Prof. Dr. med. Dr. hc mult. Wolfgang Holzgreve

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Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Wolfgang Holzgreve: Mutterschaftsvorsorge: Chancen der primären Präventio
WORKSHOP: Versorgungskonzept für die sichere und gesunde Entwicklung
des Kindes
Mutterschaftsvorsorge: Chancen der primären Prävention
Von Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Wolfgang Holzgreve
Hamburg (18. September 2008) ‑ Eine Schwangerschaft ist schon immer
einerseits eine Phase freudiger Erwartung, andererseits auch mit Ängsten
verbunden, ob sich alles normal entwickelt. In „Low income“-Ländern sind die
Risiken für die Schwangeren und deren Kinder noch immer sehr beträchtlich:
Über 500.000 Frauen sterben pro Jahr an den Folgen einer Geburt. Auch die
Kindersterblichkeit ist in vielen Teilen der Welt erschreckend hoch, u.a. weil eine
effektive Schwangerenvorsorge nicht durchgeführt werden kann.
Sekundärprävention von Fehlbildungen ist unbefriedigend
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In unserem Teil der Welt sind etwa 75 Prozent der kindlichen Todesfälle auf die
Frühgeburtlichkeit zurückzuführen und etwa 20 Prozent auf angeborene
Fehlbildungen. Auch bei den Krankheiten der Kinder und den
Langzelt‑Behinderungen spielen angeborene Anomalien eine grosse Rolle. In
den letzten Jahren wurden große Fortschritte bei der Diagnostik von kindlichen
Aneuploidien (Abweichungen vom normalen Chromosomensatz) während der
Schwangerschaft, insbesondere des Down­Syndroms, erreicht. Mittlerweile kann
das Risiko unter Berücksichtigung des Alters der Schwangeren, von
biochemischen Werten und Ultraschallparametern schon im ersten Trimenon
immer besser eingeschätzt werden, während dies früher erst im zweiten Trimenon
möglich war. So können für eine Test-positiv-Rate von 5 Prozent bis zu 90
Prozent der Schwangerschaften mit Trisomie 21 erfasst werden. Die Schwangere
hat somit eine viel bessere Grundlage für die Entscheidung zu einer invasiven
Untersuchung wie Chorionbiopsie oder Amniocentese als unter alleiniger
Berücksichtigung des mütterlichen Alters. Allerdings geht es am Ende leider nur
um die Entscheidung der Schwangeren, bei Vorliegen einer kindlichen
Aneuploidie die Schwangerschaft auszutragen oder abbrechen zu lassen. Diese
Art der „sekundären Prävention°, die zum Beispiel auch der Grund für die
Feststellung des Rubella­-Schutzes in der Schwangerschaft ist, bleibt aber vor
allem aus ethischen Gründen sehr unbefriedigend.
Effektive Primärprävention durch Folat
Es ist daher sehr genugtuend, dass mit der Gabe von Multivitaminen, die
insbesondere Folat enthalten, eine hervorragende primäre Prävention von
Neuralrohrdefekten und anderen Fehlbildungen des Herzens, von
Lippen‑Kiefer‑Gaumenspalten und anderen Anomalien sicher bewiesen ist. Die
beste randomisierte Untersuchung wurde mit einem Multivitaminpräparat, welches
800 Mikrogramm Folsäure enthielt, durchgeführt.
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In einigen Ländern wurde Mehl mit Folsäure angereichert. Dies hat zwar zur
Reduktion von Neuralrohrdefekten geführt, aber nicht in dem Ausmass wie in der
genannten randomisierten Studie mit dem Multivitaminpräparat. Die Entwicklung
in diesem wichtigen Bereich der Schwangerenvorsorge geht immer weiter.
Besonders interessant ist die Diskussion um Metafolin, der körpereigenen
biologisch aktiven Folatform. Gegenüber der synthetischen Folsäure scheint ihr
Einsatz von Vorteil zu sein, z.B. durch schnelleres Erreichen des präventiven
Erythrozytenfolatspiegels oder Fehlen eines möglicherweise schädigenden
Effektes freier, nicht‑metabolisierter Folsäure im Blut.
Praktische Umsetzung der Folatprophylaxe verbessern
Leider wird die Folatprophylaxe trotz aller Anstrengungen bei der Aufklärung noch
zu selten und vor allem nicht rechtzeitig genug vor der Konzeption und in der
Frühschwangerschaft wahrgenommen. Es ist sicher keine gute Alternative, auf die
frühe Entdeckung von Anencephalie und Spina bifida durch
Ultraschalluntersuchungen zu vertrauen, da gerade die Spina bifida auch heute
noch immer wieder übersehen wird. Schließlich ist das Anliegen,
Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden. Es gibt auch gute Hinweise auf weitere
Vorteile der Folatprophylaxe bei der Verminderung der Frequenz von
Spantanaborten und Frühgeburtlichkeit bis hin zur Verbesserung der kognitiven
Funktion der Kinder. Aber ein möglicher negativer Aspekt wie eine Erhöhung der
Mehrlingsrate muss sorgfältig analysiert werden, um die optimalen Empfehlungen
zu definieren. Jedenfalls ist die Gabe vom Multivitaminen mit Folaten ‑ die
offizielle Empfehlung basiert noch auf der Empfehlung von 400 Mikrogramm
Folsäure ‑ eine der wenigen und wirksamsten Möglichkeiten einer echten
Prävention in der Schwangerschaft.
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 Folien zu Vortrag von Prof.Dr.Holzgreve.pdf ( 4.50 MB )
Referent
Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Wolfgang Holzgreve,
Vorsteher und Chefarzt Frauenklinik des Universitätsspitals Basel
Quelle: Workshop der Firma Merck zum Thema „Versorgungskonzept für die
sichere und gesunde Entwicklung des Kindes“, anlässlich des 57. Kongresses der
Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) am 18.
September 2008 in Hamburg (Dorothea Küsters Life Science Communications).
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