychischer Störungen
Was sind die bedeutsamsten seelischen Probleme im Kindesund Jugendalter?
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prävalenzen psychischer Auffälligkeiten

100%
90%
80%
70%
78,1
60%
50%

40%
30%
20%
12,2
10%
21,9%
9,7
0%
Nach den SDQ-Angaben
zu Symptomen und
Belastung liegt bei 9,7%
der untersuchten Kinder
sehr wahrscheinlich eine
psychische Auffälligkeit
vor,
12,2% zeigen
möglicherweise
psychische
Auffälligkeiten.
gesamt
Wahrscheinlich
möglich
unwahrscheinlich
Aus: Ravens-Sieberer et al. (2007) Bundesgesundheitsblatt 50(5):871-78.
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prävalenzen psychischer Auffälligkeiten
nach Alter


Jungen zeigen häufigen Hinweise auf psychische Auffälligkeiten als
Mädchen, die Häufigkeit der Auffälligkeiten steigt mit dem Alter leicht an.
die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung psychischer Auffälligkeiten ist
höher im Alter von 7 bis 12 Jahren und in einem Alter von über 19 Jahren
Alter (in Jahren)
Aus: Ravens-Sieberer, U.,et. al. (2014 (submitted)). The longitudinal BELLA-Study: Design, methods and course of mental health
problems. European Child and Adolescent Psychiatry (7).
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Angaben in %
Psychische Auffälligkeit nach sozioökonomischem Status

Das Auftreten von Hinweisen auf psychische Auffälligkeit wird mit
einem niedrigeren sozioökonomischen Status der Familien (hier nach
Winkler) signifikant häufiger.

Gradient stabil über 2 Jahre follow up

psychische Auffälligkeit bei Kindern mit niedrigem SES persistenter
als bei hohen SES
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
83,4%
79,1%
68,8%
16,6%
20,9%
31,2%
hoher SES
mittlerer SES
niedriger SES
Hinweise
unauffällig
Aus: Ravens-Sieberer et al. (2007) Bundesgesundheitsblatt 50(5):871-78.
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Mental health problems among adolescents from
11 European countries and socioeconomic status
Lower SES significantly associated with more
child and adolescent mental health problems
SDQ- mean total MH Problems score
13,5
13
Germany
12,5
Spain
Netherlands
12
11,5
Austria
UK
11
France
Switzerland
10,5
10
Hungaria
Greece
Czech Republic
9,5
9
Poland
8,5
SES low
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
SES high
HAW Hamburg
all differences
significant
*** = p<.001
Verlauf psychischer Auffälligkeiten
[SDQ-Impact + spezifische Störungen | Eltern- und Selbsturteil kombiniert]
Aus: Ravens-Sieberer, U.,et. al. (2014 (submitted). The longitudinal BELLA-Study: Design, methods and course of mental health
problems. European Child and Adolescent Psychiatry (7).
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Verlauf psychischer Auffälligkeiten
Ergebnisse BELLA B0 bis B3 (N=1.255)
]

10 % bis 11% der Kinder und Jugendlichen zeigten zu allen vier
Messzeitpunkten psychische Auffälligkeiten

Die Persistenz beträgt ca. 50% nach 1-2 Jahren und 31.5% nach 6
Jahren
Teilnehmende mit psychische Auffälligkeit im
zeitlichen Verlauf
2,9%
7,3%
15,5%
74,3%
keine psychische
Auffälligkeit
akut/wiederkehrend
psychische Auffälligkeit
anhaltende psychische
Auffälligkeit
genesen
Aus: Ravens-Sieberer, U.,et. al. (2014 (submitted). The longitudinal BELLA-Study: Design, methods and course of mental health
problems. European Child and Adolescent Psychiatry (7).
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Häufigkeiten spezifischer psychischer
Störungen
Depressive Symptome, Angststörungen, ADHS,
externalisierende Störungen, psychosomatische Störungen
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Auftretenshäufigkeiten
spezifischer psychischer Auffälligkeiten
 Auch alle spezifischen Störungen treten bei niedrigerem
SES häufiger auf.
Aus: Ravens-Sieberer et al. (2007) Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland Ergebnisse aus der
BELLA-Studie im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). BGB 50 (5/6), 871-878
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Unterschiede zwischen den spezifischen Störungsbildern
20
Auftreten von spezifischen psychischen Auffälligkeiten
bei 13- bis 17-Jährigen (Elternangaben)
18
Depression
16
Angststörung
Prävalenzen in Prozent
14
ADHS
12
Störung des
Sozialverhaltens
Linear (Depression)
10
8
6
Linear (Angststörung)
4
Linear (ADHS)
2
0
B0
B1
Messzeitpunkt
B2
B3
Linear (Störung des
Sozialverhaltens)
 Depressionen und Ängste nehmen im zeitlichen Verlauf leicht zu
 Leicht abnehmende Gesamtprävalenzen bei AHDS und Störung des
Sozialverhaltens
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Versorgung
Wie ist die Versorgungslage der betroffenen Kinder?
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Versorgung der betroffenen Kinder
Betrachtet man die Frage an die Eltern hinsichtlich einer
psychischen Erkrankung ihres Kindes:
„Hat Ihr Kind eine psychische Erkrankung (z.B. eine
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Depression,
Angststörung oder Störung des Sozialverhaltens)?“
sowie die sich anschließende Frage, ob das Kind für die
vorliegende Störung behandelt wird
„Ist es deswegen in psychologischer, psychotherapeutischer oder
psychiatrischer Behandlung?“
zeigt sich, dass nur ca. 50% der Kinder in Behandlung sind:
jedes dritte Kind (33%) mit einer akuten/wiederkehrenden
psychischen Erkrankung
und 64 % mit einer anhaltenden psychischen Erkrankung sind in
Behandlung
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Psychiater pro 100 000 Einwohne (OECD Health Data)
Switzerland
Iceland
Norway
France
Finland
Sweden
Netherlands
Germany
United Kingdom
Luxembourg
Italy
Israel
Belgium
Denmark
Greece
OECD
Canada
New Zealand
Australia
United States
Austria
Estonia
Ireland
Czech Republic
Hungary
Slovak Republic
Japan
Portugal
Slovenia
Poland
Korea
Chile
Turkey
Mexico
42,2
23,2
22,2
21,8
21,6
20,9
20,0
19,8
19,4
18,2
18,0
17,9
17,7
16,7
16,2
15,4
15,4
15,3
15,0
14,5
14,2
14,0
13,9
13,9
12,3
11,5
10,6
10,2
10,1
9,3
5,1
4,1
3,6
0,9
50
40
30
20
10
0
Per 100 000 population
Datenquelle: Health at a Glance 2011: OECD Indicators
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Wartezeiten auf ein
psychotherapeutisches
Erstgespräch
(Mittelwerte in Wochen)
durchschnittliche Wartezeit
von knapp drei Monaten
(12,5 Wochen)
in den ostdeutschen Flächenstaaten (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern)
gut zehn Wochen länger
als in den Stadtstaaten
(Hamburg, Bremen und Berlin).
Datenquelle: BPtK-Studie zu Wartezeiten
in der ambulanten psychotherapeutischen
Versorgung
Bundespsychotherapeutenkammer, 2011
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Social Inequalities and health care utilisation
„…Multiple logisitc regression analysis showed that children...
• ... with high psychpathological symptom load and impact
• ... at younger age
• ... in families with higher SES,
... with higher maternal level of education
have a higher change of receiving psychological or
psychiatric care“.
(Ravens-Sieberer et al. (in press) International Journal of Public Health)
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Risiko- und Schutzfaktoren
Welche Einflussfaktoren – Risiken und Ressourcen – sind
besonders wichtig?
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Untersuchungsmodell: Operationalisierung in BELLA und KiGGS
niedriger SES
elterl. Lebensqualität
allein erz. Eltern
soz. Unterstützung
Geschwisterzahl
Schulklima
chron. Erkrankung
Soziale Kompetenz
Frühgeburt
Heim
Familienklima
Schutzfaktoren
Risikofaktoren
Elterl. Unterstützung
Nationalität
Selbstkonzept
enge Wohnverhältnisse
psychische Auffälligkeiten,
Lebensqualität
elterl. Belastung
psych. Erkrankung Eltern
Optimismus
Selbstwirksamkeit
Entwicklung
Kohärenzsinn
elterl. Symptome
Essstörungen
Suizidalität
Störung des
Sozialverhaltens
psychosoziale Belastung
Gesamtauffälligkeit
(SDQ)
KINDLR
Kidscreen
Depressivität
Hyperaktivität
Angst
39
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Risikofaktoren & ihre Wirkung auf psychische Auffälligkeit
„Manchmal haben Familien Schwierigkeiten, miteinander klar zu
LiegtnichtOdds
kommen. Sie sind
immer einer Meinung und sie werden
Ratio
vor
unter Umständen ärgerlich. Wie würden Sie i.A. die Fähigkeit
Ihrer Familie einschätzen, miteinander zurechtzukommen?“
Niedriger sozioökonomischer (ausgezeichnet/
Status
25% sehr1.6
gut/ gut/ weniger gut/ schlecht)
2.7
Soziale Unterstützung im 1. Lebensj.
4%
11 %
1.7
6%
4.9
Psych. Erkrankung eines Elternteils
13 %
2.4
Konflikte in Familien der Eltern
12 %
2.8
Partnerschaft der Erziehenden
8%
2.7
13 %
2.1
Stieffamilie
9%
2.4
Unerwünschte Schwangerschaft
4%
2.0
Chronische Erkrankung
30 %
1.8
Elterliche Belastung
10 %
4.7
Geringe physische LQ (SF-12)
10 %
2.9
Geringe psychische LQ (SF-12)
10 %
4.2
Psychopath. Symptome Eltern (SCL)
10 %
4.0
Arbeitslosigkeit
Familienkonflikte
Alleinerziehend
Ein niedriger SES und chron.
Erkrankung der Eltern sind
besonders häufige Risiken.
Alle aufgeführten Risiken
sind signifikante Prädiktoren
psychischer Auffälligkeiten
der Kinder.
Besonders stark wirken sich folgende
Faktoren aus:
=> Konflikte in der Familie
=> elterliche Belastung
=> elterliche psychische
Gesundheit
Aus: Wille et al. (2008)
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Familienklima als Schutzfaktor

Familie birgt nicht nur Risiken, sondern auch Ressourcen.

Ein guter familiärer Zusammenhalt ist dann vorhanden, wenn z.B.
• in der Familie jeder auf die Sorgen und Nöte des anderen
eingeht,
• jeder das Gefühl hat, dass ihm zugehört wird und
• die Familie häufig etwas gemeinsam unternimmt.

Macht ein guter familiärer Zusammenhalt einen Unterschied?
50%
50%
Schlechtes Familienklima
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
Gutes Familienklima
HAW Hamburg
Familiäre Schutzfaktoren
und das Auftreten verschiedener Störungen

Bei Kindern mit einem guten Familienklima ist
die Chance eines Kindes, depressive oder
Angstsymptome zu zeigen, etwa halbiert.
(OR 0.56*, CI=0.36 -0.88 bzw. OR 0.45***, CI=0.32-0.65)

Bezüglich Störungen des Sozialverhaltens ist die Chance bei
einem guten Familienklima sogar nur bei etwa einem Viertel.
(OR 0,27***, CI=0.17-0.43)
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Aus: Wissen & Forschen 2013
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Ansatz für Prävention
Verschiedene Untersuchungen zeigen, wie es um die
Gesundheit der Kinder und Jugendlichen bestellt ist.
Sie geben Informationen über verbreitete Probleme
(wie z.B. psychische Auffälligkeiten)
und weisen auf Risikofaktoren und Schutzfaktoren hin.
=> Risikofaktor: z.B. ein niedriger sozioökonomischer Status
⇒Schutzfaktor: z.B. ein gutes Familienklima
Aber: Welche Konsequenz folgt hieraus für Familien?
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Alltagstaugliche Implikationen für Prävention?
Die AOK-Stern-Familienstudie
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
„Den Daten ein Gesicht geben“ – Die AOK-stern-Studie
Wie sind Ergebnisse dieser Studien alltagspraktisch
umsetzbar?
Problem 1: Das Vorliegen von verschiedenen Risikofaktoren
kann nicht so einfach geändert werden (z.B. SES).
Problem 2: Wie protektive Ressourcen (z.B. Familienklima) konkret
mobilisiert werden können, vermitteln die großen Studien in der
Regel auch nicht.
Hier setzt die
AOK-stern-Studie an:
„Was können Eltern für
ein gesundes Aufwachsen
ihrer Kinder tun?“
WHO Kooperationszentrum
für Kinder- und Jugendgesundheitsförderung
46
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Ergebnisse: Empfehlungen
Aus den Beobachtungen in den Familien wurden
Empfehlungen abgeleitet.
Diese Empfehlungen lassen sich auf einfache
Grundregeln reduzieren, die das Familienklima
fördern.
Diese betreffen vor allem psychosoziale Aspekte
wie die Berechenbarkeit des Alltags, das
unbedingte Wertschätzung, sowie
Aufmerksamkeit und Zuneigung.
Aber auch konkrete Regeln wie bzgl. Mahlzeiten
und Medienkonsum oder Suchtmitteln können
Familien dabei unterstützen ihre Kinder vor der
„neuen Morbidität“ zu schützen.
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Empfehlungen für Familien
zur Förderung der Gesundheit ihrer Kinder
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Gemeinsame Mahlzeiten zelebrieren
Regelmäßige Tagesabläufe gestalten, Routinen und Rituale finden
Aufbau und Pflege sozialer Kontakte
Jedem Kind täglich eine gewisse Zeit ungeteilte Aufmerksamkeit
schenken
Gemeinsame Bewegungsmöglichkeiten nutzen und schaffen
Regeln aushandeln und miteinander reden
Kinder zur Verantwortung und Selbständigkeit erziehen
Gesunde Kinder brauchen gesunde Eltern: Fördern Sie ihre eigene
Gesundheit!
Die Eltern sind immer noch Vorbilder: Kinder vor Sucht und Drogen
schützen
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Empfehlungen für Familien
zur Förderung der Gesundheit ihrer Kinder
Beispiel Familienregel 4: Ungeteilte Aufmerksamkeit
Für Kinder ist es wichtig,
regelmäßig ungeteilte
Aufmerksamkeit zu erfahren.
Dies vermittelt ihnen
Geborgenheit und
Wertschätzung.
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Gesündere Kinder durch Familienroutinen
Signifikante Zusammenhänge
gemeinsame
Mahlzeiten
tägliche
Rituale
tägliche Zeiten ungeteilter
Aufmerksamkeit für das Kind
Psychische Gesundheit
Körperliche Gesundheit
wie Nervosität und
Einschlafstörungen,
allgemeine Beschwerden
speziell Übergewicht
gemeinsam
bewegen
8
ausgehandelte
Regeln
Referenten Prävention 22.06.2010 in Berlin
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
begrenzter
Medienkonsum
VE 7
HAW Hamburg
Interesse an Kita/
Schule
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Schwieriges Verhalten von Kindern?
Schwierige Verhältnisse für Kinder?
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Nationaler Wohlstand und psychisches Wohlbefinden III
Zusammenhang zwischen psychischem Wohlbefinden und jährlichen
Ausgaben für öffentliche und private Bildungseinrichtungen
pro Schüler in EUR PPS.
KIDSCREEN-10 Länder Mittelwert PW
90
... higher annual
85
expenditures on education
are associated with higher
80levels of mental well-being
(R=0.46; R2=0.21; p<.01)
Austria, Netherlands, Belgium,
Germany, Ireland, UK
75
70
Poland, Latvia,
Lithunia, Slovakia
65
5
10
15
20
25
Jährliche Ausgabe für öffentliche und private Bildungseinrichtungen
pro Person/ Schüler
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
30
Austria
Belgium
Bulgaria
Cyprus
Czech Rep.
Denm ark
Estonia
Finland
France
Germ any
Greece
Hungary
Ireland
Italy
Latvia
Lithuania
Luxem bourg
Malta
Netherlands
Poland
Portugal
Rom ania
Slovakia
Slovenia
Spain
Sw eden
United Kingdom
Fazit & Ausblick

Die dargestellten Ergebnisse belegen die hohe Relevanz
psychischer Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter und damit
die Notwendigkeit von Prävention und Intervention.

Es zeigt sich, dass der familiäre Hintergrund einen wichtigen
Einflussfaktor für die gesundheitlichen Probleme darstellt.
=> als Risiko und als Ressource

In Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status sind die Kinder
doppelt so häufig psychisch auffällig

Die Ergebnisse geben Hinweise auf mögliche Ansatzpunkte
präventiver Maßnahmen:

•
Ressourcenförderung in Gruppen mit geringer Risikobelastung
•
Komplexe Maßnahmen in Gruppen mit höherer Risikobelastung
Die Daten zeigen auch die Herausforderung auf, betroffene Familien
in adäquate Versorgung zu vermitteln.
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Für Krankheitsprävention und Intervention ergeben sich
Herausforderungen:
Präventive und interventive Maßnahmen sollten an der
Verhältnis- UND der Verhaltenseben ansetzen
- Gesundheit in Kitas und Schulen bringen
- Investition in frühe (Gesundheits-)Bildung
- Umwandlung von "Komm"- in "Geh"-Strukturen:
Ärzte, Mitarbeiter von psychologischen Diensten etc.
gehen in Kindereinrichtungen/Institutionen auf Eltern zu
aber … da sich Risikofaktoren niemals völlig vermeiden
lassen, sind die Stärken und Ressourcen des
Kindes/Jugendlichen und seiner Familie besonders wichtig.
Eine Behandlung bei lang dauernden oder immer
wiederkehrenden Gesundheitsstörungen ist dann
erfolgreich, wenn es gelingt, möglichst viele dieser Stärken
zu nutzen und gemeinsam Veränderungen einzuleiten.
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
ECAP Supplement

Mental Health of Children and
Adolescents – Results of the
BELLA-Study

as the BELLA study group:
Prof. Ravens-Sieberer
Prof. Barkmann
Dr. Bettge
Prof. Bullinger
Prof. Döpfner
Prof. Herpertz-Dahlmann
Fr. Hölling
Prof. Resch
Prof. Rothenberger
Prof. Schulte-Markwort
Prof. Wittchen

Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
www.child-public-health.de
HAW Hamburg
Vielen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit!
Prof. Ravens-Sieberer
Februar 2015
HAW Hamburg
Herunterladen