04 Integrine

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Adhäsionsmoleküle
Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin
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(2008/2009)
September 29, 2008
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INTEGRINE
R. O. Hynes:
A reevaluation of integrins as regulators of angiogenesis.
Nature Medicine 8: 918-921, 2002.
U. H. von Andrian and B. Engelhardt:
a4 Integrins as Therapeutic Targets in Autoimmune Disease.
N Engl J Med 348: 68-72, 2003.
Die Rolle der Integrine bei verschiedenen Prozessen wurde in letzter Zeit neu analysiert.
Grund dafür war die Suche nach Antikörpern gegen Integrine. Damit wird beabsichtigt, die
Funktion der Integrine als Adhäsionsmoleküle oder als pro-angiogenetische, pro-thrombotische
und pro-inflammatorische Substanzen einzudämmen (Tab.1).
Tab.1
Antikörper gegen Integrine zur Eindämmung ihrer Funktion.
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Integrin
Funktion
Antikörper
Indikation
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
α4-Integrine
Rekrutierung von Leukozyten
Natalizumab
Multiple Sklerose
Encephalitis
1
Morbus Crohn
β2-Integrine
auf der Oberfläche von
neutrophilen Granulozyten
+
Myokardinfarkt
Hirninfarkt
β3-Integrine
auf der Oberfläche von
Thrombozyten
+
Hirninfarkt

pro-angiogenetisch ?
Vitaxin
maligne Tumoren
anti-angiogenetisch ?
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αvβ3
1
Beim Morbus Crohn verhindert Natalizumab® die Bindung zwischen dem Integrin α4β7 (auf den TLymphozyten) und dem Adhäsionsmolekül MAdCAM-1, welches zur Familie der Adressine gehört
(mucosal adressin cell adhesion molecule). MAdCAM-1 wird beim Morbus Crohn in vermehrtem
Ausmass exprimiert. Es wird selektiv in den Venulen der Darmmukosa und den lymphatischen
Geweben des Darmtraktes (Peyer Plaques, Appendix und mesenteriale Lymphknoten) gebildet.
Die Adressine sind Adhäsionsmoleküle in den High endothelial venules.
Bei diesen Analysen stellte es sich heraus, dass bezüglich der Wirkung der Integrine bei
der Angiogenese die beobachteten genetischen Veränderungen teilweise nicht kongruent mit
den phänotypischen Resultaten nach dem Einsatz von Antikörpern gegen Integrine sind. So
stellte sich heraus, dass die αν-Integrine als negative Regulatoren der Angiogenese und nicht
wie bisher angenommen pro-angiogenetisch wirken, weil sie eine Apoptose der Endothelzellen
einzuleiten vermögen (Abb.1, Tab.2). Auf diesem Hintergrund stellte sich die grundsätzliche
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Frage, ob Antikörper gegen die Integrine nicht gleichzeitig verschiedene Funktionen der Integrine
tangieren könnten, d.h. ob sie zwar Antagonisten der Zelladhäsion sind, gleichzeitig aber
Agonisten z.B. einer Signaltransduktion, welche in eine Apoptose der Endothelzellen mündet. Es
ist bekannt geworden, das Integrine, welche nicht an einen ihrer typischen Liganden gebunden
sind, die Caspase
8 aktivieren und auf diesem Weg eine Apoptose der Zellen (z.B.
Endothelzellen) induzieren können. Eine solche pro-apoptotische Wirkung des αvβ3 tritt ein,
wenn nur Antikörper (und nicht der physiologische Ligand) an αvβ3 gebunden wird. Aus dieser
Beobachtung kann abgeleitet werden, dass die Stimulation der Integrine durch ihre Liganden
eine wichtige Voraussetzung für das Überleben der Zellen sein kann.
Eine wichtige solche Substanz, welche an Integrin αvβ3 bindet, ist das Thrombospondin
(ein Protein in der Matrix von Thromben) (TSP). TSP hat neben dieser Bindung zwei andere
wichtige Funktionen: (1) Es vermag den Transforming growth factor β (TGF-β) zu aktivieren und
die Matrix-Metalloproteinase 9 (MMP-9) zu hemmen. Der TGF-β induziert die Bildung von
Hemmern der Metalloproteinasen (TIMP), die MMP-9 ihrerseits aktiviert die Angiogenese über eine
Freisetzung des Vascular endothelial growth factor (VEGF) aus Speichern in der extrazellulären
Matrix (ECM). (2) TPS bindet an den CD36-Rezeptor auf den Endothelzellen und induziert
dadurch eine Apoptose der Endothelzellen.
Weitere wichtige anti-angiogenetische Faktoren, welche über die αν-Integrine wirken, sind
Fragmente der ECM. Solche Fragmente entstehen nach einer Proteolyse der ECM durch die
Matrix-Metalloproteinase-2 (MMP-2). Ein wichtiger Vertreter dieser Fragmente ist das Tumstatin,
ein Fragment der α3-Kette des Kollagens Typ IV. Tumstatin hemmt die Proteinsynthese der
Endothelzellen.
Die αv-Integrine können sogar die Wirkung der typisch pro-angiogenetischen Integrine
α5β1, α1β1, α2β1 in den Endothelzellen direkt hemmen («Trans-dominante Hemmung»).
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Abb.1
Wirkung der αv-Integrine als negative Regulatoren der Angiogenese
Die α v-Integrine können als negative Regulatoren der Angiogenese wirken und die Angiogenese
unterdrücken, wenn sie nicht durch ihre eigenen Liganden, sondern durch andere Substanzen aktiviert
werden. Eine wichtige solche Substanz ist Thrombospondin, welche zur «interzellulären Matrix» in Thromben
gehört und von den Plättchen sezerniert wird.
Thrombospondin geht zwei wichtige Bindungen ein: (1) Es bindet sich an den Rezeptor des CD36 auf der
Endothelzelle. Dadurch wird eine Apoptose der Endothelzellen induziert. (2) Es bindet sich an das Integrin
αvβ3, ebenfalls ein weiterer Anstoss für eine Apoptose der Endothelzellen.
Während der Proteolyse der extrazellulären Matrix (ECM) kann VEGF vermehrt auftreten, weil es in der ECM
gespeichert sein kann und bei der Proteolyse der ECM aus Speichern in der ECM freigesetzt wird.
Apoptose der Endothelzellen
Proteinsynthese
in den Endothelzellen
CD36-R
Bindung
Integrin αvβ3
Thrombospondin
Bindung
Tumstatin
MMP-2
MMP-9
TGF-β
Vermehrte Synthese
von TIMP's
Proteolyse der ECM
Freisetzung
anti-angiogenetischer
Fragmente
Proteolyse der ECM
Freisetzung des
VEGF
Angiogenese
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Tab.2
Integrine und andere Moleküle, welche als pro- und anti-angiogenetische
Fakoren wirken (siehe Text).
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Molekül
Ligand
Wirkung
Bildungsort/
Vorkommen
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Integrin α5β1
Fibronektin
pro-angiogenetisch
Endothelzelle
Integrin α1β1
Kollagen, Laminin
pro-angiogenetisch
Endothelzelle
Integrin α2β1
Kollagen, Laminin
pro-angiogenetisch
Endothelzelle
Integrin αvβ3
verschiedene 1
pro-angiogenetisch oder
anti-angiogenetisch ?
(siehe Text und Abb.2)
Endothelzelle
Integrin αvβ5
verschiedene 1
Integrin α4β1
VCAM-1
Homing der hämatopoietischen Stammzellen
im Knochenmark
Homing der IgG produzierenden Plasmazellen
im Knochenmark
Interaktionen der B-Zellen mit den follikulären
dendritischen Zellen der Lymphfollikel
vermehrt bei
Encephalitis
Integrin α4β7
MAdCAM-1
Homing von nativen Lymphozyten in den High
endothelial venules in den lymphatischen
Geweben des Darmtraktes 2
Migration der Gedächtnis-Lymphozyten in die
Darmschleimhaut
vermehrt bei
Morbus Crohn
Endothelzellen
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1
Fibronektin, Vitronektin, Fibrinogen, Osteopontin, von Willebrand Faktor, Thrombospondin.
Die αv-Integrine scheinen für die Angiogenese nicht nötig zu sein.
2
Die lymphatischen Gewebe des Darmtraktes sind: Peyer Plaques, Appendix und
mesenteriale Lymphknoten.
ECM
TGF-β
VCAM-1
MAdCAM-1
Extrazelluläre Matrix
Transforming growth factor β
Vascular cell adhesion molecule 1
Mucosal addressin cell adhesion molecule 1
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