Die Welt der Schriften Nichiren Daishonins 1

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Daisaku Ikeda
Die Welt der Schriften Nichiren Daishonins
Band 1
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Die Welt der Schriften
Nichiren Daishonins
Band 1
Gespräche über eine humanistische Religion
Eine Diskussion über die Schriften Nichiren Daishonins zwischen
SGI-Präsident Daisaku Ikeda, dem Leiter der Studienabteilung
der Soka Gakkai, Katsuji Saito, sowie dem Vizeverantwortlichen
der Studienabteilung der Soka Gakkai Masaaki Morinaka.
Diese Dialogreihe erschien ursprünglich ab Januar 2002 in monatlichen Fortsetzungsfolgen in Daibyakurenge, dem Studienmagazin der Soka Gakkai.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede
Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors bzw. des Rechteinhabers
unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,
Übersetzungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch
elektronische Systeme.
© Daisaku Ikeda
English Translation © Soka Gakkai
German Translation © Soka Gakkai International-Deutschland e.V.
1. Auflage 2004
Umschlaggestaltung/Satz/Layout: Angelika Plag, 10115 Berlin
Druck: J. P. Himmer GmbH & Co. KG, 86167 Augsburg
ISBN-Nr. 978–3–937615–00–8
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Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1. Die Gosho ist die buddhistische Lehre für den Späten Tag des Gesetzes . . . . . . . . . 9
2. Der Daishonin widmete sich lebenslang seinem Schwur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3. Die Begründung der Lehre des Daishonins:
Morgendämmerung einer Religion für die gesamte Menschheit . . . . . . . . . . . . . . 40
4. Die Errichtung des Wahren Gesetzes für Frieden im Land – Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . 58
5. Die Errichtung des Wahren Gesetzes für Frieden im Land – Teil 2 . . . . . . . . . . . . . . . 82
6. Die Buddhaschaft in diesem Leben zu verwirklichen bedeutet,
mit starkem Glauben und großer Hoffnung zu leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
7. Äußerlich verschieden, einig im Herzen:
Eine siegreiche Gemeinschaft von Gefährten im Glauben,
die sich einem ewigen Versprechen widmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
8. Das Herz des Löwenkönigs – das mutige Brüllen von Meister und Schüler . . . . 140
9. Verfolgungen um des Gesetzes willen – Teil 1
„Hindernisse sollte man als wahren Frieden und Wohlbefinden betrachten“ . . . 163
10. Verfolgungen um des Gesetzes willen – Teil 2
Schwierigkeiten bringen die innere Stärke der Menschen hervor –
Die Dramatik der Prinzipien Hindernisse führen zur Erleuchtung und
Ablegen des Vorläufigen und Offenbaren des Ursprünglichen . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
11. Der Gohonzon – Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
12. Der Gohonzon – Teil 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
13. Der Gohonzon – Teil 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
Anmerkungen zu den Quellenangaben/Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
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Vorwort
Die Schriften Nichiren Daishonins (jap. Gosho) wurden im Jahr 1952 von der
buddhistischen Glaubensgemeinschaft Soka Gakkai neu bearbeitet und veröffentlicht. Entscheidend dafür waren die Initiative und der Wunsch ihres damaligen Präsidenten Josei Toda, diese Werke möglichst vielen Menschen in leicht verständlicher
Form zugänglich zu machen. Im Januar 2002, anlässlich des 50. Jubiläums der Veröffentlichung der Gesammelten Schriften Nichiren Daishonins, erschien der erste Teil
der vorliegenden Serie Die Welt der Schriften Nichiren Daishonins. Sie basiert auf Gesprächen, die SGI-Präsident Daisaku Ikeda gemeinsam mit Vertretern der Soka Gakkai
Studienabteilung, Katsuji Saito und Masaaki Morinaka, führt.
Zum Hintergrund dieser Gesprächsreihe unterstreicht Katsuji Saito folgende
Punkte:
1. Die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft Soka Gakkai bzw. SGI üben seit über
70 Jahren die Lehre Nichiren Daishonins aufrichtig aus. In ihren zahlreichen
Erfahrungen zeigt sich die Quintessenz seiner Lehre. Die SGI beweist damit
die Schriften Nichiren Daishonins und die darin enthaltenen Lehrsätze und
Prinzipien.
2. Die Serie erläutert, dass der Buddhismus Nichiren Daishonins allgemeingültige
Prinzipien lehrt, die ihn als Weltreligion qualifizieren.
3. Die Serie verdeutlicht die enge Verbindung zwischen dem Lotos-Sutra als Essenz
des Shakyamuni-Buddhismus und der darauf basierenden Lehre Nichiren
Daishonins. Dies unterstreicht die herausragende Bedeutung des NichirenBuddhismus für die heutige Zeit.
4. Die Serie bestätigt eine kontinuierliche Entwicklung der Lehre Nichiren
Daishonins bis hin zur heutigen SGI-Bewegung. Diese Kontinuität unterstreicht
die Legitimation der SGI als Religionsgemeinschaft und ihre Bedeutung für die
Entwicklung des Buddhismus.
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Daisaku Ikeda verfolgt mit dieser Diskussionsreihe zwei Ziele: Zum einen beleuchtet er die Ereignisse im Leben Nichiren Daishonins und sein jeweiliges Verhalten. Zum
anderen macht er durch die Darstellung der Gedankenwelt des Daishonins die wichtigsten Lehrsätze seiner Philosophie verständlich. In den in diesem Band veröffentlichten Kapiteln 1 bis 13 sind dies insbesondere:
–
–
–
–
–
–
Der Schwur Nichiren Daishonins (Kapitel 1 und 2)
Die Errichtung der Lehre Nichiren Daishonins (Kapitel 3)
Das Prinzip der Errichtung der Wahren Lehre für Frieden im Land (Kapitel 4 und 5)
Das Prinzip Äußerlich verschieden, einig im Herzen (Kapitel 7)
Die Beziehung von Meister und Schüler (Kapitel 8)
Die Verfolgungen um des Gesetzes willen bzw. die Prinzipien Hindernisse führen
zur Erleuchtung und Ablegen des Vorläufigen und Offenbaren des Ursprünglichen
(Kapitel 9 und 10)
– Der Gohonzon (Kapitel 11 bis 13)
Der Ausgangspunkt unseres Studiums der Welt der Schriften Nichiren Daishonins
ist, wie Daisaku Ikeda das Lotos-Sutra und die Gosho mit Blick auf die Gegebenheiten
der heutigen Gesellschaft analysiert und sie für unsere Zeit anwendbar macht. Dabei
lässt er sich von dem gleichen Gedanken und Wunsch wie Nichiren Daishonin leiten:
Wie kann ich jeden einzelnen Menschen zum Glück führen?
Der Untertitel dieser Serie lautet „Gespräche über eine humanistische Religion“.
Der Gründer des Buddhismus, Shakyamuni, versuchte die Menschen von Dogmen zu
befreien. Auch Nichiren Daishonin, der im 13. Jahrhundert in Japan lebte, steht für
diese Geisteshaltung. Die SGI als Bewegung für Frieden, Kultur und Erziehung beruht
auf dieser Philosophie. Sie ist eine Religionsgemeinschaft, die sich für die Menschen
und den Weltfrieden einsetzt. Religionen haben die schicksalhafte Tendenz, die Menschen zu vergessen, die ihr eigentliches Anliegen sein sollten. Die SGI versucht, den
schwierigen Weg zu beschreiten, die Menschen stets in den Mittelpunkt zu stellen
und jegliches Dogma zu überwinden.
Die vorliegende Serie von Daisaku Ikeda richtet sich an Personen, die mitdenken
und sich für den Frieden der Welt und das Glück jedes einzelnen Menschen einsetzen
wollen.
Yoshiharu Matsuno
SGI Deutschland – März 2004
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1.
Die Gosho ist die buddhistische Lehre
für den Späten Tag des Gesetzes
Saito: Dieses Jahr feiern wir das fünfzigste Jubiläum der Erstausgabe der Gesammelten Schriften Nichiren Daishonins durch die Soka Gakkai. Ich spreche sicher für alle
Mitglieder der Studienabteilung, wenn ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringe, die Diskussionsreihe über die Gosho gerade zu diesem bedeutsamen Zeitpunkt
abzuhalten. Hoffentlich trägt sie dazu bei, ein breites Licht auf die Lehren Nichiren
Daishonins und die tatsächlichen Ereignisse seines Lebens zu werfen, wie sie in der
Gosho beschrieben werden. Vielen Dank für diese wunderbare Möglichkeit.
Ikeda: Ganz meinerseits.
Mir scheint, dass es noch viele Aspekte der Lehren Nichiren Daishonins und seines
Charakters gibt, die nicht vollständig verstanden wurden. Es gibt auch eine ganze
Reihe von Punkten in Zusammenhang mit seinen Lebensumständen, die erhellt werden müssen. Es lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass es den Menschen erst durch
die Bemühungen der Soka Gakkai möglich wurde, verschiedenste Prinzipien, die der
Daishonin lehrte, kennen zu lernen und in die Tat umzusetzen. So zum Beispiel die
Verwirklichung einer friedlichen Gesellschaft durch die Verbreitung des wahren Buddhismus (Rissho Ankoku) und die weltweite Verwirklichung von Kosen-rufu. Vor dem
Hintergrund dieser Tatsache ist nun die Zeit gekommen, unsere Bewegung in einer
Weise auszudehnen, die dieser neuen Zeit, in der wir leben, angemessen ist.
Zudem haben jüngere wissenschaftliche Untersuchungen über die Geschichte
der Kamakura-Periode (1185–1333) und die Gosho als literarisches Werk zu neuen Erkenntnissen geführt. Diese Entdeckungen einbeziehend, möchte ich bei unserer Untersuchung die verschiedensten Blickwinkel ausloten. Manchmal werden wir unser
Thema aus der Vogelperspektive betrachten, um dann wieder ganz ins Detail zu
gehen.
Saito: Verantwortliche der Studienabteilung, unter ihnen auch Mitglieder der Jugendabteilung, werden im Wechsel an diesen Diskussionen teilnehmen. Bei unserem
heutigen ersten Treffen werde ich diese Funktion übernehmen.
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Kapitel 1
Die Gosho ist Dokument der lebenslangen
Kämpfe des Daishonins
Saito: Zunächst möchte ich gerne allgemeine Fragen über die Gosho stellen.
Ikeda: Die Gosho ist die buddhistische Lehre für den Späten Tag des Gesetzes.
Das Sutra der großen Schriftensammlung1 beschreibt den Späten Tag des Gesetzes
als „ein Zeitalter des Konflikts, in dem die reine Lehre vernebelt werden und verloren
gehen wird.“ Es ist eine Zeit extremer Verwirrung über die verschiedenen Lehren Shakyamuni Buddhas, die ihre Kraft verlieren, die Menschen zur Erleuchtung zu führen.
Das Sutra beschreibt auch den Späten Tag als ein Zeitalter nicht enden wollender
Konflikte in der Gesellschaft. Kurz gesagt, es ist eine kritische Zeit, in der sowohl der
Buddhismus als auch die Gesellschaft sich in einer Sackgasse befinden. Wenn man
diesen Zustand nicht ändert, wird die Konfusion weiter wachsen und der Gesellschaft
wird der Zusammenbruch drohen.
Nichiren Daishonin betrachtete das Japan seiner Zeit als Spiegelbild des Späten
Tags des Gesetzes, wie er im Sutra dargestellt wird. Deshalb suchte er nach einem
Weg, die Menschen dieses Zeitalters zu befähigen, ihr Leben grundsätzlich zu ändern
und absolutes Glück zu erreichen, während sie gleichzeitig die Gesellschaft verändern. Was er herausfand, ist direkt auf unsere heutige Zeit übertragbar.
Saito: Natürlich waren seine Studien nicht auf Schriften und Bücher begrenzt.
Ikeda: Da haben Sie recht. Es war ein Kampf, der ihn mit Haut und Haar in Anspruch
nahm.
Das Leben des Daishonins war eine Abfolge von Kämpfen, um die Menschen im
Späten Tag zur Erleuchtung zu führen. In der Gosho stoßen wir häufig auf Wendungen wie „Nichiren allein“ und „zu Beginn des Späten Tags des Gesetzes“. Beide
sind Ausdruck des tiefen Entschlusses, die Verantwortung für alle zu übernehmen
und aufzustehen angesichts der 10.000 Jahre und mehr des Späten Tags des Gesetzes. Nichiren Daishonin enthüllte und verbreitete zum ersten Mal das große Gesetz, das allen Menschen ermöglicht, ihr höchstes Potenzial zu entfalten.
Saito: Wirklich, die Worte des Daishonins sind erfüllt von seiner Entschlossenheit, die
Schlüsselfigur der Bewegung zu sein, die alle zum wahren Glück führt.
Ikeda: Eine große Anzahl bekannter buddhistischer Konzepte entstand aus den
Kämpfen des Daishonins. Die drei Beweise (sansho), dokumentarischer (monsho), theoretischer (risho) und tatsächlicher Beweis (gensho), sind Beispiele dafür.
1 Das Sutra der großen Schriftensammlung beschreibt fünf aufeinanderfolgende Fünfhundertjahr-Perioden
nach Shakyamunis Tod. Die fünfte dieser Fünfhundertjahr-Perioden, der Anfang des Späten Tags des Gesetzes, wird als ein Zeitalter des Konflikts dargestellt, wenn das reine Gesetz vernebelt wird und verloren
geht. (vgl. How Those initially Aspiring to the Way can attain Buddhahood through the Lotus Sutra, WND, 877)
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Seite 11
Kapitel 1
Darüber sagte der Daishonin:
„Wenn es um den relativen Vorzug einer buddhistischen Doktrin geht, so halte ich,
Nichiren, die Vernunft und den dokumentarischen Beweis für den besten
Maßstab. Und noch wertvoller als Vernunft und dokumentarischer Beweis ist der
Beweis durch konkrete Tatsachen.“
(Three Tripitaka Masters Pray for Rain, WND, 599)
Der Daishonin untersuchte und schuf nicht nur die Kriterien, nach denen sich
bewerten ließ, ob eine buddhistische Lehre die Kraft hatte, die Menschen zur
Erleuchtung zu führen; er verbreitete auch aktiv jene Lehre, auf die diese Kriterien zutrafen.
Saito: Dokumentarischer, schriftlicher Beweis (monsho) entsteht durch das Studieren
der Sutras und anderer schriftlicher Quellen; der theoretische Beweis (risho) entsteht
aus der Bewertung der buddhistischen Theorie und der tatsächliche Beweis (gensho)
bedeutet praktische Anwendung. Nichiren Daishonin verfolgte jede dieser
Beweislinien.
Ikeda: Anders ausgedrückt enthüllte der Daishonin die Lehre für den Späten Tag des
Gesetzes, indem er sein ganzes Sein in diese Überlegungen und Handlungen einfließen ließ.
Ebenso sind die fünf Richtlinien der Verbreitung (die Lehre, die Aufnahmebereitschaft der Menschen, die Zeit, das Land und die Abfolge der Verbreitung) auf den beständigen Kampf des Daishonins zurückzuführen, seine Lehre auch angesichts von
Verfolgung weiterzugeben. Der Daishonin sagt: „Derjenige, der den Buddhismus verbreitet, sollte sich der fünf Richtlinien bewusst sein.“
Als Ausübender des Lotos-Sutras zerbrach sich der Daishonin mehr als jeder andere den Kopf darüber, wie er diese Richtlinien anwenden könnte. Jeden Blickwinkel voll
Sorgfalt erwägend, strebte er danach, die Lehre zu verbreiten, die die Menschen im
Späten Tag des Gesetzes zum Glück führen würde. Das Ergebnis seiner Bemühung
sind die fünf Richtlinien als Leitsatz.
Zusammengefasst ist die Gosho eine Aufzeichnung der harten Kämpfe des Daishonins im Laufe seines Lebens. Um seine Aufgabe zu erfüllen, ertrug er große Verfolgungen und hinterließ eine monumentale Lehre. In der Gosho kristallisiert sich sein
Geist, sein Handeln und seine Anleitung anderer heraus. Wir sollten sie daher als die
Lehre für den Späten Tag des Gesetzes verstehen und würdigen.
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Seite 12
Kapitel 1
Der Humanismus des Buddhismus Nichirens
Saito: Kann man sagen, dass die Gosho und das Lotos-Sutra, der König der Sutras,
untrennbar miteinander verbunden sind?
Ikeda: Ja, denn der Daishonin hatte den größten Respekt vor der Objektivität und
Allgemeingültigkeit des Lotos-Sutras. Auf dieses Sutra stieß er bei seiner Suche nach
einer Lehre, die alle Menschen im Späten Tag des Gesetzes zur Erleuchtung führen
könnte. Er fand die Antwort in der Aussage, dass alle Menschen die Buddhaschaft erlangen können und dies nicht erst in einer weit entfernten Zukunft. Während die
erste Hälfte des Sutras (theoretische Lehre) nur so weit geht, die Möglichkeit der Erleuchtung in einer zukünftigen Existenz zu beschreiben, wird im Kapitel Lebensspanne
(16. Kapitel), der zweiten Hälfte (wesentliche Lehre) erklärt, dass es den Menschen
möglich ist, in diesem Leben Buddha zu werden.2
In einer Zeit, in der sowohl die Gesellschaft als auch die religiöse Welt von Chaos
und Konfusion erfüllt sind, kann einzig eine Lehre alle Menschen zum Glück und zu
einer Reformierung der Zeit führen, die dem Individuum die Kraft gibt, die ihm innewohnende Buddhaschaft hervorzubringen. Anders ausgedrückt: Der einzige Weg für
Menschen im Späten Tag des Gesetzes, Glück und Frieden zu schaffen, besteht darin,
dass sie ihr großes menschliches Potenzial entfalten. Eine echte Lösung der Probleme
unserer Gesellschaft muss auf jeden Fall die Erhöhung unseres Lebenszustands miteinbeziehen.
Wenn wir uns tiefer mit der Idee befassen, die Menschen von ihrem Leiden zu
erlösen, so wie sie im Lotos-Sutra behandelt wird, können wir sehen, dass sie von
einem grundlegenden Geist der Humanität durchdrungen ist. Nichiren Daishonin erkannte ganz klar das wahre Wesen des Späten Tags des Gesetzes und entwickelte daher die humanistischen Aspekte des Lotos-Sutras weiter.
Saito: Wir sprechen über ein Konzept, das den Menschen und die Entdeckung seines
riesigen Potenzials als erste Priorität hat. Aus diesem Grund benutzen wir den Begriff
„Humanität“, oder? Ich glaube, dieser Begriff ist für viele mit dem westlichen Konzept
verknüpft, dass die Menschen vernunftbegabte Wesen und Abbilder Gottes sind. Wie
sollten wir diesen Unterschied betrachten?
2 In der Gosho Lehre, Ausübung und Beweis heißt es: „Die wichtigste dieser 20 Aussagen (herausragenden
Prinzipien) ist die Offenbarung im Kapitel Lebensspanne (16. Kapitel), dass Shakyamuni die Buddhaschaft
zum ersten Mal in Gohyaku-Jintengo erlangte. Die Menschen mögen sich fragen, was der Buddha damit
wohl gemeint hat. Durch diese Enthüllung lehrte er, dass gewöhnliche Sterbliche wie wir selbst, die seit der
Zeit ohne Anfang in den Leiden von Geburt und Tod gefangen sind und die noch nicht einmal davon träumen, das Ufer der Erleuchtung zu erreichen, von ihrem Wesen her einem Buddha entsprechen und ursprünglich mit den drei erleuchteten Eigenschaften ausgestattet sind. In diesem Sinne lehrte er die endgültige
Lehre von Ichinen Sanzen. Aus dieser Perspektive sollten sie die Überlegenheit des Lotos-Sutras gegenüber
allen anderen Lehren des Buddhas bekräftigen.“ (DG 4, 119)
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Seite 13
Kapitel 1
Ikeda: Buddhistischer Humanismus beruht nicht auf einem starren Konzept, sondern
darauf, dass jeder Einzelne seine menschliche Revolution macht, indem er die ihm
innewohnende Buddhaschaft hervorruft.
„Buddhanatur“ meint ein Herz, das zum Mystischen Gesetz erwacht ist. Es wird
nicht behauptet, dass ausschließlich die Menschen mit einzigartigen Qualitäten ausgestattet sind.
Saito: Der unbeugsame Glaube, dass der Mensch alleine nobel und respektwürdig
sei, kann leicht zu einem Anthropozentrismus führen, der andere Lebewesen abwertet und missachtet.
Ikeda: Alle Lebewesen sind Wesenheiten des Mystischen Gesetzes und als solche
gleichwertig. In diesem Sinne ist jede Form des Lebens mit dem Mystischen Gesetz
verbunden und deshalb mit der Buddhanatur ausgestattet. Dies wird ausgedrückt in
der buddhistischen Lehre des gegenseitigen Enthaltenseins der Zehn Welten. Dieses
Prinzip erklärt, dass Lebewesen in allen Zehn Welten die Welt der Buddhaschaft besitzen. Unter allen Lebensformen ist dem Menschen allein die Fähigkeit vorbehalten, die
Kraft der Buddhaschaft durch seinen Charakter und seine Handlungen zu zeigen.
Deswegen sind der Geist, das Herz am allerwichtigsten.
In seinen Schriften betont der Daishonin immer wieder die Wichtigkeit des Herzens in der buddhistischen Praxis. Auf der einen Seite lehrt er, dass Glaube und Mut
Kräfte und Funktionen des Herzens sind, die uns ermöglichen, die Welt der Buddhaschaft in unserem Leben zu öffnen. Andererseits warnt er vor negativen Funktionen
des Herzens wie Unglaube oder Feigheit, die uns von unserem Potenzial der Buddhaschaft trennen. Die Gosho ist eigentlich eine Lehre über das Herz.
Saito: Ich glaube, Sie, Herr Ikeda, sind der Erste, der die Wichtigkeit des Herzens in den
Lehren des Daishonins auf diese Weise erhellt hat. Er schreibt in der Tat: „Allein der
Glaube [das Herz] ist es, worauf es wirklich ankommt.“ (Die Strategie des Lotos-Sutras,
DG 1, 57)
Ikeda: Der Schlüssel liegt darin, genau so zu praktizieren, wie es in der Gosho steht.
Saito: Das könnte man „praktischen Humanismus“ oder „menschliche Revolution“
nennen.
Ikeda: Wie auch immer man es nennt, es muss eine Praxis oder Handlungen beinhalten, die darauf ausgerichtet sind, sich und die anderen zu verändern. Buddhismus ist
Handlung. In diesem Sinne sind die Handlungen von Bodhisattva Niemals Verachtend
(jap. Fukyo)3 ein perfektes Beispiel für den Humanismus, wie er im Lotos-Sutra vertreten wird.
3 Bodhisattva Fukyo [Niemals Verachtend]: eine vormalige Inkarnation Shakyamunis, die im Kapitel Bodhisattva Niemals Verachtend, dem 20. Kapitel des Lotos-Sutras, auftaucht. Obwohl er lächerlich gemacht und
angegriffen wurde wegen seiner Bemühungen, das Gesetz zu verbreiten, gab er niemals seinen Glauben auf
und fuhr fort, seinen Angreifern Respekt zu erweisen.
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Kapitel 1
Saito: Bodhisattva Niemals Verachtend begegnete jedem mit dem größten Respekt,
indem er sagte: „Ich verehre Sie zutiefst, niemals würde ich es wagen, Sie mit Verachtung oder Arroganz zu behandeln. Warum? Weil Sie alle den Weg des Bodhisattvas praktizieren und unweigerlich die Buddhaschaft erlangen werden.“
(LS 20, 266f.)
Dieser Bodhisattva war nicht nur bemüht, seine Überzeugungen zu verbreiten,
sondern ermutigte andere, dies auch zu tun.
Ikeda: Der Daishonin erläutert, dass die Handlung des Bodhisattvas Niemals
Verachtend, alle Menschen zu verehren, „das Herz des Lotos-Sutras“ und „der Grund
des Erscheinens Shakyamunis in dieser Welt“ ist.4 Er erläutert, dass die Essenz des
Buddhismus der Respekt ist, den man anderen erweist. Dies ist von größter Wichtigkeit.
Obwohl Bodhisattva Niemals Verachtend selbst verleumdet und verfolgt wurde,
fuhr er in seiner Ausübung fort, andere zu verehren. Der Daishonin hielt es ebenso.5
Er hatte erkannt, dass der einzige Weg zur Erlangung der Erleuchtung für die Menschen im Späten Tag des Gesetzes darin liegt, die eigene Buddhaschaft hervorzubringen und dies auch anderen zu ermöglichen. Und er gab den Menschen Nam-MyohoRenge-Kyo als das Mittel, mit dem man dies erreicht.
Da der Späte Tag des Gesetzes „zehntausend Jahre und mehr“ währen soll, ist die
Interpretation der Charakteristika dieser Zeit heute noch ebenso aktuell wie vor 700
Jahren. Der Späte Tag des Gesetzes ist ein Zeitalter des Konflikts, eine Zeit, in der Zwietracht unter den Menschen herrscht. Die Kraft, diesem Ansturm zu widerstehen, entspringt der starken Überzeugung, dass man selbst und die anderen die Buddhaschaft
besitzen. Andere wirklich konkret zu verehren, heißt nichts anderes, als aus dieser
Überzeugung heraus zu handeln. Kosen-rufu ist einfach nur die Erweiterung des
Netzwerks derer, die diese Überzeugung teilen und sich demgemäss vorwärts bewegen. Nichiren Daishonin hat eine Gegenströmung zu den heranbrausenden Fluten
des Zeitalters des Konflikts geschaffen.
„Je tiefer die Wurzeln, desto üppiger die Äste. Je weiter die Quelle entfernt ist, desto länger der Strom.“ (Wie man seine Dankbarkeit erweist, DG 4, 263) Der Daishonin
versichert, dass sein eigener Kampf die Quelle ist, die die Menschen in den über
10.000 Jahren des Späten Tags des Gesetzes zum Glück führen wird.6 Er setzte den
4 In der Gosho Die drei Arten von Schätzen heißt es: „Der Schlüssel zu allen Lehren Shakyamunis ist das
Lotos-Sutra, und der Schlüssel zur Ausübung des Lotos-Sutras wird im Fukyo-Kapitel gelehrt. Was bedeutet
Bodhisattva Fukyos tiefe Achtung vor den Menschen? Die wahre Bedeutung des Erscheinens von
Shakyamuni Buddha in dieser Welt lag in seinem Verhalten als Mensch.“ (DG 2, 258)
5 In der Gosho Ein Weiser erkennt die drei Existenzen des Lebens steht:„Meine Schüler sollen wissen, dass ich,
Nichiren, der Ausübende des Lotos-Sutras bin. Da ich in der Ausübung Bodhisattva Niemals Verachtend gleiche, werden die Schädel derjenigen, die mich verachten und verleumden, in sieben Stücke gespalten, wohingegen diejenigen, die an mich glauben, dauerhaftes Glück, so hoch wie der Berg Sumeru, anhäufen werden.“
(DG 2, 239)
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Kapitel 1
Strom von Kosen-rufu auf grundlegendster Ebene in Gang, indem er die allem innewohnende Buddhaschaft anzapfte.
Kosen-rufu wird sich nur entwickeln, wenn wir durch starken Glauben an das
Mystische Gesetz über die fundamentale Dunkelheit siegen, die im Zentrum allen
Konflikts steht. Überall in der Gosho betont der Daishonin die Wichtigkeit des großen
Wunsches nach weiter Verbreitung (taigan), um die Weitergabe erst möglich zu machen.
Der Große Wunsch nach weiter Verbreitung
ist das Herz der Gosho
Saito: Ich glaube, wir haben gerade das Thema unseres ersten Teils entdeckt. Darf ich
Sie wohl bitten, noch etwas näher auf den großen Wunsch, wie er in der Gosho
beschrieben wird, einzugehen?
Ikeda: Der große Wunsch nach weiter Verbreitung ist das Herz der Gosho. Er ist auch
die spirituelle Säule des Lebens Nichiren Daishonins. Großer Wunsch bezieht sich auf
das grenzenlose Bestreben, das aus der Erleuchtung des Daishonins entsteht. Es ist
der „ursprüngliche Wunsch unseres Lebens“, der ausgedrückt wird durch das Herz des
Buddhas, das zu der Wahrheit erwacht ist, dass das Leben selbst die Wesenheit des
Mystischen Gesetzes ist, das eine große Gesetz, das alle anderen umschließt. „Zu
erwachen“ heißt, sich an diesen ursprünglichen Wunsch zu erinnern.
Der Lebenszustand der Buddhaschaft und der große Wunsch nach weiter Verbreitung sind ein und dasselbe. Daraus folgt, dass dieser ungeheure Lebenszustand
sich nur bei denen zeigt, die Kosen-rufu verwirklichen wollen. Wenn wir uns von dem
Kampf entfernen, „die Bemühung von hundert Millionen Äonen in einem einzigen
Augenblick hervorzubringen“ (GZ, 790), um dieses noble Ziel zu verwirklichen, können
wir nicht unser höchstes Potenzial entwickeln. Dieser „eine einzige Augenblick“ ist
der Buddha oder der So Gekommene [Tathagata].
Der Buddhismus des Daishonins lehrt, dass das Leben des Buddhas Wirklichkeit
ist. Deshalb drängt uns der Daishonin, unser Leben dem großen Wunsch nach Kosenrufu zu widmen. Das Leben derer, die sich diesen Wunsch zueigen machen und ernsthaft bemüht sind, ihn in die Tat umzusetzen, ohne im Glauben zurückzufallen, nähert
sich immer mehr dem Leben des Buddhas an und bringt den Zustand der Buddhaschaft hervor.
Saito: Man kann also sagen, diesen großen Wunsch zu entwickeln bedeutet, den Weg
zur Erlangung der Buddhaschaft zu beschreiten.
6 In der Gosho Wie man seine Dankbarkeit erweist heißt es: „Wenn Nichirens Mitgefühl wirklich groß und
umfassend ist, dann wird sich Nam-Myoho-Renge-Kyo mehr als zehntausend Jahre lang in alle Ewigkeit verbreiten, denn es besitzt die wohltuende Kraft, die blinden Augen eines jeden Lebewesens im Lande Japan zu
öffnen, und es blockiert die Straße, die zur Hölle des unaufhörlichen Leidens führt.“ (DG 4, 263f.)
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Kapitel 1
Ikeda: Dieser Weg besteht einzig und allein in der Herausforderung, die Lehren zu
verbreiten und die Menschen zum Glück zu führen. Das sagt Nichiren Daishonin ganz
klar in Die Wahl der Zeit.7
Wie ich bereits erwähnte: Buddhismus ist Handlung. Das bedeutet, einen persönlichen Entschluss zu fassen und hartnäckig daran zu arbeiten, ihn umzusetzen, ganz
egal, was auch für Hindernisse auftauchen mögen. Wenn wir uns nicht bemühen,
einen Weg nach vorne zu öffnen, kann das, was wir machen, nicht buddhistische Ausübung genannt werden. Wir werden nur dann den Weg der Buddhaschaft einschlagen, wenn wir uns unermüdlich und mit derselben Entschlossenheit wie der Buddha
bemühen.
Saito: Darum bestärkt der Daishonin seine Schüler darin, einen großen Schwur zu leisten und ihr Leben dem großen Wunsch nach Kosen-rufu zu widmen.
Ikeda: Ein Goshoabschnitt, den ich immer und immer wieder gelesen habe, lautet:
„Das Leben ist begrenzt; wir sollten es nicht bereuen. Wonach wir wirklich streben
sollten, ist das Buddhaland.“ (Aspiration for the Buddha Land, WND, 214) Nichiren Daishonin ermutigt uns, unser begrenztes Leben demselben großen Wunsch wie der
Buddha zu widmen.
Saito: Die Erleuchtung selbst ist schwer mit Worten zu beschreiben. Aber einen
Wunsch kann man leicht anderen mitteilen und an sie weitergeben. Schließlich sind
die Menschen Experten in Sachen Wünsche!
Ikeda: Der große Wunsch nach dem Glück aller ist eine menschliche Manifestation
des Lebens des Buddhas. Deshalb können wir ihn verstehen und annehmen.
Der Daishonin sagt:
„Was auch geschehen mag, alle meine Schüler müssen den großen Wunsch in
sich hervorbringen, die Erleuchtung zu erlangen. (...) Da das Sterben in jedem Fall
das gleiche ist, sollten Sie bereit sein, Ihr Leben für das Lotos-Sutra zu geben.
Betrachten Sie diese Gabe als einen Tropfen Tau, der in den Ozean fällt oder ein
Staubkörnchen, das auf die Erde fällt.“ (Das Drachentor, DG 1, 76)
Unser Leben mag so flüchtig sein wie ein Tropfen Tau oder so unbedeutend wie
ein Körnchen Staub, aber indem wir uns dem großen Wunsch des Buddhas in dieser
Existenz widmen, verschmilzt unser Leben mit dem des großen ewigen Meeres des
Lotos-Sutras. Es wird eins mit der Erde des Mystischen Gesetzes, unzerstörbar und
ewig. Uns wird der unglaubliche Lebenszustand des Buddhas versprochen.
7 In der Gosho Die Wahl der Zeit steht: „Als ich, Nichiren, den Glauben an das Lotos-Sutra annahm, war ich
nur ein einziger Wassertropfen oder ein einzelnes Staubteilchen in ganz Japan. Doch später, wenn zwei, drei
Menschen, dann zehn Menschen und schließlich zehntausend Milliarden anfangen, das Lotos-Sutra zu rezitieren und es anderen weitergeben, werden sie einen Berg Sumeru der wunderbaren Erleuchtung schaffen,
einen großen Ozean des Nirwana! Suchen Sie keinen anderen Pfad, wenn Sie die Buddhaschaft erreichen
wollen!“ (DG 3, 175)
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Kapitel 1
Das Lotos-Sutra enthüllt den Schwur des Buddhas
Saito: Zusammenfassend möchte ich sagen, dass der Daishonin in diesem Abschnitt
lehrt, wie unser Leben eins mit dem des Lotos-Sutras wird, wenn wir uns dem großen
Wunsch nach Kosen-rufu anschließen.
Ikeda: Das Lotos-Sutra lässt sich als eine Schrift beschreiben, die nicht nur den Wunsch
des Buddhas darstellt, sondern auch die Ausübung des Buddhas, diesen Wunsch zu
erfüllen.
Das zweite Kapitel des Lotos-Sutras ist der Kern der ersten Hälfte der theoretischen Lehre. „Es enthüllt den Schwur des Buddhas, alle Menschen mir gleich zu machen, ohne irgendeinen Unterschied zwischen uns.“ (LS 2, 36) Dies ist ein unumstößlicher Entschluss. Als Reaktion auf diesen Schwur formulieren später in der theoretischen Lehre eine Anzahl von Bodhisattvas und Wesen der zwei Fahrzeuge Lernen und
Teilerleuchtung (Shravakas und Pratyekabuddhas) ihre eigenen Schwüre.
Saito: Im Kapitel Erscheinen des Schatzturmes (11. Kapitel) wendet sich Shakyamuni an
die Bodhisattvas mit der Bitte, nach seinem Tod das Lotos-Sutra zu verbreiten. Als
Antwort darauf verspricht im 13. Kapitel eine Unzahl von Bodhisattvas, nämlich
800.000 Millionen Nayutas, die Lehre nach seinem Tod zu verbreiten. Ihr Versprechen
erhält die Form des Zwanzig-Zeilen-Verses, der das Erscheinen der Drei starken Feinde
voraussagt.
Ikeda: Der Kern der zweiten Hälfte des Lotos-Sutras, genannt wesentliche Lehre, ist
das Kapitel Die Lebensspanne des Tathagata (16. Kapitel). Darin erklärt der Buddha,
dass all sein Handeln, seit er vor unermesslich langer Zeit in der entfernten Vergangenheit die Erleuchtung erlangte, einzig darauf ausgerichtet war, die Menschen in
dieser konfliktreichen Saha-Welt zur Erleuchtung zu führen. Der Buddha, der in der
entfernten Vergangenheit die Erleuchtung erlangte, ist Shakyamunis wahre Identität.
Er wird bezeichnet als Shakyamuni, der in der entfernten Vergangenheit die Erleuchtung erlangte. Ganz am Ende des Kapitels Lebensspanne erklärt der Buddha, dass er
jeden Moment über nichts anderes nachdenkt als darüber, wie er alle lebenden Wesen zur Erleuchtung führen kann:
„In jedem Augenblick denke ich darüber nach: Wie kann ich allen Lebewesen dazu
verhelfen, Zugang zum unübertroffenen Weg zu finden und schnell den Körper
eines Buddhas zu erlangen?“ (Daisaku Ikeda, Vorlesungen über das Lotos-Sutra,
S. 296)
Seit der Zeit seiner Erleuchtung in der entfernten Vergangenheit erschien Shakyamuni in verschiedenster Form in dieser Welt, um das Gesetz zu predigen. Er benutzte
auch seine unzähligen Tode, um zu lehren. Aber unabhängig davon, welche Form er
annahm, sein Geist war einzig von dem mitfühlenden Wunsch geprägt, jeden Men-
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Kapitel 1
schen so schnell wie möglich zu seiner Buddhanatur zu erwecken. So gesehen ist das
Lotos-Sutra ein schriftlicher Eid, der klar den Wunsch des Tathagata ausdrückt, alle
Lebewesen zur Erleuchtung zu führen.
Saito: Shakyamuni widmete die unermessliche Zeitspanne seit seiner Erleuchtung
der Umsetzung dieses Schwurs.
Ikeda: Der Buddha der wesentlichen Lehre des Lotos-Sutras ist der Buddha, der beständig das Gesetz erläutert und Menschen in der wirklichen Welt während zahlloser
Äonen zur Erleuchtung führt. Dies grenzt ihn ab von den Buddhas anderer Sutras, die
über das Erlangen der Erleuchtung die wirkliche Welt verlassen, um niemals zurükkzukehren, oder die friedlich in gänzlich anderen Gefilden residieren.
Das Lotos-Sutra spricht vom ewigen Buddha, der in Übereinstimmung mit seinem
Schwur in der Saha-Welt lebt. Er ist der Buddha, der immer bemüht ist, alle Menschen
in dieser Wirklichkeit zur Erleuchtung zu führen. Das ewige Leben des Tathagata
strahlt also in denen, die sich der Verwirklichung dieser edlen Sache inmitten der harten Realität der Gesellschaft widmen.
Saito: Die Leuchtkraft der Ewigkeit kommt im Charakter dieser Menschen zum
Strahlen.
„Sollen alle Götter mich verlassen“
Ikeda: Wenn es wirklich das Lotos-Sutra ist, das die Existenz des ewigen Buddhas vermittelt, dann sind diejenigen, die ihr Leben widmen, um den Schwur des Tathagata zu
verwirklichen, wahre Ausübende des Lotos-Sutras.
In der Gosho Das Öffnen der Augen macht der Daishonin klar, dass er der Ausübende des Lotos-Sutras und der Buddha des Späten Tags des Gesetzes ist. Es ist eine
Schrift unendlichen Mitgefühls, die den großen Wunsch nach Verbreitung offenbart,
der das Leben des Daishonins durchdringt. Die Essenz dieser Gosho findet sich in dem
Abschnitt, der beginnt mit: „Sollen mich die Götter verlassen. Sollen alle möglichen
Verfolgungen über mich kommen. Dennoch werde ich mein Leben für das Gesetz
geben.“ (DG 2, 185)
Saito: Ja, in aller Ausführlichkeit heißt dieser Abschnitt folgendermaßen:
„Sollen mich die Götter verlassen. Sollen alle möglichen Verfolgungen über mich
kommen. Dennoch werde ich mein Leben für das Gesetz geben. Shariputra praktizierte 60 Äonen lang den Weg der Bodhisattvas, jedoch verlor er diese hohe
Position, weil er die Beschimpfung des Brahmanen nicht ertragen konnte, der um
sein Auge gebettelt hatte. Von denen, die die Samen der Buddhaschaft in der Zeit
von gohyaku-Jintengo oder den Tagen von Daitsu [Buddha Große Alles durchdringende Weisheit] (sanzen-Jintengo) erhielten, haben viele in späteren Zeiten die
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Samen aufgegeben und sind aus ihrem hohen Zustand gefallen und in der Hölle
verblieben, weil sie bösen Begleitern folgten.
Ob man durch Gutes verführt oder von Bösem bedroht wird, wenn man das LotosSutra verwirft, bestimmt man sich selbst für die Hölle. Ich werde hier ein großes
Gelübde ablegen. Selbst wenn man mir die Herrschaft Japans anbieten würde,
wenn ich nur das Lotos-Sutra aufgeben und die Lehren des Kammuryoju-Sutras
akzeptieren und mich auf die Wiedergeburt im Westlichen Reinen Land freuen
würde, selbst wenn man mir sagen würde, dass mein Vater und meine Mutter
enthauptet würden, wenn ich nicht das Nembutsu rezitiere – was für Hindernisse
mir auch begegnen mögen, solange Menschen der Weisheit nicht beweisen, dass
meine Lehren falsch sind, werde ich die Ausübungen anderer Sekten nie akzeptieren! Alle anderen Sorgen sind für mich nicht mehr als Staub im Wind.
Ich werde die Säule Japans sein. Ich werde das Auge Japans sein. Ich werde das
Große Schiff Japans sein. Dies ist mein Schwur, und ich werde ihm nie entsagen!“
(DG 2, 185f.)
Ikeda: Hier erkennen wir den Kampfgeist Nichiren Daishonins, sich selbstlos der Verbreitung des Gesetzes zu widmen, ohne sein Leben zu bereuen. Auch sagt er, dass es
sein großer Schwur ist, der diesen Geist lebendig hält. Die Konzepte von Kampfgeist
und großem Schwur sind die Essenz des Lotos-Sutras und das Fundament des Buddhismus Nichirens.
Saito: Bevor er in jener Gosho zu diesem Punkt kommt, beschäftigt sich der Daishonin genauestens mit der Frage, ob er im Lichte des Sutras betrachtet ein Ausübender
des Lotos-Sutras ist. Er tut dies, um die Zweifel derer zu zerstreuen, die sich fragen,
warum er, wenn er doch der Ausübende des Lotos-Sutras ist, nicht den Schutz der im
Sutra beschriebenen buddhistischen Götter erhält.
Ikeda: Die Absicht Nichiren Daishonins ist es zu zeigen, was es wirklich heißt, ein Ausübender des Lotos-Sutras zu sein.
Saito: Die Schlussfolgerung aus dieser Untersuchung ist, dass er, gerade weil er den
Verfolgungen durch die Drei starken Feinde und zahlreichen anderen Hindernissen
ausgesetzt ist, wie sie im Sutra vorhergesagt werden, zweifellos ein Ausübender des
Lotos-Sutras ist. Aber es werden Fragen bleiben: Wenn er wirklich der Ausübende des
Sutras ist, warum kann er sich nicht einer friedvollen und sicheren Existenz erfreuen?
Warum muss der Ausübende des Lotos-Sutras Verfolgungen und Leiden begegnen?
Und warum werden seine Verfolger nicht bestraft? Dies sind die Dinge, mit denen der
Daishonin sich in seiner Schrift auseinandersetzt.
Ikeda: Sein tiefer Einblick in diese Belange beweist die Größe der buddhistischen Philosophie. Im Anschluss kommt, einem Sonnenaufgang gleich, die Passage: „Sollen die
Götter mich verlassen ...“.
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Der Titel der Gosho nimmt Bezug auf das Öffnen der Augen. Wenn wir den eben
genannten Abschnitt lesen, können wir gar nicht anders, als unsere Augen zu öffnen
für den großen Schwur des Daishonins. Die grundlegende Bedeutung von Öffnen der
Augen ist deshalb, „die Augen der Menschen für den großen Schwur des Daishonins
zu öffnen“.
Die Menschen im Späten Tag des Gesetzes, die ihr Leben demselben Schwur wie
der Buddha des Späten Tags des Gesetzes widmen, sind selber Ausübende des LotosSutras. Die Frage, ob man den Schutz der buddhistischen Götter genießt, ist zweitrangig.
Saito: Die Essenz des großen Schwurs, den der Daishonin leistete, lässt sich finden in
der Aussage, er sei „die Säule, das Auge, das große Schiff Japans“.
Ikeda: Wie wir bereits festgestellt haben, ist der große Wunsch, der unbegrenzte
Schwur des Buddhas, im Lotos-Sutra ausgedrückt. Es ist der Wunsch des Buddhas,
allen Menschen zu ermöglichen, die Erleuchtung zu erlangen. Und der Schwur des
Daishonins beinhaltet, das große Gesetz zu verbreiten, um diesen Wunsch zu verwirklichen. Sein Eid, die „Säule Japans“ zu sein, ist in völliger Übereinstimmung mit dem
Schwur des Buddhas des Kapitels Lebensspanne (16. Kapitel).
Saito: Es gibt Auslegungen, die solche Aussagen dahingehend interpretieren, dass
der Daishonin Japan besondere Bedeutung beigemessen habe. Aber das ist falsch.
Ikeda: Der Daishonin hielt Japan nicht für besonders wichtig. In Wirklichkeit lässt
sein häufiger Gebrauch des Wortes „Jambudvipa“, was „die ganze Welt“ bedeutet,
darauf schließen, dass der wunderbare Nutzen, den der Nichiren-Buddhismus birgt,
in keiner Weise auf das japanische Volk begrenzt bleibt.
Der Daishonin bezieht sich auf Japan als ein Land, das typisch ist für den Späten
Tag des Gesetzes und auch, um zu zeigen, wie man die Menschen dieses Zeitalters zur
Erleuchtung führen kann. Mit anderen Worten ist die Erleuchtung der Menschen in
Japan gleichbedeutend mit der Erleuchtung aller Menschen im Späten Tag. Zudem
hängt es mit seiner zielgerichteten Entschlossenheit zusammen, leidenden Menschen inmitten der harten Realität der Gesellschaft zu helfen, dass er ausgerechnet
Japan nennt. Dies ist das Land, in dem er lebt. Daran können wir den wahren Charakter des Nichiren-Buddhismus als eine lebendige Lehre erkennen, die mit der konkreten Existenz der Menschen befasst ist.
Der große Wunsch des Buddhas, wie er im Lotos-Sutra enthüllt wird, ist, dass alle
lebenden Wesen die Erleuchtung erlangen. Auf dieser Grundlage schwört der Daishonin, die Menschen seiner Zeit und an dem Ort, wo er lebt, zu wirklichem Glück zu
führen.
Saito: Es gibt auch Stimmen, die behaupten, der Daishonin sei mit der Sicherheit der
japanischen Nation befasst gewesen, und seine Schriften als nationalistisch interpretieren.
Ikeda: Die einzige Absicht des Daishonins lag in der Verwirklichung von Frieden und
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Sicherheit für die Menschen. Mehr als alles andere wollte er sie zum Glück führen. Da
ist es nur natürlich, dass er mit den Praktiken des Staates und der Machthaber befasst
war, in deren Hand das Schicksal der Menschen lag. Um Frieden und Stabilität für die
Menschen zu sichern, wollte er den Staat stabilisieren. Dies zeigt die wahrhaft revolutionäre Sichtweise des Daishonins von Mensch und Staat.
Wenn der Daishonin von Japan spricht, meint er viel mehr als nur das Land, in dem
die Leute wohnen und die Gesellschaft, in der sie leben. Sein erstes Augenmerk gilt
nicht dem Staat als einem Gebilde, das von den Mächtigen kontrolliert wird.
Gandhis Entschluss
Saito: Bezieht man den Ausdruck „Säule Japans“ auf die drei Tugenden von Eltern,
Lehrer und Herrscher, so wird er traditionellerweise der Tugend des Herrschers zugeordnet, „Auge Japans“ der Tugend des Lehrers und „Großes Schiff Japans“ der Tugend
der Eltern.
Ikeda: Das sind die drei Tugenden des Buddhas. Da der große Wunsch des Daishonins
widerhallt vom Schwur des Buddhas, alle Menschen zur Erleuchtung zu führen, ist es
nur natürlich, dass er mit den drei Tugenden des Buddhas übereinstimmt.
Aber der Buddha will sich nicht damit brüsten, ein Buddha zu sein, indem er das
sagt. Vielmehr möchte er, indem er seinen eigenen großen Schwur enthüllt, seinen
Schülern den Weg zum Sieg zeigen. Ein großes Versprechen schafft ein starkes Selbst.
Zudem ermöglicht uns die Bemühung, an einem würdigen Ziel mitzuarbeiten, unsere Schwächen zu überwinden, und wird eine solide Unterstützung darin, alle Schwierigkeiten herauszufordern.
Saito: Auch Gandhi gab ein Versprechen. Als er ein junger Anwalt in Südafrika war,
wurde ein Gesetz erlassen, das eine krasse Diskriminierung der Inder darstellte. Auf
einem Protestmarsch erklärte Gandhi, wenn die Teilnehmer sich nun ein Ziel setzten,
dann mit der Entschlossenheit, den endgültigen Sieg zu erringen, auch wenn alle anderen sich davon abwenden sollten. Er ging sogar so weit zu behaupten, dass ein Versprechen, das halbherzig gegeben wird, besser gar nicht ausgesprochen wird. Er sagte:
„Wenn Ihr nicht den Willen oder die Fähigkeit habt, auch dann Eurer Überzeugung
treu zu bleiben, wenn Ihr völlig isoliert seid, müsst Ihr nicht nur dem Versprechen
entsagen, sondern auch bereits vor Bekanntgabe des Entschlusses Widerspruch
einlegen. (...) Jeder muss seinem Schwur treu bleiben bis in den Tod, unabhängig
davon, was die anderen machen.“8
8 Louis Fischer, The Life of Mahatma Gandhi (New York: Harper & Brothers, Publishers, 1950, S. 76)
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Dieses Ereignis war der Ausgangspunkt für Gandhis lebenslangen Kampf für soziale Gerechtigkeit.
Ikeda: Egal auf welchem Gebiet: Ein Versprechen ist die Grundlage, etwas Großes zu
erreichen. Aus welchem Grund auch immer jemand auf halbem Weg aufgibt oder zurückweicht, seine Entschlossenheit kann nicht auf einem Versprechen basiert haben.
Halbherziges Sehnen kann man nicht als Schwur betrachten.
Der Daishonin sagt: „Alle anderen Schwierigkeiten sind für mich nicht mehr als
Staub im Wind.“ Wahrer Friede und Sicherheit existieren in einem starken Selbst.
Wenn wir ein solches Selbst erschaffen, indem wir einen großen Schwur leisten, öffnet sich vor uns der Weg zu wahrem Frieden und Sicherheit in diesem Leben.
Andererseits ermahnt der Daishonin uns sehr streng: „Ob man vom Guten verführt oder vom Bösen bedroht wird, wer das Lotos-Sutra aufgibt, gibt sich der Hölle
preis.“ Das schwache Selbst, das von teuflischen Funktionen und inneren Hindernissen besiegt wird und vor dem Erreichen des Zieles aufgibt, ist eine Manifestation
der Welt der Hölle. Leben heißt gewinnen. Daraus folgt, dass auch Buddhismus gewinnen heißt. Zu gewinnen bedeutet, Gerechtigkeit zu erringen und wahres Glück zu
erlangen.
Saito: In Das Öffnen der Augen erhellt der Daishonin später, welche Wohltaten man
erhält, wenn man sein Leben dem großen Schwur der weiten Verbreitung widmet, der
Grundlage des Buddhismus Nichirens. Dieser Nutzen besteht aus der Erleichterung
der karmischen Vergeltung und aus dem Erlangen der Erleuchtung in diesem Leben.
Ikeda: In dem Abschnitt, der beginnt: „Obwohl ich und meine Schüler ...“9, sagt der
Daishonin ganz klar, dass wir in diesem Leben Buddha werden können, wenn wir es
dem großen Schwur der weiten Verbreitung widmen – sogar ohne aktiv danach zu
suchen. Auf der Basis eines Versprechens zu leben, ist die Essenz unserer Menschlichkeit. Wenn wir unser Leben auf der Grundlage des großen Schwurs des Buddhas
leben, wird es beschützt sein und wunderbar strahlen und leuchten, was auch immer
uns begegnen mag. Die Kraft, die entsteht, wenn man sein Leben im Einklang mit diesem Schwur führt, ist unverzichtbar für die Menschen, wenn sie ein wahrhaft würdiges Leben führen wollen in diesem bösen Zeitalter des Späten Tags des Gesetzes, das
von den fünf Unreinheiten vergiftet ist.10
9 In der Gosho Das Öffnen der Augen Teil II heißt es: „Obwohl ich und meine Schüler unterschiedlichen
Schwierigkeiten begegnen mögen, werden wir gewiss die Buddhaschaft erlangen, wenn wir in unseren
Herzen keine Zweifel hegen. Zweifeln Sie nicht, nur weil der Himmel Ihnen keinen Schutz gewährt. Lassen
Sie sich nicht entmutigen, weil Sie in dieser Existenz kein leichtes und sicheres Leben genießen. Dies habe
ich meine Schüler von morgens bis abends gelehrt, und dennoch beginnen sie zu zweifeln und geben ihren
Glauben auf. Törichte Menschen vergessen im entscheidenden Augenblick leicht die Versprechen, die sie
gemacht haben.“ (DG 2, 191)
10 Fünf Unreinheiten: Unreinheit des Zeitalters, der Begierde, der Lebewesen, der Ansicht und des Lebens
selbst. Sie werden im Kapitel Hilfsmittel (2. Kapitel) des Lotos-Sutras genannt.
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