Psychiater erklären Vorteile von Big Data bei psychischen

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Thema: Neurologie, Neurochirurgie & Psychiatrie
25.11.2016 | Deutsches Ärzteblatt
Medienquelle: Internet
Seitenstart: Online 25.11.2016, 17:52 Uhr
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Psychiater erklären Vorteile von Big Data bei psychischen Erkrankungen
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Ärzteschaft
Berlin - Wissenschaftliche und methodische Innovationen, von denen psychisch
kranke Patienten schon bald profitieren
könnten, stehen beim Jahreskongress der
Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie
und
Nervenheilkunde
(DGPPN), der zurzeit in Berlin stattfindet,
unter anderem im Fokus.
"Neue mathematische Methoden erlauben
es zum Beispiel, die Einschätzung des
Krankheitsbildes durch Eindrücke und Beobachtungen der Therapeuten mit Verhaltensanalysen zu ergänzen: Auf diesem Weg lassen sich etwa Verhaltensmuster identifizieren, welche bei der Entwicklung und beim
Fortbestehen von Suchterkrankungen eine
wichtige Rolle spielen", erklärte DGPPNVorstandsmitglied Andreas Heinz, Professor an der Charité in Berlin.
Die Weiterentwicklung von Verhaltensanalysen ist nur einer von vielen Ansätzen in
der Psychiatrieforschung. Vielversprechend
seien auch die aktuellen Erkenntnisse im
Bereich der Biomarker und strukturellen
Bildgebung, die das Potenzial besitzen, das
Verständnis und die Vorhersagbarkeit psychischer Erkrankungen entscheidend zu verbessern.
Psychiatrieforschung finde nicht nur im Labor statt. Immer stärker stehe auch die Befindlichkeit der Betroffenen in der realen
Lebenswelt und im Langzeitverlauf im Fokus. "Hierzu eröffnen sich neue und vielversprechende Möglichkeiten - zum Beispiel
durch die Tatsache, dass inzwischen nahezu
jeder Patient ein Smartphone besitzt, über
das sich seine emotionale und kognitive Befindlichkeit messen lässt", berichtete
Heinz.
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Über die Vorteile von Big Data im Einsatz
für die psychische Gesundheit berichtete
Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des
Zentralinstituts (ZI) für Seelische Gesundheit in Mannheim. "Die Datenmengen, die
zum Verständnis des Gehirns und psychischer Störungen analysiert werden müssen, sind immens und verlangen einen massiven Ausbau der IT-Infrastruktur in den
Kliniken", schickte er voraus. Eine Hirnbildgebungsstudie allein könne in einer Sitzung beispielsweise mehr als ein Terabyte
Daten generieren. Genetische und epigenetische Daten und Ergebnisse der sogenannten
Omics-Verfahren
könnten
ähnliche
Größenordnungen erreichen.
Künstliche Intelligenz zur Identifikation
psychischer Erkrankungen
"Inzwischen ist es möglich, in diesen riesigen Datenmengen mit selbsttrainierenden
Algorithmen durch "deep learning" oder
künstliche Intelligenz Muster zu entdecken,
die sich zur Identifikation psychischer Erkrankungen nutzen lassen", erklärte MeyerLindenberg, "und perspektivisch auch zur
präziseren Auswahl von Therapien".
Durch die Fähigkeiten von Smartphones,
den Besitzer genau zu lokalisieren und
seine Bewegungsaktivitäten zu messen, würden sich für die Medizin ganz neue Möglichkeiten ergeben. "In Zukunft wird es
wahrscheinlich auch möglich sein, die emotionale und kognitive Befindlichkeit eines
Patienten zu messen", sagte der ZI-Direktor. So gebe es beispielsweise bereits Befunde, die nahelegten, dass sich eine neu beginnende manische Episode bei einer bipolaren Störung in zunehmenden SMS und
Telefonanrufen des Betroffenen zeige.
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Über sogenannte Feedback-Apps könnte
den Patienten gesundheitsschädigendes Verhalten zurückgespiegelt werden. Andreas
Heinz gab das Beispiel eines Alkoholabhängigen, der sich nach der Entzugsbehandlung in der Nähe einer Gaststätte aufhalte:
"Mittels eines Signals oder einer SMS
könnten wir ihn womöglich von einem
Rückfall abhalten."
Neue Ansätze in der Forschungsförderung
notwendig
Aus Sicht der DGPPN sind in der Forschungsförderung dringend neue Ansätze
notwendig. "Mit den Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung (DZG) hat die Bundesregierung ein Instrument geschaffen,
das sich zur strukturellen Förderung auch
im Bereich der psychischen Gesundheit
eignet. Die Psychiatrie und Psychotherapie
habe in der gegenwärtigen Förderperiode
nicht zu den Themenfeldern gehört. "Hier
muss die Regierung in der nächsten Phase
der Förderung unbedingt eine Kurskorrektur vornehmen und ein Deutsches Zentrum
für psychische Erkrankungen (DZP) als vernetzte Struktur mehrerer Standorte einrichten", forderte Meyer-Lindenberg. © PB/aerzteblatt.de
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