Antwort

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Wahlprüfstein DIE LINKE
Hartmannbund - Verband der Ärzte Deutschlands e.V.
Kurfürstenstr. 132
10785 Berlin
Fragen zu gesundheitspolitischen Positionen
im Rahmen unserer Auseinandersetzung mit der bevorstehenden Bundestagswahl
möchten wir unter anderem die fünf derzeit im Bundestag vertretenen Parteien zu einigen
uns wichtigen Fragestellungen zu Wort kommen lassen.
Krankenversicherung
Mit der Gesetzlichen und der Privaten Krankenversicherung ruht das deutsche
Gesundheitssystem auf zwei Säulen. Würden Sie dieses Systems weiter
entwickeln oder halten Sie einen grundsätzlichen Systemumbau für erforderlich?
Das Nebeneinander von gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und privater
Krankenversicherung (PKV) als Vollversicherung ist unsinnig und einmalig in Europa. Die PKV
schwächt nicht nur die Solidarität, sondern gefährdet auch die finanzielle Stabilität der GKV.
Die PKV selbst ist als eigenständiges Versicherungssystem langfristig nicht überlebensfähig.
Bereits derzeitig existierende Finanzierungsprobleme werden sich in Zukunft ohne neue junge
Mitglieder verstärken. Außerdem führt sie bei nicht wenigen privat Versicherten zu sozialen
Härten, wie der neue Notlagentarif der Bundesregierung erneut verdeutlicht.
Wir schlagen eine gerechte und solidarische Finanzierung als Basis einer zukunftsfesten und
hochwertigen Gesundheitsversorgung vor. Alle in Deutschland lebenden Menschen werden
Mitglied der solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung (BBV). Sämtliche
erforderlichen Leistungen werden zur Verfügung gestellt. Der medizinische Fortschritt wird
einbezogen. Alle entrichten den gleichen Prozentsatz ihres gesamten Einkommens. Niemand
soll aus der Verantwortung entlassen werden – weder durch eine Privatversicherung, noch
durch eine Beitragsbemessungsgrenze, die die höchsten Einkommen entlastet (vgl.
Bundestagsdrucksache 17/7197).
Bürgerversicherung
Ist nicht die Gefahr groß, dass gerade eine Bürgerversicherung zu einer ZweiKlassen-Medizin führt? Durchschnittliche Versorgung für den Durchschnitt.
Bessere Versorgung für diejenigen, die sich zusätzliche Leistungen „erkaufen“
können?
Das Gegenteil ist der Fall. Das derzeitige Nebeneinander von gesetzlicher Krankenversicherung
(GKV) und privater Krankenversicherung (PKV) hat eine Zwei-Klassen-Medizin manifestiert.
Dabei sollte allein die medizinische Notwendigkeit sollte über die Art und den Umfang einer
Behandlung entscheiden. Nicht jedoch, ob die oder der Betroffene gesetzlich, privat oder im
Basistarif versichert ist. Anspruch linker Gesundheitspolitik ist es, allen Menschen in
Deutschland unabhängig vom Alter oder der Größe des Geldbeutels eine hochwertige
Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Eine unabhängige Studie beweist: Mit der BBV lässt
sich eine qualitativ hochwertige Versorgung langfristig sichern, obwohl die Beiträge auf 10, 5
Prozent gesenkt werden könnten. Die BBV schafft auch die Voraussetzung für eine umfassende
Reform und Aufwertung der ärztlichen Gebührenordnungen.
Freiberuflichkeit des Arztes
Ärztliche Therapiefreiheit und freie Arztwahl sind wesentliche Pfeiler unseres
Gesundheitssystems. Wie schätzen Sie das Risiko ein, dass immer stärkere
Reglementierungen, zunehmende Eingriffe in die Freiberuflichkeit des Arztes
und eine mögliche Einheitsversicherung diese Werte gefährden?
Die Auswirkungen der neoliberalen Gesundheitspolitik bekommen auch Ärztinnen und Ärzte zu
spüren. Eingriffe in die Therapiefreiheit, die Beschränkung der freien Arztwahl, oder
Fließbandmentalität akzeptiert DIE LINKE nicht. Das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis
ist ein hohes Gut.
Wir setzen uns für eine wissenschaftlich fundierte, evidenzbasierte medizinische Versorgung
ein. Behandlungen sollten auf der Basis von Leitlinien stattfinden, es sei denn, dem stehen im
Einzelfall trifftige Gründe entgegen. Finanzielle Anreize und Zwänge dürfen keinen Einfluss auf
die Versorgung von Patientinnen und Patienten nehmen.
DIE LINKE befürwortet eine transparente und demokratische Selbstverwaltung, obwohl wir
durchaus Defizite bei der Transparenz, der demokratischen Legitimierung und zum Teil der
Umsetzung der Gemeinwohlverpflichtung sehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss beweist,
dass die Ausgestaltung des Leistungskataloges auf hohem Niveau durch die gemeinsame
Selbstverwaltung erfolgen kann.
Krankenhäuser
Die Krankenhäuser verzeichnen einen Investitionsstau in zweistelliger
Milliardenhöhe. Mit welchen Maßnahmen werden Sie sicherstellen, dass die
Länder ihrer gesetzlichen Investitionsverpflichtung nachkommen?
DIE LINKE fordert eine öffentlich organisierte, angemessen finanzierte und bedarfsgerechte
Krankenhausversorgung. Die Länder müssen eine flächendeckende Krankenhausinfrastruktur
mit ihren Investitionen sichern. Die Krankenkassen haben den Betrieb angemessen zu sichern.
Die derzeit mangelhafte Investitionsfinanzierung liegt meist nicht am politischen Willen in den
Ländern, sondern schlicht an fehlenden Mitteln. Auch deshalb fordern wir eine sozial gerechte
Steuerpolitik des Bundes. Außerdem fordert DIE LINKE seit Jahren in den Beratungen zum
Bundeshaushalt, dass der Bund die finanziell schlecht gestellten Länder 10 Jahre lang mit
jährlich 2,5 Milliarden Euro zum Abbau des Investitionsstaus unterstützen soll, so die Länder
weitere 2,5 Milliarden Euro kofinanzieren. Auf diese Weise könnte innerhalb von 10 Jahren mit
insgesamt 50 Milliarden Euro der Investitionsstau abgebaut werden.
Ärztemangel
Der Ärztemangel in Kliniken und in der ambulanten Versorgung ist ein akutes
Problem. Welche Konzepte in der Familienpolitik und veränderte Strukturen im
Gesundheitswesens können jungen Ärztinnen und Ärzten eine echte Perspektive
eröffnen, wieder stärker in der kurativen Medizin – ambulant wie stationär – tätig
werden zu wollen?
Es muss endlich sektorenübergreifend geplant und versorgt werden. Alle Gesundheitsberufe
sollen einbezogen werden, auch die Pflegeberufe, die Heilberufe und die Hebammen. Die
Ermittlung des gesundheitlichen Bedarfs muss auf eine wissenschaftliche Basis gestellt und
kleinräumig organisiert werden. Die ineffektive und teure Trennung von ambulanten und
stationären Einrichtungen ist schrittweise zu überwinden (vgl. Antrag zur Bedarfsplanung, BTDrs. 17/3215).
Aus Sicht der Partei DIE LINKE sollte es mehr poliklinische Strukturen geben. Dabei ist das
Vordringen von Kapitalgesellschaften zu verhindern. MVZ-Neugründungen sollten in vorrangig
unterversorgten Bereichen erfolgen. Die freie Arztwahl wie auch die Therapiefreiheit müssen
erhalten bleiben.
flächendeckende Versorgung
Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, um die flächendeckende
Versorgung für die Bevölkerung sicherzustellen? Ist dies auf Dauer auf dem
Land überhaupt noch realistisch? Und ist die Möglichkeit von
„Zwangsrekrutierungen“, wie sie sich im Sommer in Thüringen angedeutet
haben, eine realistische Option?
Für DIE LINKE ist die Erreichbarkeit gesundheitlicher Leistungen von zentraler Bedeutung.
Modelle wie fahrende und angemessen ausgestattete Arztpraxen, Shuttledienste zu Praxen
oder Poliklinik und Gemeindeschwestern müssen ausgebaut werden. Ärztinnen und Ärzten
muss das Arbeiten auf dem Land erleichtert werden. Einige Tätigkeiten, die heute von Ärtzinnen
und Ärzten erledigt werden, können durch andere Berufsgruppen, wie beispielsweise
Gemeindeschwestern, ausgeführt werden.
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