Inhalt V1 V 1.1 V 1.1.1 V 1.1.2 V 1.1.3 V 1.2 V 1.2.1 V 1.2.2 Gentechnik in Verarbeitung und Handel GVO-Risiken bei Zutaten und technischen Hilfsstoffen Rohstoffsituation Lebensmittelzutaten, Futtermittelausgangs-erzeugnisse und -zusatzstoffe Technische Hilfsstoffe Versorgung mit Nicht-GVO-Zutaten und technischen Hilfsstoffen Was sind Nicht-GVO-Zutaten? Bezug von Nicht-GVO-Zutaten, -Futtermittel-ausgangserzeugnissen und zusatzstoffen www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ 1 2 2 4 8 9 10 10 Inhalt V1 Gentechnik in Verarbeitung und Handel Bereits mit In-Kraft-Treten der Verordnung (EG) Nr. 1804/1999 wurde die Verwendung von gentechnisch veränderten Rohstoffen, Zusatz- und Hilfsstoffen bei der Herstellung von ÖkoLebensmitteln und der Herstellung von Futtermitteln für die ökologische Tierhaltung gesetzlich verboten. Gleichzeitig stiegen der Anbau von GVO sowie die Entwicklung und Anwendung gentechnischer Verfahren zur Herstellung von Zusatz- und Hilfsstoffen stetig an. Aufgrund dieser Situation setzt sich die ökologische Lebensmittelwirtschaft bereits seit Jahren mit der GVO-Problematik auseinander und entwickelt Strategien zur Verhinderung des Eintrags von GVO in ihre Produkte. Infolge der neuen gesetzlichen Regelungen zur Koexistenz ist eine Ausweitung des Anbaus von GVO in Deutschland und anderen europäischen Staaten zu erwarten; außerdem verändert sich die Rohstoffsituation. Daher müssen die bereits etablierten Maßnahmen weiter entwickelt und ergänzt werden. Die folgenden Kapitel des Handbuches sollen insbesondere Händler und Verarbeiter von Öko-Produkten sowie Futtermitteln für die ökologische Tierhaltung bei der Umsetzung des Gentechnikverbotes unterstützen. Dabei sind folgende Aspekte von besonderer Relevanz: Welche rechtlichen Fragen sind für Händler und Verarbeiter im Zusammenhang mit der Gentechnik von besonderer Relevanz? (Kapitel V 2) Bei welchen Rohstoffen (Zutaten, Zusatz- und Hilfsstoffe) und Herkünften besteht ein GVO-Risiko und wie ist die Versorgungslage mit Nicht-GVO-Rohstoffen? (Kapitel V 1.1 und V 1.2) Welche Untersuchungen und Veröffentlichungen gibt es zum Thema und was sind die wichtigsten Ergebnisse? (Kapitel V 3 und Anhang V 2) An welchen Stellen in der Herstellungskette bestehen besondere GVO-Risiken und mit welchen Maßnahmen sind diese Risiken beherrschbar? (Kapitel V 4) Wie können die Maßnahmen in Arbeitsabläufe und Prozesse der Unternehmen integriert werden, um GVO-Einträge effizient zu minimieren? (Kapitel V 5) Welche ökonomischen Auswirkungen haben die Maßnahmen zur GVO-Vermeidung im Unternehmen und für die Branche? (Kapitel V 6) www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 1 Worauf müssen Öko-Unternehmen bei ihrer Kundenkommunikation bzgl. GVO-Risiken achten? (Kapitel K) V 1.1 GVO-Risiken bei Zutaten und technischen Hilfsstoffen Im Folgenden wird betrachtet, inwieweit Zutaten und technische Hilfsstoffe in konventioneller Qualität bei der Herstellung ökologischer Lebensmittel und von Futtermitteln für die ökologische Tierhaltung erlaubt sind und Risiken einer GVO-Kontamination mit sich bringen. Die zugelassenen Zutaten und technischen Hilfsstoffe aus konventioneller Erzeugung sind für Lebensmittel in Anhang VIII und XI und für Futtermittel in Anhang V und VI der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 889/2008 vom 5. September 2008 geregelt. 1 Alle anderen Zutaten in ökologischen Lebensmitteln und Futtermitteln für die ökologische Tierhaltung müssen gemäß den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau aus ökologischem Landbau stammen und sind demzufolge ohne den Einsatz von GVO hergestellt. Konventionelle Zutaten, Zusatzstoffe und technische Hilfsstoffe bringen ein GVORisiko mit sich. Die Risiken beim Einsatz von konventionellen Zutaten und technischen Hilfsstoffen werden nachfolgend erläutert. Dabei stehen die folgenden zwei Fragen im Vordergrund: Wo ergeben sich in der Rohstoffsituation, bei den Zutaten und beim Einsatz von technischen Hilfsstoffen Risiken in Bezug auf GVO? Welche Zutaten und technischen Hilfsstoffe bringen ein GVORisiko mit sich? V 1.1.1 Rohstoffsituation Die Rohstoffsituation ist vor allem bei Rohstoffen, die in GVOund Nicht-GVO-Qualität erzeugt werden, näher zu betrachten (vergleiche hierzu Kapitel G 1). Es ist zunächst von Bedeutung, welche GVO-Rohwaren in der EU zugelassen sind. Tabelle 1 gibt hierzu einen Überblick. Zu beachten ist, dass etliche genveränderte Raps-, Baumwollund Maissorten nur über eine eingeschränkte lebensmittelrechtliche Zulassung verfügen. Dadurch können sie bspw. in unverarbeiteter Form oder als Pollen nicht verkehrsfähig sein. Sie sind in Tabelle 1 mit * gekennzeichnet. 2 www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 2 Sorte Zulassung als Lebensmittel in EU Verwendungszwecke 356043 2012 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel A2704-12 2008 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel A5547-127 2012 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON40-3-2 2012 Verwendung als Lebensmittel, -zusatzstoffe; Futtermittel, -zusätze MON87701 2012 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON89788 2008 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel 1507 2006 Verwendung als Lebensmittel und Futtermittel 1507 x NK603 2007 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel 1507*59122 2010 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel 59122 „Herculex„ 2007 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel 59122 x NK603 2009 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel 59122*1507*NK603 2012 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel Bt 11 2010 Verwendung als Lebensmittel, -zusatzstoffe; Futtermittel, -zusätze Bt11 x GA21 2010 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel Bt11 x MIR604 2011 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel Bt11 x MIR604 x GA21 2011 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel GA21 2008 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MIR604 2009 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MIR604 x GA21 2011 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON810* 1998 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON 863 2006 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON863 x MON810* 2006 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON863 x NK603 2010 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON863 x MON810 x NK603 2010 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON88017 2009 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON88017 x MON810 2010 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON89034 2009 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON89034 x MON88017 2011 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MON89034 x NK603 2012 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel NK603 2005 Verwendung als Lebensmittel; Futtermittel und verarbeitete Produkte; Lebensmittel- und Futtermittelzusatzstoffe NK603 x MON810 2007 Verwendung als Lebensmittel und Futtermittel T25 1998 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel GT73* 2007 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel MS x RF3* 2007 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel T45 2009 Import und Verarbeitung; Lebensmittel, Futtermittel Raps Mais Rohstoff Soja Tabelle 1: Bisher in der EU zugelassene GVO-Lebens- und Futtermittel 3 www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 3 Sorte Zulassung als Lebensmittel in EU Verwendungszwecke Kartoffel EH92-527-1* 2010 Futtermittel; Toleranz in Lebensmitteln: Diese GVKartoffel liefert ausschließlich Rohstoffe für die Stärkeindustrie. Einige bei der Stärkeverarbeitung anfallende Rückstände werden als Tierfutter verwendet. H7-1 2007 Verwendung als Lebensmittel und Futtermittel 281-24-236 x 3006-210-23 2011 Lebensmittel, Futtermittel; Import und Verarbeitung GHB614 2011 Lebensmittel, Futtermittel; Import und Verarbeitung LLCotton25 2008 Lebensmittel, Futtermittel; Import und Verarbeitung MON1445* 2011 Verwendung als Speiseöl aus Baumwollsaat, Lebensmittelzusatzstoffe, Futtermittel und Futtermittelzusätze MON15985* 2003 Verwendung als Lebensmittelzusatzstoffe, Futtermittel, -zusätze MON15985 x MON1445* 2003 Verwendung als Lebensmittelzusatzstoffe, Futtermittel, -zusätze MON531* 2002 Verwendung als Speiseöl aus Baumwollsaat, Lebensmittelzusatzstoffe, Futtermittel, -zusätze MON531 x MON1445* 1997 Verwendung als Lebensmittelzusatzstoffe, Futtermittel, -zusätze Baumwolle Zuckerrübe Rohstoff Genveränderter Raps, Mais und Soja sind auf den Weltmärkten verbreitet. Soja und Mais gelangen vor allem als Futtermittel umfänglich in die EU. Sollten in den nächsten Jahren GVOPflanzen in großem Umfang in der EU zugelassen und angebaut werden, kann sich diese Situation grundlegend ändern. Aktuelle Informationen über die Zulassung von GVO-Rohstoffen werden unter folgenden Internetadressen bereitgestellt: Relevante GVOMarktfrüchte sind vor allem Mais und Soja. Raps spielt eine untergeordnete Rolle. www.testbiotech.de/database www.transgen.de/zulassung/gvo/ www.keine-gentechnik.de V 1.1.2 Lebensmittelzutaten, Futtermittelausgangserzeugnisse und -zusatzstoffe Die Lebensmittelindustrie und das Handwerk nutzen zahlreiche Lebensmittelkomponenten. Diese Komponenten werden in Zutaten (einschließlich Zusatzstoffe) und technische Hilfsstoffe www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 4 unterteilt. Technische Hilfsstoffe sind per Definition keine Zutaten. Im Futtermittelbereich wird zwischen Futtermittelausgangserzeugnissen und Futtermittelzusatzstoffen und Technischen Hilfsstoffen unterschieden. Bei der Herstellung dieser Stoffe können GVO auf verschiedene Art und Weise Verwendung finden: als GVO oder als „aus einem GVO“ oder „durch ein GVO“ hergestelltes Produkt. Wenn bestimmte Voraussetzungen, die nicht für alle Rechtssysteme einheitlich geklärt sind, erfüllt werden, spricht man auch von GVO-Derivaten. Für den Geltungsbereich der EURechtsvorschriften für den ökologischen Landbau hat man sich auf eine einheitliche Definition des Derivatbegriffes verständigt (siehe Kapitel V 5.2 Zusicherungserklärung). Diese Definition liegt den folgenden Ausführungen zugrunde. GVO können auf verschiedene Art und Weise in Lebensmitteln Verwendung finden: als GVO oder als „aus einem GVO“ oder „durch ein GVO“ hergestelltes Produkt. GVO oder durch bzw. aus GVO hergestellte Produkte können auf unterschiedlichste Art in das Endprodukt gelangen. GVOEinträge resultieren aus: Gentechnisch veränderten Zutaten Zusatzstoffen in der Lebensmittelverarbeitung Futtermittelausgangserzeugnissen Futtermittelzusatzstoffen Gentechnisch veränderte Zutaten Bei einer Reihe von Lebensmittelzutaten und Futtermittelausgangserzeugnissen kann es sich um Produkte handeln, die aus oder durch GVO hergestellt werden. Einige Beispiele werden in der folgenden Tabelle aufgeführt: Lebensfähige GVO können als Sojabohnen, Mais oder Mikroorganismen zum Endverbraucher gelangen. Tabelle 2: Zutaten, die in konventioneller Qualität nach Anhang IX bei Öko-Lebensmitteln verwendet werden dürfen und aus GVO hergestellt werden können Lebensmittelzutaten (konventionell, Anhang IX): Aus oder mit GVO hergestellt Bereits in Verwendung? Fruktose (Fruchtzucker) aus transgenen Pflanzen ja Reispapier aus transgenen Pflanzen unklar Oblaten aus transgenen Pflanzen ja Reis- und Wachsmaisstärke aus transgenen Pflanzen ja Fette und Öle (mit Ausnahme von Soja, Kakao, Kokos, Olive, Sonnenblume, Palme, Raps, Saflor und Sesam) aus transgenen Pflanzen (z. B. Maiskeimöl) ja www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 5 Lebensmittelzusatzstoffe (Zutaten) Bei der Herstellung von Zusatzstoffen können GVO eine Rolle spielen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über einige wichtige Substanzen. Zusatzstoffe können mithilfe von GVO hergestellt werden. Tabelle 3: Zusatzstoffe, die nach Anhang VIII bei ökologischen Lebensmitteln verwendet werden dürfen und aus GVO hergestellt werden können Zusatzstoff (Anhang VIII) Stoffgruppe GVO-gestützte Verfahren möglich Bereits in Verwendung? Xanthan Verdickungs- und Geliermittel mikrobiell hergestellter Zusatzstoff nicht bekannt Ascorbinsäure Antioxidans/ Säuerungsmittel mikrobiell oder synthetisch aus Stärke aus GVO-Maisstärke am Markt tocopherolhaltige Extrakte Antioxidans aus Öl, z. B. von Raps oder Soja, gewonnen am Markt Lecithin Emulgator aus Öl von GVO-Raps oder Soja am Markt Zitronensäure Antioxidans/ Säuerungsmittel mikrobiell hergestellt wahrscheinlich kommerziell im Einsatz Calciumcitrat hergestellt mit Zitronensäure mikrobiell hergestellt wahrscheinlich kommerziell im Einsatz Aromen zählen zu den Zusatzstoffen und sind eine sehr heterogene Substanzgruppe. Die Durchführungsverordnung lässt in Anhang VIII natürliche Aromen und Aromaextrakte pauschal zu. Aromen oder Aromenzubereitungen können auf unterschiedliche Weise aus oder mithilfe von GVO hergestellt werden. Einige Zusatzstoffe und technische Hilfsstoffe werden heute als durch GVO hergestellt angeboten. Kulturen von Mikroorganismen können selbst GVO sein. Die Kulturen können auch auf Nährmedien gezogen worden sein, die aus oder durch GVO hergestellt wurden. Handelsprodukte von Kulturen können mit Substanzen versetzt sein, die aus oder durch GVO erzeugt werden. Kulturen von Mikroorganismen können auf unterschiedliche Art und Weise mit GVO in Berührung kommen. Einige Vitamine, Aminosäuren und andere Stickstoffverbindungen können heute mittels GVO hergestellt werden. Hierzu gehören z. B. folgende Substanzen: Beta-Carotin (Vitamin-AVorstufe), Vitamin B 2 (Lactoflavin, Riboflavin), Vitamin B12, Vitamin C (Ascorbinsäure), Vitamin E (Tocopherol) oder Lysin. Einige Vitamine und Aminosäuren werden mithilfe von GVO hergestellt. Futtermittelausgangserzeugnisse Auch bei der Herstellung von Futtermittelausgangserzeugnissen können GVO eine Rolle spielen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über einige wichtige Substanzen. www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 6 Tabelle 4: Futtermittelausgangserzeugnisse konventionellen Ursprungs, die in der ökologischen Tierhaltung verwendet werden dürfen und aus GVO hergestellt werden können Futtermittelausgangserzeugnis Stoffgruppe GVO-gestützte Verfahren möglich Bereits in Verwendung? Melasse Bindemittel Hergestellt aus gentechnisch veränderten Zuckerrüben Anbau von GVZuckerrüben in den USA Sojaerzeugnisse Maiserzeugnisse Rapserzeugnisse Reiserzeugnisse Leinsaaterzeugnisse Baumwollsaaterzeugnisse Zuckerrübenerzeugnisse Kartoffelerzeugnisse Proteinfuttermittelausgangserzeugnisse Herstellung aus gentechnisch veränderten Pflanzen Am Markt Bierhefen Proteinfuttermittel GVO-Bierhefen Bierhefe in Großbritannien in geringem Umfang Die Regelung der Durchführungsverordnung (EG) 889/2008 zur Verwendung von konventionellen Futtermittelausgangserzeugnissen ist zum 31.12.2011 ausgelaufen. Nach einem Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission sollen aber zukünftig konventionelle Gewürze, Kräuter und Melasse bei der Herstellung von Futtermitteln verwendet werden dürfen, solange diese nicht mehr als ein Prozent an der Gesamtjahresfutterration ausmachen. Es wird erwartet, dass diese Verordnung rückwirkend zum 01.01.2012 in Kraft treten wird. Mit der Verordnung soll auch eine Ausnahme für konventionelle Eiweißfuttermittel bis maximal fünf Prozent der Jahresration in der Schweine- und Geflügelfütterung geregelt werden, sofern entsprechende Eiweißkomponenten nicht in ökologischer Qualität verfügbar sind. Futtermittelzusatzstoffe Anhang VI regelt die Verwendung von Futtermittelzusatzstoffen für die ökologische Tierhaltung. Hierzu gehört im Futtermittelbereich auch der Bereich der technischen Hilfsstoffe. www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 7 Tabelle 5: Futtermittelzusatzstoffe, die nach Anhang VI in der ökologischen Tierhaltung verwendet werden dürfen und aus GVO hergestellt werden können Futtermittelzusatzstoffe Stoffgruppe GVO-gestützte Verfahren möglich Bereits in Verwendung? Zitronensäure (E 330) Konservierungsstoff Hergestellt mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen Vermutlich sind diese bereits am Markt Stark tocopherolhaltige Extrakte natürlichen Ursprungs (E306) Antioxidationsmittel Herstellung aus GV-Rohstoff Sojabohnen, Mais, Baumwolle Am Markt Lecithin (E 322) Emulgator, Verdickungsmittel Herstellung aus GV-Rohstoff Sojabohnen Am Markt Enzyme Silagezusätze Siehe Tabelle 6 Am Markt Hefen und andere Mikroorganismen Silagezusätze GVO bzw. hergestellt mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen Bierhefe in Großbritannien in geringem Umfang Vitamine und Provitamine Vitamine Herstellung aus GV-Rohstoff oder mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen Am Markt V 1.1.3 Technische Hilfsstoffe Bei technischen Hilfsstoffen handelt es sich um eine weniger genau definierte Substanzgruppe. Grundsätzlich können viele Zutaten, wie Öle, Stärken oder Zusatzstoffe als technische Hilfsstoffe verwendet werden. Technische Hilfsstoffe werden zur Herstellung eines Produktes benötigt, sind aber im Endprodukt technologisch nicht mehr wirksam und in der Regel auch nicht mehr vorhanden. Technische Hilfsstoffe sind keine genau definierte Substanzgruppe. Als nach Anhang VIII zugelassene technische Hilfsstoffe können insbesondere Zitronensäure und pflanzliche Öle kritisch in Bezug auf GVO-Herkünfte sein. Zitronensäure und pflanzliche Öle können aus GVOHerkunft stammen. Kulturen von Mikroorganismen und Enzyme sind als technische Hilfsstoffe für Öko-Produkte zugelassen. Kulturen von Mikroorganismen wurden bereits abgehandelt (siehe 1.2 Zutaten). Enzyme sind häufig aus oder durch GVO hergestellt. In der unten stehenden Tabelle sind wichtige Enzyme aufgeführt, die derzeit schon durch Zuhilfenahme von GVO produziert werden und auf dem Markt sind. www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ Enzyme sind häufig durch GVO hergestellt. V 1 - Seite 8 Tabelle 6: Enzyme, die aus oder durch GVO hergestellt werden können Enzymname Anwendungszweck Acetolactat-Decarboxylase Bier Aminopeptidasen Käse, Getränke, Gewürze sowie Fleisch- und Milchprodukte, Futterzusatz Amylase Stärkeverzuckerung, Backwaren usw., Futtermittelzusatz Asparaginase Backwaren Cellulase Fruchtsaft, Wein, Futtermittelzusatz Cyclomaltodextringlucanotransferase Stärkeindustrie Chymosin Käseherstellung Galactosidase Diätlebensmittel, Futtermittelzusatzstoff Glucanase Wein, Stärkeindustrie, Futtermittelzusatz Glukose-Isomerase Stärkeverzuckerung, z. B. bei Limonaden Glucoseoxydase Backwaren, Eier, Mayonnaise Hemicellulose Backwaren, Stärkeverarbeitung, Spirituosen, Futtermittelzusatz Hexoseoxydase Backwaren, Käseherstellung Invertase Süßungsmittel Katalase Eiprodukte, Mayonnaise Laccase Getränkeherstellung (z. B. Kaffee, Kakao, Tee) Lactase Milchprodukte, Speiseeis, Schokoladenerzeugnisse Lipase Aromen, Backwaren Lipoxygenase Backwaren Mannanase Futtermittelzusatzstoff Pektinase Fruchtsaft, Gemüse, Futtermittelherstellung Pectinesterase Fruchtsaft, Gemüse, Futtermittelzusatzstoff Phytase Futtermittelzusatzstoff Protease Backwaren, Fisch, Fleisch, Aromen, Säuglingsnahrung Pullulanase Stärkeverzuckerung Sulfhydryl-Oxidase (SOX) Backwaren Xylanase Backwaren, Bier, Fruchtsaft Eine Gesamtübersicht der potenziellen GVO ist dem Anhang AV 3 „GVO-Risikoliste“ zu entnehmen. V 1.2 Versorgung mit Nicht-GVO-Zutaten und technischen Hilfsstoffen Die Versorgung mit Nicht-GVO-Zutaten und technischen Hilfsstoffen ist aktuell gewährleistet. Um das GVO-Risiko beim Bezug von konventionellen Lebensmittel- und Futtermittelkomponenten zu minimieren, sind einige Sachverhalte zu berücksichtigen, die im Folgenden erläutert werden. www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 9 V 1.2.1 Was sind Nicht-GVO-Zutaten? Gemäß den EU-Rechtsvorschriften für ökologischen Landbau dürfen bei der Herstellung von Öko-Produkten und Futtermitteln für die ökologische Tierhaltung keine gentechnisch veränderten Organismen eingesetzt werden. Ein gentechnisch veränderter Organismus ist ein Organismus, der der Begriffsbestimmung von Art. 2 der Richtlinien 2001/18/EG entspricht. Der Begriff GVO-Derivat entfällt und wird nach der Anpassung an die Verordnung (EG) 1829/2003 wie folgt definiert: „aus GVO hergestellt“, d. h. „ganz oder teilweise aus GVO gewonnen, jedoch nicht aus GVO bestehend oder GVO enthaltend" und/oder „durch GVO hergestellt“, d. h. „unter Verwendung eines GVO als letztem lebenden Organismus im Produktionsverfahren gewonnen, jedoch nicht aus GVO bestehend, GVO enthaltend oder aus GVO hergestellt“ Nicht-GVO-Zutaten (technische Hilfsstoffe) sind demzufolge Stoffe, die selbst keine GVO sind und nicht aus oder durch GVO hergestellt wurden. Weitere Details zu der Definition werden in Kapitel V 5.2 „Zusicherungserklärung“ angegeben. Wichtig ist, zu erwähnen, dass die analytische Freiheit von GVO-Spuren nicht zwangsläufig von einer GentechnikKennzeichnungspflicht entbindet. Es handelt sich vielmehr um eine Prozesskennzeichnung. So kann es sein, dass sich in einem Öl-Raffinat keine GVO-Spuren nachweisen lassen, obwohl die Ölpflanze ein GVO war. Maßgeblich für die Beurteilung „ohne Gentechnik“ ist die Prozessbetrachtung. Andererseits ist es möglich, dass ein Produkt geringe GVOSpuren beinhaltet und dennoch als „Ohne Gentechnik“ oder „Bio“ vertrieben werden kann. V 1.2.2 Bezug von Nicht-GVO-Zutaten, -Futtermittelausgangserzeugnissen und -zusatzstoffen In den vorgehenden Kapiteln sind die erlaubten konventionellen Zutaten und technischen Hilfsstoffe nach Durchführungsverordnung Anhang VIII und IX sowie Futtermittelausgangserzeugnisse und –zusatzstoffe nach Anhang V und VI für Futtermittel aufgeführt worden, bei denen ein Risiko im Hinblick auf GVOHerkünfte besteht. Alle anderen Komponenten müssen als ökologische Lebensmittel beschafft werden. Hier ist die Auslobung www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 10 als Öko-Produkt - sowohl bei Inlandsware als auch bei Importware - der Garant, dass die prozessorientierte Herstellung ohne Gentechnik, so wie diese von den EU-Rechtsvorschriften für ökologischen Landbau vorgesehen ist, eingehalten wurde. Fast alle erlaubten konventionellen Zutaten, Zusatzstoffe und technische Hilfsstoffe sind derzeit auch in Nicht-GVO-Qualität erhältlich. Es gibt jedoch einige dieser Stoffe, bei denen die Beschaffung in konventioneller Qualität zeitweise angespannt war. Hierzu zählen insbesondere: Konventionelle Zutaten, Zusatzstoffe und technische Hilfsstoffe sind auch in Nicht-GVO-Qualität zu beziehen. Tocopherol Vitamin B12, Vitamin B2 spezielle Enzyme Bei allen Erzeugnissen, bei denen potenziell ein Risiko besteht, ist jeweils zu prüfen, ob diese GVO sind oder durch GVO hergestellt werden. Das potentielle GVO-Risiko ist zu prüfen. Grundsätzlich muss bei allen „GVO-verdächtigen“ Zutaten (IX) einschließlich Zusatzstoffen (VIII) und technischen Hilfsstoffen (VIII) eine Zusicherungserklärung vom Vorlieferanten verlangt werden. Dies gilt auch für Futtermittelausgangserzeugnisse (V), und Futtermittelzusatzstoffe (VI). Informationen über Produkte, die der Anforderung genügen, geben z. B. die Internetseite www.zusatzstoffe.org oder www.infoxgen.com. Für die weitere Entwicklung und Aufrechterhaltung der Produktion von Lebensmitteln, die ohne GVO hergestellt werden, ist es von großer Bedeutung, dass auch zukünftig alle Lebensmittelkomponenten und technischen Hilfsstoffe in Qualitäten verfügbar sind, die nicht als GVO-Derivate ausgewiesen werden müssen. Die Verfügbarkeit von Komponenten, die nicht aus oder durch GVO hergestellt wurden, muss erhalten bleiben. Einige Anbieter von Rohwaren oder Erzeugnissen daraus bieten die Rohwaren aus so genannten IP(Identity Preserved)Programmen an. Diese Programme sind prozessorientiert aufgebaut. In den wenigen Bereichen der ökologischen Lebensmittelherstellung, wo es Schnittstellen zum konventionellen Markt gibt, bietet es sich an, auf Produkte aus solchen Programmen zurückzugreifen. Dabei ist jeweils zu prüfen, ob die Programme kompatibel mit den Vorgaben der EU-Rechtsvorschriften für ökologischen Landbau sind. Bei konventionellen Produkten sollte man Produkte aus IP-Programmen bevorzugen. www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 11 Beim Bezug von Öko-Rohwaren wie Mais, Soja oder Raps aus Ländern, in denen diese auch in GVO-Qualität erzeugt werden bzw. von Händlern, die auch GVO-Ware handeln, ist besondere Sorgfalt geboten. Bei diesen Herkünften und Beschaffungswegen muss eine mögliche Kontamination mit GVO-Rohwaren möglichst ausgeschlossen werden. Dies kann über entsprechende Verträge mit den Erzeugern und/oder den Händlern geschehen, indem die kritischen Eckpunkte in Erzeugung, Transport und Lagerung festgelegt werden, um eine Kontamination zu minimieren. Weiterhin ist angeraten, eine solche Ware auch einer analytischen Überprüfung zu unterziehen, um mögliche Vermischungseffekte beobachten zu können. Eine Kontamination bei den Herkünften und Beschaffungswegen kann über Verträge ausgeschlossen werden. In welchen Ländern welche GVO-Pflanzen angebaut werden, gibt folgende Tabelle wieder Tabelle 5: Weltweite Anbauzulassungen von GV-Pflanzen und daraus gewonnene Verarbeitungsprodukte (Stand: März 2011) Pflanze Anbauzulassungen nach Ländern Beispiele von verarbeiteten Produkten Soja USA, Kanada, Argentinien, Brasilien, Paraguay, Rumänien, Uruguay, Mexiko, Südafrika, Bolivien Protein, Lecithin, Öl; Extraktionsschrot, Kuchen Mais USA, Kanada, Argentinien, Südafrika, EU (in 6 Staaten), Honduras, Philippinen, Ägypten, Brasilien, Kuba Öl, Maisprotein, Mehl, Stärke, Zucker Raps USA, Kanada, Australien Öl, Schrot Baumwolle USA, China, Indien, Argentinien, Australien, Südafrika, Kolumbien, Indonesien, Mexiko, Burkina Faso, Brasilien Öl, Proteinisolat, Methylcellulose (E 461) Reis USA zugelassen, kein Anbau; Japan zugelassen, Anbau und Import, aber nicht als Lebensmittel; China zugelassen Stärke Flachs USA und Kanada zugelassen, kein Anbau Öl Zuckerrübe USA, Kanada Zucker, Sirup, Melasse für Nährböden Kartoffel USA und Kanada zugelassen, 2001 wurde der Anbau eingestellt; EU zugelassen zur industriellen Verwertung 2010, sehr geringe Verbreitung Industriestärke Für die weitere Entwicklung und Aufrechterhaltung der Produktion von Lebensmitteln, die ohne GVO hergestellt wurden, ist es von großer Bedeutung, dass auch zukünftig alle Lebensmittelkomponenten und technischen Hilfsstoffe in Qualitäten verfügbar sind, die nicht als aus oder durch GVO hergestellt ausgewiesen werden müssen. Gewährleistung von Lebensmittelkomponenten ohne GVO ist notwendig. Tipp: Aktuelle Informationen unter www.transgen.de www.testbiotech.de/database www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 12 1 Aktuelle Informationen über den Status können unter www.verbraucherministerium.de abgefragt werden. 2 BVL (2009): In der Europäischen Union zur Verwendung als Lebensmittel zugelassene gentechnisch veränderte Organismen nach VO (EG) Nr. 1829/2003. Verfügbar unter: www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/06_Gentechnik/Fachmeldungen /Lebensmittel_zugelassene_GVO.html 3 Quelle: www.transgen.de Stand: Februar 2012 www.bioXgen.de Praxishandbuch „Bio-Produkte ohne Gentechnik“ V 1 - Seite 13