§ 2. Division mit Rest

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Chr.Nelius : Zahlentheorie (SoSe 2016)
§ 2. Division mit Rest
Unter allen ganzzahligen Vielfachen von 5, die kleiner–gleich 67 sind, gibt es ein größtes,
nämlich 13 · 5 ; denn 14 · 5 ist schon echt größer als 67 . Veranschaulicht an der Zahlengeraden:
50
55
60
10 · 5
11 · 5
12 · 5
65 67
13 · 5
70
75
14 · 5
15 · 5
Wir können daher 67 in der Form
67 = 13 · 5 + 2
schreiben. Diesen Vorgang bezeichnen wir als ”Division von 67 durch 5 mit Rest”. Der Rest
ergibt sich als
67 − 13 · 5 = 2 .
Der Rest ist auf jeden Fall ≥ 0 , und in diesem Beispiel ist er < 5 . Bevor wir dies allgemein
behandeln können, müssen wir die Begriffe ”größtes Element” und ”kleinstes Element” in einer
Menge von ganzen Zahlen klären und uns überlegen, ob es solche Elemente immer geben muss.
In der Menge
T = { 3, −1, 7, 4, 9, 5, −2, 8 } ⊆
Z
ist −2 das Element, das von keinem Element aus T unterboten wird, und 9 ist das Element
von T , das von keinem Element von T überboten wird. Man sagt: −2 ist das kleinste Element
von T und 9 ist das größte Element von T . Allgemein definieren wir:
(2.1) DEF: Sei T ⊆
Z eine nichtleere Teilmenge.
a) Eine ganze Zahl g heißt größtes Element von T , wenn gilt:
1) g ∈ T
und
2) t ≤ g für alle t ∈ T .
Bezeichnung: g =: max(T ).
b) Eine ganze Zahl k heißt kleinstes Element von T , wenn gilt:
1) k ∈ T
und
2) k ≤ t für alle t ∈ T .
Bezeichnung: k =: min(T ).
(2.2) BEM: a)
b)
N besitzt ein kleinstes Element, aber kein größtes Element.
Z besitzt weder ein kleinstes noch ein größtes Element.
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Nicht jede Menge ganzer Zahlen muss ein kleinstes oder ein größtes Element besitzen, und
daher ist es wichtig zu wissen, für welche Mengen dies richtig ist. Zunächst einmal gilt:
(2.3) SATZ: Jede nichtleere endliche Menge ganzer Zahlen besitzt ein kleinstes und ein
größtes Element.
Um diesen Satz beweisen zu können, benötigen wir eine zweite wichtige Beweismethode, nämlich
den Beweis durch vollständige Induktion. Mit dieser Beweisart lässt sich häufig zeigen, dass
eine Formel oder eine Aussage für alle natürlichen Zahlen richtig ist. Da die Aussage des Satzes
(2.3) recht plausibel erscheint, verschieben wir den Beweis auf später und kommen erst einmal
zu dem Hauptergebnis:
(2.4) SATZ: Division mit Rest
Z
Zu jeder ganzen Zahl a ∈ und jeder natürlichen Zahl n ≥ 1 gibt es eindeutig bestimmte
ganze Zahlen q und r mit folgenden Eigenschaften:
a = q·n+r
und 0 ≤ r < n .
Dabei heißt q der Quotient bei Division von a durch n und r der Rest bei Division
von a durch n.
Bezeichnungen:
q =: qn (a) , r =: rn (a)
a = qn (a) · n + rn (a)
Beispiele: a = 67 , n = 5 :
a = 36 , n = 6 :
(0 ≤ rn (a) < n)
67 = 13 · 5 + 2
36 = 6 · 6 + 0
a = −25 , n = 7 : −25 = (−4) · 7 + 3
a = 0, n = 8 :
!
0=0·8+0
Der Rest ist immer eine nichtnegative Zahl!
Die Beweisidee ist zu Beginn des Paragraphen an einem Beispiel beschrieben worden. Wir
bestimmen q ∈ so, dass q · n das größte Vielfache von n ist, das kleiner–gleich a ist. Ein
solches q existiert auf Grund von (2.3). Dann setzen wir r := a − q · n . Diese beiden Größen
erfüllen dann die in dem Satz geforderten Eigenschaften, d.h. es gilt a = q · n + r und
0 ≤ r < n.
Z
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Eine ganze Zahl a hat bei Division durch n immer einen Rest r , für den
d.h. der Rest ist ein Element der Menge
0 ≤ r < n gilt,
Rn := { 0, 1, 2, 3, . . . , n − 2, n − 1 }
Umgekehrt gibt es zu jeder Zahl r ∈ Rn auch eine Zahl a, die den Rest r bei Division durch
n hat, es gibt sogar unendlich viele Zahlen mit Rest r bei Division durch n . Jede der Zahlen
aus
{r + k · n|k ∈ }
Z
hat nämlich den Rest r bei Division durch n .
Die durch n teilbaren Zahlen haben den Rest 0 bei Division durch n und umgekehrt. Genauer
gilt:
(2.5) SATZ: Für a ∈
Z und n ∈ N gilt:
n | a ⇐⇒ rn (a) = 0 .
Betrachten wir den Spezialfall n = 2 , so hat jede ganze Zahl a bei Division durch 2 entweder
den Rest 0 oder 1 . Damit kommen wir zu der bekannten Definition:
(2.6) DEF: Eine ganze Zahl heißt gerade , wenn sie durch 2 teilbar ist, ansonsten ungerade.
(2.7) SATZ:
a = 2 · k.
a) Eine ganze Zahl a ist genau dann gerade, wenn es ein k ∈
b) Eine ganze Zahl a ist genau dann ungerade, wenn es ein l ∈
Z gibt mit
Z gibt mit
a = 2 · l + 1.
(2.8) BEM: a) Jede ganze Zahl ist entweder gerade oder ungerade.
b) Die Summe zweier ganzer Zahlen ist genau dann ungerade, wenn ein Summand gerade und
der andere ungerade ist.
c) Das Produkt zweier ganzer Zahlen ist genau dann ungerade, wenn beide Faktoren ungerade
sind.
d) Es gelten die folgenden ”Verknüpfungstafeln” (g: gerade, u: ungerade):
+
g
u
·
g
u
g
u
g
u
u
g
g
u
g
g
g
u
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(2.9) Beweis durch vollständige Induktion
N
N
n0 ∈ 0 sei eine feste Zahl, und es sei A(n) eine Aussage in Abhängigkeit von n ∈ 0 .
Dann ist die Aussage A(n) für alle natürlichen Zahlen n ≥ n0 richtig, wenn man
folgendes beweisen kann:
i) A(n0 ) ist richtig
und
ii) aus der Richtigkeit von A(n) für eine beliebige, aber feste natürliche Zahl
n ≥ n0 folgt die Richtigkeit von A(n + 1).
Bezeichnungen: Ein Induktionsbeweis besteht immer aus 2 Beweis–Teilen:
1) dem Induktionsanfang (IA):
Hier wird bewiesen, dass die Behauptung für n = n0 richtig ist.
2) dem Induktionsschluss (IS) oder dem “Schluss von n auf n + 1“:
Hier wird unter der Induktionsvoraussetzung (IV), dass die Behauptung für eine beliebige
(aber feste) natürliche Zahl n ≥ n0 richtig ist, die Induktionsbehauptung (IB) bewiesen,
dass dann die Behauptung auch für n + 1 richtig ist.
Grundlage für diese Beweismethode ist das sog. Induktionsprinzip aus den Peano–Axiomen für
die natürlichen Zahlen (Giuseppe Peano, 1858–1932):
Die PEANO–Axiome für die natürlichen Zahlen (1889):
P1 ) 0 ist eine natürliche Zahl
P2 ) Jede natürliche Zahl n besitzt eine natürliche Zahl n′ als
Nachfolger
P3 ) 0 ist nicht Nachfolger einer natürlichen Zahl
P4 ) Haben zwei natürliche Zahlen denselben Nachfolger, so sind
sie gleich
P5 ) Induktionsprinzip
Eine Menge T natürlicher Zahlen, die 0 enthält und mit jeder
Zahl auch deren Nachfolger, enthält alle natürlichen Zahlen.
Unter den Voraussetzungen i) und ii) aus (2.9) läßt sich zeigen, dass die Menge
T := { n | n ∈
N , n ≥ n , A(n) ist richtig } ⊆ N
0
0
0
auf Grund von P5 ) gleich der Menge aller natürlichen Zahlen ≥ n0 ist, d.h. A(n) ist dann für
alle n ∈ 0 , n ≥ n0 richtig.
N
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(2.10) BEISPIEL: Ist x eine beliebige reelle Zahl, so gilt für alle n ∈
N
(1 + x + x2 + x3 + . . . + xn ) · (x − 1) = xn+1 − 1
Hieraus resultiert im Falle x 6= 1 die bekannte Formel für eine endliche geometrische Reihe.
Den Beweis von (2.10) führen wir durch vollständige Induktion nach n :
(IA)
n=1
Zu zeigen: (1 + x) · (x − 1) = x2 − 1 .
Dies ergibt sich aber sofort mit Hilfe der 3. binomischen Formel.
(IV) Sei n eine beliebige aber feste natürliche Zahl und gelte
(1 + x + x2 + x3 + . . . + xn ) · (x − 1) = xn+1 − 1
(IB) (1 + x + x2 + x3 + . . . + xn + xn+1 ) · (x − 1) = xn+2 − 1
(IS) (1 + x + x2 + x3 + . . . + xn + xn+1 ) · (x − 1)
= ((1 + x + x2 + x3 + . . . + xn ) + xn+1 ) · (x − 1)
= (1 + x + x2 + x3 + . . . + xn ) · (x − 1) + xn+1 · (x − 1)
(IV)
=
(xn+1 − 1) + xn+1 · (x − 1)
= xn+1 − 1 + xn+2 − xn+1
= xn+2 − 1
Wir kommen jetzt auf den Beweis von (2.3) zurück: Gezeigt werden soll, dass jede nichtleere
endliche Menge ganzer Zahlen ein kleinstes und ein größtes Element besitzt.
Diesen Satz beweisen wir duch vollständige Induktion nach der Anzahl n der Elemente der
Menge. Damit der Induktionsbeweis, den wir jetzt führen wollen, klarer wird, formulieren wir
(2.3) etwas um:
N
Sei n ∈ . Dann besitzt jede Menge ganzer Zahlen, die
n Elemente hat, ein kleinstes und ein größtes Element.
Für Mengen natürlicher Zahlen können wir sogar noch beweisen:
(2.11) SATZ: Jede nichtleere Menge natürlicher Zahlen besitzt ein kleinstes Element.
Im Gegensatz zu (2.3) wird hier nicht vorausgesetzt, dass die Menge endlich ist! Eine unendliche
Menge natürlicher Zahlen besitzt aber kein größtes Element.
Beispiel: in
N gibt es kein größtes Element.
Die in Satz (2.11) beschriebene Eigenschaft der Menge der natürlichen Zahlen wird als
Wohlordnung von
bezeichnet.
N
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(2.12) SATZ: Es sei T eine nichtleere Menge natürlicher Zahlen. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:
a) T ist eine endliche Menge
b) T besitzt ein größtes Element.
Die beiden Sätze (2.11) und (2.12) spielen im weiteren
Verlauf der Vorlesung eine sehr wichtige Rolle!
!
Zusammenfassung: Ist T eine beliebige nichtleere Menge natürlicher Zahlen, so gilt:
1) T besitzt immer ein kleinstes Element
2) T besitzt genau dann ein größtes Element, wenn T eine endliche Menge ist.
Zum Abschluss dieses Paragraphen stellen wir die wichtigsten Regeln für die Bildung von Resten
zusammen:
(2.13) SATZ:
Für n ∈
Rechenregeln für die Restbildung
N und a, b ∈ Z gilt:
a) rn (a) ∈ {0, 1, 2, . . . , n − 1 } = Rn
b) rn (r) = r für alle r ∈ Rn , insbesondere rn (rn (a)) = rn (a)
c) rn (a + k · n) = rn (a) für alle k ∈
d) rn (a) = rn (b)
⇐⇒
Z
n | (a − b)
e) rn (a + b) = rn (rn (a) + rn (b))
f) rn (a · b) = rn (rn (a) · rn (b))
g) rn (am ) = rn (rn (a)m) für alle m ∈
N
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