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Einsatz von „Placebo“ in der medizinischen Praxis bei Internisten
und Rheumatologen in USA
Frage:
Wie ist die Einstellung von Internisten und Rheumatologen gegenüber Placebo in USA?
Hintergrund:
Bis vor einigen Jahrzehnten war die Verschreibung von Placebopräparaten in der medizinischen
Praxis gang und gäbe. Mit der zunehmenden Bedeutung des „informed consent“ wurde die
Verschreibung von Placebos als ethisch nicht mehr vertretbar etikettiert. Der Patient wird bie
der Verschreibung von Placebos getäuscht und kann damit keinen „informed consent“
abgeben. Vertreter der „Placeboverschreibung“ argumentieren, dass Placebos für einige
chronische Erkrankungen eine sehr wirksame Behandlungsmethode sein können und plädieren
für deren Einsatz. In der vorliegenden Arbeit werden die Verwendung und die Einstellung der
Ärzte gegenüber Placebopräparaten untersucht. Die Definition des Begriffs Placebo ist
uneinheitlich. In dieser Studie wurde folgende Definition verwendet. „Eine Placebobehanglung
ist eine Behandlung deren Benefit (in der Beurteilung der Ärzte) von einer positiven
Patientenerwartung herrührt und nicht durch einen „physiologischen Mechanismus“ der
Behandlung zustande kommt.“
Einschlusskriterien:
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Aus der Liste der Mitglieder der „American Medical Association“ mit der primären
Spezialität Innere Medizin oder Rheumatologie wurden nach dem Zufallsprinzip je 600
Ärzte ausgewählt.
Studiendesign und Methode:
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Umfrage mit einem speziell entwickelten Fragebogen.
Studienort:
USA
Resultat:
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Von den 1200 angeschriebenen Ärzten füllten 679 (57%) den Fragebogen aus. Die
Rücklaufrate war bei den Internisten und Rheumatologen gleich hoch.
Das mittlere Alter war 51 Jahre, 73% waren Männer.
55 % aller Ärzte haben im vergangenen Jahr ein- oder mehrmals Placebo verschrieben. Am
meisten werden rezeptfrei erhältliche Analgetika (41% der Ärzte) verschrieben. Daneben
werden aber auch Vitamine (38%), Sedativa (13%) und Antibiotika (13%) verschrieben.
Selten werden „Zuckerpillen“ oder Kochsalzlösung verschrieben.
Auf die Frage, wie Ärzte die Placeboverschreibung den Patienten kommunizieren,
antworteten sie: „ Das ist eine Therapie, die typischerweise nicht eingesetzt wird, aber
möglicherweise nützt“ oder ein Medikament ohne nachgewiesenen Effekt bei ihren
Beschwerden“. Nur eine Minderheit von 5% der Ärzte sagt den Patienten direkt, dass sie
ihnen ein „Placebo“ verschreiben.
Der grössere Teil der Ärzte (62%) vertrat klar die Meinung, dass die Verschreibung von
Placebos ethisch vertretbar und erlaubt ist.
Kommentar:
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Die Resultate der Studie zeigen, dass ein Grossteil der Ärzte Placebos verschreibt und den
Patienten sagt, dass diese „Medikamente“ üblicherweise bei diesen Beschwerden nicht
eingesetzt werden, möglicherweise aber doch eine Wirkung haben.
Studien in anderen Ländern kamen zu ähnlichen Resultaten
Nur eine Minderheit der Ärzte verschreibt Placebos in Form von „Zuckerpillen“ oder
Kochsalzlösung. Der grössere Teil verschreibt Vitamine, die in den verschriebenen
Dosierungen wahrscheinlich keine Nebenwirkungen haben, Analgetika, Sedativa oder
Antibiotika. Dies sind Medikamente, die sehr wohl Nebenwirkungen haben können.
Die Tatsache, dass Placebos in Form von Antibiotika und Sedativa verschrieben werden
müsste den „Ethikern“, die die Verschreibung von Placebos als unethisch etikettieren, zu
Denken geben.
Ich glaube nicht, dass die Medizin besser und kostengünstiger würde, wenn man Placebos
aus ethischen Überlegungen verbieten würde
Literatur:
Tilburt JC et alii. Prescribing “placebo treatments”: results of national survey of US internists
and rheumatologists. BMJ 2008; 337:a1938 doi:10.1136/bmj.a1938
Verfasser:
Johann Steurer
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