Mitteilungen - Stadt St.Gallen

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Stadt St.Gallen
Botanischer Garten
Mitteilungen
März 2016 / 65. Jahrgang Nr. 3
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Elfenblume:
rasch vergängliche Blüten - ausdauernde Blätter
Es gibt in unseren Breiten kaum eine kommunere Gartenstaude wie die Elfenblume (Epimedium). Der Grund
für ihre häufige Verwendung ist naheliegend, gedeihen
doch nur wenige andere Zierpflanzen so gut in den dunkelsten Gartenbereichen oder unter Schatten werfenden,
Nährstoff zehrenden und Tropffall
verursachenden Gehölzen. Dieser
Widerwärtigkeiten zum Trotz bleibt
die Rasen bildende Pflanze ganzjährig dicht und wirkungsvoll. Allerdings
sind es nur vereinzelte Arten bzw.
Gartenhybriden und Sorten unter den
insgesamt 22 Arten, die derartige
Überlebenskünste an den Tag legen.
Die Spitzblättrige Elfenblume (Epimedium acuminatum) aus Mittel- und
West-China gehört nicht dazu. Nicht
umsonst befindet sie sich unter dem schützeninnere Kelchblätter
den Glasdach des Alpinenhauses; im Freien würde
sie über kurz oder lang erfrieren. Da es vielen anderen
Wildarten ebenso erginge, sind selbst in Botanischen Gärten
mangels geeigneter Standorte ausser den erwähnten Kreuzungen kaum andere Epimedium-Arten anzutreffen.
Von Natur aus gliedert sich das Verbreitungsgebiet der 22
Wildformen in zwei Vielfaltigkeitszentren: die Region zwischen dem Mittelmeergebiet und dem Schwarzen Meer und Westchina, wobei letztere artenreicher ist. Keine Art besiedelt ein riesiSporn
ges Areal. Auch die Spitzblättrige Elfenblume nicht, obwohl ihr
Verbreitungsgebiet in den chinesischen Provinzen Guangxi, Guizhou,
Sichuan und Yunnan beachtlich ist. In diesen Gebieten tritt sie in
schattig-feuchten Schluchtwäldern bis in Höhen von 2800 m auf.
Dass sie bei uns dennoch nicht völlig winterhart ist, liegt an der südlicheren Lage der erwähnten Provinzen. Alle Pflanzen in Kultur, auch
jene im Alpinenhaus, dürften Abkömmlinge von Aufsammlungen am
Emei-Shan, einem der vier heiligen buddhistischen Berge in der Provinz Sichuan sein. So ist es zu erklären, dass die Blüten der kultivierten Pflanzen stets purpurn sind, während an den natürlichen
Standorten auch weisse, gelbe oder grünliche Farben anzutreffen sind.
Die Gattung Epimedium gehört in die Familie der Sauerdorngewächse
(Berberidaceae). Diese Verwandtschaft zeigt sich besonders augenfällig
am gelben Farbstoff in den Wurzeln. Ansonsten erscheinen die einzelnen Gattungen morphologisch ziemlich vielfältig. Typisch für die Blüten
der stets krautigen Elfenblumen ist ihre Gliederung in zweizählige
Blütenblatt-Quirle, wobei die vier äusseren Kelchblätter, welche die Blütenknospen umhüllen, rasch abfallen. Markant sind dagegen die vier inneren Kelchblätter. Sie übernehmen die
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Anlock-Funktion von Kronblättern. Die eigentlichen vier Kronblätter sind zu tütenförmigen
Spornen umgewandelt, in denen die Blüten Nektar bereithält, um damit Bestäuber anzulocken. Bei der Spitzblättrigen Elfenblume sind diese Sporne auffallend gross. Die Form der
Nektarblätter führte auch zum weit weniger poetischen Umgangs-Namen „Sockenblume“.
Die Blüten der Elfenblumen sind nur eine kurze Zeit zu sehen. Das ganze Jahr hindurch jedoch die lederigen immergrünen Blätter, die wie Kleeblätter dreiteilig gegliedert sind.
Hauptversammlung des „Fördervereins Botanischer Garten St.Gallen“
Sichtlich erfreut über die gute Beteiligung konnte Präsident Erich Sammet am 18. Februar
2016 die 71. Hauptversammlung des Fördervereins eröffnen. In seinem Jahresbericht 2015
hob er besonders die zahlreichen Erneuerungen an den Gartenanlagen hervor, speziell die
neue Umzäunung, die Erweiterung an der Stephanshornstrasse und die Neupflanzungen in
der Zierkirschenrabatte. Lobende Worte fand er auch für die Ausstellung „Immergrün und
hoch hinaus – der Efeu“. Wie dem anschliessenden Kassabericht entnommen werden
konnte, hat der Förderverein sowohl die Erneuerungen als auch die Ausstellung mit
gesamthaft rund Fr. 35‘000.- unterstützt. Ohne diese Beiträge wären all diese Projekte
Wunschträume geblieben. Dass trotz dieser umfangreichen Fördermassnahmen eine
Vermögensvermehrung von rund Fr. 25‘000.- resultierte, ist gemäss Kassierin Elisabeth
Widmer auf die grosszügigen Mitglieder und ein Legat von Dr. Peter Peisl zurückzuführen.
Letzteres ist umso erfreulicher, als Dr. Peisl Gründer den Förderverein des Botanischen
Gartens Zürich gründete und lange präsidierte, unseren Garten aber dennoch schätzte. Erich
Sammet wies darauf hin, dass dieser Zuwachs der Eigenmittel angesichts der
bevorstehenden Projekte hochwillkommen ist. 2017 wird ein neuer Vortragsraum projektiert,
der 2019 verwirklicht werden soll, was nicht ohne Unterstützung durch den Förderverein zu
bewerkstelligen ist. In seinem Traktandum informierte der Gartenleiter über die geplanten
Ausstellungen: „abgeschaut & nachgebaut – Natur beflügelt Technik“ zwischen 29. Mai und
9. Oktober und „Faszination der Winterknospen“ vom 12. November bis 26. Februar 2017.
Der Ausstellungsbeginn der Knospenausstellung war auf den 4. Dezember geplant (siehe
Jahresprogramm), wurde aber wegen der Eröffnung des Naturmuseums, dem neuen
Nachbarn des Botanischen Gartens, auf den 12. November vorverlegt.
Nach diesem informativen geschäftlichen Teil war Prof. Bernd Hill mit einem Vortrag zum
Thema „Bionik – lernen von der Natur“ an der Reihe. An vielen Beispielen zeigte der Referent anschaulich, wie die Pflanzenwelt von Erfindern, Konstrukteuren, Architekten und Designern beobachtet und für technische Problemlösungen genutzt wird. Mit seinem lebendigen Vortrag gab er gleichsam den Startschuss für die bevorstehende Bionik-Ausstellung.
Öffentliche Vorträge im Botanischen Garten
Sonntag, 3. April 2016 um 10.15 und 15.15 Uhr
Hanspeter Steidle: Die Pflanze, das unbekannte Wesen
Wie bitte? Die Pflanzenwelt soll uns Menschen unbekannt sein? Wir
kennen doch die Pflanzen rund um uns! Wenn wir uns folgende
Fragen stellen, ist in der Tat vieles unklar: Haben die Pflanzen
Möglichkeiten, über ihr Leben frei zu entscheiden? Gibt es Verhaltensänderungen, dank denen sie sich wechselnden Umweltbedingungen
anzupassen vermögen? Können Pflanzen Entscheidungen treffen, obwohl sie ortsgebunden sind und damit die verschiedenen Umwelteinflüsse einfach hinnehmen müssen? Auf diese und ähnliche Fragen wird
der Referent mit eindrücklichen Bildern eingehen. Er wird auch auf neuere
Forschungen hinweisen, gemäss denen die Pflanzen sogar ein Erinnerungsvermögen haben, das ihnen helfen kann, neue Lebensumstände mit früheren
zu vergleichen und sich entsprechend einzustellen. Alle Lebewesen sind dadurch
fähig, sich weiter zu entwickeln. Das haben sie im Laufe der Erdgeschichte mehrfach auf eindrückliche Weise bewiesen. Wir dürfen nicht vergessen: die Pflanzen
waren die ersten Lebewesen auf unserm Planeten, der Mensch kam zuletzt - dank
den Pflanzen.
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