Wahlprüfstein DIE LINKE

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Wahlprüfstein DIE LINKE
Bayrischer Journalistenverband
Seidelstr. 8
80335 München
Medienpolitik und Pressefreiheit
Medien interpretieren und verändern die Welt - und dabei auch sich selbst. Ihr Markt und ihre Macht
sind längst global. Wer sie besitzt, kann Politik kontrollieren. Bücher, Zeitungen und Zeitschriften,
Film, Radio und Fernsehen und das Internet sind die Massenmedien der Gegenwart. Information,
Kommunikation und Unterhaltung sind jedoch nicht nur Waren, und Medienpolitik ist nicht nur
Wirtschaftspolitik. Sie prägen die Kultur und sind eine Voraussetzung für eine funktionierende
Demokratie. Aber ohne Zugang und demokratische Teilhabe aller bleiben sie ein Instrument der
Mächtigen.
Deshalb ist die Sicherung der Informations- und Meinungsfreiheit als öffentliches Gut für DIE LINKE.
eine zentrale politische Forderung:
Wir halten den Erhalt, die Stärkung und die grundlegende Reform öffentlich- rechtlicher
Medienangebote in allen Bereichen für geboten. Das ist für uns die Voraussetzung für eine
breite, facettenreiche Medienöffentlichkeit. Wir wollen die zunehmende Konzentration von
Medieninhalten im Eigentum oder unter der Zugangskontrolle internationaler
Medienkonzerne beenden.
 Einflussnahme auf Medien durch Politik bedeutet für uns nicht Dominanz parteipolitischer
Interessen in Aufsichtsgremien, Subventionierung privater Medienmonopole und Zensur. Wir
setzen statt dessen auf politische Förderung und Aufbau eines eigenständigen, unabhängigen,
selbstorganisierten und staatsfernen Mediensektors, in dem Wissen und Informationen als
öffentliche Güter bereitgestellt und auch solche Angebote gesichert werden, die der Markt
nicht gewährleistet.
 DIE LINKE. setzt sich für die Verschärfung der Kartellgesetze sowie die Schaffung einer
Medienstiftung ein, die neue Anbieter fördert.

Eine sozialistische Medienpolitik soll aus Sicht der Fraktion DIE LINKE. Aufklärungs- und
Bildungsprozesse in der Gesellschaft befördern. Sie soll dazu beitragen, private und staatliche Macht
zu kontrollieren und Menschen zu motivieren, sich an neuartigen Formen politischer Entscheidungen
zu beteiligen. Medien sollen zu öffentlichen Räumen der Selbstverständigung der Bürger und
Bürgerinnen und damit zu einer demokratisch wirkenden "vierten Macht" werden.
Medienvielfalt, kritische Öffentlichkeit, allgemeiner, freier und sozial gleicher Zugang zu den Medien
und ihre Nutzung unabhängig von Herkunft und Einkommen, Mitbestimmung auch durch
Redaktionsstatute und öffentlich tagende Gremien, Bildungsangebote zur Stärkung der Vernetzungs und Medienkompetenz und eine Kultur der informationellen Selbstbestimmung sind für uns zentrale
Ziele einer demokratisch-sozialistischen Medienpolitik.
Die Chancengleichheit beim Medienzugang und bei der Mediennutzung sind für uns nicht nur
zentraler Bestandteil der sozialen Frage. Das Recht auf Information und Kommunikation ist für uns
auch eine Voraussetzung für mehr direkte Demokratie.
Zur politischen Kommunikation in einer Mediengesellschaft gehören die Dominanz der Medien und
ihr Vorrang in strategischen und taktischen Handlungen über die beteiligten politischen Akteure. In
unserer Mediengesellschaft sehen wir immer genauer, wer entscheidet und regiert, aber immer
ungenauer, was der oder die scheinbar Regierende eigentlich entscheidet. Im Informationsdschungel
einer allseits herrschenden Mediokratie bedeutet Öffentlichkeit keinesfalls automatisch Offenheit.
Wer Medien besitzt, kontrolliert daher Politik. Aus diesem Grund bleiben Transparenz und die
Beschränkung von vorherrschender Medienmacht von zentra ler Bedeutung für ein demokratisches
Gemeinwesen.
Medienkonzentration ist kein neues Phänomen. Allgemeine Tendenzen der Konzentration und
Zentralisation von Eigentum im Pressegewerbe bildeten sich bereits im letzten Viertel des 19.
Jahrhunderts heraus. Mit den neuen Medien des 20. Jahrhunderts (Hörfunk, Film und Fernsehen) hat
sich auch das Ausmaß der Eigentumskonzentration potenziert. Im 21. Jahrhundert ist ferner das
Internet dem Verwertungskreislauf hinzugetreten. National und transnational agierende
Medienunternehmen sind heute allerdings nicht nur Akteure in Konzentrationsprozessen, sondern in
zunehmendem Maße auch passive Objekte derselben.
Medienübernahmen erfolgen weltweit immer öfter durch Finanzinvestoren. Dieser Trend geht
einher mit einem zunehmend auch von traditionellen Akteuren betriebenen erhöhten Druck zur
Rentabilität, einer daraus resultierenden Einebnung des Qualitätsjournalismus sowie einer
Verflachung und Kommerzialisierung der Berichterstattung. In der digitalen Welt werden die Medien
durch das kalte, rein ökonomische Kalkül des Investmentmarktes in ihrem publizistischen Kern
bedroht. Gefährdet sind nicht nur gewohnte journalistische Standards, sondern gleichsam auch das
politische Gut demokratischer Öffentlichkeit. Mit fortschreitendem Verfall der durch die
Qualitätsmedien geprägten politischen Kommunikation bietet sich aufklärerischen Bestrebungen
tendenziell keinerlei Widerstand mehr. Die Fähigkeit zur Meinungs- und Willensbildung der
Bürgerinnen und Bürger wird eingeschränkt.
Daher gilt es, die von den finanz- und renditegesteuerten Akteuren vorgebrachten rein
betriebswirtschaftlichen Handlungsbedingungen zu begrenzen. Forderungen nach
Beteiligungsobergrenzen für Nicht-EU-Investoren bei Medienunternehmen erweisen sich dazu bei
näherem Hinsehen als hilflos. Von den Protagonistinnen und Protagonisten solcher Bestrebungen
wird übersehen, dass die großen US-amerikanischen Finanzinvestoren inzwischen über
gesellschaftsrechtlich eigenständige europäische Niederlassungen verfügen, dass längst auch
europäische Private-Equity-Unternehmen am Markt agieren und dass die Rendite- und
Geschäftsgebaren beider in zunehmendem Maße von traditionellen Medienakteuren übernommen
und kopiert werden.
Fortschreitende Konzentration im Medienbereich ist durch Reformen in der Medienregulierung und
in der Kartellgesetzgebung zu begegnen. Um zu verhindern, dass Hörfunk und Fernsehen, aber auch
das Pressewesen und zunehmend das Internet, als reines Kommerzgeschäft betrieben werden,
fordert DIE LINKE, den Informations- und Kulturauftrag im Rundfunkstaatsvertrag und in den
Landesmediengesetzen zu präzisieren. Zudem sind neue Richtlinien für die Bemessung von
crossmedialer Meinungsmacht insbesondere in Bezug auf das Medium Internet zu schaffen. Um
Kartell- und Monopolisierungsbestrebungen in der digitalen Welt zu begegnen, werden neue
Regelungen zur Beschränkung von Meinungsmacht im Online -Bereich zwingend erforderlich. Ferner
schlagen wir vor, die Autonomie der Redaktionen zu stärken und durch gesetzlich gesicherte
Redaktionsstatute – insbesondere auch auf dem Pressemarkt – zu institutionalisieren. Nur über eine
Stärkung der journalistischen Eigenverantwortung von Redaktionen gegenüber ihren
marktgesteuerten Arbeitgebern wird es in letzter Instanz gelingen, publizistische Vielfalt zu
gewährleisten und den Herausforderungen eines neoliberalen Modells von Öffentlichkeit zu
begegnen.
Der Erwerb von Medienkompetenz bildet eine Schlüsselkategorie, um den inhaltlichen
Herausforderungen des digitalen Zeitalters zu begegnen. Die Bildung eines kritischen Verstandes und
die Fähigkeit, Realität und Fiktion zu unterscheiden, ist unabdingbare Voraussetzung für eine
moderne Mediensozialisation. Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern und Erziehungsberechtigte
sind gefordert, sich in der Welt elektronischer Medien selbstbestimmt zu orientieren und den
Umgang mit möglichen Gefahren und schädlichen Medieninhalten zu erlernen. Die natürlichen Orte
zum Erwerb von Medienkompetenz sind Kindergärten, Horte und Schulen. Die Vermittlung von
Medienkompetenz gehört somit in die Ausbildungsinhalte von Erzieherinnen, Lehrerinnen und
Sozialpädagogen. DIE LINKE tritt dafür ein, die Förderung und Schulung von Medienkompetenz in den
Bundesländern institutionell verpflichtend zu verankern.
Medienkompetenz jedoch bedeutet nicht nur die Fähigkeit zu einer kritischen Aneignung von
Medieninhalten, sondern umfasst auch eigenverantwortliche Mediengestaltung. Aktive
Medienkompetenz weist daher über die allein kritische Rezeption von Inhalten hinaus und lässt die
Individuen am Prozess medialer Öffentlichkeit selbst teilhaben. Bürgermedien und Offene Kanäle
sind solche Orte der Teilhabe. Wenngleich sie die mit ihnen ursprünglich verbundenen Hoffnungen,
als Zentren für eine kritische Gegenöffentlichkeit zu dienen, nicht erfüllen konnten, sind sie weiterhin
wichtige Instanzen zur Vermittlung von aktiver Medienkompetenz und zur Aus-, Fort- und
Weiterbildung im nichtkommerziellen Medienbereich. DIE LINKE setzt sich ein für den Erhalt von
Bürgermedien und Offenen Kanälen. Deren technische Grundlagen sind weiterzuentwickeln.
Bürgermedien und Offene Kanäle müssen im Zuge des fortschreitenden Digitalisierungsprozesses in
die digitalen Verbreitungswege eingespeist werden. Zugleich sind ihre Strukturen und Kompetenzen
um die interaktiven Möglichkeiten des Netzes zu erweitern.
Die fortschreitende Digitalisierung von Information und Kommunikation führt zu einer nachhaltigen
Veränderung der kulturellen, sozialen und ökonomischen Grundlagen moderner Gesellschaften. Im
digitalen Kapitalismus werden Information und Wissensproduktion unmittelbar zur Produktivkraft.
Information ist zu einer entscheidenden Ressource geworden, aus der alle gesellschaftlichen
Prozesse und sozialen Organisationen gebildet sind. Zugang zu Information wer den ebenso wie
Einsatz und Auswahl von Information darüber entscheiden, von wem und wie die Netzwerke digitaler
Kommunikation künftig beherrscht werden. Der Zugang zu Kommunikation und Information von
Gesellschaften sowie deren Aneignungsformen berühren daher Grundfragen demokratischer
Beteiligung.
Den mit fortschreitender Digitalisierung verbundenen Herausforderungen gilt es zu begegnen.
Transparenz, Partizipation und Chancengleichheit sollen dazu als handlungsleitende Maximen
herangezogen werden: Transparenz als Aufklärung über und Offenlegung von interessengeleiteten
Motiven der handelnden politischen und ökonomischen Akteure; Partizipation als gesellschaftliche
Teilhabe aller an den Mechanismen und Vermittlungsbedingungen digitaler Kommunikation;
Chancengleichheit als grundlegende demokratische Voraussetzung für eine Bereitstellung der
technologischen Infrastruktur und finanziell tragbarer Zugangsmöglichkeiten für alle im Sinne einer
Grundversorgung.
Infolge der digitalen Technologie sind den klassischen Medien (Presse, Hörfunk, Fernsehen und Film)
neue Herausforderungen erwachsen. Digitalisierung begründet neuartige Möglichkeiten, das
Nutzerverhalten zu steuern, und ist ohne medienrechtliche Regulierung notwendig mit
Ökonomisierung verbunden. Fortschreitende Kommerzialisierungstendenzen werden denn auch
begleitet und geprägt von den Bedingungen einer anhaltenden Medienkonzentration.
Finanzinvestoren bemächtigen sich in immer größerem Ausmaße des Medien- und Pressesektors.
Erhöhter Druck zur Rentabilität zeitigt im Ergebnis eine weitere Verflachung und Kommerzialisierung
der Berichterstattung.
DIE LINKE setzt sich für Medienvielfalt, für eine kritische Öffentlichkeit und für einen allgemeinen,
freien und sozial gleichen Zugang zu den Medien ein. Deren Nutzung muss unabhängig von Herkunft
und Einkommen erfolgen können. Zugleich sind Mitbestimmung auch durch Redaktionsstatute und
öffentlich tagende Gremien, Bildungsangebote zur Stärkung der Vernetzungs- und
Medienkompetenz und eine Kultur der informationellen Selbstbestimmung zentrale Ziele unserer
Medienpolitik.
In der digitalen Welt gilt es zudem, die Freiheit des Wissens zu verteidigen. Offene und freie Systeme
wie das Internet, Open Source und Freie Software, aber auch Freie Medien wie Bürgerfunk, Offene
Kanäle und drahtlose Bürgernetze, können als Plattformen zur freien Selbstorganisation und zur
Umgehung von Konzernzwängen und Meinungsmacht genutzt werden. Sie bilden Möglichkeiten zur
aktiven Ausübung von Medienfreiheit und dienen der Aufrechterhaltung und Erweiterung der
Kommunikationsfreiheit.
Im Internet bedeutet die Anwendung von inhaltsbezogenen Filtermaßnahmen eine massive
Einschränkung des freien, ungehinderten Informationsflusses sowie eine unzulässige
Beeinträchtigung des Rechts auf freien Informationszugang und freie Meinungsäußerung. Wir
betrachten Filtermaßnahmen durch Zugangsanbieter oder staatliche Stellen grundsätzlich als
Zensurmaßnahmen und lehnen diese ab.
Eine Anpassung des Urheberrechts an die veränderten Bedingungen des digitalen Zeitalters ist aus
wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen wie rechtlichen Gründen dringend erforderlich. Im Mittelpunkt
steht dabei die Frage, wie und unter welchen Bedingungen der Schutz des geistigen Eigentums
einerseits gewährleistet werden und zugleich dem öffentlichen Interesse an freiem Zugang zu
Bildung, Wissen und Kultur besser Rechnung getragen werden kann. Beides ist notwendig, um
Kreativität und Innovation in der geistigen Produktion zu fördern. Es geht um einen fairen und
sachgerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwischen den Urheberinnen und Urhebern,
den Verwertern sowie den Nutzerinnen und Nutzern. Das Urheberrecht darf nicht zum
„Industrierecht“ verkommen, sondern muss die Interessen der Kreativschaffenden in den
Mittelpunkt stellen.
Im digitalen und vernetzten Umfeld begehen zunehmend auch private Endnutzerinnen und -nutzer
Urheberrechtsverletzungen, und das oft unbewusst. Diese Grenzüberschreitungen auch dann zu
kriminalisieren, wenn sie sich im Bagatellbereich bewegen und nur privaten Zwecken dienen, ist der
Akzeptanz des Urheberrechts abträglich: Die „Schulhöfe“ dürfen nicht kriminalisiert werden!
DIE LINKE lehnt das Bestreben der Industrie und anderer Interessensverbände ab, mittels DigitalRights-Management (DRM) eine Verwertung von digitalen Inhalten anhand individueller Lizenzierung
und Abrechnung durchzusetzen. DRM-Systeme als technische Schutzmaßnahmen sind aufgrund ihrer
Defizite nicht geeignet, die Verwertung der Urheberrechte vollumfänglich abzusichern und
gleichzeitig Verbraucherinnen und Verbraucher vor weiteren Einschränkungen zu schützen. Der
technische Fortschritt bringt keine Vertragsparität zwischen Kulturschaffenden und Verwertern mit
sich. Vielmehr sind deutliche Konzentrationsprozesse zu Gunsten der Verwertungs- und
Geräteindustrie zu beobachten. Die kollektiven Formen der Interessensdurchsetzung hingegen sind
weiterhin ein geeignetes Mittel, dieser strukturellen Ungleichheit entgegenzuwirken. In Deutschland
hat sich die Praxis der Verwertungsgesellschaften bewährt.
Nutzungsvorgänge von Online-Inhalten finden jedoch grenzüberschreitend statt. Eine Regelung auf
europäischer Ebene in Frage der gebietsübergreifenden Lizenzierung ist daher grundsätzlich zu
begrüßen. Allerdings sollte entgegen den Bestrebungen der EU-Kommission nicht auf ein
Wettbewerbsmodell gesetzt werden, sondern das bestehende System der territorialen
Rechteverwertung der nationalen Verwertungsgesellschaften ausgebaut und das System der
Gegenseitigkeitsverträge und der gegenseitigen Einziehung von Nutzungsgebühren weiterentwickelt
werden. Zu diesem Zweck könnte der Tätigkeitsbereich der Verwertungsgesellschaften auf der Ebene
der Europäischen Union normiert werden sowie Richtlinien in Hinsicht auf Aufsicht, Transparenz und
Informationspflichten erlassen werden.
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