Anwendungsbeispiele Statistik I Sommersemester 2009 Statistik I Anwendungsbeispiele (1/1) Statistik I Anwendungsbeispiele (2/1) Nachrichten über Jogustine 1. Alle Studierenden sind verpflichtet, sich regelmäßig über Mitteilungen, Dokumente und Bescheide ( Sytemnachrichten“), die über Jogustine eingehen, zu ” informieren 2. Diese Nachrichten werden im Web-Portal zugestellt; keine automatische Weiterleitung per email 3. Weiterleitung kann unter Service“ aktiviert werden; Eingabe ” korrekter Adresse und Überprüfung liegt in Verantwortung der Studierenden Statistik I Anwendungsbeispiele (3/1) t-Test: wozu? I t-Test: Mittelwertunterschiede signifikant (mit großer Sicherheit real) I Unterscheiden sich zwei Gruppen (Männer vs. Frauen, Belgier vs. Franzosen etc.; unabhängige Stichproben)? I Ist Veränderung innerhalb Gruppe real (Vorher-Nachher-Messung; abhängige Stichproben)? Statistik I Anwendungsbeispiele (4/1) t-Test: wie? I Freiheitsgrade bestimmen, Testrichtung festlegen I α festlegen I Standardfehler der Mittelwertdifferenz bestimmen I Empirische Mittelwertdifferenz durch Standardfehler teilen; Vergleich mit passender theoretischer t-Verteilung Statistik I Anwendungsbeispiele (5/1) χ2 -Test: wozu und wie? I Sind die empirischen Abweichungen von Indifferenztabelle real? I α festlegen, Freiheitsgrade bestimmen I χ2 wie gewohnt berechnen, Vergleich mit theoretischer Verteilung Statistik I Anwendungsbeispiele (6/1) Worum geht es hier grundsätzlich? I I Politikwissenschaft als Demokratieforschung Extremismus als Gegenpol zur (liberalen) Demokratie I I I Basiert auf vorstaatlichen Grundrechten Keine uneingeschränkte Mehrheitsherrschaft Empirische Extremismusforschung beschäftigt sich vor allem mit Rechtsextremismus I I I I Indikatoren Geschichte Präferenzen der Forscher Linksextremismus in BRD elektoral irrelevant (bis 1990 (?)) Statistik I Anwendungsbeispiele (7/1) Was ist und wir erklärt man Extremismus? I Notwendigkeit Operationalisierung, aber Vielzahl von Ansätzen 1. Lipset I I Extremismus = Antipluralismus; Schließung des Marktes“ ” Mit jeder Position auf Links-Rechts kombinierbar 2. Backes/Jesse I I I Unterscheidung Radikalismus/Extremismus Extremismus ähnlich wie Lipset (Verfassungsbezug/Werte) Extremimus nur an den (radikalen) Rändern wg. Gleichheit/Ungleichheit ( Hufeisentheorie“) ” I (Weitere Ansätze, u. a. Kitschelt, Scheuch/Klingemann) I (Erklärungen) Statistik I Anwendungsbeispiele (8/1) Was ist die Hufeisentheorie“? ” extremistisch demokratisch links rechts Links-Rechts-Achse Statistik I Anwendungsbeispiele (9/1) Fragestellung I Geht politischer Extremismus ausschließlich mit politischem Radikalismus einher? I Gibt es politischen Extremismus ausschließlich am rechten Rand? I (Zentral-/Osteuropa) Statistik I Anwendungsbeispiele (10/1) Was ist die Datenbasis? I Dritte Welle European Values Study (EVS) I Erhebungsjahr 1999/2000 (2008/2009) I Ländervergleichendes Umfrageprojekt, Schwerpunkt Wertorientierungen I Damals 33 Länder in Ost-/Westeuropa, heute 45 I Länderauswahl: Österreich (AT), Westdeutschland (DE-W), Dänemark (DK), Spanien (ES), Frankreich (FR), Großbritannien (GB), Italien (IT), Niederlande (NL), Schweden (SE), Bulgarien (BL), Tschechische Republik (CZ), Ostdeutschland (DE-O), Estland (EE), Kroatien (HR), Ungarn (HU), Polen (PL), Rumänien (RO), Slowakei (SK) I 23 044 Befragte Statistik I Anwendungsbeispiele (11/1) Operationalisierung Radikalismus I Links-Rechts-Selbsteinstufung I In der Politik spricht man von links und rechts. Wie würden ” Sie ganz allgemein Ihren eigenen politischen Standort beschreiben: Wo auf dieser Skala würden Sie sich selbst einstufen?“ (1=ganz links, 10=ganz rechts) I Inhaltliche Bedeutung? Statistik I Anwendungsbeispiele (12/1) Operationalisierung Extremismus I I Extremismus = keine Unterstützung für liberale Demokratie → Indikatoren Hierarchie 1. Zufriedenheit mit konkretem Funktionieren der Demokratie im eigenen Land (Performanz, outputs) 2. (Bewertung allgemeine Leistungsfähigkeit der Demokratie; problematisch in Zentral-/Osteuropa) 3. Grundsätzliche Bewertung demokratischer Prinzipien I Cut-off points? I Operationalisierung von ?? über vier Items (Summenindex) Statistik I Anwendungsbeispiele (13/1) Indikatoren für Extremismus i.e.S. I Bewertung jeder Aussage als sehr gut (1), ziemlich gut (2), ziemlich schlecht (3) oder sehr schlecht (4) 1. Man sollte einen starken Führer haben, der sich nicht um ein ” Parlament und um Wahlen kümmern muß“ 2. Experten und nicht die Regierung sollten darüber ” entscheiden, was für das Land das Beste ist“ 3. Man sollte ein demokratisches politisches System haben“ ” 1. Die Demokratie mag Probleme mit sich bringen, aber sie ist ” besser als jede andere Regierungsform“ (stimme voll und ganz zu (1), stimme zu (2), lehne ab (3), lehne stark ab (4)) Statistik I Anwendungsbeispiele (14/1) Wie hoch ist der Anteil der Radikalen? I radikal“ = 1 oder 10 ” Im Mittel 4% Links-/Rechtsradikale I Mehr Radikalismus in Zentral-/Osteuropa, aber: rechts I Inhaltliche Bedeutung? I Land % links % rechts % gesamt Land % links % rechts % gesamt AT DE-W DK ES FR GB GR IT NL SE 2 1 3 6 8 3 5 5 2 3 2 2 3 3 4 1 5 4 0 2 4 2 6 9 12 4 10 10 2 6 BG CZ EE DE-O HR HU PL RO SK gesamt 6 5 1 2 4 4 8 6 4 4 11 8 5 2 5 4 7 9 4 4 17 13 6 4 9 7 14 14 8 8 Statistik I Anwendungsbeispiele (15/1) Stärke/Signifikanz? I α = 0.01 I χ2 = 495.8 I Freiheitsgrade? (19 − 1) × (3 − 1) = 36 I χ20.01,df =36 = 58.6 I V? q q 495.8 495.8 V = n×(R−1) = 18737×2 = 0.12 I Statistik I Anwendungsbeispiele (16/1) Was bedeuten links“ und rechts“? ” ” I I I Links-Rechts-Skala = Super-Issue“ ” Historischer Konflikt zwischen Arbeit und Kapital + Modernisierung + neue Konflikte Bildung von zwei Summenindizes + Einzel-Item 1. Ökonomie: Selbst verantwortlich für Absicherung (1-5) + Mehr Freiheit für Unternehmen (1-10) 2. Trad. Moral: Fromme Politiker (1-10) + Homosexualität ok (1-10) 3. Ökonomisch bedingte Zuwanderung ok (1-4) I I Umskalierung so daß hohe Werte rechts“ – maximal 15, 20, 4 ” Std.abweichung s = 4.5, 2.4, 0.77 Statistik I Anwendungsbeispiele (17/1) Wie kann man Bedeutung von LRS erkennen? I Regressionsmodell I LRS = β0 + β1 Oek + β2 TradM + β3 Zuw I Welche Dimension (= unabhängige Variablen) erklärt LRS am besten? Dimensionen vorab vergleichbar machen I I I Oek → Oek × ssZuw = Oek × 0.77 4.5 Oek sZuw TradM → TradM × sTradM = TradM × Statistik I 0.77 2.4 Anwendungsbeispiele (18/1) Ergebnisse im Überblick GR 1.5 ES DE-W NL DE-O AT HR SE SK 0.5 trad. Moral GB 0.8 EE o 0.6 RO CZ 0.0 0.4 Einwanderung 1.0 IT DK PL HU FR 0.2 BG 0.0 -0.5 -0.2 -0.4 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 Wirtschaftspolitik Statistik I Anwendungsbeispiele (19/1) Schweden vs. Slowakei Schweden: GR LRS = β0 + 1.56 × Oek + 0.1 × TradM + 0.17 × Zuw ; R 2 = 0.21 1.5 ES DE-W NL DE-O AT SE 0.5 0.8 EE o RO 0.6 CZ 0.0 0.4 Slowakei: LRS = β0 + 0.28 × Oek + 0.38 × TradM − 0.24 × Zuw ; R 2 = 0.03 0.2 BG 0.0 -0.2 -0.5 trad. Moral GB SK Einwanderung 1.0 HR IT DK PL HU FR -0.4 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 Wirtschaftspolitik Statistik I Anwendungsbeispiele (20/1) Bewertung altes Regime als Faktor? Statistik I Anwendungsbeispiele (21/1) Zusammenhang Radikalismus – Extremismus? I U-förmiger Zusammenhang – wie modellieren? I Nicht-linearer Polynom (Extr = β0 + β1 × LR + β2 × LR 2 ) I Non-parametrische lokale Regression (lowess) I Unzufriedenheit mit Performanz vs. Extremismus im e. S. Statistik I Anwendungsbeispiele (22/1) LRS und Performanzbewertung BG HR CZ DK EE FR DE-O DE-W GB GR HU IT NL PL RO SK ES SE 2.5 2 3.5 3 2.5 2 3.5 3 2.5 2 5 10 3 3.5 0 2 2.5 Unzufriedenheit: Funktionieren der Demokratie 3 3.5 AT 0 5 10 0 5 10 0 5 10 0 5 10 Links-Rechts-Wert Statistik I Anwendungsbeispiele (23/1) LRS und Extremismus BG HR CZ DK EE FR DE-O DE-W GB GR HU IT NL PL RO SK ES SE 4 12 10 8 6 4 12 10 8 6 4 5 10 6 8 10 12 0 4 Ablehnung demokratischer Prinzipien 6 8 10 12 AT 0 5 10 0 5 10 0 5 10 0 5 10 Links-Rechts-Wert Statistik I Anwendungsbeispiele (24/1) Fazit Radikalismus/Extremismus I In den meisten Ländern dominiert eine Gruppe von Radikalen I Bedeutung der LRS variiert über die Länder (Ost vs. West) Kein hufeisenförmiger Zusammenhang I I I I WE: mehr rechts, mehr Extremismus OE: meist spiegelbildlich, generell Skepsis gegen Demokratie Wahlverhalten Statistik I Anwendungsbeispiele (25/1) Worum geht es hier? I I Politikverdrossenheit (PV) das politische Modethema der 80er und 90er Jahre Unklarheit über I I I I Bedeutung → Einstellungen Objekte Ursachen Ursachen (Literatur) I I I I I Medien Politiker/Parteien Wertewandel ... Persönlichkeit? Statistik I Anwendungsbeispiele (26/1) Was wird unter PV verstanden? I I Negative Einstellungen gegenüber politischen Objekten, u. a. Mißtrauen gegenüber I I I Unzufriedenheit mit I I I Parteien Politikern Parteien Politikern Mangel an I I Responsivität (external efficacy) Internal efficacy Statistik I Anwendungsbeispiele (27/1) Welche Rolle könnte Persönlichkeit spielen? I Einstellungen: Objekt- und handlungsbezogen, Disposition zu reagieren I Persönlichkeitsmerkmale: zeitlich sehr stabil, sehr generell, auf Vielzahl von Objekten bezogen Big Five“ ” I 1. 2. 3. 4. 5. I Extraversion Neurotizismus Verträglichkeit Gewissenhaftigkeit Offenheit für neue Erfahrungen Affinität zu stabilen kognitiven Strukturen“ (ASKO) ” Statistik I Anwendungsbeispiele (28/1) Hypothesen? I Extraversion → + internal efficacy I Neurotizismus → Mißtrauen, (Unzufriedenheit, Mangel an efficacy) I Verträglichkeit → Zufriedenheit (-Mißtrauen) I Offenheit, -ASKO → + internal efficacy I Gewissenhaftigkeit → Mißtrauen, Unzufriedenheit? Statistik I Anwendungsbeispiele (29/1) Daten und Operationalisierungen I Woher kommen die Daten? → Spezielle Befragung I Operationalisierung Persönlichkeitsmerkmale → Standardisierte Testfragen I Operationalisierung PV → Summenindizes und Einzelitems zu sechs Sub-Dimensionen Statistik I Anwendungsbeispiele (30/1) Zusammenhänge zwischen den sechs Sub-Dimensionen? I Korrelationen (r ) Statistik I Anwendungsbeispiele (31/1) Effekt von Persönlichkeitsmerkmalen auf PV? I Regression der Sub-Dimensionen (6 separate Regressionen) auf I Kontrollvariablen (Alter, Bildung, Geschlecht) I Mögliche andere Ursachen (Parteibindungen, politisches Wissen) I Big Five“ + ASKO ” Statistik I Anwendungsbeispiele (32/1) Was bedeuten Ergebnisse? I Klarer Effekt der Parteibindung (alle Dimensionen), Effekte Bildung (int. efficacy) fast kein Effekt politisches Wissen, Effekte von Alter und Geschlecht (int. efficacy) I Effekte von Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus, Offenheit (nicht unbedingt wie erwartet) I Signifikanz (Unzufriedenheit Parteien) I Inhaltliche Bedeutsamkeit? Statistik I Anwendungsbeispiele (34/1) Inhaltliche Bedeutsamkeit? I R 2 -Werte? I Spannweite/Streuung für andere Skalen vergleichbar I Maximaler Effekt Gewissenhaftigkeit → Mißtrauen: 4 × 0.31 Punkte etc. I Aber: maximale Effekte vs. empirische Streuung unabhängige Variable → Interquartilsabstand → 0.9 × 0.31 (vgl. PI) Statistik I Anwendungsbeispiele (35/1) Internal Efficacy I Genuines PV-Dimension? I Höchster R 2 -Wert, relativ starke Effekte I Unterschied zwischen niedriggebildeter Frau und hochgebildetem Mann (−0.26 − 0.45) I Kann theoretisch durch Persönlichkeitsvariablen (besonders neurotisch, veträglich, wenig offen) kompensiert werden I Aber: Hochgebildete Männer empirisch im Mittel weniger verträglich und neurotisch und offener als niedriggebildete Frauen → Effekte verstärken sich Statistik I Anwendungsbeispiele (36/1) PV und PI I Keine Effekte von Persönlichkeitsvariablen möglich wg. PI? I Statistische Kontrolle sinnvoll I Wenn Persönlichkeit für Parteianhänger und NichtParteianhänger einen Unterschied macht → Effekt I Effekte nur für Nicht-Parteianhänger? → Interaktion Statistik I Anwendungsbeispiele (37/1) Wie wird Interaktionseffekt geschätzt? I Produktvariablen für Persönlichkeitsvariablen × PI (0/1) bilden I Effekte für Nicht-Parteianhänger: nur Haupteffekte der Persönlichkeitsvariablen I Effekte für Parteianhänger: Haupteffekte der Persönlichkeitsvariablen + Interaktionsterme + Effekt PI I Effekte der Persönlichkeit bei Nicht-Parteianhängern meist schwächer Statistik I Anwendungsbeispiele (38/1) Wie wird Interaktionseffekt geschätzt? I Produktvariablen für Persönlichkeitsvariablen × PI (0/1) bilden I Effekte für Nicht-Parteianhänger: nur Haupteffekte der Persönlichkeitsvariablen I Effekte für Parteianhänger: Haupteffekte der Persönlichkeitsvariablen + Interaktionsterme + Effekt PI I Effekte der Persönlichkeit bei Nicht-Parteianhängern meist schwächer Statistik I Anwendungsbeispiele (40/1) Fazit: PV und Persönlichkeit I Bei drei von sechs Sub-Dimensionen keinen nennenswerten Effekte I Effekte häufig schwer interpretierbar I Relative klare Befunde für internal efficacy (älteres, etablierteres Konstrukt als PV) I Evtl. besseres Verständnis für Wirkung sozialstruktureller Variablen (die eigenständigen Effekt behalten) Statistik I Anwendungsbeispiele (41/1) Zusammenfassung I Kenntnisse aus diesem Kurs Grundlage aller einfachen und mancher fortgeschrittenen Analysen I Ermöglichen grundlegendes Verständnis (einfacher) publizierter Analysen I Mehr Grundlagen + Anwendungen für Kernfächler in Statistik II (Wintersemester) Statistik I Anwendungsbeispiele (42/1)