imapril 2 0 1 6 - Stadt St.Gallen

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und dem Scharnier dazwischen gleicht
einer geöffneten Muschel oder einem
Tellereisen. Werden die Borsten auf den
beiden Flächen kurz aufeinander mehrmals
berührt, klappen die beiden Hälften blitzschnell zusammen. Durch Rotfärbung und
Nektar angelockte Insekten werden dabei
eingeklemmt und von den Randborsten, die
wie Gitterstäbe funktionieren, zurückgehalten. Rezeptoren können nun analysieren,
ob es sich bei den Fängen um geeignete
Nahrung handelt. Wird Eiweiss festgestellt,
werden Verdauungssekrete ausgeschüttet
und die gefangenen „Braten“ schliesslich
verdaut. Dank dieser Fähigkeit kann die
Venusfliegenfalle Extrem-Standorte besiedeln, wo die meisten anderen Arten versagen, und damit ihrer Konkurrenz entgehen.
Wie bitte? Die Pflanzenwelt soll uns
Menschen unbekannt sein? Wenn wir
uns folgende Fragen stellen, ist in der
Tat vieles unklar: Haben die Pflanzen
Möglichkeiten, über ihr Leben frei zu
entscheiden? Gibt es Verhaltensänderungen, dank denen sie sich wechselnden Gespornte
Kannenpflanze
Umweltbedingungen anzupassen vermögen? Können Pflanzen Entscheidungen treffen, obwohl sie ortsgebunden
sind und damit die verschiedenen
Umwelteinflüsse einfach hinnehmen
müssen? Auf solche Fragen geben uns
neuere Forschungen teils erstaunliche
Antworten. So haben auch die Pflanzen
ein Erinnerungsvermögen, das ihnen
helfen kann, neue Lebensumstände mit
früheren zu vergleichen und sich entsprechend einzustellen. Alle Lebewesen
sind dadurch fähig, sich weiter zu entwickeln, was sie im Laufe der Erdgeschichte mehrfach auf eindrückliche
VenusWeise bewiesen haben.
fliegenfalle
Karroodorn
Wie aus dem Pflanzennamen hervorgeht,
besiedelt diese Akazie Halbwüstenlandschaften in Südafrika, die Karroo. Mangels
Wasser können die einzelnen schirmförmigen Bäume nur in beträchtlichen Abständen
zueinander gedeihen, was zu eindrücklichen Parklandschaften führt. Trotz der Dornen sind die Blätter eine beliebte Nahrung
der umherziehenden einheimischen Tiere.
Um die Schäden in Grenzen zu halten,
können angeknabberte Pflanzen giftige
Tannine aufbauen, welche die Pflanzenfresser vom Genuss abhalten. Mehr noch:
Verletzte Pflanzen strömen Äthen aus,
einen süsslich riechenden, gasförmigen
Kohlenwasserstoff, der umgebende Pflanzen warnt und vorsorglich zum Aufbau von
Tanninen veranlasst. Da die Tanninbildung
viel Energie verschlingt, erfolgt sie nur bei
Bedarf. Tannine hemmen die Verdauung,
sodass Tiere im Extremfall bei vollem Magen verhungern können.
Gespornte Kannenpflanze
Nepenthes bicalcarata
Standort: Tropenhaus, warmer Teil
Mit den beiden dornenartigen Nektarien unterhalb des Deckels hebt sich die Gespornte
Kannenpflanze klar von den rund 70 anderen
Nepenthes-Arten ab. Eine weitere Besonderheit der Fleisch fressenden Pflanze aus Kalimantan (Borneo) sind die winzigen Ameisen,
die in der Heimat unter dem gerippten
Kannenrand leben. Diese Untermieter ernähren sich vom Nektar, den die beiden Sporne
und dieser Rand ausscheiden. Die für andere
Insekten tödliche Brühe in der Kanne kann
den Ameisen nichts anhaben. Diese Immunität nutzen sie, um auch gefangene Tiere zu
verspeisen. Damit nicht genug. Die Pflanze
bietet den Ameisen nicht nur Kost, sondern
auch Logis im hohlen Blattstiel an, den die
Ameisenköniginnen jeweils aufbeissen, bevor sie darin ein kleines Volk gründen. Warum diese Grosszügigkeit? Weil die Ameisen
ihren als Dünger verwertbaren Kot in die
Kannen schütten und sie die natürlichen
Feinde bestimmter Käfer sind, die der Pflanze erhebliche Schäden zufügen könnten.
Agave
Agave potatorum
Standort: Tropenhaus, Sukkulententeil
Venusfliegenfalle
Dionaea muscipula
Standort: Karnivorenhaus Abteilung Biologie
Die Venusfliegenfalle ist in einem relativ
kleinen Gebiet in den östlichen US-Staaten
North- und South Carolina in feuchten, sonnigen Standorten beheimatet, wo extreme Armut an Stickstoff herrscht. Diesem Mangel
hilft sie mit ihren besonderen Blättern ab.
Ihre Blattspreite mit ihren beiden Hälften
Karroodorn
Acacia karroo
Standort: Tropenhaus, Sukkulententeil
Agave
Die sukkulenten Blätter der Agaven können
jahrzehntelang in ihrer rosettenartigen
Stellung verharren. Sobald sie dann ausreichend Energie aufgebaut haben, treiben sie
in kurzer Zeit einen mächtigen Blütenstand.
Bei der mexikanischen Agave potatorum
kann er Höhen bis fünf Metern erreichen
und rund 1000 Blüten tragen. Daraus entwickeln sich Kapselfrüchte, die ihren feinen
Samen mit Hilfe des Windes aus beträchtlicher Höhe ausstreuen und entsprechend
weit verbreiten können. Die Bildung derartiger Blütenstände benötigt so viel Energie, dass die Pflanze daraufhin abstirbt.
IM APRIL 2016
Die Pflanze, das unbekannte Wesen
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