Mit Epigenetik-Test zur Krebsfrüherkennung

Werbung
Powered by
Seiten-Adresse:
https://www.gesundheitsindustriebw.de/de/fachbeitrag/aktuell/mit-epigenetik-test-zurkrebsfrueherkennung/
Mit Epigenetik-Test zur Krebsfrüherkennung
Jedes Jahr erhalten in der EU 45.300 Frauen die Diagnose Eierstockkrebs, bei 330.000 wird
Brustkrebs festgestellt. Die Sterberate liegt bei Eierstockkrebs bei etwa 64 %, bei Brustkrebs
bei etwa 27 %*. Eine verbesserte Früherkennung und Prognose der Therapieergebnisse von
Brust- und Eierstockkrebs soll durch das EU-geförderte Forschungsprojekt „EpiFemCare“
erreicht werden. Das Ziel ist die Entwicklung einer Serie von Bluttests, die basierend auf
epigenetischen Modifikationen der DNA, genauer gesagt Methylierungen der Nukleinbase
Cytosin , Tumoren erkennen. Für die Sequenzierung der isolierten DNA entwickelt die
Konstanzer GATC Biotech AG eine neue Technologie, die die Methylierungen der DNA
identifiziert.
Dr. Benjamin Wahl von der GATC Biotech AG arbeitet an der Entwicklung neuer Technologien zur Sequenzierung im
Rahmen des EpiFemCare-Projekts. © Bettina Baumann/ BioLAGO
Brustkrebs ist in Europa die meist verbreitete Krebsart bei Frauen und führt von allen
Krebsarten zur größten Zahl an Todesfällen unter Frauen. Eierstockkrebs tritt im Vergleich
dazu zwar weniger häufig auf, doch ein deutlich größerer Anteil der Patientinnen stirbt an
dieser Krebserkrankung. Eierstockkrebs wird meist erst in einem sehr fortgeschrittenen
Stadium diagnostiziert, in dem sich der Krebs schon auf andere Regionen ausgebreitet hat.
„Deshalb ist die Prognose sehr schlecht, und mehr als 60% aller Patientinnen sterben in den
ersten 5 Jahren nach der Diagnose“, schildert Dr. Benjamin Wahl, Wissenschaftler im
1
Entwicklungsteam der GATC Biotech AG.
Neben GATC Biotech beteiligen sich am europäischen Konsortium EpiFemCare (Epigenetics for
female personalized cancer care) das University College (UCL) London, die Ludwig-MaximiliansUniversität München, die Karls-Universität Prag, die Genedata AG aus Basel, und Euram
Limited aus Nottingham. Geleitet wird das Projekt von Prof. Martin Widschwendter vom UCL
London. Das EpiFemCare-Projekt hat sich der Aufgabe verschrieben, einen Bluttest für Brustund Eierstockkrebs zu entwickeln. Dadurch soll eine frühere Diagnose und verbesserte Therapie
für Patientinnen ermöglicht werden. Das Projekt ist auf 3,5 Jahre angelegt und in drei Etappen
eingeteilt: In einem ersten Abschnitt sollen krebsspezifische Marker anhand der DNA aus
Patientenproben identifiziert werden. Im nächsten Schritt ist die Entwicklung des eigentlichen
Serum-basierten Tests geplant, bevor dieser dann in der letzten Phase des Projekts an
tausenden Patientenproben validiert werden soll.
Tumor-Spuren im Blut
Die Grundlage für den neuen Test bilden epigenetische Modifikationen der DNA. „Sie gehören
zum natürlichen Spektrum gesunder Zellen und spielen zum Beispiel eine entscheidende Rolle
in der Embryonalentwicklung und in der Differenzierung“, erklärt Wahl. In den letzten Jahren
wurde zunehmend deutlich, welche Rolle epigenetische Veränderungen gerade auch bei
Krankheitsformen wie Krebs spielen. Bei diesen Veränderungen handelt es sich um
Methylierungen des Cytosins, einer der vier Nukleinbasen, aus denen die DNA aufgebaut ist.
Das EpiFemCare-Projekt widmet sich dem daraus folgenden neuen Ansatz, charakteristische
Methylierungsmuster von Tumor-DNA zu identifizieren und als Marker zur Krebsdiagnose zu
nutzen. „Tumorgewebe stellt ein extrem verändertes Gewebe dar, in dem ständig Prozesse wie
Wachstum, aber auch Zelltod durch Apoptose und Nekrose stattfinden“, erläutert Wahl. Dabei
gelangt von sterbenden Tumorzellen auch DNA in die Blutbahn. Diese Tumor-DNA weist
Veränderungen im Vergleich zu nicht- Tumor-DNA auf. Dabei handelt es sich einerseits um
Mutationen, die die Basensequenz der DNA verändern, aber ebenso um besagte epigenetische
Modifikationen, die Methylierungen . Sie unterscheiden sich zwischen verschiedenen Zelltypen,
so dass Krebszellen ein anderes Muster aufweisen als gesunde Körperzellen.
Von Serumproben zu Krebsmarkern
2
Die Bearbeitung der Proben im ISO 17025 akkreditierten Genome & Diagnostic Centre entspricht den
Kernkompetenzen von GATC Biotech. © Bettina Baumann/ BioLAGO
GATC Biotech bearbeitet und sequenziert die Proben und im Rahmen des Projekts. Aus
mehreren tausend Serum-Proben von Patienten, die die klinischen Partner zur Verfügung
stellen, wird zunächst die zellfreie DNA isoliert. Eine besondere Schwierigkeit liegt dabei in der
sehr geringen DNA-Menge, die im Blutserum im Gegensatz zu einer Gewebebiopsie vorhanden
ist. Nur wenig DNA geht vom Tumor in den Blutstrom über und liegt dann als zellfreie DNA im
Blutserum vor. „Bei einer normalen Anreicherung startet man üblicherweise mit DNA-Mengen
im Mikrogramm-Bereich, uns stehen hier nur wenige Nanogramm zur Verfügung“,
veranschaulicht Wahl die Dimensionen. Das Protokoll zur Aufbereitung und Sequenzierung der
DNA ist daher sehr aufwändig und langwierig, doch einfachere Methoden oder kommerzielle
Kits funktionieren in diesem Bereich nicht mehr.
Nach der Isolierung der zellfreien DNA können die Methylierungen mit der Technik des
„Reduced Representation Bisulfite Sequencing“ (RRBS) aus der DNA-Sequenzierung ermittelt
werden. Bei Eukaryoten treten diese Methylierungen nur an Cytosin-phosphatidyl-GuaninDinukleotiden (CpGs) auf, die in so genannten „CpG Inseln“, also CpG-reichen Regionen der
DNA gehäuft vorkommen. Beim RRBS wird die DNA an den CpG-Inseln geschnitten, um gezielt
nur die modifizierten Regionen anzureichern. „Nach der Anreicherung der modifizierten
Regionen bleiben noch etwa 10 Prozent des Genoms, die dann mittels Next-GenerationSequencing mit einer 1-Nukleotid-Auflösung sequenziert werden“, erläutert Wahl. Durch die
zusätzliche Bisulfit-Behandlung werden die vorhandenen Methylierungen für die Sequenzierung
„konserviert“, da sie bei einer normalen Amplifikation im Rahmen einer PCR, wie sie als
Voraussetzung einer Hochdurchsatz-Sequenzierung nötig ist, verloren gehen würden.
Die Nadel im epigenetischen Heuhaufen
Für die anschließende Analyse der Daten ist die die Genedata AG in Basel zuständig, die die
bioinformatischen Methoden entwickelt, um Tumor-DNA von Nicht-Tumor-DNA zu
unterscheiden. „Das Problem ist dabei nicht, Auffälligkeiten beziehungsweise Modifikationen zu
finden, sondern aus den vielen vorhandenen Modifikationen diejenigen herauszufiltern, die
spezifisch nur bei Krebspatienten auftreten“, erklärt Wahl. Denn selbst unter den
krebsspezifischen Modifikationen kann es noch deutliche Variabilität geben, da auch
Brustkrebs keine einheitliche Kategorie von identischen Tumoren darstellt.
Neue Perspektiven für die Krebsdiagnostik
Durch den Einsatz der Bluttests im Rahmen von regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen
könnte die Zahl der Todesfälle durch eine zu späte Diagnose deutlich verringert werden. Die
hohe Auflösung bei der Sequenzierung der epigenetischen Modifikationen bringt außerdem
eine sehr hohe Spezifität und Sensitivität des Tests mit sich. „Die Problematik der falschpositiven Diagnosen und daraus folgenden unnötigen Operationen, wie sie vor allem bei der
aktuellen Brustkrebsdiagnostik mittels Mammographie auftreten, könnte so fast vollständig
ausgeschlossen werden“, schildert Wahl zuversichtlich.
3
Neben der Früherkennung von Brust- und Eierstockkrebs soll es auch möglich sein, die
Therapie zu überprüfen, indem man nach einer Operation oder Chemotherapie testet, ob die
Tumor-DNA und damit der Tumor komplett verschwunden ist. Ein Erfolg des EpiFemCareProjekts würde vielversprechende Perspektiven für Krebsdiagnose und –therapie im
Allgemeinen bedeuten. Denn, so betont Wahl, „das Testverfahren ist theoretisch für viele
Krebs-Arten einsetzbar, es müssten nur jeweils spezifische Marker identifiziert werden.“
EpiFemCare 2012 - 2016
Das europäische EpiFemCare-Projekt ( Epigenetics for female personalized cancer care)
soll neue Methoden für Screening, Diagnose und personalisierte Therapie von Brust- und
Eierstockkrebs entwickeln. Unter den kooperierenden Forschergruppen sind 3 klinische
Partner, die unter anderem die Serumproben und gegebenenfalls Tumorbiopsien zur
Identifizierung der Krebs-Marker liefern: das University College London, das mit Prof.
Martin Widschwendter auch den Konsortiumsleiter des Projekts stellt, die Ludwig
Maximilians Universität München und die Karls-Universität in Prag. Die Probenbearbeitung
und Sequenzierung übernimmt GATC Biotech, für die Entwicklung und Anwendung der
bioinformatischen Techniken zur Analyse der Daten ist die Firma Genedata in Basel
zuständig. Zusätzlich zu den wissenschaftlichen Partnern ist Euram Limited für das
administrative Management sämtlicher nicht-wissenschaftlicher/-technischer Aspekte des
Projekts verantwortlich.
Die Forschungsarbeiten, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, wurden gemäß der
Finanzhilfevereinbarung Nr. 305428 im Zuge des Siebten Rahmenprogramms der
Europäischen Union (RP7/2007-2013) gefördert.
Quellen: *www.epifemcare.eu
4
Fachbeitrag
25.03.2013
Bettina Baumann
BioLAGO
© BIOPRO Baden-Württemberg GmbH
Weitere Informationen
GATC Biotech AG
Jakob-Stadler-Platz 7
78467 Konstanz
Tel.: +49 - 7531 81 60 0
www.gatc-biotech.com
Der Fachbeitrag ist Teil folgender Dossiers
Epigenetik – Vererbung ohne Änderung der DNA-Sequenz
Krebstherapie und Krebsdiagnostik
5
Herunterladen