Stadt Gera Fachdienst Umwelt Untere Naturschutzbehörde Amthorstraße 11 07545 Gera Informationsblatt Umwelt 03/2009 Der Riesen-Bärenklau – ein invasiver Neophyt? Neophyten (griechisch: neue Pflanzen) sind nicht einheimische Pflanzenarten, die bei uns kein natürliches Verbreitungsgebiet besitzen. Sie wurden gezielt oder ungezielt in unserer Umwelt angesiedelt und gehören somit nicht zur heimischen Flora. Man bezeichnet sie außerdem als invasiv, wenn sie im Vergleich zu den heimischen Pflanzen eine bessere Ausbreitungsfähigkeit besitzen und diese einschließlich der daran angepassten Tierarten aus ihren natürlichen Lebensräumen verdrängen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist auch die Robinie. Wie kam er nach Europa? Der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) stammt ursprünglich aus dem Kaukasus und wurde Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund seiner Attraktivität von Pflanzenliebhabern als Zierpflanze in Parkanlagen und Gärten in Europa eingeführt. Gründe für seine weitere Ausbreitung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren ein unterstellter wirtschaftlicher Nutzen: Dies bezog sich einerseits auf die Eignung des Riesen-Bärenklau als Bienenweide in der Imkerei und zum Anderen auf eine durch die dichten Bestände dieser Pflanze gegebene zusätzliche Deckung für das Wild im Interesse der Jäger. Heutige Verbreitung Als Stickstoff liebende Pflanze stellt der Riesen-Bärenklau wenige An-sprüche an den Standort. Aufgrund der hohen Samenzahl pro Pflanze, der mehrjährigen Keimfähigkeit der Samen und der schon früh im Jahr (ab Mitte Februar) beginnenden Auskeimung in Verbindung mit dem starken Wachstum besitzt der Riesen-Bärenklau eine ausgeprägte Ausbreitungsfähigkeit. Er bildet schnell große, undurchdringbare Bestände und verdrängt dabei unsere einheimischen, weniger konkurrenzstarken Pflanzen- und infolge dessen auch Tierarten. Blühende Pflanze Beschreibung der Pflanze Der Riesenbärenklau gehört zu den Doldenblütlern und ist eine mehrjährige, krautige Pflanze, die durch ihre bemerkenswerte Höhe (bis zu 3 m) und durch große, weiß blühende Dolden im Juni/Juli auffällt. Die Blätter erreichen durchschnittlich eine Länge von 1 m und sind mehrfach gefiedert, die Stängel sind meist purpurn gefleckt und dicht behaart. Nährstoffe werden in einer rübenartig verdickten Wurzel gespeichert und die Blüten bzw. Samenbildung erfolgt erst nach 3 bis 5 Jahren. Gesundheitliche Risiken beim Kontakt mit dem Riesen-Bärenklau Alle Pflanzenteile enthalten im Pflanzensaft fototoxisch wirkende Substanzen, sog. Furanocumarine. Bei Hautkontakt mit der Pflanze in Verbindung mit Sonnenlicht (UVStrahlung) kann es zu schweren Verbrennungen und zu photomutagenen Hautreaktionen (Haut- und Pigmentkrebs) kommen. An heißen Tagen werden Furanocumarine sogar von der Pflanze durch Verdunstung an die Umwelt abgegeben und können bei Aufenthalt in unmittelbarer Nähe Atemnot und Bronchitis hervorrufen. Aufgrund der Auffälligkeit und Attraktivität der Pflanze wirkt der Riesen-Bärenklau auf Kinder besonders anziehend: Die Pflanze verführt zur Verwendung der Stängel als Schwerter in Ritterspielen oder als Blasrohr oder zum Versteckspiel zwischen den Blättern. Pflanzen auf Standorten, die öffentlich und intensiv genutzt werden (z. B Kindergärten, Schulen, Spielplätze, Parkanlagen, Friedhöfe, Wanderwege) sollten deshalb umgehend und nachhaltig beseitigt werden. Zuständig dafür ist immer der jeweilige Eigentümer oder Nutzer der Fläche. Bekämpfungsmöglichkeiten Vorbeugung ist beim Riesen-Bärenklau die beste Art der Bekämpfung. Viele Vorkommen sind leider auf aktives Ausbringen durch den Menschen zurückzuführen. Eine besondere Verantwortung trifft hier vor allem die Kleingärtner, die ihre Pflanzenabfälle sorglos in der freien Landschaft ablagern und damit zur Verbreitung des Samens beitragen. Neben der Verhinderung der Ausbreitung von Samen, die am Besten durch Entfernen der noch unreifen Samenstände (die Dolde hat bereits grüne, schwere Früchte ausgebildet) erfolgt, ist das Ausgraben der Wurzeln des Riesen- Bärenklau mit einem Spaten die sicherste Bekämpfungsmaßnahme. Das tiefe Abstechen der Wurzeln mindestens 10 cm unterhalb der Erdoberfläche bringt ebenfalls einen guten Bekämpfungserfolg, währenddessen das Mähen, Mulchen oder Abschneiden des Austriebes nur Erfolg verspricht, wenn es mehrfach innerhalb einer Vegetationsperiode und über mehrere Jahre hinweg erfolgt. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bedarf eines entsprechenden Sachkundenachweises für den Anwender und außerhalb landwirtschaftlich genutzter Flächen der Genehmigung durch das Landwirtschaftsamt Zeulenroda. Da beim Herbizideinsatz außerdem besondere Schutzbestimmungen für Gewässer und naturschutzfachlich wertvolle Flächen zu beachten sind, sollte dieser ausschließlich Fachleuten bzw. Fachfirmen vorenthalten sein. Handelt es sich um kleine Vorkommen, kann und sollte man selbst Hand anlegen, wobei das Tragen einer Schutzbekleidung incl. Handschuhe, Brille, Stiefel und evtl. Atemmaske dringend empfohlen wird. Soweit keine unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben bestehen, gibt es keine gesetzliche Verpflichtung zur Bekämpfung des Riesen-Bärenklau für die Stadtverwaltung. So ist zunächst jeder Eigentümer oder Nutzer eines Grundstücks selbst verantwortlich dafür Sorge zu tragen, dass sich diese wie auch die anderen invasiven Neophyten von seinem Grundstück aus nicht weiter verbreiten bzw. z. B eine Gefahr für spielende Kinder darstellen können. Die Mitarbeiter des Bauservice im H 35 nehmen jedoch gern persönlich oder unter der Telefonnummer 0365/ 838 1950 alle Informationen und Hinweise zu Vorkommen des Riesenbärenklau im Stadtgebiet entgegen und beraten auch gern über diese Pflanze und die Möglichkeiten einer effektiven Bekämpfung.