Wien – Paris - L`Orfeo Barockorchester

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LEITUNG: MICHI GAIGG
LINZ • AUSTRIA
www.lorfeo.com • [email protected]
Mannheim – Paris
Johann Stamitz (1717-1757)
Sinfonie Es-Dur op. 11 Nr. 5 (1754/55) aus:
VI Sinfonie a piu istrumenti intitolate La Melodia Germanica (Paris, Venier 1758)
für 2 Klarinetten, (2 Oboen od. 2 Flöten,) 2 Hörner, Streicher und B.c.
Fastoso1 allegro – Andante – Menuetto – Gigue. Presto assai
Ignaz Holzbauer (1711-1783)
Konzert für Oboe und Streicher d-moll (um 1770?)
Allegro – Largo andante - Allegro
--Jean-Philippe Rameau (1683-1764)
Suite aus Hippolyte et Aricie (1733/1742/1757)
für 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Fagotte, 2 Hörner, Perkussion, Streicher und B.c.
Carin van Heerden, Oboe
L’Orfeo Barockorchester
Leitung: Michi Gaigg
Änderungen vorbehalten!
Das enorme Ansehen, welches das Ensemble der Mannheimer Kapelle ab Mitte des 18.
Jahrhunderts genießen durfte, war nicht nur ein Verdienst jener Musikschriftsteller und
-gelehrten von Charles Burney über Leopold Mozart bis hin zu Christian Friedrich Daniel
Schubart, die in geradezu überschwänglicher Weise ihrem Umfeld bzw. der Nachwelt von
der Qualität berichterstatteten mit der am Hofe des pfälzischen Kurfürsten Carl Theoder
musiziert wurde. Vielmehr war es zunächst die Reise eines Mannes an die Ufer der Seine,
die ihm und seinen Mitstreitern Tor und Tür im internationalen Musikleben und -geschäft
öffneten: Im Sommer 1754 gewährte der Fürst seinem Instrumental-Music-Director Johann
Stamitz einen längeren Urlaub, den dieser dazu nutzte, seine bisherigen Kontakte in Paris
auszubauen und daselbst als Violinvirtuose und Orchesterleiter mit eigenen Kompositionen
zu glänzen. Bereits 1751 war in den Concerts spirituel, einer weit über die Grenzen
Frankreichs hinaus berühmten Konzertreihe die in den Tuilerien abgehalten wurde, eine
seiner Sinfonien aufgeführt worden, der nun – dreieinhalb Jahre später – eine ganze Reihe
begeisternder Auftritte folgenden sollten. Neben den Concerts spirituel verfügte Stamitz
zu Paris auch über ein festes musikalische Standbein, hatte ihn doch kurzerhand der
Generalsteuerpächter und einflussreiche Musikmäzen Alexandre Jean-Joseph le Riche de la
Pouplinière zum Leiter seines Privatorchesters gemacht, dem bis ein Jahr zuvor noch kein
geringerer als Jean-Philippe Rameau vorgestanden war. Offenbar hielt La Pouplinière zu
jener Zeit zwei Klarinettisten in seinen Diensten und Stamitz dazu anregten, die damals
noch recht neuartigen Instrumente (nachträglich) einigen seiner für bzw. in Paris
geschriebenen Sinfonien hinzuzufügen.
1
fastoso (ital.) = prunkvoll
Erschienen die Werke eines Johann Stamitz infolge seines frühen Todes zumeist posthum
im Druck, war dies, die Sinfonien eines Anton Fils betreffend – er gehörte bereits der
sogenannten zweiten Generation der Mannheimer Hofkapelle an und erlebte gerade einmal
26 Lenze – ausschließlich der Fall. Tatsächlich scheint Fils, den Schubart später „für den
besten Symphonienschreiber, der jehmals gelebt hat“ halten sollte, nichts zur Verbreitung
seines Oeuvre beigetragen zu haben. So war es Elisabeth Fils, die sich anschickte, den von
Johann Stamitz geebneten Weg zu beschreiten und die ersten Partituren ihres Mannes,
wenige Monate nach dessen Ableben, an den Pariser Verleger Louis-Balthazard de la
Chevardière zu verkaufen.
Ignaz Holzbauer stammte aus Wien, hatte daselbst, in Italien und Mähren gewirkt und
befand sich gerade in Diensten des württembergischen Herzogs zu Stuttgart, als er 1753 im
neueröffneten Schwetzinger Hoftheater für den begeisterten pfälzischen Kurfürsten Carl
Theodor eine Oper zur Aufführung brachte. Wenig später wurde er zum Leiter der
Mannheimer Hofoper ernannt und blieb über 25 Jahre in dieser höchst angesehenen
Position.
Die in Regensburg erhaltene Quelle des virtuos gestalteten Konzerts in d-moll stammt aus
der Zeit um 1770, was vermuten lässt, dass es für den Oboisten Friedrich Ramm bzw.
seinen jüngeren Kollegen Ludwig August Lebrun geschrieben wurde. Stilistisch greift
Holzbauer in diesem einzigen seiner Feder entstammenden Oboenkonzert jedoch auf
ältere, italienische Vorbilder zurück, wie man es vor allem aus den Werken seiner Wiener
bzw. Stuttgarter Jahre kennt. Ein Moment zum Genießen: Die an Vivaldis L’inverno
erinnernde, sehnsuchtsvolle Oboencantilene über leise dahintröpfelnden
Streicherrhythmen im Largo andante.
Wenn Jean-Philippe Rameau, der große Neuerer der französischen Oper nach JeanBaptiste Lully, ein Bühnenwerk schuf, hielt er sich stets an zwei Grundregeln: Die erste
besagt, dass die Handlung sich in der Musik wiederfinden muss – machte er sich einmal
daran mit dem Komponieren zu beginnen, hatte er schon eine klare Vorstellung vom
dramatischen Geschehen des Werkes. Auf diese Weise konnte er sich schon in der
Ouvertüre auf den Verlauf und auf den Schluss der Geschichte beziehen.
Während des 18. Jahrhunderts bot die „Affektenlehre“, ein allen Komponisten vertrautes
Hilfsmittel, hervorragende Möglichkeiten, den Text in der Musik nachzuahmen. Darin sind
unter anderem die Tonarten beschrieben, die verwendet werden können, um die Gefühle
darzustellen. Mit anderen Worten gesagt, handelte es sich also um standardisierte
Metaphern der Angst, der Wut oder der Traurigkeit. Rameau befriedigte es jedoch nicht,
sich beim Komponieren ausschließlich dieser stereotypen Werkzeuge zu bedienen. Er zog
vielmehr eine psychologische Interpretation der Akteure einer konventionalisierten
Behandlung der Darstellung vor, damit – Regel Nummer zwei – die Musik den Zuhörer
niemals langweile.
Rameau erreichte die gelungensten Verwirklichungen seiner Ideen in jenen Werken, in
denen er mit dem Librettisten Louis de Cahusac zusammenarbeitete. Die Freiheiten,
welche ihm der Librettist bei der Komposition der instrumentalen Balletteinlagen ließ,
inspirierte Rameau zur Erschaffung von Stücken von bis dahin nicht gekannter dramatischer
Ausdruckskraft. De Cahusac wiederum konnte dank der Genialität des Komponisten die
Tanzsätze, die ehemals als zusammenhanglose, isolierte Stücke in Erscheinung getreten
waren, in das Drama integrieren.
Zu den gelungensten Kooperationen unserer beiden Herren darf die Oper Zaïs, geschrieben
in Form eines ballet héroïque in vier Akten und einem Prolog, gezählt werden:
Zaïs, ein Genius oder guter Geist, verkleidet sich als Schäfer um die Liebe der Schäferin
Zélide zu gewinnen. Nach einer Reihe schwerer Prüfungen, in denen Zaïs unter Beweis
stellt, dass er bereit wäre seine Zauberkunst zugunsten der Liebe aufzugeben, verleiht
Orasmases, König der Genii, Zélide Unsterblichkeit, sodass das Paar schließlich Hochzeit
feiern darf.
Besondere Aufmerksamkeit verdient gewiss die Ouvertüre, ein absolutes Meisterstück an
Klangfarben und Instrumentalbehandlung welche die Entstehung der vier Elemente, Feuer,
Wasser, Erde und Luft aus dem Chaos darstellt und somit den Faden, der einst bei JeanFéry Rebel mit Les Élémens begann und in Haydns Schöpfung sein Ziel erreichte,
weiterspinnen sollte. Doch damit wären sie noch lange nicht ausgefüllt, die Felder dieses
einzigartigen Tongemäldes: Es warten u.a. ein friedlich beschwingtes Menuett, eine Air
(mouvement en chaconne) von geradezu entrückter Schönheit, der heiter-neckende
Auftritt der Elementarwesen sowie zu guter Letzt ein fröhlich ausgelassener Contredanse.
Zaïs, das seine Uraufführung am 29. Februar 1748 in der Pariser Opéra erleben durfte, war
eines der ersten Werke, welches im Zuge der Wiederentdeckung Jean-Philippe Rameaus
durch die historische Aufführungspraxis seinen Weg zurück auf die Bühne gefunden hatte.
Dies ist nun mehr als 30 Jahre her und niemand hat es dem Trio Leonhardt, Kuijken und
Herreweghe bislang gleich getan ... Zeit für eine zweite Renaissance – seien sie herzlich
eingeladen!
Christian Moritz-Bauer
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