WOHNEN ist ein Grundbedürfnis

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WOHNEN
… ist ein Grundbedürfnis des Menschen.
Barbara Rutkowski / SPD OV Radolfzell – 29.07.2010
So steht es auf der Seite des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Und weiter: „Zur Sicherung einer angemessenen Wohnungsversorgung bedarf es neben den ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für die Wohnungsmärkte verschiedener Förderinstrumente der Wohnungspolitik
Als wohnungspolitische Förderinstrumente werden 5 Bereiche herausgehoben 2 davon dienen dem Mietinteressenten, die anderen 3 fördern den Kauf von
Wohnung oder Haus bzw. die Alterssicherung in Form einer Eigenheimsicherung
(bekannt als „Wohn-Riester“).
Ganz anders aber tönt eine Pressemeldung vom 26.07.2010 mit dem Schlagwort:
„BUNDESREGIERUNG VERABSCHIEDET SICH AUS DER WOHNUNGSPOLITIK“.
„Angesichts niedrigster Fertigstellungszahlen seit Bestehen der Bundesrepublik
unternimmt die Bundesregierung nichts, um hier Investitionsanreize zu schaffen.
Gleichzeitig kürzt sie die Mittel für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm und für
die Städtebauförderung um 50 Prozent und streicht die Bundesmittel für Wohngeld
um 300 Millionen Euro“, kritisierte der Präsident des Deutschen Mieterbundes
(DMB), Dr. Franz-Georg Rips.
Meine Frage: Ist der Mieter noch im Focus unserer Regierung oder favorisiert diese
längst schon den Eigenheimerwerb? Gibt es den „sozialen“ Wohnungsbau noch?
Hat er nicht schon begonnen, der Ausverkauf ganzer Stadtgebiete, die bis dato von
Wohnbaugesellschaften verantwortet und getragen waren?
Und wie können Wohnungen in Zukunft dem aktuellen Standard entsprechen,
bezahlbar bleiben …und der Mieter ausreichend sicher, auch rechtlich geschützt
zu sein?“
Die Wohnkostenbelastung liegt in Deutschland bei durchschnittlich 34 Prozent.
Einkommensschwächere Haushalte müssen bis zu 40 Prozent für die beheizte
Wohnung zahlen (Anmerkung der Autorin: bei mir (nur bei mir?) sind die Kosten
im Verhältnis noch höher, und nicht erst jetzt!).
NICHTS ZU SPÜREN
also von dem neuen Angebot unserer Bundesregierung (Schwarz / Gelb),
den Bürger deutlich zu entlasten,
„DAMIT MEHR NETTO VOM BRUTTO ÜBRIGBLEIBT“.
BEISPIELE:
- Müllgebühren, Abwasser / Frischwasser sollen in Zukunft steuerpflichtig werden.
In der Folge werden die nun zusätzlich belasteten Kommunen entstehende
Kosten auf den Endverbraucher umlegen. Das bedeutet für den einzelnen Haushalt des Endverbrauchers eine zusätzlich zu tragende Last von ca.150.- € im
Jahr (!).
- Zu ungunsten des bisher geltenden Mietrechts soll die Kappungsgrenze
(betrifft Mieterhöhung) von bisher 20% auf 30% erhöht werden.
- Die asymmetrische Kündigungszeit soll zugunsten der Vermieter geändert
werden (bisher Mieter = ¼ Jahr, Vermieter = bis zu ¾ Jahr).
- Kapitalanleger können seit 2008 in börsennotierte Immobilien AGs investieren
(gemäß Reit-Gesetz). Es gibt nun politische Bestrebungen, dass in Zukunft auch
in Wohnungen / Wohngesellschaften investiert werden kann (aus rechtlichen
Gründen von vornehmlich ausländischen Erwerbern zu erwarten).
Die Folge könnte sein, dass nunmehr zurückhaltend in Wohnungen investiert,
diese so ‚herunter gewirtschaftet’ werden könnten. Außerdem ist zu befürchten,
dass diese Anlagegesellschaften (Heuschrecken) im großen Stil Wohnungen
aufkaufen mit dem einzigen Ziel einer hohen Rendite.
Die Folge würde wachsender sozialer Unfriede, wegen Mangels an bezahlbaren
Wohnungen und ggf. fehlendem rechtlichen Schutz der Mieter (bei ausländischen
Investoren).
- Nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten darf der Vermieter 11 % der
Kosten auf die Jahresmiete umlegen. In Zukunft sollen diese Kosten in kürzerer
Zeit als bisher abgesetzt werden können.
- Die Zweckentfremdungsverordnung (hier Baden-Württemberg) wurde aufgehoben.
Durch die jetzt genehmigungsfreie Umwidmung von Wohnraum zu Gewerberaum
fördert die Landesregierung die Wohnraumverknappung, da nun unzählige Wohnungen gewerblich genutzt werden können und so nicht mehr dem Wohnungsmarkt
zur Verfügung stehen.
GRUNDSÄTZLICHES (hier deutschlandweit):
Im Jahr 2009 wurden in Deutschland insgesamt 158.987 Wohnungen neu gebaut.
Das waren 9,6 Prozent weniger als im Vorjahr!
Das ist die niedrigste Baufertigstellungszahl in der Geschichte der Bundesrepublik!
Lediglich ein Drittel der neu gebauten Wohnungen befindet sich in Mehrfamilienhäusern. Gebaut wurden 26.511 Eigentumswohnungen und 24.952 Mietwohnungen.
(Quelle: DMB – Website Deutscher Mieterbund)
Die Programmmittel für die Städtebauförderung werden auf rund 305 Millionen Euro
gekürzt.
Das entspricht einer Halbierung der Städtebauförderung, hier u.a. der Programme
„Soziale Stadt“, und „Stadtumbau Ost“, „Stadtumbau West“.
Und noch mal:
Die letzten verbliebenen zentralen Aufgaben der Bau- und Wohnungspolitik
werden also um 50 % gestrichen!
Kommentar des Präsidenten DMB, Dr. Franz Georg Rips:
„Investitionen in soziale Maßnahmen werden nicht nur in Höhe der gekürzten Bundesmittel wegfallen:
… Letztlich drohen Kürzungen um das Zwei- bis Dreifache, da die Städtebauförderung durch Länder und Kommunen komplementär finanziert wird und auch diese
Mittel künftig nicht mehr zur Verfügung stehen werden.“
- Nachdem im Jahr 2009 2,2 Milliarden Euro für die CO2-Gebäudesanierung zur
Verfügung standen, waren es 2010 noch knapp eine Milliarde Euro. In 2011 sollen
es nur noch 450 Millionen Euro sein (entgegen der Vorschläge von Fachleuten, die
einen jährlichen Bedarf von 2 Milliarden Euro sehen - die Deutsche Energieagentur
fordert sogar eine weitergehende Aufstockung des Programms auf bis zu fünf
Milliarden Euro).
Ein drastischer Einbruch bei der energetischen Sanierung ist also bereits vorprogrammiert. Und: die Mieter werden aufgrund konsequent steigender Mietpreise noch mehr Heizkosten zahlen müssen.
Allgemeiner Hinweis (am Beispiel Baden-Württemberg):
In 2012 drängen die ersten G8-Abiturienten auf den Wohnungsmarkt. Auf den hier
entstehenden Ansturm sind die Kommunen in keiner Weise vorbereitet!
Dem Landeshaushalt (BW) stehen bis 2013 nur noch 48 Mio € zur Verfügung
(ausgehandelt von der Föderalismuskommission / 42,2 Mio von Bund an Land
BW).
Davon stehen allein 80% für den Bau von Eigentumswohnungen zur Verfügung –
der Rest nur ist für den Bau von Mietwohnungen vorgesehen (!).
Bisher wurden dafür in etwa nur 6 Mio (!) ausgegeben, vorzugsweise hier für
Eigentumsanteile. Nur 600 Mietwohnungen sind gefördert worden.
DAS IST EINFACH ZU WENIG!
Bei einem bundesweiten Arbeitstreffen zu Strategien und Forderungen von Erwerbslosen-, Wohnungslosen- und Mieterorganisationen im Kulturzentrum Bochum wurde
die wieder verschärfte, leider aber nicht neue Situation der arbeitslosen Mieter mit
Leistungsbezug wie folgt beschrieben (Auszug / verkürzte Form):
„Aus unterschiedlichen Perspektiven beobachten wir, dass Erwerbslose aus ihren
bisherigen Wohnungen und Lebensbezügen herausgedrängt werden, in Miet- und
Energieschulden geraten, nur noch minderwertigen Wohnraum in benachteiligten
Quartieren anmieten können und in der Wahrnehmung ihrer Rechte als MieterInnen
und VerbraucherInnen entmündigt oder demotiviert werden.
Wir beobachten auch, dass in den qualitativ schlechtesten Wohnungsmarktsegmenten steigende Mieten durchgesetzt werden können und dass sich aufgrund der
Regelungen zu den Kosten der Unterkunft neue Milieus der Benachteiligung und
Prekarisierung entwickeln.
Schließlich hat die Sozialgesetzgebung das Risiko, in Wohnungsnot oder Obdachlosigkeit zu geraten, erhöht. All dies steht zum Teil in schroffem Kontrast zu menschenrechtlichen Verpflichtungen sowie den Zielen einer sozialen Integration in
der sozialen Stadtentwicklung …!“
Betrachten wir an dieser Stelle die historische Entwicklung des deutschen Mietrechts,
ist das bereits im Jahre 1953 aufgestellte Wohnraumbewirtschaftungsgesetz mit dem
möglichen Angebot der Zuteilung des Wohnraums nach der persönlichen und volkswirtschaftlichen Dringlichkeit der Wohnbedürfnisse (bspw. Nähe der Arbeitsstätte)
längst und im negativen Sinne vergangen, ja aufgehoben.
Die Sicherstellung von bezahlbarem Wohnraum auch in Langzeitarbeitslosigkeit ist
Geschichte. Eine Entwicklung entgegen den versprochenen Zielen einer sozial ausgewogenen Gesellschaft öffnet einer Mehrklassengesellschaft, gemessen an deren
monetärer Möglichkeit, im negativen Sinne Tor und Tür.
„Selbst der Vogel hat ein Haus gefunden
und die Schwalbe ihr Nest für die Jungen!“
möchte ich Psalm 84 an dieser Stelle frei übersetzt zitieren.
WIR FORDERN!
Eine Bundesregierung, die unter ihrem politischen Auftrag gleichbleibend und
Zukunft sichernd verstanden und angenommen werden will, sollte bedenken:
-
dass das Recht auf Wohnen garantiert sein muss, (die Möglichkeit dazu gegeben),
-
dass der soziale Friede erst dann und dem Grunde nach vermittelbar und sicher
gestellt sein kann, wenn wir alle wissen, was ein Zuhause (unser Zuhause!) ist!
Persönliche Anmerkung der Autorin:
Wollen wir große Widerstände stromrichtig und kleine spannungsrichtig messen,
wird auch unsere Regierung dahinter kommen müssen, dass die spannungsrichtige
Schaltung für sehr kleine Widerstände die richtige Schaltung ist, wohingegen die
stromrichtige Schaltung für große Widerstände besser geeignet ist.
WOFÜR WERDET IHR EUCH ENTSCHEIDEN?
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