DAWN: EINE REISE ZU DEN ANFÄNGEN DES SONNENSYSTEMS

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DAWN: EINE REISE ZU DEN ANFÄNGEN DES SONNENSYSTEMS
R. Jaumann1,2, C.T. Russell3, A. Coradini4, M.C. De Sanctis4, W.C. Feldman5, H.U. Keller6,
T.B. McCord7, L.A. McFadden8, S. Mottola1, C.M. Pieters9, T.A. Prettyman5, C.A.
Raymond10, H. Sirks6, D.E. Smith11, M.V., Sykes12, M. Zuber13
und das Dawn Science Team,
1
2
DLR, Inst. für Planetenforschung Rutherfordstrasse 2, 12489 Berlin, Germany; Freie Universität Berlin, Inst. Für
3
Geologische Wissenschaften, Germany; ([email protected]); IGPP & ESS, UCLA, Los Angeles, CA 90095-1567,
4
5
6
USA; IFSI, Via del fosso del Cavaliere, Rome 00133, Italy; LANL, MS D466, NIS-1, Los Alamos, NM 87545, USA;
7
8
MPAE, 37191 Katlenburg-Lindau, Germany; Bear Fight Center, 22 Fiddler’s Rd., WA98862-0667, USA; University of
9
10
Maryland, College Park, MD 20742, USA; Brown University, Providence, RI 02912, USA; JPL, 4800 Oak Grove Dr,
11
12
Pasadena, CA 91109, USA; GSFC, MC 920, Greenbelt, MD 20771, USA; PSI, 1700 East Fort Lowell, Suite 106,
13
Tucson, AZ 85719-2395, USA; MIT, Cambridge, MA 02139, USA.
Zusammenfassung
Am 27. September 2007 hob von Cape Canaveral eine Delta II-Rakete mit der Raumsonde Dawn ab. Das
Ziel der NASA-Mission mit deutscher Beteiligung sind die Asteroiden Vesta und Ceres. An Bord von Dawn
befindet sich ein Kamerasystem, das gemeinsam vom DLR und dem Max-Planck-Institut entwickelt und
gebaut wurde. Diese Kamera dient nicht nur der Erforschung der Kleinplaneten, sondern ist unerlässliches
Hilfsmittel zur Navigation der Sonde. Zwischen 2011 und 2015 wird Dawn als erste Mission an zwei
unterschiedlichen Körpern unseres Sonnensystems in eine Umlaufbahn einschwenken.
Astronomen in ganz Europa teilten sich den
Nachthimmel, um ihren Abschnitt nach
Wandelsternen abzusuchen. Der erste, der fündig
wurde, gehörte allerdings nicht zur Himmelspolizei.
Es war Giuseppe Piazzi, der am 1. Januar 1801 in
der südlichsten Sternwarte Europas in Palermo den
größten Asteroiden entdeckte: Ceres. Dieser
Himmelskörper war aber für damalige Fernrohre
schwer zu entdecken. Aufgrund seiner sehr
exzentrischen Bahn – Ceres’ Umlaufbahn ist
gegenüber derjenigen der Erde um zehn Grad
geneigt – verloren die Astronomen Ceres wieder aus
den Augen. Rettung brachte der geniale
Mathematiker Karl Friedrich Gauß. Der formulierte
auf Grundlage der vorhandenen Beobachtungen
eine Formel, mit deren Hilfe Ceres genau am ersten
Jahrestag seiner Entdeckung am 1. Januar 1802
wieder von Franz von Zach und Heinrich Olbers
gefunden wurde.
Davon ermutigt setzte die Himmelspolizei ihre Arbeit
fort, und am 28. März 1802 fand Heinrich Olbers das
zweite Objekt zwischen Mars und Jupiter: Pallas.
Karl Harding spürte am 1. September 1804 Juno
auf, und der letzte der Großen unter den Kleinen,
Vesta, ging Olbers am 29. März 1807 ins Netz.
Die Wissenschaftler hatten statt einem Planeten vier
gefunden. Und ihre Zahl sollte in den folgenden
Jahrzehnten exponentiell steigen: bis Ende des 19.
Jahrhunderts verzeichnete man 463 derartige
Himmelskörper. Man beschloss, sie als
„Sternenähnliche“, lateinisch: Asteroiden, zu
bezeichnen und nummerierte sie in der Reihenfolge
ihrer Entdeckung: 1 Ceres, 2 Pallas, 3 Juno, 4
Vesta…
1. EINLEITUNG
Von Interesse ist diese Mission für die
Planetenforschung, da Asteroiden das Material
enthalten, aus dem das Sonnensystem – inklusive
unsere Erde – entstanden sind. Da Asteroiden
Bausteine eines Planeten sind, der
höchstwahrscheinlich aufgrund der
Gravitationskräfte Jupiters niemals fertig gestellt
wurde, können sie uns Aufschluss geben, wie ein
Planet geboren wird. Doch es gibt auch ein
handfestes Sicherheitsinteresse, diese
Himmelskörper zwischen den Planeten Mars und
Jupiter genau zu untersuchen. Asteroiden geraten
bisweilen durch Störungen ihrer Umlaufbahn in das
innere Sonnensystem und können dabei auch die
Bahnen der inneren Planeten kreuzen. Dabei kommt
es immer wieder zu Kollisionen mit der Erde: Im
harmlosen Fall verlieren kleinste Körper einen
Großteil ihrer Energie durch die Luftreibung in der
Erdatmosphäre, was dann zu spektakulären
Leuchterscheinungen von Meteoren und
Feuerkugeln führt. Doch gibt es auch mehr als
tausend über einen Kilometer große Objekte, die im
ungünstigsten Fall zu einer potentiellen Gefahr für
die Erde werden. Statistisch betrachtet schlägt etwa
alle fünftausend Jahre ein mehr als hundert Meter
großer Asteroid auf der Erde ein.
Über die auffallende Lücke zwischen den Planeten
Mars und Jupiter wunderten sich bereits die
Gelehrten des 18. Jahrhunderts. Der Gothaer
Astronom Franz von Zach rief eine so genannte
„Himmelspolizei“ ins Leben, um nach einem
unentdeckten Planeten zu fahnden. Vierundzwanzig
1
2. ZEUGNIS AUS DER URZEIT DES
SONNENSYSTEMS
Doch in der Region des heutigen Asteroidengürtels
scheiterte nach Ansicht der Wissenschaft die
Bildung eines Planeten. Die Anziehungskraft
Jupiters brach die Fragmente immer wieder
auseinander. Das Drama dieses nie vollendeten
Himmelskörpers – die Astronomen des 18.
Jahrhunderts hatten den hypothetischen Planeten
Phaeton getauft – ist für die Wissenschaft ein
Glücksfall. Denn im Asteroidengürtel ist der
Urzustand des Sonnensystems eingefangen wie
eine Fliege im Bernstein. Doch ganz spurlos sind
die vergangenen viereinhalb Milliarden auch am
Asteroidengürtel nicht vorübergegangen. Immer
wieder kam es zu Zusammenstößen von Asteroiden.
Manche wurden aus der Bahn geworfen und
kollidierten mit einem Planeten. Die zernarbten
Oberflächen unseres Mondes oder Merkur geben
davon Zeugnis ab, und auch die Erde ist von
solchen Einschlägen nicht verschont worden.
Vor 4,6 Milliarden Jahren bildete sich unser
Sonnensystem aus einer gewaltigen Scheibe aus
Staub und Gas, die immer schneller um ihren
Mittelpunkt rotierte[1,2,3]. Der Großteil dieser
hauptsächlich aus Helium und Wasserstoff
bestehenden Masse formte sich zu einem
Zentralgestirn. Die Hitze der Sonne ließ im inneren
Sonnensystem alles verdampfen bis auf
Gesteinspartikel, aus denen die festen Planeten
Merkur, Venus, Erde und Mars entstanden (Bild 1).
3. DER ASTEROIDENGÜRTEL
Asteroiden, auch Kleinplaneten genannt,
unterscheiden sich stark in ihrer Form und Größe.
Die kleinsten haben Durchmesser von einem
Dutzend Meter, die größten erreichen wie Vesta 500
Kilometer. Höchstwahrscheinlich sind die kleinen
Marsmonde Phobos und Deimos ursprünglich
Asteroiden gewesen, bis sie – durch einen
Zusammenstoß oder die Jupiter Gravitationskraft –
in das Schwerefeld des roten Planeten gerieten. Als
einziges Objekt im Asteroidengürtel zählt Ceres mit
seinen fast 1000 Kilometern Durchmesser bereits
als Zwergplanet: eine Kategorie, die 2006 ins Leben
gerufen wurde [5] und neben Ceres auch Pluto und
Eris enthält, die zwei bislang größten Himmelskörper
im Kuipergürtel jenseits der Neptun-Umlaufbahn.
Bereits 1866 entdeckte der Amerikaner Daniel
Kirkwood, dass einige Regionen des
Asteroidengürtels leer sind.
BILD 1. Künstlerische Darstellung des frühen
Sonnensystems (mit freundlicher Genehmigung von
B. Hartmann)
Am Rand der Scheibe blieb es kalt genug, dass sich
Wasser, Methan und Ammoniak als Eispanzer um
die Gesteinskerne der späteren Gasriesen Jupiter,
Saturn, Uranus und Neptun legten.
Die Entstehung der Planeten begann sehr langsam.
Wie Flocken klumpten kleine Teilchen zusammen
[z.B.3]. Die immer umfangreichen Brocken zogen
sich gegenseitig an und wuchsen zu so genannten
Planetesimalen an [3|, den Bausteinen von
Planeten. Dieser Prozess der Planetenbildung
vollzog sich in den ersten 30 Millionen Jahren [3,4]
(Bild 2).
BILD 3. Anzahl der Asteroiden im Asteroidengürtel
als Funktion der großen Halbachse. Die Pfeile
markieren Bahnresonanzen mit Jupiter (KirkwoodLücken). Vesta bedindet sich bei 2.36
BILD 2. Zeitskala für die Entwicklung der Planeten
[3]
2
astronomischen Einheiten (AE) und Ceres bei 2.77
AE. (Courtesy NASA/JPL-CalTech)
Jahren Ströme von glutflüssiger, eisen- und
magnesiumreicher „basaltischer“ Lava [12], wie sie
auch die Ozeanböden der Erde bedeckt.
Teleskopische Beobachtungen zeigen, dass die
Kruste Vestas von Gesteinen unterschiedlicher
Zusammensetzung aufgebaut sein muss [13]. Am
Südpol hat die Kollision mit einem anderen
Asteroiden einen riesigen Einschlagskrater von 460
Kilometern Durchmesser und 13 Kilometern Tiefe
hinterlassen, was die äußere Form von Vesta
massiv verändert hat [14]. Aufgrund ihrer spektralen
Eigenschaften gehen die Planetenforscher davon
aus, dass der Einschlag mindestens 50 kleinere
Asteroiden erzeugt hat, die als „Vestoiden“ ihre
Bahn um die Sonne ziehen [7]. Teile davon sind
sogar als Meteoriten bis zur Erde gekommen.
Wissenschaftler glauben, in der Antarktis „Krümel“
von Vesta – die HED Meteorite - anhand ihrer
chemischen Zusammensetzung identifizieren zu
können [7]. HED steht für die Gesteine Howardit,
Eucrit und Diogenit, deren spektrale Characteristik
exakt mit der von Vesta übereinstimmt.
Diese Kirkwood-Lücken sind dort entstanden, wo die
Umlaufzeit ein Asteroiden genau das ganzzahlig
Vielfache eines Jupiterjahres beträgt. In diesen
Konstellationen sind Asteroiden regelmäßig der
Anziehungskraft des Riesenplaneten ausgesetzt,
was den Einfluss der Gravitation immer weiter
verstärkt, bis die Kleinplaneten schließlich aus ihrer
Bahn gerissen werden und eine Lücke hinterlassen
[6]. Nicht alle Asteroiden ziehen allein ihre Bahn, es
gibt auch Ansammlungen, die man als Familien
bezeichnet, da sie oft gleichen Ursprungs sind: also
Resultat einer Kollision zweier Asteroiden. Wenn
eine Familie genau auf den Orbit eines Planeten
ausgerichtet ist, bezeichnet man sie als Trojaner.
Auf der Umlaufbahn des Jupiter befinden sich zwei
Trojanerfamilien: eine bewegt sich 60 Grad vor, die
andere 60 Grad hinter dem Riesenplaneten. Andere
Familien haben so exzentrische Umlaufbahnen,
dass sie die Erdbahn kreuzen und daher als NEOs
(Near Earth Objects) bezeichnet werden. Auch
Vesta hat derart Verwandte, die Vestoiden [7].
4. VESTA
Alle heutigen Erkenntnisse über die Zielasteroiden
Vesta und Ceres sind Ergebnisse von
Beobachtungen durch Teleskope sowie die Analyse
von Spektralmessungen, die Aufschluss über die
Beschaffenheit der Himmelskörper geben
[8,9,10,11] (Bild 4).
BILD 5. Ein Stück des vermutlich von der Vesta
stammenden Eucrit-Meteoriten Milbillillie der am 15
Oktober 1960 im Wiluna District in West-Australen
niederging.
5. CERES
Ceres (Bild 4) benötigt für eine Sonnenumkreisung
4,6 Erdenjahre und für eine Rotation neun Stunden
und fünf Minuten. Wegen seiner größeren
Sonnenentfernung von 450 Millionen Kilometer (2,77
AE) und den dadurch bedingten niedrigeren
Temperaturen bei der Bildung des Körpers in dieser
Zone des solaren Urnebels wurde bei Ceres ein
größerer Anteil an leichten und flüchtigen Elementen
eingebaut. Ceres hat deshalb ein geringeres
spezifisches Gewicht als Vesta und weist durch
seinen beachtlichen Anteil an Eis und
möglicherweise sogar Wasser in seinem Inneren
bereits einige Charakteristika eines Kometen auf
[10,17]. Der Wasseranteil des Zwergplaneten wird
auf 15 bis 25 Prozent geschätzt, weshalb Ceres,
benannt nach der römischen Göttin des Ackerbaus,
als „nasser“ Asteroid gilt. Die Oberflächestruktur von
Ceres ist weitgehend unbekannt. Jedoch zeigen
Helligkeitsunterschiede, dass entweder
morphologische und/oder chemische Unterschiede
einzelnen Oberflächeneinheiten bestimmen (Bild 6).
BILD 4. 4 Vesta und 1 Ceres im Verglich zu dem
erdnahen Asteroiden 433 Eros [15,16].
Vesta ist ein Ellipsoid. Sein Durchmesser beträgt
zwischen 460 und 580 Kilometer, er dreht sich in
fünf Stunden und 20 Minuten um die eigene Achse
[11]. Da Vesta mit 380 Millionen Kilometer (2,34 AE)
der Sonne relativ nahe ist, sind Flüssigkeiten und
Gase, die einmal Bestandteil der Oberfläche waren,
verdampft und ins Weltall entwichen. Der Asteroid,
der 3,6 Erdenjahre für den Orbit um die Sonne
benötigt, ist also „trocken“. Über die Oberfläche von
Vesta ergossen sich vermutlich kurz nach der
Entstehung des Körpers vor fast 4,6 Milliarden
3
Die NASA-Jupitersonde Galileo erreichte als erste
einen Asteroiden, als sie am 29. Oktober 1991 nur
1.600 Kilometer an Gaspra vorbeiflog. Am 28.
August 1993 kam es zur zweiten Begegnung mit
dem 2.400 Kilometer entfernten Asteroiden Ida,
wobei dessen Mond Dactyl entdeckt wurde.
Die NEAR-Shoemaker-Sonde näherte sich am 27.
Juni 1997 dem Asteroiden Mathilde auf 1.200
Kilometer und schwenkte am 14. Februar 2000 auf
eine Umlaufbahn um Eros. Bei dem absichtlichen
Absturz am 12. Februar 2001 sendete NEAR 69
Nahaufnahmen von der Oberfläche des Asteroiden.
Die bereits 1998 gestartete Sonde Deep Space 1
passierte am 28. Juli 1999 den Asteroiden Braille in
nur 16 Kilometer Entfernung. Die Mission galt auch
der Erprobung einiger neuer Technologie wie
beispielsweise dem Ionenantrieb.
Auf seinem Weg zum Kometen Wild 2 kam Stardust
dem Asteroiden Anne-Frank am 2. November 2002
auf 3.000 Kilometer nahe.
Doch nicht nur die NASA schickt unbemannte
Missionen in den Asteroidengürtel. Die von der
japanischen Raumfahrtagentur entwickelte Sonde
Hayabusa erreichte im September 2005 den
Asteroiden Itokawa und setzte am 19. November
desselben Jahres dort auf. Ob das Ziel,
Bodenproben zu entnehmen, erreicht wurde, wird
sich zeigen, wenn eine Kapsel wie geplant 2010 zur
Erde zurückkehrt.
Die europäische Sonde Rosetta wird vor ihrer
Begegnung mit dem Kometen 67P/ChuryumovGerasimenko im Jahr 2014 im September 2008
Asteroiden Steins und im Juli 2010 den Asteroiden
Lutetia passieren
BILD 6. 1 Ceres, Rotation des hellen Flecks (Pfeil)
[18].
Es wird nicht ausgeschlossen, dass unter der Kruste
im Mantel von Ceres eine vielleicht sogar hundert
Kilometer mächtige Schicht aus Wasser oder Eis
existiert [10]. Es könnte dort außerdem eine dünne
Atmosphäre geben. Ein flüssig glühender Kern oder
der Zerfall radioaktiver Elemente im Inneren könnten
das Wasser über den Gefrierpunkt aufgewärmt
haben und wie auf dem Jupitermond Europa unter
der vereisten Oberfläche einen Ozean beherbergen
[10]. Sollte dort Ammoniak vorkommen, so würde
dies als Frostschutzmittel wirken (Bild 7).
7. DIE DAWN MISSION
Die wenigen, täglich auf eine halbe Stunde offenen
Startfenster für Dawn fielen mit den technischen
Vorbereitungen zum Start der NASA-Marsmission
Phoenix Anfang August zusammen. Der Zeitraum, in
dem die Landesonde Phoenix zum Mars starten
konnte, war auf wenige Wochen begrenzt, was eine
Startverschiebung für Dawn bedeutete
Im September und in den ersten beiden
Oktoberwochen war dagegen immer am Vormittag
ein Startfenster für Dawn offen, wodurch die
berüchtigten Nachmittagsgewitter am Cape
Canaveral umgangen werden konnten, die schon
manchen Start vereitelt haben. Dawn würde mit
diesem späteren Starttermin sogar auf einer
günstigeren Route zu Vesta fliegen und dort zwei
Monate früher ankommen. Danach freilich wurde es
heikel: wäre auch dieser Zeitraum verstrichen, hätte
sich erst 2022 wieder die Möglichkeit ergeben,
sowohl Vesta als auch Ceres anzusteuern.
Doch am 27. September 2007 hatte das lange
Warten ein Ende: Um 13.34 MESZ (7.34 Uhr
Ortszeit) hob vom Cape Canaveral die Delta IIRakete mit der Raumsonde ab. Die Flugbahn von
Dawn ist so ausgelegt, dass die Sonde im April 2009
BILD 7. Strukturierung von Ceres in einen
Kernbereich aus Gestein und eine konvektive und
konduktive Eiskruste (links) und einen zusätzlichen
Ozean aus Wasser (rechts) [10].
Auch wenn dieser unterirdische Ozean
mittlerweile gefroren ist, wäre es denkbar, dass
sich in den Milliarden Jahren zuvor einfaches
Leben entwickelt hat. Um eventuelles Leben
dort nicht zu gefährden, gilt für die DawnSonde eine strenge Quarantäne-Vorschrift: Es
muss sichergestellt sein, dass keine Mikroben
von der Erde auf Ceres gelangen, solange auch
nur die geringste Gefahr einer Zerstörung
außerirdischer Mikroben besteht.
6. ASTEROIDENMISSIONEN
Obwohl Dawn die bis dahin gründlichste
Untersuchung von Asteroiden vornehmen wird,
handelt es sich nicht um die erste Mission zu den
geheimnisvollen Himmelsnomaden.
4
die Schwerkraft des Planeten Mars nutzt, um sein
erstes Hauptziel zu erreichen. Dawn wird in einen
Orbit um Vesta einschwenken und den Asteroiden
ab Oktober 2011 für etwa acht Monate erforschen.
Das zweite Hauptziel von Dawn, Ceres soll die
Sonde ab Februar 2015 umkreisen und bis Juli des
Jahres untersuchen [19, 20, 21] (Bild 8).
fliegen“ würden. Da ein solcher Antrieb zu schwach
ist, um das Gewicht einer Raumkapsel von der Erde
zu bewegen, geriet die Idee in den ersten
Jahrzehnten
des
Raumfahrtzeitalters
in
Vergessenheit.
Erst
der
Einsatz
kleiner,
unbemannter Sonden, die weite Strecken im All
zurücklegen sollen, machten den Ionen-Antrieb
attraktiv.
Die
Schubleistung
eines
solchen
Triebwerkes ist nicht größer als der Druck, den ein
Blatt Papier auf einer ausgestreckten Handfläche
ausübt. Dies ist zwar wenig, kann in der
Schwerelosigkeit jedoch durch konstantes brennen
fast unbegrenzt gesteigert werden.
Im Ionen-Motor werden Elektronen in ein Magnetfeld
geschossen, in dem sich das Edelgas Xenon
befindet. Wenn ein Xenon-Atom getroffen wird,
verliert es eines seiner negativen Teilchen und ist
damit positiv geladen. Daher stößt das Magnetfeld
das ionisierte Xenon-Atom aus der Antriebsdüse
und erzeugt einen Rückstoßeffekt. Dieser Schub
entspricht nur einem Bruchteil, dem chemischer
Treibstoffe. Dafür kann der Ionen-Antrieb Wochen,
sogar Monate in Betrieb sein. Der Ionen-Antrieb
verbraucht bei einer 24 Stunden währenden
Zündung nur 250 Gramm Xenon-Gas. Am Ende der
Mission wird das Triebwerk etwa 50.000 Stunden in
Betrieb gewesen sein, wofür die nur 425 Kilogramm
mitgeführten Treibstoffs ausreichen werden. Mit
einem chemischen Antrieb würde die Dawn Mission
10 mal mehr Treibstoff benötigen und wäre damit
aus Gewichtsgründen nicht mögliche.
BILD 8. Missionsverlauf von Dawn.
8. DER IONENANTRIEB
Die Dawn-Sonde (Bild 9) hat einen Ionen-Antrieb,
wie er bereits 1998 bei der Deep Space 1 und 2004
bei der europäischen Mondsonde Smart 1
eingesetzt wurde.
9. INSTRUMENTE
Das Dawn-Projekt ist das neunte von zehn
Discovery-Missionen der NASA, die sich durch
Sparsamkeit und kleine Flugkörper auszeichnen und
somit mehr Forschungsunternehmen möglich
machen.
Mit an Bord ist ein deutsches Kamerasystem (Bild
10), das wegen der Verwendung eines digitalen
Flächensensors als Framing Camera bezeichnet
wird. Jede Kamera besteht aus einem Kamerakopf
und aus einer darunter liegenden Elektronikbox, die
eine Datenverarbeitungseinheit mit Massenspeicher
enthält. Da diese Kamera nicht nur zur Vermessung
der Asteroidenoberflächen sondern auch zur
Navigation der Sonde dient, wurden aus
Sicherheitsgründen zwei baugleiche
Modelle
installiert. Die Optik wurde von Kayser-Threde
GmbH entwickelt und gebaut. Die optische Einheit
mit den lichtempfindlichen Sensoren und mit der
Ausleseelektronik kommt aus dem DLR-Institut für
Planetenforschung in Berlin. Das Gerät zur
Datenverarbeitung wurde vom Braunschweiger
Institut für Datentechnik entwickelt und gebaut. Das
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in
Katlenburg-Lindau hat die technische Federführung
und lieferte das Kameragehäuse, inklusive des
Filterrads,
des
Verschlussdeckels
und
der
Elektronikbox.
BILD 9. Das Dawn Raumschiff. Das Ionentribwerk
befindet sich links unter der High-Gain Antenne. Die
Instrumente sind auf der Oberseite montiert. Die
Solar-Panele haben eine Spannweite von insgesamt
20 m [19, 20, 21].
Die Möglichkeit, einen Flugkörper elektrisch
anzutreiben, hatte Werner von Braun bereits in den
1930er Jahren erwogen. Der nach dem Zweiten
Weltkrieg
für
die
USA
tätige
deutsche
Wissenschaftler war überzeugt davon, dass
Menschen eines Tages „elektrisch zum Mars
5
BILD 11. Orbithöhen und Umlaufdauer bei Vesta
[21].
Nach sieben Monaten bricht die Sonde dann zur
Weiterreise auf, bei der sie im Verlauf von knapp
drei Jahren die Sonne zu drei Vierteln umkreist, um
in einer Auswärtsspirale im August 2015 schließlich
zum Zwergplaneten Ceres zu gelangen. Auch hier
beginnt die Sonde 85 Tage vor Erreichen ihres Ziels,
die Umgebung nach kleinen Körpern und Staub
abzusuchen,
bevor
der
Ionen-Antrieb
die
Geschwindigkeit drosselt und Dawn langsam auf
Ceres zu sinken lässt. Auch hier sind bis Ende 2015
drei unterschiedliche Orbithöhen vorgesehen: die
erste führt in 6.400 Kilometern Entfernung an Ceres
vorbei und soll die Morphologie der Oberfläche auf
den Meter genau bestimmen. Beim zweiten und
dritten Orbit wird sich Dawn dem Ziel auf 1.800
sowie 700 Kilometen nähern, um dieselben
Experimente wie bei Vesta durchzuführen. Aus
Gründen der „Quarantäne“ haben die Wisenschaftler
dafür gesorgt, dass auch 50 Jahre, nachdem die
Mission beendet und Dawn außer Betrieb um Ceres
kreist, ein Mindestabstand eingehalten wird.
Bild 10. Die Dawn Framing Camera.
Die Kameras basieren auf erprobten Techniken, die
bereits bei Rosetta und bei Venus Express zum
Einsatz kamen. Das reduziert Entwicklungskosten,
spart Zeit und verringert die Risiken.
Des weiteren fliegt ein Mapping Spectrometer (VIR)
von der italienischen Raumfahrtagentur Agencia
Spaziale Italiana (ASI), der
Gamma Ray and
Neutron Detector (GRaND) vom Los Alamos
National Laboratory (LANL) und das Radio Science
Package (RAD) des Jet Propulsion Laboratory (JPL)
der NASA mit.
10. ORBIT UM VESTA UND CERES
Es ist geplant, dass Dawn 85 Tage vor seinem
Eintreffen bei Vesta beginnt, die Umgebung des
Asteroiden nach Staub und eventuellen Trabanten
zu untersuchen. Im Oktober 2011 soll der IonenAntrieb die Sonde in eine polare Umlaufbahn um
den Himmelskörper steuern. Aus 2.700 Kilometer
Höhe wird ein vorläufiges Bild der Oberfläche
inklusive einer kompletten Spektralanalyse
aufgenommen, womit ein dreidimensionales Modell
des Himmelskörpers erstellt werden kann. Dann
wird der Orbit der Sonde auf nur 950 Kilometern
Entfernung von Vesta abgesenkt, um die gesamte
Oberfläche geologisch und mineralogisch zu
kartieren. Am dichtesten kommt Dawn nach der
dritten Orbitabsenkung an Vesta heran: in nur 200
Kilometern Höhe kommt der Gammastrahlen- und
Neutronendetektor zum Einsatz, um die chemische
Zusammensetzung der Oberfläche zu bestimmen.
BILD 12. Orbithöhen und Umlaufdauer bei Ceres
[21].
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