Arithmetische Funktionen

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Arithmetische Funktionen
RHO–Sommercamp Mirow 2008
1 Definition. Eine reell- oder komplexwertige Funktion, die auf den positiven ganzen Zahlen definiert ist, heißt arithmetische (oder zahlentheoretische) Funktion.
2 Beispiel (Die Möbiusfunktion µ(n)). Wir setzen µ(1) = 1 und für n > 1 mit Primfaktorzerlegung n = pα1 1 pα2 2 · · · pαk k setzen wir
(
(−1)k falls α1 = · · · = αk = 1,
µ(n) =
0
sonst.
3 Satz.
X
d|n
(
1 falls n = 1,
µ(d) =
0 sonst.
4 Aufgabe. Beweise
X
µ(d) = µ2 (n),
d2 |n
und allgemeiner
(
0 falls mk | n für ein m > 1
µ(d) =
1 sonst.
dk |n
X
5 Beispiel (Die Eulersche Phi-Funktion ϕ(n)). ϕ(n) ist die Anzahl der positiven Zahlen k ∈ [n] := {1, . . . , n} mit (k, n) = 1.
6 Satz.
X
ϕ(d) = n.
d|n
7 Satz.
ϕ(n) =
X
d|n
n
µ(d) .
d
8 Satz.
Y
1
ϕ(n) = n
1−
.
p
p|n
9 Satz. Die Eulerfunktion hat folgende Eigenschaften.
(a) Für p prim und α ≥ 1 ist ϕ(pα ) = pα − pα−1 .
d
(b) ϕ(mn) = ϕ(m)ϕ(n) ϕ(d)
, wobei d = (m, n),
(c) ϕ(mn) = ϕ(m)ϕ(n) für teilerfremde n und m,
(d) Aus a | b folgt ϕ(a) | ϕ(b).
1
(e) Für n ≥ 3 ist ϕ(n) gerade. Außerdem ist 2r | ϕ(n) falls n r paarweise verschiedene
ungerade Primfaktoren hat.
10 Aufgabe. Bestimme alle natürlichen Zahlen n mit
(a) ϕ(n) = n/2,
(b) ϕ(n) = ϕ(2n),
(c) ϕ(n) = 12.
11 Aufgabe. Beweise
X µ2 (d)
n
=
.
ϕ(n)
φ(d)
d|n
12 Definition (Dirichlet-Produkt). Für zwei arithmetische Funktionen f und g definieren wir das Dirichlet-Produkt h = f ∗ g durch
n
X
h(n) =
.
f (d)g
d
d|n
13 Bemerkung. Wenn wir mit N die Funktion N (n) = n bezeichnen, können wir Satz 7
auch als ϕ = µ ∗ N schreiben.
14 Satz. Die Dirichlet-Multiplikation ist kommutativ und assoziativ.
15 Definition (Identität). Die Funktion
(
1 falls n = 1,
I(n) =
0 falls n > 1
nennen wir Identitätsfunktion.
16 Satz. Für jede arithmetische Funktion f ist f ∗ I = I ∗ f = f .
17 Satz (Dirichlet-Inverse). Für jede arithmetische Funktion f mit f (1) 6= 0 gibt’s eine
eindeutig bestimmte arithmetische Funktion f −1 mit f ∗ f −1 = f −1 ∗ f = I. Diese Inverse
ist durch die folgende Rekursion gegeben.
−1 X n −1
1
,
f −1 (n) =
f
f (d) für n > 1.
f −1 (1) =
f (1)
f (1) d|n
d
d<n
18 Bemerkung. Für die Einheitsfunktion u(n) = 1 ∀n sagt Satz 3, daß µ ∗ u = I, d.h. u
und µ sind Dirichlet-invers zueinander.
19 Satz (Möbius-Inversion). Für arithmetische Funktionen f und g ist
X
X
f (n) =
g(d) ⇐⇒ g(n) =
µ(d)f (n/d).
d|n
d|n
20 Definition (Multiplikative Funktion). Eine arithmetische Funktion f heißt multiplikativ, falls f nicht identisch verschwindet und
f (mn) = f (m)f (n) falls (m, n) = 1.
f heißt vollständig multiplikativ falls f (mn) = f (m)f (n) für alle m und n gilt.
2
21 Satz. Für eine multiplikative Funktion f ist f (1) = 1.
22 Satz. Sei f eine arithmetische Funktion mit f (1) = 1.
(a) f ist genau dann multiplikativ wenn f (pα1 1 · · · pαk k ) = f (pα1 1 ) · · · f (pαk k ) für alle Primzahlen pi und ganze Zahlen αi ≥ 1.
(b) Wenn f multiplikativ ist, so ist f genau dann vollständig multiplikativ wenn f (pα ) =
f (p)α für alle Primzahlen p und ganze Zahlen α ≥ 1.
23 Satz. Wenn f und g multiplikativ sind, so ist auch f ∗ g multiplikativ.
24 Satz. Wenn g und f ∗ g multiplikativ sind, so ist auch f multiplikativ.
25 Satz. Wenn f multiplikativ ist, so ist auch f −1 multiplikativ.
26 Satz. Eine multiplikative Funktion f ist genau dann vollständig multiplikativ, wenn
f −1 (n) = µ(n)f (n) für alle n ≥ 1.
27 Satz. Für eine multiplikative Funktion f ist
X
Y
µ(d)f (d) =
(1 − f (p)) .
d|n
p|n
28 Beispiel (Die Inverse der Euler-Funktion). Aus ϕ = µ ∗ N folgt
ϕ−1 = µ−1 ∗ N −1 = µ−1 ∗ µN = u ∗ µN.
P
Q
D.h. ϕ−1 (n) = dµ(d), und mit Satz 27 kriegen wir ϕ−1 (n) = (1 − p).
d|n
p|n
29 Definition (Teilerfunktionen). Für reelles oder komplexes α definieren wir
X
σα (n) =
dα .
d|n
Insbesondere bezeichnen wir σ1 mit σ und σ0 mit τ , d.h. τ (n) ist die Anzahl und σ(n) ist
die Summe der Teiler von n.
30 Aufgabe. (a) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein zufällig gewählter positiver
Teiler von 1099 ein Vielfaches von 1088 ist?
(b) Wieviele geordnete Paare (a, b) mit kgV(a, b) = 23 57 1113 gibt es?
(c) Bestimme das Produkt der positiven Teiler von n = 4204 .
31 Satz. Für n = pα1 1 pα2 2 · · · pαr r gelten die folgenden Aussagen.
(a) τ (n) = (α1 + 1)(α2 + 1) · · · (αr + 1),
p
α1
−1 p
α2
−1
αr
−1
(b) σ(n) = p11 −1 p22 −1 · · · pprr −1
,
Q
(c) d|n d = nτ (n)/2 ,
3
√
(d) τ (n) ≤ 2 n.
32 Aufgabe. Was ist die Summe der geraden Teiler von 10000?
33 Aufgabe. Beweise σ(1) + σ(2) + · · · + σ(n) ≤ n2 .
34 Aufgabe. Bestimme alle positiven ganzen Zahlen k, für die es eine natürliche Zahl n
gibt mit
τ (n2 )
= k.
τ (n)
(IMO 1998 )
35 Aufgabe. Für jede positive ganze Zahl n gilt
σ(n)
σ(1) σ(2)
+
+ ··· +
≤ 2n.
1
2
n
(HMMT 2004 )
36 Aufgabe. Für eine positive ganze Zahl k sei p(k) der größte ungerade Primteiler von k.
Beweise
2n
p(1) p(2)
p(n)
2(n + 1)
<
+
+ ··· +
<
.
3
1
2
n
3
37 Aufgabe. Sei f (x) definiert für alle rationalen Zahlen in [0, 1]. Wir setzen
n
n
X
X
k
k
∗
F (n) =
f
,
F (n) =
f
.
n
n
k=1
k=1
(k,n)=1
(a) Beweise F ∗ = µ ∗ F .
(b) Beweise µ(n) =
n
P
exp(2πik/n).
k=1
(k,n)=1
38 Aufgabe. ϕk (n) sei die Summe der k−ten Potenzen der zu n teilerfremden Zahlen ≤ n.
Beweise
X ϕk (d)
1k + 2k + · · · + nk
=
.
dk
nk
d|n
39 Aufgabe. Beweise für n > 1,
ϕ1 (n) =
nϕ(n)
,
2
ϕ2 (n) =
n2 ϕ(n) n Y
+
(1 − p).
3
6
p|n
Wie sieht die analoge Formel für ϕ3 (n) aus?
Literatur
[Apo] Apostol, T., Introduction to Analytic Number Theory, Springer, 1976
[And] Andreescu, T., Andrica, D., Feng, Z., 104 Number Theory Problems, Birkhäuser,
2007
4
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