Unfallversicherung - Verbraucherbildung

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Unterrichtsmaterialien zur Ökonomischen Verbraucherbildung
Betrug in Rom
Basisdaten
Erläuterung
Thema:
Betrug in Rom:
Der Prozess des Publius Calpurnius Lanarius 95 v. Chr.
Erstellende Schulart:
Gymnasium
Geeignete Schularten:
GS
MS
RS
Gym
WS

Fach/Fächergruppe:
Geeignete Jahrgangsstufen:
Geschichte
1
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12

Zeitumfang / Zeitbedarf:
45 Min.
Vorbereitungszeit:
Benötigte
Unterrichtsmaterialien:
Art des Materials:
s. Anhang/1 Klassensatz ABLer
Unterrichtseinheit
Außerschuli
scher
Lernort
Zusammenarbeit
mit externem
Partner
Sonstiges
Projekt

Bezug zu den Kompetenzen
der Ökonomischen
Verbraucherbildung:
Marktkompetenz
Finanzkompetenz
Informationsund
Datenkompetenz
Märkte
Umgang mit Geld
und
Zahlungsverkehr
Informationsbeschaffung
Einkaufen und
Kaufverträge
Vermögensaufbau,
Altersvorsorge
Informationsauswertung
Verbraucherverträge
Kredit und
Schulden
Informationsverarbeitung und
Entscheidungsverhalten
Verbraucherkommunikation
Dieses Unterrichtsmaterial entstand im Rahmen des Schulversuchs
Umgang mit
persönlichen
Daten
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Elemente der Kompetenzorientierung



Wissen
Können
Bereitschaft
Wissen:

Grundzüge des römischen Rechts

Einfluss des römischen Rechts auf die Gegenwart
Können:

Analyse von Texten
Bereitschaft:



Lebensrelevanz
Problemsituationen
Auseinandersetzung mit dem Römischen Recht
Lebensrelevanz:

Kenntnisse des BGB
Problemsituationen:

Werteerziehung
Recht bei Betrugsversuchen
Bedeutung von gegenseitigem Vertrauen und die Konsequenzen des
Ausnutzen dieses Vertrauens erkennen.
Dieses Unterrichtsmaterial entstand im Rahmen des Schulversuchs
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Projekt-/ Unterrichtsablauf
Erläuterung
Einstieg:
LV zur Hintergrundgeschichte (s.u.)
Unterrichtsschritt I:

Textanalyse (M 1), Aufgabe 1

Textanalyse (M 2), Aufgabe 2
Unterrichtsschritt II:
Abschluss:
Aktualisierung (M 3), Aufgabe 3

Überprüfung der §§ im BGB, Aufgabe 4

Finden weiterer Beispiele (HA), Aufgabe 5
Erfahrungsberichte,
Rückmeldungen,
Weiterführende Anregungen
Erläuterung
G.12.1.3
Historische Wirkungen des Imperium Romanum für die geistige Entwicklung
Europas: römisches Recht.
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Anhang
Motivation: LV zur Vorgeschichte
Titus Claudius Centumalus war Eigentümer einer hohen Mietskaserne auf dem Caelius, einem der sieben Hügel
Roms. Zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. befahl ihm die Priesterschaft der Auguren - sie hatten in Rom vom
Kapitol aus den Vogelflug zu beobachten und zu deuten - das Mietshaus so weit abzutragen, dass die
Beobachtung der Vögel nicht mehr behindert werde. Statt dem nachzukommen, schrieb er das Grundstück zum
Verkauf aus und fand auch einen Käufer, Publius Calpurnius Lanarius, dem gegenüber er nichts von der
Anordnung der Auguren verlauten ließ. Diese wandten sich nun an ihn, Lanarius, und er musste ihrer Anordnung
nachkommen. Als er erfuhr, dass sie schon gegenüber dem Voreigentümer ergangen war, bevor jener das
Grundstück zum Verkauf ausschrieb, verklagte er ihn mit der Kaufklage, welche die Klausel enthielt: «... was immer
er ihm nach Treu und Glauben geben und für ihn tun muss (, in dessen Geldwert sollst du, Richter …, Claudius
Centumalus dem Calpurnius Lanarius verurteilen!)». Richter in dem Prozess war Marcus Porcius Cato aus der
bekannten Sippe der Catonen. Weil der Verkäufer einen ihm bekannten, erheblichen Mangel des Kaufobjekts nicht
angegeben hatte, verurteilte er ihn.
aus:
Liebs, Detlef, Vor den Richtern Roms. Berühmte Prozesse der Antike, Verlag C.H. Beck, München 2007,
S. 37f. (37-44)
M1
M 1: Der historische Hintergrund
Der Hauptprozess fand in den frühen 90er Jahren des 1. Jahrhunderts v. Chr. statt, denn dieser Cato, der das
Richteramt ausübte, starb zwischen 95 und 91 v. Chr. Er war ein Enkel des berühmten Zensors Marcus Porcius
Cato und der Vater des überzeugten Republikaners und Gegenspielers Caesars, Cato Uticensis. Er könnte Jurist
gewesen sein; jedenfalls war der Halbbruder seines Vaters ein berühmter Jurist gewesen. Der Käufer, der zu einer
bis dahin kaum in Erscheinung getretenen plebejischen Großfamilie gehörte, sollte 81 v. Chr. als Parteigänger
Sullas hervortreten: In den Pyrenäen ermordete er einen Feldherrn der in Italien schon besiegten Marianer. Und
der Verkäufer, von dem wir sonst nichts wissen, könnte zum patrizischen Geschlecht der Claudier gehört haben,
war vielleicht aber auch nur ein Freigelassener der Claudier oder stammte von einem solchen ab. Der Caelius war
damals ein dicht bevölkertes, wenig vornehmes Viertel mit vielen Mietskasernen.
aus:
Liebs, Detlef, Vor den Richtern Roms. Berühmte Prozesse der Antike, Verlag C.H. Beck, München 2007,
S. 38f. (37-44)
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Aufgaben:
1. Stellen Sie aus M 1 zu den am Prozess beteiligten Personen die wichtigsten Informationen zusammen!
M2
M 2: Die Rechtsfragen des Hauptprozesses
Inwieweit haftete der Verkäufer eines Grundstücks, wenn der Käufer nach Vollzug des Geschäfts entdeckte, dass
mit dem Grundstück Nachteile verbunden waren, von denen bei Abschluss des Geschäfts keine Rede war und
welche den Genuss nachhaltig beeinträchtigten? Wir unterscheiden heute zwischen Sach- und Rechtsmängeln (§§
434 und 435 BGB), wobei wir eine Baubeschränkung als Sachmangel einordnen würden, obwohl dem Eigentümer
ein Recht fehlt, das er erwartet hatte: die Baufreiheit. Insoweit lag aber kein individueller Mangel vor, sondern diese
Art der Baubeschränkung traf alle Grundstücke im Sichtbereich der Auguren. Von einem Sachmangel nun spricht
man, wenn die tatsächliche von der vereinbarten Beschaffenheit des Kaufobjekts, wozu auch der
Verwendungszweck gehören kann, nachteilig abweicht. Hier hatten die Parteien sich auf ein Grundstück mit einer
ganz bestimmten Mietskaserne geeinigt, die eine ganz bestimmte Höhe hatte, bedingt durch die Zahl der
Geschosse. Nun musste der Käufer jedoch ein oder mehrere Geschosse abtragen, was nicht nur Kosten
verursachte, sondern auch die erzielbaren Mieteinkünfte schmälerte. Das Grundstück verlor dadurch erheblich an
Wert. Konnte sich der Käufer deswegen an den Verkäufer halten?
Nach römischem Recht konnte Grundeigentum vollgültig nur mit Hilfe eines umständlichen Zeremoniells
übertragen werden, wobei der Käufer vor sechs mündigen römischen Bürgern, einer von ihnen ausgestattet mit
einer Erzwaage und einem Stückchen Erz, den Erwerb feierlich bekundete und dann der Verkäufer Angaben über
das Grundstück, seine Größe und sonstige Eigenschaften machte, auf die es den Parteien ankam. Nur wenn er
dabei etwas Falsches sagte, haftete er dem Käufer, und zwar auf das Doppelte der relativen Wertdifferenz
zwischen dem erklärten und dem tatsächlichen Zustand, gemessen am Kaufpreis. War beispielsweise ein
unbebautes Grundstück, das tatsächlich 40 Morgen (iugera, ein iugerum maß 120 x 240 Fuß zu 29,6 cm, also
2523 m2) maß, zu einer Mio. Sesterzen (IIS) verkauft worden und hatte der Verkäufer beim Verkaufszeremoniell 50
Morgen angegeben, dann hatte der Käufer ein Fünftel zu wenig bekommen bzw. zu viel bezahlt und konnte das
Doppelte davon, also zwei Fünftel des Kaufpreises oder 400000 IIS zurückverlangen. War dagegen im
Verkaufszeremoniell, das man auch im vorliegenden Fall eingehalten haben mag, nichts gesagt worden, dann
haftete der Verkäufer in älterer Zeit nicht; für formlose Nebenabreden und stillschweigend Vereinbartes musste der
Verkäufer einst nicht einstehen, ebenso wenig wie der Käufer, der etwa für den Fall, dass er den Kaufpreis nicht
sofort bezahlen würde, formlos versprochen hatte, ihn zu verzinsen, daraus auch für Zinsen in Anspruch
genommen werden konnte. Darauf hatte Claudius Centumalus offenbar gebaut.
Dieses Unterrichtsmaterial entstand im Rahmen des Schulversuchs
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Mittlerweile allerdings hatte der Prätor, der römische Gerichtsherr, bei dem alle Zivilklagen anzubringen waren und
der das Streitprogramm formulierte, die Möglichkeiten, aus Kauf zu klagen, revolutioniert. Viele Käufer auch
wertvoller Güter wie Sklaven oder Großvieh, bei denen jenes Zeremoniell an sich gleichfalls einzuhalten war,
sparten sich den Umstand und ließen sich den Kaufgegenstand schlicht übergeben, was, wenn alles mit rechten
Dingen zuging, insofern ungefährlich war, als sie dann zwar nicht sofort, aber nach Ablauf der Ersitzungsfrist von
einem Jahr bei Sklaven und Großvieh und zwei Jahren bei Grundstücken Volleigentümer wurden; bei sonstigen
beweglichen Sachen ohnehin sofort. Auch war man inzwischen zu dem radikal vereinfachten Ergebnis gekommen,
dass jede formlos eingegangene Kauf- und die dementsprechende Verkaufsverpflichtung verbindlich waren, ihre
Erfüllung erzwungen werden konnte. Dafür hatte der Prätor eine Klageformel entwickelt, die nicht nur die
Übertragungs- und Zahlungsverpflichtung, sondern schlicht alles erzwingbar machte, was im Rahmen eines Kaufs
vereinbart worden war, sei es auch formlos. Hatte jemand zum Beispiel den Kauf von Weinstöcken mitsamt
Lieferung vereinbart, dann konnte er, wenn er den Kaufpreis bereithielt, beides vom Verkäufer verlangen, genauer:
Wenn der Verkäufer nicht von selbst lieferte, den Geldwert der Weinstöcke und des Transports verlangen; denn
verurteilt wurde ein Schuldner immer nur, alle Kosten eingerechnet, in Geld, mit dem er sich dann auf dem Markt
anderweit eindecken mochte. Die neue Klagformel lautete, auf unseren Fall zugeschnitten: «Marcus Porcius Cato
soll Richter sein. Was das anbetrifft, dass Publius Calpurnius Lanarius von Titus Claudius Centumalus das
Hausgrundstück soundso (nähere Angaben, mit Hilfe deren es sich identifizieren ließ) auf dem Caelius gekauft hat,
um welche Angelegenheit es hier geht, was immer Centumalus dem Lanarius nach Treu und Glauben geben und
für ihn tun muss, in das (den Geldbetrag) sollst du, Richter, Centumalus dem Lanarius verurteilen; wenn es sich
nicht erweist (dass er etwas schuldig ist), sollst du ihn freisprechen.»
Mit den weiten Begriffen „was immer“ (quidquid) und „nach Treu und Glauben“ (ex fide bona) wurden vor allem
formlose Zusagen erfasst, sofern sie nur verbindlich gemeint waren, zum Beispiel die Zusicherung, dieses
Mietshaus werfe soundsoviel Miete im Jahr ab. Die Abgrenzung zu unverbindlichen Anpreisungen, die
anerkanntermaßen zu keiner Haftung führen sollten, mochte in solchen Fällen schwierig sein, aber das nahm man
in Kauf; die Juristen trauten sich zu, die Grenze im Einzelfall ziehen zu können. Im Laufe der Zeit wurde immer
mehr einbezogen, seit Cato auch stillschweigend gegebene und trotzdem verbindlich zu verstehende Zusagen,
hier, dass das auf dem gekauften Grundstück stehende Mietshaus, das für Lanarius offensichtlich das Wichtigste
war, so, wie es stand, auch weiterhin stehen und genutzt werden konnte. Centumalus hätte dem Lanarius die
Abrissverfügung der Auguren offenbaren müssen. Vorbild für die Entwicklung solcher Offenbarungspflichten mag
das Edikt der römischen Marktaufsichtsbehörde gewesen sein, der kurulischen Ädilen, worin angeordnet war, dass
Verkäufer auf dem Sklaven- und dem Viehmarkt bestimmte, von den Ädilen aufgelistete Mängel der von ihnen
angebotenen Ware jedem Interessenten kundtun mussten; andernfalls wurden bestimmte an den Käufer zu
entrichtende Bußbeträge fällig. Später wurde der Minderwert der mangelhaften Ware frei geschätzt und dem
Käufer obendrein die Möglichkeit eingeräumt, bei Mängeln den ganzen Kauf rückgängig zu machen.
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Der Umfang der Haftung des gewöhnlichen Verkäufers richtete sich einst nach der Wertminderung, die der Käufer
durch Unzulänglichkeit der erworbenen im Vergleich zu einer vertragsgemäßen Sache hatte hinnehmen müssen im vorliegenden Fall bestand sie im Mehrwert der abzureißenden Geschosse im Verhältnis zum ursprünglichen
Ganzen, vermehrt um die Abrisskosten. Wenn die gekaufte Sache durch den Mangel wertlos oder nahezu wertlos
war, wird man dem Käufer den vollen Kaufpreis zurückzuverlangen gestattet haben. Mittelbare Schäden kommen
hier weniger in Betracht, allenfalls bei den Abrissarbeiten verunglückte Sklaven. Solche Schäden wurden
ursprünglich wohl nicht berücksichtigt, aber im Laufe der Zeit konnte der Käufer, wenn der Verkäufer den Mangel
kannte und die Schäden nahe lagen, auch diese liquidieren.
aus:
Liebs, Detlef, Vor den Richtern Roms. Berühmte Prozesse der Antike, Verlag C.H. Beck, München 2007,
S. 39ff. (37-44)
Aufgabe:
2. Erarbeiten Sie aus dem Text M 2 die Rechtsfragen, die sich ergaben und wie Sie mit welcher Begründung beantwortet
wurden!
Klären Sie anschließend, warum Centumalus verurteilt wurde!
M3
M 3: Die weitere Entwicklung
Sabinus formulierte im 1.Jahrhundert n. Chr. für Rechtsmängel den Grundsatz, dass ein Grundstücksverkäufer, der
auf dem Grundstück lastende Dienstbarkeiten kannte, aber verheimlichte, haftete, wenn der Käufer nicht Bescheid
wusste; und Ulpian verallgemeinerte das: Der Verkäufer hafte für jeden Verstoß gegen Treu und Glauben (bona
fides), weshalb auch noch so geschickt formulierte Haftungsausschlussklauseln nichts ausrichteten, wenn etwas
Wichtiges absichtlich verschwiegen wurde.
Das wurde selbstverständlicher Besitz der europäischen Privatrechtsordnungen. Im deutschen BGB bestimmt jetzt
§ 444, dass beim Kauf ein Haftungsausschluss unwirksam ist, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig
verschwiegen hat, mit der Einschränkung des §442, wonach, wenn der Käufer den Mangel bei Vertragsschluss
kannte, Gewährleistungsrechte ausgeschlossen sind. Entsprechendes gilt nach §§ 536d und 536b für Miet- und
nach §§ 639 und 640 Abs. 2 für Werkverträge.
aus:
Liebs, Detlef, Vor den Richtern Roms. Berühmte Prozesse der Antike, Verlag C.H. Beck, München 2007,
S. 44 (37-44)
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Aufgaben:
3. Erläutern Sie mithilfe von M 3 die weitere Entwicklung des Rechtsgrundsatzes bis heute!
4. Überprüfen Sie mithilfe des BGB die oben zitierten §§!
5. Finden Sie weitere Beispiele, bei denen dieser Rechtsgrundsatz zum Tragen kommt!
► Quellenangaben
M1 – M3
Titel
Art
Autor (Name, Vorname):
Fundort
- Titel
- Erscheinungsort / Jahr
Verlag
Vor den Richtern Roms. Berühmte Prozesse der Antike
Texte
Liebs, Detlef
Arbeitsaufgaben
zum Text:
Fraundorfner, Thomas
s.o.
München 2008
Verlag C.H. Beck
Dieses Unterrichtsmaterial entstand im Rahmen des Schulversuchs
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