Serbske Nowiny, 12. September 2012

Werbung
Serbske Nowiny,
12. September 2012
Serbske Nowiny, 30. August 2012
Serbske Nowiny (deutsche Ausgabe), April 2012
Nowy Casnik, 4. April 2012
Serbske Nowiny, 28. März 2012
Wie ein Tanz auf der Himmelsleiter
"Serbska swoboda" vom Sorbischen National-Ensemble
Bautzen in Kooperation mit der Neuen Bühne Senftenberg
Es ist ganz offensichtlich die Ausnahme, dass an der Neuen Bühne Senftenberg so etwas wie
Tanz stattfindet. Bühnentanz wohlgemerkt. Am Freitagabend gab es sogar in Kooperation mit
dem Sorbischen National-Ensemble Bautzen Tanztheater als Uraufführung: "Serbska
swoboda" – ein Stück Freiheit.
Die Neue Bühne Theater hat sich diese Sparte nie ans Bein gebunden, engagiert auch keine
Tänzer, die als solche arbeiten, und entsprechende Gastspiele gibt es nur in minimaler Zahl.
Verständlich also, dass Intendant Sewan Latchinian nach der Uraufführung von "Serbska
swoboda – ein Stück Freiheit" mit dem Sorbischen National-Ensemble aus Bautzen quasi in
Anspielung auf ein Bühnenbilddetail von einer "Himmelsleiter" spricht, deren erste Sprosse
nunmehr bezwungen sei. Und zugleich den Wunsch äußert, dass auch weitere Sprossen folgen
könnten.
Das klingt doch ganz nach dem Beginn einer wunderbaren Freundschaft und ist für alle Seiten
hilfreich wie auch erfreulich im gemeinsamen Wagen. Zumal das sich immer wieder und
weiter durchkämpfende Sorbische National-Ensemble manches besitzt, was das Senftenberger
Intendantenherz zuweilen begehren könnte: ein spielfreudiges, gutes Orchester sowie Tänzer
in bester Obhut ihrer Fähigkeiten. Und die beherzte Intendantin Milena Vettraino ist an dieser
Zusammenarbeit offenbar ebenso interessiert.
Erste Sprosse
Tatsächlich wirkt das Bezwingen der ersten Sprosse wie ein Balanceakt in oberen Gefilden.
Schließlich hat sich das Ensemble bei dieser Produktion mit der erfahrenen englischen
Choreografin Vivienne Newport verbündet, konfrontiert das Senftenberger Publikum zur
Uraufführung mit einer Art von Tanztheater, wie es auch an anderen Bühnen schon mal
irritierend sein könnte.
Zumindest beginnt die Aufführung reichlich merkwürdig, und es braucht einige Zeit, ehe die
Eigenart der Bewegungssprache halbwegs zu akzeptieren ist. Dieses zunächst wenig
aufregende Defilieren und "Demonstrieren" von Tänzern und Chorsängern, dazu die vorerst
höchst drangvoll angelegte Komposition von Samuel Dalferth unter seiner eigenen, deutlich
ins Blickfeld gerückten "Stabführung". Es lässt sich durchaus streiten über dieses unmittelbar
für die Produktion entstandene musikalische Werk, welches wohl mehr eine Art
Gebrauchsmusik mit vielen Assoziationen ist.
Doch das dürfte akzeptabel sein in der Gesamtwirkung, und die Musiker haben mit ihrem
Dirigenten/Komponisten am Pult die Neuschöpfung bemerkenswert engagiert aufgeführt.
Wobei ihnen im kleinen Orchestergraben in Senftenberg gewiss wenig Spielraum geboten ist.
Doch das müssen selbst Orchestermitglieder an mächtig gewaltigen Bühnen erleiden.
Zurück zur Bewegungssprache. Was zu Beginn merkwürdig konstruiert im Gestenkanon wie
in den Konstellationen erscheint, hat sich schon bald, und das auch spürbar im
Zusammenspiel mit dem wechselnden musikalischen Duktus, verändert.
Ob nun tatsächlich, bleibt die Frage, aber dafür gewiss in der eigenen Wahrnehmung. Denn
zunehmend erweist sich das Klang- und Tanzgefüge als "feingliedriger", werden
Polarisierungen offensichtlich, brechen Strukturen auf in bemerkenswerter Weise und es
entstehen eindringliche Raumkompositionen.
Sinnbilder der Geschichte
Beispielsweise in jenem Moment, als eine Tänzerin ihren Kopf in den Rücken des Mannes
"bohrt", und im Moment seines Weggehens, der Vereinzelung gibt bereits ein Nachfolgender
Halt, ergreift ihre Hand, und so geht es weiter und immer fort. Eine szenische Metapher für
Veränderung, unaufdringliche Bilder persönlicher, gesellschaftlicher Zeitläufe, wie sie
beispielsweise mit der Tango-Assoziation in permanenter "Übergabe" zu erahnen sind. Diese
zu entdeckenden Feinheiten finden sich besonders auch im "Zusammengehen" von
Chorsängern und Tänzern. Wenn sie zuweilen wie in "Einschnitten" verharren und ins
Publikum schauen, als wollten sie ein Zeitfenster öffnen zum Nachdenken.
Irritierend wirkt zunächst ebenso das Bühnenbild von Tobias Wartenberg - eine Szenerie mit
verformten, verfärbten, kunstvoll ausgeleuchteten Autowracks.
Es sind Sinnbilder der Geschichte, möglicher Schicksale, Zeugnisse von Vergänglichkeit und
von "umgeformten Energien", wie es der Bühnenbildner selbst benennt.
Darauf bezieht sich nicht minder dieses Tanztheater, auf ein "Spannungsfeld zwischen
Freiheit und Abhängigkeit, Moderne und Tradition", wie es in besonderer Weise die Sorben
in der Lausitz erfahren.
Und "ein Stück Freiheit" hat hier auch das Sorbische National-Ensemble behauptet, wenn es
sich bewusst auf künstlerisches Neuland wagt. Und dazu gehört viel Mut und Ermutigung.
"Serbska swoboda – ein Stück Freiheit", eine weitere Aufführung in der Neuen Bühne
Senftenberg findet am 9. April statt, Beginn 18 Uhr.
Gabriele Gorgas
Lausitzer Rundschau, 26. März 2012
Sächsische Zeitung, 23. März 2012
Herunterladen