- Dr. Jessica Lange

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02.14
ZRFC
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9. Jahrgang
April 2014
Seiten 49 – 96
www.ZRFCdigital.de
Herausgeber:
School of Governance, Risk &
Compliance – Steinbeis-Hochschule
Berlin
Institute Risk & Fraud Management –
Steinbeis-Hochschule Berlin
Herausgeberbeirat:
Risk, Fraud
&
Compliance
Prävention und Aufdeckung
durch
Compliance-Organisationen
Management
Prof. Dr. Dr. habil. Wolfgang Becker,
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Transparenzverpflichtungen
der ­Healthcare-Unternehmen
[Reh / Willhöft, 60]
RA Dr. Karl-Heinz Belser,
Depré Rechtsanwalts AG
RA Dr. Christian F. Bosse,
Partner, Ernst & Young Law GmbH
Prevention
Ausgestaltung des Operationellen
­Risikomanagements
[Melcher / Eckert, 68]
Detection
Stakeholderorientiertes Controlling
in der Fraud-Prävention
[Reißig-Thust, 76]
Legal
Neue Korruptionsregister in Hamburg
und Schleswig-Holstein
[Passarge, 82]
RA Bernd H. Klose, German Chapter of
­Association of Certified Fraud
­Examiners (ACFE) e. V.
RA Dr. Rainer Markfort,
Partner, Mayer Brown LLP
RA Dr. Malte Passarge,
Passarge + Killmer
­Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Prof. Dr. Volker H. Peemöller,
Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
RA Christian Rosinus,
Wirtschaftsstrafrechtliche
Vereinigung e. V., Vorstand
RA Prof. Dr. Monika Roth,
Leiterin DAS Compliance Management,
Hochschule Luzern
RA Raimund Röhrich,
Lehrbeauftragter der School of
Governance, Risk & Compliance
Dr. Frank M. Weller,
Partner, KPMG AG
64683
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Prof. Dr. Kai-D. Bussmann,
Martin-Luther-Universität ­
Halle-Wittenberg
GRC in der Gesundheitsbranche
[Becker, 54]
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92
c GRC-Report
Wertemanagement
Der elegante Weg der Compliance –
­Positive Zusammenhänge der beiden
Konzepte
Jessica Lange*
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Der vor einigen Jahren noch eher wenig
gebrauchte Begriff „Corporate Compliance“ ist für viele Unternehmenslenker
und Manager heute gängiger Sprachgebrauch. Obwohl Sinn und Nutzen
von Compliance als anerkannt gelten,
ist Compliance für viele eher ein bürokratisches Übel. Eine hilfreiche Brücke
zu einer effektiven Compliance ohne
viel Bürokratie und unnötige Kontrollaktivitäten kann die Einführung eines Wertemanagements darstellen. Unternehmenswerte können ­– wenn sie
durch ein professionelles Management
zielführend gesteuert werden – wie
eine „Impfung“ gegen Non-Compliance
wirken.
1. Was ist Corporate Compliance
und wie hängt diese mit ethischen
und gesellschaftlichen Werten zu­
sammen?
1.1 Corporate Compliance im engeren
und weiteren Sinne
Der positive Zusammenhang zwischen
Wertemanagement und Corporate Compliance wird bereits sichtbar, wenn man
den Begriff „Corporate Compliance“ definiert. Hier wird eine Definition im engeren
Sinne und im weiteren Sinne betrachtet.
„Compliance“ bedeutet aus dem Englischen übersetzt „Einhaltung, Befolgung,
Übereinstimmung“. Es wird im Allgemeinen auf die Einhaltung von gesetzlichen
Normen bezogen und somit rein juristisch verstanden: Der Begriff Compliance bezeichnet die Gesamtheit aller zumutbaren Maßnahmen, die das regelkonforme Verhalten eines
Unternehmens (…) auf alle gesetzlichen Ge- und
Verbote begründen.1
In einem weiteren Verständnis sollte
Compliance jedoch auch auf gesellschaft-
liche Normen und moralische Werte bezogen werden.2 Dies ist keine Verpflichtung,
sondern eine – zumindest rechtlich und
formal betrachtet – freiwillige Leistung
des Unternehmens. Es ist eine freiwillige
Selbstbeschränkung eines Unternehmens
trotz rechtlicher Freiräume.
Wieland definierte „Corporate Compliance“ folgendermaßen: Compliance bezeichnet alle formalen und informalen GovernanceStrukturen einer Organisation, mit denen sein
Management effizient und effektiv die Aufdeckung, vor allem aber die Prävention doloser Handlungen durch Mitglieder und Beauftragte dieser Organisation realisieren kann.
Compliance ist Bestandteil des operativen und
strategischen Managements und zielt auf die
nachhaltige, legale, ökonomische und gesellschaftliche Sicherung der Existenz und der
Zielerreichung einer Organisation.3 Formale
Governance-Strukturen sind dabei unternehmenseigene Richtlinien und Kodices;
informale Governance-Strukturen beziehen sich auf die Unternehmenskultur, individuelle Tugenden und Führungsstile.
Somit besteht der Begriff nach Wieland neben einer Legal Compliance auch aus einer Moral Compliance, dessen Inhalte das
Unternehmen freiwillig selbst bestimmt.
1.2 Reaktive und proaktive Compliance
Zur Verdeutlichung des Zusammenhangs
zwischen Compliance und ethischen sowie gesellschaftlichen Werten kann auch
eine Betrachtung der möglichen Ausgestaltung sinnvoll sein. Man kann reaktive
und proaktive Compliance unterscheiden.
Reaktive Compliance beinhaltet die Übertragung von äußeren Anforderungen (Gesetze oder berechtigte gesellschaftliche
und moralische Forderungen) auf innere
Regelungen. Reaktive Compliance besitzt
eine starke Regelorientierung, die in der
Folge zu einer hohen Kontrolldichte mit
hohem Aufwand führt. Zudem kann sich
eine hohe Regelungsdichte hemmend
auf die Unternehmensprozesse auswirken. Eine proaktive Compliance hingegen
hängt eng mit dem Management von Werten zusammen. Diese handelt eher präventiv und zukunftsorientiert. Die Mitarbeiter sollen durch gelebte Werte in einer
passenden Unternehmenskultur für Fehl-
verhalten sensibilisiert werden und ein eigenes Urteilsvermögen für richtige Handlungen entwickeln. Die durch das Wertemanagement gesteuerten Werte geben
eine Orientierung für die Verhinderung
von kriminellen Handlungen. Zudem wird
die Akzeptanz für die geltenden Regelungen und die Einsicht für falsches Verhalten gefördert.4 Eine wirksame Prävention
gegen Fehlverhalten braucht neben gesetzlichen Regelungen auch moralische und
gesellschaftliche Normen.5 Eine nur rein
rechtliche Berücksichtigung von zwingenden Gesetzen erfüllt zwar die Pflicht
des Unternehmens, das weitere Potenzial
der Compliance liegt hingegen brach. Für
Thielemann sind Compliance und Ethik
zwei distinkte Dimensionen der Unternehmenssteuerung6.
2. Was sind Werte?
Werte sind konkrete Ausgestaltungen der
Moral und dienen vor allem der Orientierung und Identifikation. Werte sind Kon-
* Jessica Lange ist Diplom-Kauffrau (FH), freiberufliche Unternehmensberaterin sowie Doktorandin der Wirtschaftswissenschaft zum Thema
Wertemanagement in der kommunalen Energieversorgung.
1 Jäger, A. / Rödl, C. / Campos-Nave, J.: Praxishandbuch Corporate Compliance, Weinheim 2009,
S. 57.
2 Vgl. Brüner, F.H. / Raddatz, I.: Herausforderungen an Compliance hinsichtlich der Korruptionsbekämpfung in der Öffentlichen Verwaltung, in: Wieland, Steinmeyer und Grüninger
(Hrsg.), Handbuch Compliance-Management,
Berlin 2010, S. 138f.
3 Wieland, J.: Compliance Management als Corporate Governance – konzeptionelle Grundlagen
und Erfolgsfaktoren, in: Wieland / J., Steinmeyer / R. und Grüninger / S. (Hrsg.), Handbuch
Compliance-Management, Berlin 2010, S. 18.
4 Vgl. Kleinfeld, A. / Müller-Störr, C.: Die Rolle von
interner Kommunikation und interaktiver
Schulung für ein effektives Compliance-Management, in: Wieland, Steinmeyer und Grüninger
(Hrsg.), Handbuch Compliance-Management,
Berlin 2010, S. 400f.
5 Vgl. Wieland, J.: Die Psychologie der Compliance
– Motivation, Wahrnehmung und Legitimation
von Wirtschaftskriminalität, in: Wieland, J. /
Steinmeyer, R. / Grüninger, S. (Hrsg.), Handbuch
Compliance-Management, Berlin 2010, S. 72ff.
6 Thielemann, U.: Compliance und Integrity –
Zwei Seiten ethisch integrierter Unternehmenssteuerung, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und
Unternehmensethik 6 / 2005, S. 31.
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zepte oder Überzeugungen, die sich auf wünschenswerte Zielzustände oder Verhaltensweisen beziehen, situationsübergreifend sind, die
Wahl und Bewertung von Verhalten und Ereignissen leiten und im Hinblick auf ihre relative Bedeutung geordnet sind. Sie sind kognitive Repräsentationen individueller (biologischer) Bedürfnisse (Motive), interaktiver
Erfordernisse für die Abstimmung interpersonalen Verhaltens und gesellschaftlicher Erfordernisse für die Sicherung sozialen Wohlergehens und Überlebens.7 Die übergeordnete
Funktion von Werten ist die Steuerung
des Verhaltens von Akteuren. Werte in einem Unternehmen wirken in zwei Richtungen: nach innen auf die Unternehmenskultur und nach außen auf die
Reputation und das Image. Wieland unterscheidet drei Funktionen von Werten:
framing, Handlungsorientierung und
Identitätsstiftung. Durch das framing
werden Handlungen als moralisch rele-
Meyer_Anzeige192x130.indd 1
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vant wahrgenommen. Werte sind dafür
eine essentielle Voraussetzung. Mittels
ihrer Handlungsorientierung vermitteln
Werte, welche Handlungen in einer Gesellschaft gewünscht sind. Zuletzt wird
durch Werte die Zugehörigkeit zu einer
bestimmten Gruppe festgelegt (Identifikation).8
Die Gesamtheit der anerkannten
Werte einer Gesellschaft bildet deren
Kultur.9 Aus diesem Grund sollten bei der
Steuerung von Werten auch stets kulturelle Entwicklungen betrachtet werden.
Es sollte auch beachtet werden, dass
Werte, deren Interpretation und Anwendung, dynamischen Wandlungsprozessen unterliegen. Die Interpretation der
Bedeutung eines Wertes ist akteursspezifisch.10 Zudem verändern sich durch
gesellschaftliche Entwicklungen (z. B. Finanzkrise, Energiewende) die Bedeutung
und Relevanz der einzelnen Werte.11
93
3. Was ist Wertemanagement?
Ziel des Wertemanagements ist die Steuerung der gelebten Werte in einem Unternehmen. Es ist ein Instrument der moralischen Selbstbindung. Durch ein Wertemanagement werden moralische Werte
definiert, kodifiziert und nutzbar ge-
7 Bilsky, W.: Handbuch der Allgemeinen Psychologie – Motivation und Emotion, Göttingen 2009,
S. 43.
8 Vgl. Wieland, J.: Wertemanagement, in: Aßländer M. S. (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftsethik, Stuttgart 2011, S. 245–250.
9 Vgl. Eigenstetter, M.: Werthaltungen in Unternehmen, in: Aßländer, M. S. (Hrsg.), Handbuch
der Wirtschaftsethik, Stuttgart 2011, S. 218–221.
10 Vgl. Schultz, F. / Wehmeier, S.: Zwischen Struktur und Akteur, in: Raupp, Jarolimek und
Schultz (Hrsg.), Handbuch CSR, Wiesbaden
2011, S. 379ff.
11 Vgl. Pfriem, R.: Unsere mögliche Moral heißt
kulturelle Bildung, Marburg 2007.
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macht für die operative Anwendung.12 Ein
Wertemanagement besteht aus firmenspezifischen Instrumenten, die die ethische
Verfassung einer Organisation definieren
und in den Unternehmensalltag überleiten.13 Seine Hauptaufgabe begreift das
Wertemanagement als die Verknüpfung
von ökonomischer Wertschöpfung und
moralischen Normen. Die gelebten Werte
wirken nach innen und nach außen in
einem Unternehmen. Nach außen können richtig gesteuerte Werte ein positives
Image schaffen und Vertrauen bei Kunden und Geschäftspartnern aufbauen.
Auf diese Weise entsteht ein nicht imitierbarer Wettbewerbsvorteil. Viel interessanter ist im Hinblick auf Compliance
jedoch die Innenwirkung gelebter Werte.
Diese wirken sich positiv auf die Beziehung zwischen dem Unternehmen und
seinen Mitarbeitern aus. Sie beeinflussen die Unternehmenskultur und das Betriebsklima. Neben erfreulichen Produktivitätseffekten wie der langfristigen Bindung von Mitarbeitern (im Hinblick auf
den drohenden Fachkräftemangel sicherlich als wesentlicher Faktor zu bewerten)
und der Verbesserung der Mitarbeitermotivation bzw. Senkung des Krankenstandes wirken sich gelebte Werte, mit ethischem Hintergrund, vor allem auf die Regelbefolgung aus. Mitarbeiter, die sich mit
Ihrem Unternehmen identifizieren können und sich so mit diesem verbunden
fühlen, werden dieses nicht absichtlich
schädigen. Werte geben einem Unterneh-
men eine fassbare und unverwechselbare
Identität und sind eine Handlungsorientierung für die Mitarbeiter.14 Ein Unternehmen, das ethische Werte lebt, hat eine
ethische Unternehmenskultur und damit
– im besten Fall – auch ethisch handelnde
Mitarbeiter. Diese Handlungen werden
dann als ganz natürlich wahrgenommen
und nicht hinterfragt. So entsteht Compliance ohne Sanktionen oder stetige Kontrollen, die die Arbeitsprozesse behindern
und hohe Kosten verursachen.
Ein Wertemanagement sollte laut Wieland in vier Stufen aufgebaut werden. In
der ersten Stufe müssen die Werte ausgewählt und mittels Kodizes fixiert werden.
Nicht nur ethische Werte sollten bestimmt
werden, sondern auch ökonomische und
rechtliche. Auf der zweiten Stufe müssen die ausgewählten Werte in die Unternehmensprozesse implementiert werden.
Sinnvolle Instrumente dazu sind Leitlinien, Zielvereinbarungen etc. Sie machen
die Werte anwendbar. Weitere Möglichkeiten sind Arbeitsanweisungen, Leitfäden, Merkblätter oder Handbücher. Ohne
die Implementierung der Werte können
diese nicht im Unternehmen gelebt werden und ein Wertemanagement ist nicht
möglich. Zur Implementierung gehören
auch Kontrollsysteme, die die Einhaltung
überprüfen. Im dritten Schritt sollten die
implementierten Werte auf konkrete Bereiche hin systematisiert werden. Dazu gehören beispielsweise die Kommunikation
der Leitlinien und entsprechende Schu-
Organisation des Wertemanagements
Stufe 4:
Organisieren
Ethik /
Compliance -Office
Chefsache
Funktionale
Integration (z.B.
Revision, QM)
Instrumente des Wertemanagements
Stufe 3:
Implementieren
ComplianceProgramm
WerteProgramm
Ethik-Audit System
Unternehmenskommunikation
Stufe 2:
Kommunizieren
Intra Team
Inter Team
Extra Team
Unternehmenswerte
Stufe 1:
Kodifizieren
Interaktion
Leistung
Kommunikation
Kooperation
Moral
Abbildung 1:
Stufen des Werte­
managements16
lungsmaßnahmen. Auf der vierten und
letzten Stufe befindet sich die Organisationsebene. Hierbei werden die Aufgaben
des Wertemanagements funktional innerhalb der Organisation zugeordnet, z. B.
Compliance-Officer, Revisionsabteilungen. Dazu gehört auch die Vorbildfunktion des Topmanagements. Das Verhalten
der obersten Führung wirkt maßgeblich
auf das Verhalten der darunterliegenden
Ebenn.15
Es lassen sich das strategische und das
operative Wertemanagement unterscheiden. Die Definition von ethischen Werten ist Teil des strategischen Wertemanagements und Voraussetzung für alle
anderen Prozesse. Ein weiterer Teil des
strategischen Wertemanagements ist die
Führungskultur. Wertemanagement ist
Führungsaufgabe. Durch das Verhalten der
Führungskräfte können die formulierten
Werte gelebt werden. Im operativen Wertemanagement erfolgt die systematische
Umsetzung der wertebezogenen Anreize.17
4. Zusammenhang und Zusam­
menarbeit zwischen Wertema­
nagement und Compliance
Eine weit definierte Corporate Compliance und ein Wertemanagement können
sich im Unternehmen fruchtbar ergänzen. Werte können im Rahmen der Selbstbindung eines Unternehmens die Einhaltung der gesetzten Regelungen begünstigen. Compliance im weiteren Sinne kann
auf der anderen Seite die Einhaltung der
moralischen Vorgaben sicherstellen. Gegenseitig können so beide Konzepte ihre
Effizienz erhöhen.
Um diesen Aspekt zu verdeutlichen,
empfiehlt sich ein Blick auf die Fraud-Triangle von Cressey. Diese wurde hier mit
Blick auf die Wirkungen von Compliance
12 Vgl. Schwegler, R.: Moralisches Handeln von Unternehmen, Wiesbaden 2009, S. 221.
13 Vgl. Pforr, S.: Unternehmerische Innovationen
durch das Managen von Werten – Eine governanceethische Analyse, Marburg 2011, S. 206f.
14 Vgl. Wieland, J.: Wertemanagement, in: Aßländer (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftsethik,
Stuttgart 2011, S. 245–250.
15 Ebd.
16 Abbildung aus Wieland, J.: Die Ethik der Governance, Marburg 1999, S. 99.
17 Vgl. Pforr, S.: Unternehmerische Innovationen
durch das Managen von Werten – Eine governanceethische Analyse, Marburg 2011, S. 412ff.
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GRC-Report
und Wertemanagement entsprechend
modifiziert.
Um einen Betrug bzw. eine ähnliche
Straftat gegenüber dem Unternehmen
oder der Gesellschaft zu begehen, müssen nach Cressey drei Voraussetzungen erfüllt sein. Zuerst muss sich eine Gelegenheit zur Tat ergeben. Die hängt von den
Faktoren der Möglichkeiten zur Tat und
der Entdeckungswahrscheinlichkeit zusammen. Diese entstehen durch Lücken
in Kontrollsystemen und betreffen die
Performance von Corporate Compliance.
Zweite Voraussetzung ist die Motivation
zur Tat. Diese entsteht häufig durch persönliche Intentionen wie Geldnot oder
familiäre Probleme und kann meistens
durch das Unternehmen nicht direkt
und sofort beeinflusst werden. Hierbei
kann ein Wertemanagement jedoch indirekt wirken, in dem es die persönlichen
Tugenden der einzelnen Mitarbeiter stabilisiert. Letzte Voraussetzung ist die Rechtfertigung der Tat gegenüber sich selbst.
Häufiger Grund ist mangelnde Anerkennung der eigenen Tätigkeit oder falsche
Behandlung durch den direkten Vorgesetzten. An diesem Punkt kann Wertemanagement z. B. durch die folgenden Maßnahmen direkt ansetzen:19
ff Verringerung der Rechtfertigung durch
den Einklang von persönlichen Werten
und Unternehmenswerten,
ff Verringerung der notwendigen Kontrollen ohne Schaffung von neuen Lücken durch Wertemanagement und
Aufbau einer Vertrauenskultur.
Der positive Zusammenhang zwischen
Compliance und Wertemanagement besteht neben dem Abbau der bürokratischen Kosten auch in der verstärkten Akzeptanz des Compliancesystems. Durch
Identifikation mit dem Unternehmen
und seinen Werten wird der Sinn der einzelnen Compliance-Maßnahmen nicht in
Frage gestellt, sondern verstanden und
auf natürliche Weise in die Arbeitprozesse
integriert. Wesentlich für ein Verständnis
des Zusammenhangs zwischen Compliance und Wertemanagement ist die Unterscheidung von Werten und Regeln. Präzise formulierte Regeln fördern die Klarheit über einen Sachverhalt, dennoch
sind Regeln niemals alles umfassend. Es
bestehen stets Lücken und Grauzonen.
Eine zu hohe Regelungsdichte kann hem-
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mend wirken und
Prozesse verlangsamen. Regelungen
beziehen sich häufig als Reaktion auf
die Vergangenheit
Compliance
Gelegenheit
und sind daher oft
nicht
innovativ.
Werte
hingegen
haben eine offene
Struktur (fuzzy logic20) und können
so auf alle HandWertemanagement
lungen einwirken.
Sie fördern die EiMotivation
Rechtfertigung
genverantwortung, Handlungen
selbst zu bewerten.
Abbildung 2:
Die Kombination Wertemanagement und Corporate Compliance in der Fraud Triangle18
von Werten und
Regeln kann die
Prävention von Pflichtverletzungen und 5. Fazit
die angemessene Reaktion sinnvoll ergänDie vorherigen Ausführungen zeigen,
zen. Es können durch Regelungen Bemüdass es zwischen Corporate Compliance
hungen nachgewiesen werden und durch
und Wertemanagement einen fruchtbaWerte die negativen Wirkungen einer horen Zusammenhang gibt. Dieser sollte zur
21
hen Regelungsdichte begrenzt werden.
Optimierung beider Konzepte und zur
Dennoch darf Wertemanagement
Verbesserung des Unternehmensergebnisnicht als Ersatz für Corporate Compliance
ses sowie der Effizienz der Unternehmensverstanden werden. Es ist eine sinnvolle
prozesse genutzt werden. Eine UnterstütErgänzung, um den negativen Aspekten
zung der Maßnahmen der Corporate Comvon Compliance-Maßnahmen entgegenpliance durch gezielte Einführung und
zuwirken. Compliance bleibt Pflicht für
Steuerung von Werten kann bürokratiein Unternehmen. Wertemanagement
sche Kontrollaktivitäten mindern und in
ist eine Art Kür. Während die Pflicht leder Folge zu einer höheren Akzeptanz der
diglich die Funktionsfähigkeit auf einem
Compliance im Unternehmen beitragen.
allgemeinen Niveau sicherstellt (VerhinZudem verbessert ein ernsthaft betriebederung von Strafen etc.), kann Wertemanes Wertemanagement auch die Reputanagement als Kür zu einem langfristigen
tion des Unternehmens durch GlaubwürWettbewerbsvorteil und einem Identitätsdigkeit und Vertrauen sowie den Aufbau
merkmal führen. Es bildet eine authentieiner passenden Unternehmensidentität.
sche Differenzierung von den Wettbewerbern. In Zeiten der Globalisierung ist es
schwer, sich durch einzigartige Produkte 18 Abbildung in Anlehnung an Grüninger, S.: Werzu differenzieren. Daher sind weitere
torientiertes Compliance Mangement System,
in: Wieland, J. / Steinmeyer, R. / Grüninger, S.
Merkmale eines Unternehmens für dauer(Hrsg.), Handbuch Compliance-Management,
haften Erfolg am Markt notwendig. ComBerlin 2010, S. 44.
pliance und Wertemangement fungieren 19 Vgl. Grüninger, S.: Wertorientiertes Compliance
Mangement System, in: Wieland, J. / Steinals fruchtbare Ergänzung. Während Commeyer, R. / Grüninger, S. (Hrsg.), Handbuch Compliance eher auf die Gestaltung formaler
pliance-Management, Berlin 2010, S. 43ff.
Strukturen wirkt, funktionieren Werte in- 20 Wieland, J.: Wertemanagement, in: Aßländer,
formell und komplettieren die vorhandeM. S. (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftsethik,
Stuttgart 2011, S. 247.
nen Strukturen. Starre Regelungen und
21 Vgl. Kaptein, M.: Effektive Business Codes, in:
Kontrollen reichen nicht aus. Aktive FühWieland, J. / Steinmeyer, R. / Grüninger, S. (Hrsg.),
rungsarbeit und Vorbildverhalten sind
Handbuch Compliance-Management, Berlin
entscheidend.
2010, S. 303f.
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