Das Konzept des "Ökologischen Fußabdrucks"

Werbung
WWF Deutschland
Rebstöcker Straße 55
60326 Frankfurt a. M.
Tel.: 0 69/7 91 44-0
Direkt: -1 45
Fax: 0 69/7 91 44-1 16
[email protected]
[email protected]
www.wwf.de
Hintergrundinformation
Stand: 11/01
Das Konzept des „Ökologischen Fußabdrucks“
Es ist in den letzten Jahren immer deutlicher geworden, dass die Ökosysteme der Erde durch die
zunehmende Tätigkeit des Menschen, besonders
durch wirtschaftliche Produktion und Konsum,
immer mehr geschädigt werden.
Vielfalt zusammenhängen. Zunehmend gewinnt
das Konzept an Gewicht in der Diskussion um eine
nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsweise von
einzelnen Menschen, Städten, Ländern oder gar
Kontinenten.
Wirtschaftlicher Druck bedroht Arten
Dieser wirtschaftliche Druck, der durch eine ständig wachsende Zahl von Menschen immer weiter
vergrößert wird (von denen nicht nur immer mehr
arm sind, sondern gleichzeitig immer mehr wohlhabend), stellt die eigentliche Bedrohung für die biologische Vielfalt dar, d.h. das langfristige Überleben von Genen, Arten (einschließlich des Menschen und der Vielfalt seiner Kulturen) und Ökosystemen.
Ist unsere Wirtschaftsweise und unsere Lebensform überhaupt noch nachhaltig? Und wenn nicht,
wie lässt sie sich nachhaltiger gestalten? Hierauf
gibt ein theoretisches Konzept Antwort, das in den
letzten Jahren immer mehr Anhänger und Anwender erfahren hat: der „Ökologische Fußabdruck“.
Mit dem „Ökologische Fußabdruck“ wird versucht,
den Naturverbrauch des Menschen anhand des
Indikators der verbrauchten Fläche zu messen. Für
Natur– und Umweltschutzorganisationen, aber
auch politische und wirtschaftliche Gruppierungen,
die zum Erhalt der biologischen Vielfalt beitragen
wollen, kann dieses Konzept sehr hilfreich sein, da
verbrauchte Fläche und Rückgang der biologischen
Der „Ökologische Fußabdruck“ einer gegebenen
Bevölkerung und deren Wirtschaft kann als das
Gebiet von biologisch produktivem Land und Wasser (Ackerland, Weide, Wald, Flüsse, etc.) verstanden werden, das erforderlich wäre, um mit
heutiger Technologie für diese Bevölkerung alle
verbrauchte Energie und alle materiellen Ressourcen bereitzustellen sowie allen Abfall zu absorbieren. Dabei wird der Verbrauch aller Haushalte,
Unternehmen und Verwaltungen eingeschlossen.
Der WWF Deutschland ist eine der nationalen Organisationen des WWF – World Wide Fund For Nature – in Gland (Schweiz).
Hintergrundinformation
Stand: 11/01 - Das Konzept des „Ökologischen Fußabdrucks“
Das Konzept erlaubt uns, den „ökologischen Fußabdruck“ der gesamten Welt, eines einzigen Landes, eines bestimmten Projektes oder einer einzigen Person zu berechnen. Im Falle einer Stadt
wird das Konzept besonders plastisch: würde man
eine Käseglocke über eine Stadt wie Frankfurt
stülpen, so dass alle Frankfurter ihre Bedürfnisse
nur noch innerhalb dieser Käseglocke befriedigen
könnten, ergibt sich die Frage, wie groß die Käseglocke dann sein müsste. Mit andern Worten: wie
viel Land- und Wasserflächen sind nötig, um die
tagtägliche wirtschaftliche und soziale Aktivität
ihrer Bewohner aufrechtzuerhalten und deren Abfälle zu entsorgen? Kalkulationen des International
Institute for Environment and Development (IIED,
London) am Beispiel der Stadt London zeigen, dass
eine rund hundertfach größere Fläche als die
Grundfläche der Stadt selbst zur Verfügung stehen
müsste, um ihre Nachhaltigkeit zu gewährleisten!
Das bedeutet also, dass eine Großstadt einen gewaltigen Druck auf ihr Umland erzeugt, um sich
selbst am Leben zu erhalten.
Maß unseres Ressourcenverbrauches darstellt,
d.h. der wirkliche „Ökologische Fußabdruck“ wird
erheblich größer sein, als die Modellberechnungen.
Wie nachhaltig ist unsere Lebensweise?
Beispiele
Dieses Konzept ist also ein Modell, mit dem versucht wird, die vielen Faktoren, die Einfluss auf die
Belastung unserer Umwelt haben, zu bündeln und
mit dem wir die Nachhaltigkeit unserer Lebensweisen testen können. Wie jedes Modell basiert
der „Ökologische Fußabdruck“ auf Vereinfachungen und Annahmen, die notwendig sind, um dieses
Konzept überhaupt anwenden zu können. So werden z.B. Flächen, die Tiere und Pflanzen benötigen, die nicht vom Menschen genutzt werden, nicht
berücksichtigt, ebenso wenig wie die Verschmutzung von Böden, Luft und Wasser durch unsere
wirtschaftlichen Tätigkeiten. Genauso wird angenommen, dass die derzeitig praktizierte Land- und
Forstwirtschaft nachhaltig ist. Diese Vereinfachungen und Annahmen führen dazu, dass der
„Ökologische Fußabdruck“ ein sehr konservatives
In seinem „Living Planet Report 2000“ 1 analysiert
der WWF den ökologischen Fussabdruck der
Weltbevölkerung auf unserm Planeten und kommt
zu dem Ergebnis, dass wir die Grenze der Nachhaltigkeit schon in den 70er Jahren überschritten
haben und eigentlich zwei weitere Planet bräuchten, um unter heutigen Umständen nachhaltig zu
leben.
Das Konzept hat selbst bei einer sehr konservativen Anwendung (s.o.) erstaunliche Ergebnisse
geliefert2. Hier nur 3 Beispiele:
1
Der Report kann heruntergeladen werden unter:
http://www.panda.org/livingplanet/lpr00/
2
Alle folgenden Zahlen wie auch das Konzept und sämtliche
Abbildungen finden sich im Taschenbuch: Mathis Wackernagel und William Rees. 1997. Unser ökologischer Fußabdruck wie der Mensch Einfluss auf die Umwelt nimmt. Birkhäuser,
Basel
2
Hintergrundinformation
Stand: 11/01 - Das Konzept des „Ökologischen Fußabdrucks“
1. Ein einzelner Mensch auf der Welt verfügt
heute im statistischen Durchschnitt nur noch
über 1,45 ha Land und 0,5 ha nutzbarer Meeresfläche.
2. In Deutschland brauchen wir aber inzwischen
pro Person durchschnittlich 4,36 ha Land und
0,85 ha Meer, um unsere Bedürfnisse zu decken, also fast dreimal so viel, wie uns zur
Verfügung steht. Das heißt, dass in Deutschland bei einer Größe von 35,72 Millionen ha
nur ca. 8,2 Millionen Menschen nachhaltig leben könnten (ohne Flächenansprüche für den
Naturschutz zu berücksichtigen). Geht man
davon aus, dass 15 Prozent der Fläche in
Deutschland für den Naturschutz reserviert
werden, hätten nur noch knapp sieben Millionen Einwohner in Deutschland Platz.
3. Wenn man die menschliche Ressourcenbeanspruchung weltweit zugrundelegt, so zeigt sich,
dass bereits jetzt - bei immerhin konservativer
Rechnung - 30 Prozent mehr natürliche Rohstoffe verbraucht werden als die Ökosysteme
dauerhaft bereitstellen können. Wir plündern
mit unserer Wirtschafts- und Lebensweise tatsächlich den Planeten Erde. Hieran haben die
25 reichsten Länder der Erde, die insgesamt
nur 20 Prozent der Weltbevölkerung stellen,
einen Anteil von 80 Prozent!
Interessant ist das Konzept des ökologischen Fußabdrucks aber nicht nur, um den beklagenswerten
Zustand der Welt einmal mehr zu bilanzieren, sondern aus zwei anderen Gründen:
• es macht sehr deutlich, wer die Hauptverursacher von Umweltbelastung weltweit sind –
nämlich vor allem die Industrieländer,
• es eignet sich gut für eine Handlungsorientierung: Das Konzept hilft nämlich die Frage zu
beantworten, was wir (jeder Einzelne, Kommunen, Staaten und die ganze Welt) tun müssen, um die Belastung der Natur zu verringern.
Es kann also helfen, Prioritäten zu setzen und
eine persönliche oder politische Agenda zu
formulieren.
So zeigen beispielsweise Daten über den individuellen menschlichen Verbrauch am Beispiel Kanadas folgende ressourcenintensive Tätigkeiten auf:
• Der Fleischkonsum im Rahmen unserer Nahrungsaufnahme, der eine sehr hohe Bereitstellung von Weideland mit sich bringt
• Der Verbrauch von Material für die recht
hohen individuellen Wohnbedürfnisse
• Der hohe Verbrauch an fossiler Energie für
private Mobilitätsansprüche und die Nutzung
im Wohnbereich.
Solche persönlichen Energiebilanzen können also
durchaus helfen, individuelles Verhalten kritisch zu
reflektieren und ggf. zu ändern, sind damit u.a. für
die Umweltbildung von Interesse.
In gleicher Weise kann das Konzept helfen,
Schwerpunkte für Veränderungen auf nationaler
Ebene anzudeuten, indem es transparent macht,
wo Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung
besonders intensiv auftritt. So kann uns das Konzept beispielsweise helfen, Ziele, Schwerpunkte
und Indikatoren einer langfristigen Strategie für
Deutschland zu formulieren. Das Wuppertaler
Institut für Klima, Umwelt, Energie hat dies beispielsweise für unser Land in der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ mit dem methodisch
ähnlichen Konzept des Umweltraums bereits getan; auch für eine Reihe anderer Länder liegen im
Gefolge der UNCED-Konferenz in Rio Studien
vor, die unser Handeln leiten können. Wir sollten
von dem Konzept und seinen Anwendungen
Gebrauch machen.
Weitere Informationen:
Frank Mörschel, Abteilung Naturschutz, WWF
Deutschland, Tel.: 0 69/7 91 44-2 02, Fax: -2
31, [email protected]
3
Hintergrundinformation
Stand: 11/01 - Das Konzept des „Ökologischen Fußabdrucks“
Diese und weitere Hintergrundinformationen finden
Sie im Internet unter: www.wwf.de. Hier können Sie
sich auch in unseren kostenlosen WWF-NewsVerteiler eintragen.
4
Herunterladen