Klang im Raum

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Klang im Raum
Die wichtigsten Faktoren, die Einfluss auf den Klang im Raum
nehmen - Eigenschaften von Raum und Instrument und wie man
diese beeinflussen kann
Praxisbegleitendes Literaturstudium
Wintersemester 2008/09
Prof. Curdt
Arne Thiemann
Matrikel Nr.: 17653
AMB 5.Semester
e-mail: [email protected]
Arne Thiemann, Friedhofstr. 1, 72649 Wolfschlugen, Matrikel-Nr.: 17653, AMB
Klang im Raum
Inhaltsverzeichnis
I.
Einleitung…………………………………………………………………………S.2
II.
Akustische Grundlagen…………………………………………………………S.2
2.1. Schallausbreitung im Raum……………………………………………….S.2
2.2. Das Schallfeld………………………………………………………………S.4
2.3. Hörakustik…………………………………………………………………..S.6
III.
akustische Eigenschaften der Instrumentengruppen……………………….S.7
3.1. Aufbau eines Klanges……………………………………………………..S.7
3.2. Betrachtung einiger Instrumentengruppen……………………………...S.9
IV.
Raumakustik……………………………………………………………………S.11
4.1. Anforderungen an Aufnahme- und Aufführungsräume……………....S.11
4.2. Absorber, Diffusoren und Reflektoren………………………………….S.14
V.
Fazit……………………………………………………………………………..S.16
VI.
Anhang………………………………………………………………………….S.17
6.1. Quellenverzeichnis……………………………………………………….S.17
6.2. Grafiken……………………………………………………………………S.18
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Arne Thiemann, Friedhofstr. 1, 72649 Wolfschlugen, Matrikel-Nr.: 17653, AMB
I. Einleitung:
Nicht nur für Architekten, die bestimmte Baunormen einhalten müssen, sondern auch
für alle Musikschaffenden ist es wichtig, ein gewisses Verständnis für die
Raumakustik und dafür, wie man diese bewusst beeinflusst, zu entwickeln. Nicht für
jede Art von Musik sind die gleichen raumakustischen Verhältnisse als optimal zu
bewerten. Derselbe Raum kann für eine bestimmte Aufführungssituation sehr gut
geeignet sein und für eine andere schlecht. Die genaue Kenntnis eines Raumes und
seiner Auswirkungen auf den Klang ist bei Aufführungen und Aufnahmen, aber auch
für die Benutzung von Hallgeräten, hilfreich.
Wenn verschiedene Räume objektiv miteinander verglichen werden sollen, müssen
wir messbare Größen definieren, die etwas über die klanglichen Qualitäten aussagen.
Als Maßstab für diese Qualitäten müssen aber die Anforderungen gelten, die
Instrument und Spieler an ihre akustische Umgebung stellen. Diese Anforderungen
sind äußerst subjektiv und verbal schwierig zu beschreiben; der Beschreibung
widmet sich die Hörakustik, die unbedingt mit der Raumakustik verknüpft werden
muss. Erst wenn diese Basis geschaffen ist, kann man Räume durch bestimmte
Umbauten gezielt optimieren.
II. Akustische Grundlagen:
2.1 Schallausbreitung im Raum
Strahlt eine Schallquelle eine Schallwelle ab, baut sich ein Schallfeld auf, dessen
Eigenschaften vom Raum bestimmt werden. Der Schall kann an verschiedenen
Flächen reflektiert, absorbiert, in Materialien gebrochen, um Hindernisse gebeugt
werden oder sich mit anderen Schallwellen überlagern. Da diese Vorgänge
frequenzabhängig sind, beeinflussen sie das Schallereignis, das beim Zuhörer
eintrifft.
Für die Schallreflexion (Abb.1) betrachtet man den Schall als Schallstrahl und kann
so die aus der Optik bekannten Gesetze für Reflexion benutzen, sofern die
Ausdehnung der reflektierenden Fläche groß gegenüber der Wellenlänge (ƛ) des
Schallereignisses ist. Der Schall kann sowohl an ebenen, als auch an gekrümmten
Flächen reflektiert werden. Es gilt, dass der Einfallswinkel des Strahls gleich dem
Ausfallswinkel ist und der eintreffende Strahl mit dem ausfallenden in einer Ebene
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liegt. Dadurch kann man Schallereignisse gezielt in jede beliebige Richtung lenken.
Trifft der Schall auf eine Ecke, z.B. zwischen zwei Wänden oder Wand und Decke,
so wird er zweimal reflektiert und verlässt die Ecke parallel zu seiner Einfallsrichtung.
Hat ein Raum zwei parallele Wände, so kann es passieren, dass der Schall immer
von einer Wand zur anderen geworfen wird, was zu Flatterechos führt; ist der
Wandabstand gering, so erhält das Flatterecho sogar einen Tonhöhencharakter
(Klangecho). Handelt es sich bei dem Schallereignis um Dauerschall, so kommt es
bei parallelen Reflexionsflächen zu stehenden Wellen und zwar genau dann, wenn
der Wandabstand dem Vielfachen der halben Wellenlänge (ƛ/2) entspricht. Man
findet stehende Wellen häufig als Raumresonanzen in kleinen Räumen, die man
dann durch gezielten Einsatz von Absorbern und der Veränderung von Wand- und
Deckenflächen eliminieren muss, da sie die Musikwiedergabe vor allem im
Bassbereich deutlich negativ beeinflussen. Weitere negative Effekte sind Kammfilter,
die entstehen, wenn sich die Welle phasenverschoben mit sich selbst überlagert.
Auch kann sich die Lokalisation von Schallquellen verschieben, wenn der reflektierte
Schall nicht später als 10ms nach dem Direktschall eintrifft. Weiterhin kann sich
durch Reflexionen die empfundene Lautstärke erhöhen. Bei der Reflexion an
gekrümmten Flächen wird der Schall je nach Krümmung und Abstand der
Schallquelle gebündelt oder gestreut. An konvexen Flächen wird der Schall
unabhängig vom Abstand immer gestreut, wohingegen an konkaven Flächen vier
Fälle eintreten können. Ist die Schallquelle näher als der halbe Krümmungsradius der
Fläche (r/2) oder weiter weg als r, wird der Schall ebenfalls gestreut, wobei sich die
Strahlen bei einem Abstand größer als r erst schneiden. Ist die Quelle jedoch genau
r/2 von der Wand entfernt, sind alle reflektierten Strahlen parallel. Wenn die
Schallquelle weiter entfernt ist (r/2 < Abstand < r), wird der Schall gebündelt. Wie bei
der Optik sind die Strahlengänge umkehrbar.
Trifft Schall auf ein Hindernis, das in der Größenordnung der Wellenlänge oder
kleiner ist, so wird der Schall um dieses herum gebeugt. Das bedeutet, der Schall
umgeht das Hindernis als wäre es nicht da. Die Wellenlängen des hörbaren Schalls
variieren aber sehr stark (ca. zw. 2cm und 20m), was dazu führt, dass meistens die
tiefen Frequenzen eines Klanges (große Wellenlänge) um ein Hindernis gebeugt und
hohe von ihm reflektiert werden. Für hohe Frequenzen entsteht also hinter einem
Hindernis ein Schallschatten, in dem das Klangbild dumpfer ist.
Durch das Auftreffen auf Hindernisse wird dem Schall Energie entzogen, was man
als Absorption bezeichnet. Der Absorptionsgrad gibt an, wie stark oder ob ein
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bestimmter Stoff absorbiert, allerdings muss beachtet werden, dass es keinen
Absorber gibt, der über den gesamten Frequenzbereich gleich stark absorbiert. Es
gibt Höhen-, Mitten- und Tiefenabsorber (s. 4.2; Absorber, Diffusoren und
Reflektoren).
2.2 Das Schallfeld
Kommt es in einem Raum zu einem Schallimpuls, z.B. ein Stakkato-Ton oder der
Schlag auf die kleine Trommel, so kann man in einiger Entfernung drei Klangphasen
hören. Als erstes trifft beim Hörer der Direktschall ein, also der Klang, der den
direkten Weg vom Instrument zum Hörer nimmt. Darauf folgen die so genannten
„ersten Reflexionen“, an die sich der Nachhall anschließt (Abb. 2).
Bei Dauererregungen wie Musik gibt es auch drei Phasen: Anhall, die Phase
gleichmäßiger Erregung und Nachhall. Dabei ist der Anhall die Phase, in der sich das
diffuse Schallfeld aufbaut (Direktschall und Erstreflexionen), die zweite Phase
diejenige, in der das Schallfeld vollständig aufgebaut und der Dauerschall nicht
abgebrochen ist, und der Nachhall schließt sich an, wenn die Dauererregung
abbricht.
Der Direktschall ist wichtig für die richtige Ortung einer Schallquelle; er sollte einen
ausreichend großen Anteil des eintreffenden Schalls darstellen, um das Klangbild
durchsichtig und Sprache verständlich zu machen. Der Direktschall liefert auch die
wesentlichen Informationen über die Einschwingvorgänge und die unregelmäßigen,
geräuschhaften Anteile eines Klanges. Für den Direktschall gilt, dass eine
Verdopplung des Abstandes zur Schallquelle einer Abnahme des Pegels von 6dB
entspricht.
Die ersten Reflexionen (Early Reflections) kennzeichnen über ihren Pegel und ihre
Verzögerung gegenüber dem Direktschall die akustische Umgebung. Kurze
Verzögerungszeiten
(bis
10ms)
charakterisieren
dabei
einen
Raum
in
Wohnzimmergröße und verschieben die Lokalisation, da der reflektierte Schall
ebenfalls vom Gehör zur Auswertung der Richtungsinformation herangezogen wird.
Im Fall von Zeiten zwischen 10 und 25ms spricht man von einem kleinen, zwischen
25 bis 50ms von einem mittleren und 50 bis 100ms von einem großen Raum. Für
Regieräume wurde das „ITD-Gap“ (initial time delay) von 17ms (Haas Bereich: 10 bis
30ms) als optimale Verzögerungszeit zwischen Direktschall und Erstreflexionen
definiert. Ein höherer Pegel der Early Reflections erhöht – bis zu einem Grenzwert –
die empfundene Räumlichkeit. Der Grenzwert ist situationsabhängig (bei Musik
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höher als bei Sprache). Weiterhin sind die ersten Reflexionen zusammen mit dem
Direktschall auch für die empfundene Lautstärke verantwortlich, soll die Ortung der
Schallquelle unbeeinträchtigt bleiben, dürfen sie bis zu 10dB lauter sein als der
Direktschall. Dabei erhöhen Reflexionen mit einer Verzögerungszeit zwischen 20 und
50ms die Deutlichkeit eines Klangereignisses; darunter verfärben sie den Klang in
unangenehmer Weise, darüber werden sie als störendes Echo wahrgenommen.
An die Erstreflexionen schließt sich der Nachhall an – der Übergang ist fließend. Die
wichtigsten Merkmale des Nachhalls sind sein Frequenzgang und seine Dauer. Die
Nachhallzeit wurde von W.C. Sabine als die Zeit festgelegt, die verstreicht, bis der
Schallpegel um 60dB abgefallen ist, was einem Abfall der Schallintensität auf den
millionsten Teil entspricht. Diese Zeit kann man entweder berechnen (T=0,163*(V/A))
oder messen. Für die Berechnung benötigt man nach der Sabineschen Formel das
Absorptionsvermögen A eines Raumes und das Raumvolumen (wobei letzteres
meist
bekannt
sein
dürfte
oder
aber
leicht
zu
errechnen
ist).
Das
Absorptionsvermögen errechnet sich bei bekanntem mittleren Absorptionsgrad αm
über die Formel A= S*αm (S: gesamte Oberfläche des Raumes). αm kann
man
errechnen, indem man für jede Fläche das Produkt S’*α’ (α’: Absorptionsgrad)
bestimmt, alle Produkte aufsummiert und durch die Gesamtoberfläche S teilt. Das
ergibt aber nur bei großen Räumen (längere Nachhallzeiten) ausreichend genaue
Werte, für kleine Räume (kürzere Nachhallzeiten) ist die Formel von Eyring besser,
in der das Absorptionsvermögen über A=-S*ln(1-αm) logarithmisch berechnet wird.
Noch genauer wird es, wenn man die Absorptionswirkung der Luft mit einbezieht,
was aber nicht von großem praktischem Nutzen ist. Auch für die Nachhallzeit hat
man Soll-Werte für verschiedene Räume (Aufnahme-, Regie- und Aufführungsraum)
definiert. Ebenso wichtig wie die Nachhalldauer ist die spektrale Zusammensetzung
des Nachhalls für die Charakterisierung eines Raumes, die daher rührt, dass die
absorbierenden Flächen nie vollkommen linear über den gesamten Frequenzbereich
sind. Räume, die den Hall im Bassbereich stark betonen (z.B. Kirchen mit
vorwiegend Steinwänden), klingen eher dumpf; der Mittenbereich färbt den
Raumklang warm (z.B. durch schwingungsfähiges Holz und Bilder). Grundsätzlich
lässt sich aber ein Pegelabfall zu den hohen Frequenzen hin feststellen, da diese
von den meisten Stoffen absorbiert werden, was wir deshalb als klanglich neutral
empfinden.
Der Abstand zur Schallquelle, an dem das diffuse Schallfeld und der Direktschall den
gleichen Pegel haben, wird Hallabstand genannt (Abb. 3) und berechnet sich für
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Kugelschallquellen über rH = 0,057*√(V/T). Da in der Praxis Schallquellen aber meist
gerichtet sind, muss man ihn entsprechend korrigieren oder experimentell bestimmen.
Das Verhältnis von Direkt- zu Diffusschall ist wichtig für das Hören der Entfernung
einer Schallquelle.
2.3 Hörakustik
Da Musik subjektiv von jedem anders wahrgenommen wird, braucht man für die
Beurteilung von Räumen neben objektiven Kriterien auch subjektive und im
optimalen Fall sogar eine einfache Beziehung zwischen beiden. Einige Begriffe
haben sich bereits durchgesetzt.
Die Hörsamkeit ist die Eignung eines Raumes für einen bestimmten Zweck, so kann
man
in
einem
Raum
mit
guter
Hörsamkeit
Sprachdarbietungen
ohne
elektroakustische Anlagen an allen Plätzen im Raum gut verstehen.
Durchsichtig ist ein Raum dann, wenn man bei musikalischen Darbietungen die
einzelnen
Instrumentengruppen
trotz
Raumschall
gut
unterscheiden
kann
(Registerdurchsichtigkeit). Auch eine klare Trennung von zeitlich aufeinander
folgenden Schallereignissen wird als durchsichtig bezeichnet (Zeitdurchsichtigkeit).
Sie
ist
vergleichbar
mit
der
Wortverständlichkeit
bei
Sprachdarbietungen.
Reflexionen, die bis spätestens 80ms (für Musik, 50ms für Sprache) nach dem
Direktschall
eintreffen,
erhöhen
die
Durchsichtigkeit
und
die
empfundene
Räumlichkeit, spätere Reflexionen mindern sie und erhöhen die Halligkeit.
Der Raumeindruck schließlich ist die Empfindung, die man bekommt, wenn man ein
Schallereignis in einem bestimmten Raum hört. Man erhält einen Eindruck davon, ob
die Schallquelle im gleichen Raum ist wie man selbst, aber auch von der Größe und
Breite, der Halligkeit und Räumlichkeit. Halligkeit ist dabei ein Wort dafür, dass es
neben dem Direktschall auch ein diffuses Schallfeld gibt. Räumlichkeit bedeutet,
dass der Schall aus einem größeren Raum kommt, als ihn die Schallquelle einnimmt.
Die Empfindung der Räumlichkeit wird durch Seitenwandreflexionen verursacht
(Reflexionen mit 10 bis 80ms Verzögerung) und kann erst ab ca. 75 bis 85dB
wahrgenommen werden.
Und dann gibt es auch noch das Echo, als Wiederholung des Schallereignisses, es
gibt dem Hörer eine Information über die Beschaffenheit und die Entfernung einer
Wand.
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III. Akustische Eigenschaften der Instrumentengruppen
Um einem Raum für eine bestimmte Darbietung – sei es Orchestermusik,
Kammermusik oder eine Sprachdarbietung – eine besondere akustische Eignung zu
geben, benötigt man das Wissen um die akustischen Eigenheiten der Instrumente,
die darin klingen sollen.
3.1 Aufbau eines Klanges
Spielt ein Instrument – die Stimme sei hier auch Instrument – in einem Raum einen
Ton, so erfährt der Hörer eine Menge über das Instrument, die Spielweise und den
Raum, wobei seine Hörerfahrungen eine wichtige Rolle bei der Auswertung der
Informationen spielen. Da diese Vorgänge äußerst komplex sind, benötigen wir eine
Modellvorstellung, um sie anschaulich zu machen (Abb.4). Der Ton wird als
Schwingungsvorgang betrachtet, der sich zeitlich verändert und durch die Anzahl
verschiedener Schwingungen und ihrer Stärke beschrieben wird. Das bedeutet: es
werden die drei Dimensionen Zeit, Frequenz und Schallpegel zur Beschreibung
eines Tones benötigt. Es ist möglich, die Töne zeitlich gesehen in drei
unterschiedliche
Phasen
zu
zerlegen:
Einschwingvorgang,
stationärer
oder
quasistationärer Zustand 1 und Ausklingvorgang.
Der Einschwingvorgang ist der „Zeitraum, indem sich der Ton aus der völligen Ruhe
bis zu seinem endgültigen Zustand entwickelt.“ 2 Je kürzer der Einschwingvorgang ist,
desto geräuschhafter wirkt der Ton; unter 10ms spricht man vom Charakter eines
Knacks, zwischen 10 und 40ms von einem unauffälligen Charakter und darüber von
einem weichen oder verschleppten. Die meisten Einschwingvorgänge liegen im
Bereich zwischen 1ms und 250ms und sind frequenzabhängig. Das ist damit zu
erklären, dass die verschiedenen Frequenzen verschieden stark vom Instrument und
der Umgebung absorbiert und gedämpft werden, wodurch ein Gleichgewicht
zwischen abgestrahlter und hineingesteckter Energie (stationäre Phase) zu
unterschiedlichen Zeitpunkten erreicht wird. Das Einschwingen der Obertöne in einer
speziellen Reihenfolge ist besonders wichtig für den charakteristischen Klang eines
Instruments.
Nachdem die Tonanregung zu Ende ist, verklingt der Ton während des
Ausklingvorgangs bis zur völligen Ruhe. Die in den Resonanzsystemen eines
1
stationär kann man ihn nur bezeichnen, wenn der Ton ganz gleichmäßig angeregt wird (z.B. Orgel), bei Streichern und
2
Akustik und musikalische Aufführungspraxis, Jürgen Meyer, 5. aktualisierte Auflage, Edison Bochinsky Verlag, 2004, S. 28
Bläsern gibt es jedoch geringe Abweichungen durch z.B. Luft- oder Bogenandruckschwankungen.
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Instruments gespeicherte Schallenergie wird abgestrahlt. Ähnlich wie beim Hall
nimmt der Pegel ab und die Zusammensetzung des Klangspektrums verändert sich.
Dabei klingen die hohen Töne zuerst ab, der Klang wird also im Ausklang dunkler
und weicher. Die längste Ausklingzeit haben gezupfte und geschlagene Instrumente,
wobei sie aber keine quasistationäre Phase haben. Am kürzesten schwingt der Ton
bei Blasinstrumenten aus. Wie lange man einen ausklingenden Ton hört, ist aber
nicht nur von seiner Lautstärke und der Dämpfung des Instruments abhängig,
sondern auch vom Raum und dem darin vorherrschenden Störpegel.
In der quasistationären Phase bleibt der Ton ungefähr konstant (keine Veränderung),
wobei einige Unregelmäßigkeiten, die bei den meisten Instrumenten auftauchen
näher betrachtet werden sollten, da sie den charakteristischen Klang eines
Instruments ausmachen. Aus dem oben beschriebenen Modell lassen sich direkt
zwei zeitliche Unregelmäßigkeiten ablesen: das Tremolo als Amplitudenmodulation –
hervorgerufen durch die Bogenführung bei Streichern oder die Flatterzunge bei
Bläsern – und das Vibrato als Frequenzmodulation (meist zwischen 5 und 8Hz), die
bei den meisten Instrumenten allerdings mit einer Amplitudenmodulation einhergeht
und gerne zur Tonveredelung eingesetzt wird.
In der stationären Phase kann man auch andere Klangeigenschaften gut
herauslesen, so z.B. das Teiltonspektrum (harmonische Reihe), also welche
Obertöne (ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz) wie stark auftreten. Dabei sind
der Frequenzumfang und die Stärke der Teiltöne von der gespielten Dynamikstufe
abhängig. Je mehr Obertöne ein Klang aufweist, desto heller bzw. schärfer wird er.
Tiefe aber obertonreiche Töne klingen rau, da sie im oberen Frequenzbereich eine
große Dichte der Teiltöne erreichen. Obertonarme Klänge haben eher ein dunkles
bzw. weiches Timbre. Sind vor allem ungeradzahlige Obertöne vorherrschend, wirkt
der Klang eher gedeckt, während ein Dominieren der geradzahligen dem Klang ein
offenes, helles Timbre gibt.
Eine weitere wichtige Eigenschaft der Instrumente sind ihre Formanten. Darunter
versteht man resonanzartig verstärkte Teiltongebiete, die von der gespielten
Tonhöhe unabhängig sind, also eine feste Lage im Spektrum haben und den
Instrumenten ihre Vokalfarbe geben (bei der Stimme unterscheiden sich die
verschiedenen Vokale in ihrem Formantgebiet, s. Abb. 5). Die Formanten sagen
etwas über die Klangfarbe eines Tones aus. Starke Klanganteile des u- und oFormanten machen einen Klang füllig und sonor; ein vom a-Formant geprägter Klang
ist kraftvoll, vor allem die Anteile zwischen 1000 und 1250Hz sind für diese
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Klangwirkung wichtig. Sind die Umlautformanten zu stark, ergibt sich eine
unangenehme Klangwirkung, die schnell näselnd wirkt, wenn der Grundton und die
höheren Frequenzen zu schwach ausgeprägt sind. Der e- und der i-Formant machen
einen Klang hell und brillant. Für den vokalartigen Charakter eines Klanges muss der
entsprechende Formant deutlich ausgebildet sein. Um dies zu beurteilen, gibt man
entweder
die
3
Halbwertsbreite
oder
das
logarithmische
Dekrement
(π*[Halbwertsbreite/Mittenfrequenz]) an.
Der
Geräuschhintergrund
eines
Tones
schließlich
führt
zu
mikrozeitlichen
Schwankungen und charakterisiert das Gattungstimbre, erhöht die Lebendigkeit
eines Klanges und verhindert das Ermüden des Gehörs. Die Geräuschanteile sind
meist
auf
die
Art
der
Tonerzeugung
zurückzuführen
(Streichinstrumente:
Bogengeräusch; Holzblasinstrumente: Anblasgeräusch…) und regen bei jeder
Tonerzeugung alle Resonanzen eines Instrumentes an.
3.2 Betrachtung einiger Instrumentengruppen
Das akustische Verhalten ist von Instrument zu Instrument verschieden und wäre
einer genaueren Betrachtung wert, was den Umfang dieser Arbeit sprengen würde,
dennoch will ich auf die wichtigen Instrumentengruppen kurz eingehen.
Da sich die einzelnen Streichinstrumente hauptsächlich in ihrer Größe und somit in
ihrem Tonbereich unterscheiden, will ich, wo es nötig ist, auf das Beispiel der Geige
zurückgreifen.
Aufgrund
Streichinstrumente
eine
der
Tonerzeugung
sägezahnartige
mit
dem
Schwingungsform.
Bogen
Der
haben
Schall
die
wird
hauptsächlich über die Decke und den Boden abgestrahlt, welche allerdings in
einzelne Zonen mit unterschiedlicher Amplitude und Phasenlage zerfallen, was die
Abstrahlcharakteristik sehr komplex werden lässt und den Frequenzgang im
Nahbereich einer Kammfilterkurve ähnlich macht. Der Diffusfeldanteil ist also bei
Streichinstrumenten sehr wichtig. Im Allgemeinen ist der Grundton der stärkste
Teilton; er liegt unterhalb der Hohlraumresonanz, kann aber bis zu 25dB schwächer
sein als der stärkste Teilton. Das tiefste Formantgebiet ist im Bereich der
Hohlraumresonanz – bei der Geige um 300Hz, was vom Material und der
Formgebung abhängt. Ein weiterer wichtiger Formant bei der Geige ist um 1000Hz,
also im Bereich des a-Formanten, zu finden, darüber sind noch die für die Brillanz
des Klanges wichtigen e- und i-Anteile (2000-2600Hz und 3000-4000Hz). Die
Einschwingzeit der Geige variiert zwischen 30 - 60ms für einen kurzen und 100 3
Differenz zwischen den beiden Frequenzen mit halb so großer Intensität, wie das Maximum
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300ms für einen langen Toneinsatz, dabei sprechen die höheren Komponenten meist
zuerst an. Die Abstrahlcharakteristik ist bis 500Hz kugelförmig, darüber bündelt es
sich bis ungefähr 1000 - 1200Hz zu einer Abstrahlung senkrecht zur Decke. Danach
verbreitert sich das Abstrahlgebiet wieder, zerfällt aber in einzelne Zonen. Für die
ersten Geigen sind die Reflexionen aus dem hinteren Bühnenbereich wichtig, welche
die Komponenten um 500-700Hz und 1500-2000Hz betonen; für die zweiten Geigen
betonen Reflexionen die je nach Saalhöhe von Rückwand und Decke stammen
(leicht geneigte Reflexionsflächen sind vorteilhaft) die Anteile um 1000Hz und die
ganz hohen Frequenzanteile.
Anders als bei den Streichern unterscheiden sich bei den Holzblasinstrumenten die
Instrumente sowohl in der Bauweise als auch in der Klangerzeugung. So entsteht der
Ton bei den Flöten über ein so genanntes „pendelndes Luftblatt“, bei Klarinetten und
Saxophonen über ein Rohrblatt und bei Oboen und Fagotten über ein
Doppelrohrblatt. Die Einschwingzeiten der Holzbläser liegen zwischen 10 und 40ms,
außer bei der Flöte, bei der in den tiefen Lagen Zeiten bis 150ms vorkommen
können und der Einsatz von Vorläufertönen geprägt ist. Während bei den Flöten von
allen Instrumenten der Grundton am meisten ausgeprägt ist, tritt bei den anderen
Holzbläsern oft der 2. Teilton am stärksten hervor. Der Klang der Klarinette hingegen
ist von den ungeradzahligen Teiltönen geprägt, hier können die geradzahligen
Anteile 25 bis 40dB unter den stärksten Komponenten liegen. Formanten haben für
die Klarinette nur in den hohen Lagen eine (allerdings geringe) Bedeutung und liegen
zwischen 3000 und 4000Hz. Der Hauptformant der Oboe ist der a-Formant bei
1100Hz, was sie klar und hell wirken lässt, das Fagott wirkt hingegen etwas dunkler,
was auf den o-Formant (500Hz) zurückgeht. Frequenzanteile bis ca. 2000Hz werden
generell aus den Grifflöchern abgestrahlt, ab 3000 bis 4000Hz aus der Stürze. Flöten
wirken
als
akustischer
Dipol,
weil
wichtige
Komponenten
–
v.a.
Geräuschkomponenten durch das Anblasen – aus dem Mundstück klingen. Für die
Holzbläser ist die Staffelung der Bläserreihen von großem Vorteil, da ihr Schall
überwiegend direkt in den Zuhörerraum gelangt, die wichtigsten Reflexionen
kommen von der Saaldecke, die leicht schräg gestellt sein sollte. Flöten erhalten
durch die Reflexionen der Rückwand zudem einen runderen Klang, während die
Helligkeit und Klarheit des Klanges von Oboen und Klarinetten auf die
Fußbodenreflexionen zurückgehen.
Bei den Blechbläsern schließlich werden alle Klanganteile durch die Stürze
abgestrahlt und sehr stark gebündelt, was sie auch deutlich lauter macht als die
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anderen Instrumente. Ein weicher Klangeinsatz dauert hier ungefähr 40 bis 120ms,
bei Trompeten sogar bis 180ms, ein harter Einsatz dauert 20 bis 40ms, beim Horn
auch bis zu 80ms. Typisch für den Klang der Blechbläser ist ihr starker
Vorläuferimpuls, der hauptsächlich harmonische Komponenten unter 1000Hz enthält
und leicht zu einem Kieksen werden kann. Der Einfluss der Formanten ist geringer
als bei den Doppelrohrblattinstrumenten. Hörner haben in tiefen Lagen ihren
Hauptformanten bei 340Hz, in hohen Lagen ist der Grundton wichtiger für den Klang.
Der Hauptformant der Trompeten ist der a-Formant (1200 bis 1500Hz), den hellen
Klang bekommen sie vom e- und i-Formanten (2000 und 3000Hz). Posaunen klingen
mit ihrem o-Formant, der bis ins a hineinreicht (480 bis 600Hz), etwas dunkler,
hingegen nicht so dunkel wie die Tuba mit 210 bis 250Hz (u-Formant). Das
Abstrahlverhalten
der
Blechbläser
(Ausnahme:
gestopftes
Horn)
ist
rotationssymmetrisch um die Stürze und für höhere Frequenzen zunehmend enger;
als kleine Unregelmäßigkeit sind bei den Posaunen die Erweiterung um 600Hz und
bei den Trompeten um 800Hz zu nennen. Die Hauptabstrahlrichtung des Horns ist
rechts und hinten, weshalb hier die Wandreflexionen wichtig sind und die kraftvollen
Komponenten
zwischen
1000
und
1300Hz
von
den
Rückwand-
und
Deckenreflexionen kommen. Für Posaunen und Trompeten sind diese Reflexionen
weniger wichtig, Saaldecke und Seitenwand betonen die 500Hz Komponenten und
die obere Rückwand Frequenzen um 800Hz, ab 1000Hz sind aber nur noch
Reflexionen von weit entfernten Wänden und Decken relevant.
IV. Raumakustik
4.1 Anforderungen an Aufnahme- und Aufführungsräume
Die Anforderungen, die an einen Aufnahmeraum gestellt werden variieren je nach
musikalischem Material. Es ist also ein großer Unterschied, ob wir von einem
Sprecherstudio oder einem Studio für E-Musik sprechen. Allgemein sollte der
Störgeräuschpegel möglichst gering sein, der Raum also eine hohe Schalldämmung
nach außen aufweisen und Klima- und Lichtanlagen sollten möglichst geräuschlos
sein. Zu tiefen Frequenzen hin sind die Anforderungen an den Störgeräuschpegel
meist etwas geringer, da man hier eine Dämmung auch nur äußerst schwierig
erreichen kann. Die so genannten Grenzkurven (GK) geben an, wie hoch der
Störpegel bei einer bestimmten Frequenz sein darf (Einheit: dB(A)). Die Nummer der
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GK bezieht sich jeweils auf den Störpegel bei 500Hz. Geläufige Kurven sind
beispielsweise GK 15 für Musikaufnahmestudios, GK 5 bis 10 für Sprecherstudios
und GK 0 für Kammermusikstudios (Abb. 6).
Ein weiteres Raumkriterium sind die ersten Reflexionen, die zwischen 0,8 und 50ms
nach dem Direktsignal beim Mikrofon eintreffen; sie gilt es im Aufnahmestudio stark
zu bedämpfen, da sie das Klangbild verfälschen. Besonders störend wirkt ein
Rückwurf zwischen 0.8 und 15ms. Er sollte, damit er nicht mehr wahrgenommen wird,
mindestens 13dB leiser sein als der Direktanteil. Gibt es mehrere Rückwürfe
zwischen 0,8 und 15ms, sollten sie bei zweien beide mindestens 15,5dB, bei vieren
18dB leiser sein. Zu starke oder zu frühe Schallrückwürfe am Ort des Mikrofons
lassen eine Aufnahme leicht topfig, merkwürdig hallig oder kleinräumig wirken.
Die
Anforderungen
an
die
Nachhallzeit
sind
in
besonderem
Maße
programmabhängig. Sprecher- und Hörspielstudios bevorzugen zu Gunsten der
Sprachverständlichkeit eher kurze Nachhallzeiten (zwischen 0,2 und 0,3s) mit einem
neutralen Klang, während für E-Musikstudios Nachhallzeiten zwischen 1,8 und 2,0s
meist vorzuziehen sind. Der Klang soll dem gewünschten Ambiente entsprechen (z.B.
für Kirchenchoräle soll der Hall klingen wie in einer Kirche, jedoch gegenüber den
tiefen Frequenzen nicht zu stark ansteigen, da sonst die Bassstimmen überbetont
wären). Für den Kontakt zwischen den Musikern sind dabei die Reflexionen von
nahen Wänden und der optimal hohen Decke wichtig. Die Nachhallzeit ist stark
abhängig von der Raumgröße: in Konzertstudios bei Raumgrößen zwischen 10 000
und 15 000m³ (mit 800 bis 1200 Besuchern) liegt die als optimal empfundene Zeit für
1000m³ bei 1,0s+0,2s pro Volumenverdoppelung, also bei 16 000m³ beispielsweise
bei 1,8s. Für Kammermusik sind Räume für bis zu 300 Zuschauer besser geeignet,
Raumvolumen zwischen 400 und 1000m³ sollten Hallzeiten von 0,8 bis 1,0s
mitbringen, bei Volumen zwischen 1000 und 3000m³ sind Zeiten zwischen 1,25 und
1,5s geeignet. Für Pop/Rockmusik ist ein kurzer, neutraler Hall zu bevorzugen (0,2
bis 0,3s max. 0,8s), da hier keine Raumakustik für den Kontakt der Musiker
untereinander gebraucht wird (Monitoring über Kopfhörer) und es möglich sein soll,
den Klang erst in der Tonregie zu gestalten, wofür auch der Klang des Nachhalls ein
wichtiges Mittel ist, das man ungern aus der Hand geben möchte.
Für Aufführungsräume lassen sich grundsätzliche Anforderungen von Musikern und
Zuhörern formulieren, deren Übersetzung in konkrete, physikalische Größen jedoch
stark vom Musikstil abhängig ist (Einige Werte: s. Abb.7). So wird man bei einem
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romantischen Werk einen langen Nachhall von z.B. 2s schön finden, wohingegen
derselbe Hall bei Kammermusik etwas zu lang erschiene. Bei Aufführungen der
Pop/Rockmusik setzt man lieber auf Elektroakustik, als auf Raumakustik, weswegen
sie hier nicht weiter beachtet werden sollen.
Der
Zuhörer
möchte,
dass
die
einzelnen
Stimmen
einen
geschlossenen
Gesamtklang ergeben, die Melodie gleichmäßig fließt und der Klang homogen ist,
was über einen ausreichend langen Hall gewährleistet wird. Dieser ist auch für die
nötige Lautstärke – also Energiedichte – wichtig, da bei nicht zu kurzen Tönen der
Schalldruck zur Nachhallzeit proportional ist. Eine weitere Forderung an den Raum
ist, dass rhythmisch stark gegliederte Passagen, sowie polyphone Stellen im Raum
deutlich zu erkennen sind, wofür das richtige Verhältnis von Direktschall und
Erstreflexionen zum Hall wichtig ist. Daraus lässt sich auch erkennen, dass nicht
jeder Platz in einem Raum gleich gut sein wird. Die nächste Forderung ist, dass der
Zuhörer nicht dem Orchester gegenüber, sondern in den Klang miteinbezogen
werden möchte. Dafür ist nicht nur die richtige Lautstärke entscheidend, sondern
auch die Einfallsrichtung der frühen Reflexionen und der diffuse Nachhall, der von
allen Seiten gleichmäßig sein sollte. Als letztes sollten die Instrumentengruppen beim
Hörer ähnliche Intensitätsverhältnisse haben wie beim Dirigenten, da dieser sie an
seinem Platz künstlerisch optimal zu gestalten versucht. In Opernhäusern sollte
außerdem die Wortverständlichkeit im Zuhörerraum sehr gut sein.
Musiker haben etwas andere Anforderungen. Ihnen ist vor allem wichtig, dass sie
selber die richtigen Lautstärkeverhältnisse von sich selbst zu den anderen haben um
richtig intonieren, die Dynamik einhalten und rhythmisch präzise spielen zu können,
was zugleich die Mindestanforderung an einen Aufführungsraum ist. Hört sich
dagegen der Musiker selbst zu laut im Verhältnis zum Rest des Orchesters, dann
kann er zwar richtig intonieren, da er die harmonischen Strukturen wahrnimmt,
jedoch leidet seine rhythmische Präzision und die Sicherheit in der Tongebung und
Artikulation. Hört er sich zu leise, ist seine Intonation beeinträchtigt. Ein Raum, in
dem sich ein Musiker rundum wohl fühlt, bietet ihm optimale Bedingungen für die
eigene Klanggestaltung und eine sichere und leichte Ansprache des eigenen
Instruments. Er kann darin die Möglichkeiten der Variation von Dynamik und
Klangfarbe bis an die Grenzen des Möglichen ausschöpfen. Auf der obersten Stufe
der Anforderungen, die ein Künstler an einen Raum stellt, ist es den Musikern
möglich, eine gemeinsame künstlerische Leistung zu vollbringen. Der Gesamtklang
der Streichergruppen ist homogen; es gibt eine gemeinsam gestaltete zeitliche
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Feinstruktur und visueller Kontakt und gemeinsames Atmen ist gleichbedeutend mit
der akustischen Kommunikation.
Das Übersetzen dieser Anforderungen ist mehr oder weniger ein Glücksspiel und
von
vielen
Faktoren
abhängig,
wie
Raumform,
Raumvolumen,
Sitzplätze,
Oberflächengestaltung von Wand und Decken, Aufstellung und Platzierung des
Orchesters und vielen weiteren. Dennoch hat man einige Mittel in der Hand, die
Raumakustik positiv zu beeinflussen; man kann z.B. den Nachhall durch Absorber
und Diffusoren in Länge, spektraler Zusammensetzung und Diffusität variieren.
Weiterhin ist es möglich, über die Gestaltung des Podiums mit gezielt geneigten
Reflektoren die Lautstärkeverhältnisse für die Musiker, aber auch die Zuhörer, zu
gestalten. Im Folgenden möchte ich auf einige dieser Möglichkeiten näher eingehen.
4.2 Absorber, Diffusoren und Reflektoren
Es gibt verschiedene Typen von Absorbern, die sich auf Grund ihrer Bauart und
ihrem Wirkungsbereich im Frequenzspektrum unterscheiden. Ich will hier die Typen
nach ihrer Bauart trennen, weil man mit einem erhöhten Aufwand jeden Absorbertyp
für tiefe, mittlere und hohe Frequenzen wirksam bekommen kann. Der einfachste
Typ ist der Breitbandströmungsabsorber. Poröse Materialien setzten der Bewegung
der Luftteilchen einen Widerstand (Strömungswiderstand) entgegen, sie bedämpfen
die Schallschnelle. Der Strömungsabsorber muss also – um optimal wirken zu
können – auf Grund seiner Bauweise am Ort der größten Schallschnelle platziert
werden. Weil Schallschnelle (v) und Schalldruck (p) zueinander proportional sind,
wird letzterer auch reduziert. Für Materialien, die sich zum Bau eines solchen
Absorbers
eignen,
gibt
man
in
der
Regel
den
„längenbezogenen
Strömungswiderstand“ (r) an. Die Schalldruckänderung (∆p) kann man dann
berechnen als ∆p=r*v*d, wobei d die Materialstärke in Meter ist. Typische Materialien
für Breitbandströmungsabsorber sind Mineralwolle und Steinwolle mit einem
längenbezogenen Strömungswiderstand von meist über 5kPa*s/m². Auch geeignet
sind Melaminharzschaum, Schafwolle oder Baumwolle. Absorber dieser Bauart
weisen immer einen zu höheren Frequenzen hin stärker werdenden Absorptionsgrad
auf, der irgendwann seinen Maximalwert erreicht; die untere Grenzfrequenz ist
abhängig von der Dicke und lässt sich leicht berechnen.
Die zweite Sorte von Absorbern sind die Resonazabsorber, namentlich Platten-,
Loch- und Schlitzplattenschwinger, sowie Helmholzresonatoren. Sie arbeiten auf der
physikalischen Grundlage eines Feder-Masse-Systems, das bei einer bestimmten
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Frequenz in Resonanz geht. Helmholzresonatoren sind besonders gut als Bassfalle
geeignet, während die „Schwinger“ für die Frequenzen von 100 bis 400Hz optimal
sind. Der Einfachste dieser Absorber ist der Plattenschwinger, hier schwingt einfach
eine Platte oder Folie vor einem abgeschlossenen Luftvolumen. Die Luft ist die Feder,
die Platte die Masse, die Resonanzfrequenz ergibt sich über f=600/(sqrt[m’*d]),
wobei m’ die flächenspezifische Masse der Platte ist und d die Tiefe des Luftpolsters
hinter der Platte. Die Platte sollte, um richtig schwingen zu können, nicht zu steif sein.
Der Lochplattenschwinger ist in seiner Konstruktion und Funktionsweise schon eher
ein Helmholzresonator, hier ist eine durchlöcherte Platte vor einem abgeschlossenen
Luftvolumen angebracht. Meist füllt man diese Luftvolumina noch mit Mineralwolle
(=Erhöhung des Dämpfungswiderstandes), um eine breitbandigere Resonanz
(geringere Güte) zu erhalten. Die Platte muss nicht schwingen, da die Resonanz
durch die schwingende Luft in den Löchern entsteht. Der Schlitzplattenschwinger ist
vom Prinzip her ein Lochplattenschwinger mit Schlitzen statt Löchern. Die
Resonanzfrequenz
f=
[c/(2*π)]*
berechnet
sqrt[S/(V*(d+k))],
Gesamtoberfläche
aller
Mündungskorrekturfaktor
sich
wie
bei
wobei
c
Öffnungen,
d
(nötig
um
die
den
die
die
Helmholzresonatoren
Schallgeschwindigkeit,
Tunneltiefe
unterschiedlichen
und
S
über
die
k
der
Wirkungen
von
geflanschter und nicht geflanschter Mündung zu berücksichtigen; Abb. 8) ist. Die
Schwingung mit der Resonanzfrequenz ist gegenphasig zur Erregerschwingung und
schwächt diese somit ab; sie kann niemals größer sein als ihre Erregerschwingung.
Ein weiteres Mittel zur Gestaltung der Raumakustik sind Diffusoren. Die Frage, die
sich hierbei stellt, ist: Wie muss eine Oberfläche beschaffen sein, dass sie den Schall
nicht geometrisch, sondern diffus reflektiert. Ein weit verbreiteter Diffusortyp ist der
Quadratic Residuce Diffusor (QRD), der im grundsätzlichen Aufbau einem
unordentlichen Bücherregal ähnelt. Es wird ein Rahmen gebaut, der durch
Trennwände eine bestimmte Anzahl von Fächern bereitstellt. In diese Fächer werden
nun Böden in einer bestimmten, jeweils anderen Tiefe eingesetzt. Die Tiefe
berechnet man über die Folge d =n² %p, wobei p eine Primzahl, n eine Ganzzahl von
0 bis p und d der Tiefenfaktor des Bodens ist. Die tiefste Frequenz, bis zu der diese
Art von Diffusor wirkungsvoll ist, ergibt sich aus fmin=d’*c/(2*p*t’) [d’: größter
Tiefenfaktor; t’: maximale Bodentiefe], die oberste aus fmax=c/(2*b) [b: Breite der
Fächer].
Als letztes sollen noch kurz die Reflektoren erwähnt sein. Hierbei handelt es sich um
Flächen, die in einem bestimmten Winkel aufgestellt werden, um gewisse
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Frequenzen in eine Zielrichtung zu lenken, was vor allem zur Gestaltung des
Podiums in Aufführungsräumen für Orchester wichtig ist, quasi als akustisches
Monitoring, oder aber um den Gesamtklang des Orchesters im Raum etwas
ausgeglichener zu machen. Dabei ist interessant, ab welcher Frequenz eine
geometrische Reflexion stattfindet. Entscheidend hierfür sind die Reflektorgröße, der
Abstand zur Schallquelle und zum Hörer und der Winkel in dem der Schall eintrifft.
Die untere Grenzfrequenz ergibt sich dann aus f= 2*c/(b*cosϑ)² * (a1*a2)/(a1+a2),
wobei b die Reflektorbreite, ϑ der Einfallswinkel, a1 die Entfernung der Schallquelle
zur Reflektormitte und a2 die Entfernung des Hörers ist. Weiterhin ist die Masse des
Reflektors wichtig und sollte mindestens 10kg/m² betragen, wenn mittlere und hohe
Frequenzen reflektiert werden sollen, und 40kg/m² für tiefe Frequenzen; anderenfalls
laufen Teile der Schallenergie durch den Reflektor oder versetzen die Platte zu sehr
in Schwingung.
V. Fazit
Auf den Klang, den eine Aufnahme oder eine Aufführung am Schluss haben wird,
wirken viele Faktoren ein, die sich nicht immer ändern lassen, wie zum Beispiel die
Eigenheiten eines Instruments oder auch die Raumform. Weiß man aber um die
Eigenheiten des Raumes und die Anforderungen, die das jeweilige Ensemble stellt,
gibt es genügend Möglichkeiten, die auftretenden akustischen Probleme im Rahmen
des möglichen Aufwandes zu beeinflussen, sei es auch nur durch das
Umpositionieren der Musiker oder das Aufbauen eines weiteren Podestes. Weiterhin
sollte man auch nicht die höhenabsorbierende Wirkung des Publikums außer Acht
lassen, die man während der Generalprobe noch nicht testen kann.
Wenn man einen Raum zu planen hat, sollte man sich zuerst fragen, wofür dieser
eigentlich sein soll und wie sich der gewünschte Klang in messbaren Größen
ausdrücken lässt, damit man nicht viel Geld in falsche Baumaßnahmen investiert.
Plane ich z.B. ein Tonstudio für Popmusikaufnahmen, bemühe ich mich nicht um
eine
Nachhallzeit
von
zwei
Sekunden.
Es
ist
immer
schwieriger,
einen
Mehrzweckraum zu gestalten, als einen, der nur auf eine bestimmte Aufführungsart
zugeschnitten ist. Soll ein Raum auf Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzer (Musiker
verschiedener Stile, Sprecher, …) eingehen, muss im Bau ein möglichst guter
Kompromiss
gefunden
werden.
Für
die
Möglichkeiten zur Klangkorrektur einzuplanen.
- 16 -
Aufführungspraxis
sind
einfache
Arne Thiemann, Friedhofstr. 1, 72649 Wolfschlugen, Matrikel-Nr.: 17653, AMB
VI. Anhang
6.1 Quellenangaben
•
Akustik und musikalische Aufführungspraxis, Jürgen Meyer, 5. aktualisierte
Auflage, Edison Bochinsky Verlag, 2004
•
Michael Dickreiter, Mikrofon-Aufnahmetechnik, 3. Auflage, S. Hirzel Verlag
Stuttgart, Leipzig 2003
•
Michael Dickreiter, Handbuch der Tonstudiotechnik Band 1, 6. Auflage, K.G.
Saur, München 1997
•
Hubert Henle, Das Tonstudio Handbuch, 5. Auflage, GC Carstensen Verlag,
München 2001
•
Andreas Friesecke, Studio Akustik – Konzepte für besseren Klang, PPV
Medien GmbH, Bergkirchen 2007
•
http://www.baunetzwissen.de/standardartikel/Akustik_Erforderliche-Breite-vonReflektoren_147785.html
•
http://www.baunetzwissen.de/standardartikel/Akustik_KombinierteSchallabsorber_147741.html
•
http://www.raffaseder.com/sounddesign/mmd3/MMD3_Audio6.pdf
•
http://www.arch.ethz.ch/eggenschwiler/vortrag6.pdf
•
http://www.arbeitsinspektion.gv.at/schluss-mit-laerm/pdfs/rauter.pdf
•
http://www2.imw.tuclausthal.de/inhalte/forschung/projekte/EQUIP/studiarbeit/a_ram.html
- 17 -
6. 2. Grafiken
Abb. 1 - Reflexionen
Links: Reflexion an ebenen Flächen (Wand,
Ecke)
Rechts: Reflexion an gekrümmten Flächen
Quelle: Akustik und musikalische
Aufführungspraxis, Jürgen Meyer, 5.
aktualisierte Auflage, Edison Bochinsky Verlag,
2004, S. 143 f
Abb. 2 - Nachhall
Beschreibung: Die Drei Klangphasen, bei
einem kurzen Klangimpuls.
Quelle: Michael Dickreiter, Handbuch der
Tonstudiotechnik Band 1, 6. Auflage, K.G. Saur,
München 1997, S. 26
Abb. 3 - Hallabstand
Beschreibung: grafische Darstellung des
Hallabstandes
Quelle: Michael Dickreiter, MikrofonAufnahmetechnik, 3.Auflage, S. Hirzel Verlag
Stuttgart, Leipzig 2003, S. 27
- 18 -
Abb. 4 – Aufbau eines Klanges
Beschreibung: dreidimensionales Modell
eines Klanges
Quelle: Akustik und musikalische
Aufführungspraxis, Jürgen Meyer, 5.
aktualisierte Auflage, Edison Bochinsky
Verlag, 2004, S. 27
Abb. 5 - Formanten
Beschreibung: Zusammenhang zwischen
Vokalfarbe, Frequenz und Tonhöhe
Quelle: Akustik und musikalische
Aufführungspraxis, Jürgen Meyer, 5.
aktualisierte Auflage, Edison Bochinsky
Verlag, 2004, S. 33
Abb. 6 – die GK
Beschreibung: Darstellung einiger
Grenzkurven
Quelle: Michael Dickreiter, MikrofonAufnahmetechnik, 3.Auflage, S. Hirzel
Verlag Stuttgart, Leipzig 2003, S. 31
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Abb. 7 – Konzertsäle
Beschreibung: Zusammenhang von
Raumvolumen, Sitzplätzen und
Nachhallzeit einiger guter Konzertsäle.
Quelle: Akustik und musikalische
Aufführungspraxis, Jürgen Meyer, 5.
aktualisierte Auflage, Edison Bochinsky
Verlag, 2004, S. 161
Abb. 8 - Tunnelöffnungen
Beschreibung: Verschiedene
Möglichkeiten die Tunnelöffnung zu
gestalten
Quelle: Andreas Friesecke, Studio
Akustik – Konzepte für besseren Klang,
PPV Medien GmbH, Bergkirchen, S.158
- 20 -
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