speichern wie superman - Laser

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Laser-Community | Das Laser Magazin von Trumpf
© iStock: Choreograph
SPEICHERN WIE SUPERMAN
08-06-2016
Ein Femtosekundenlaser schreibt Daten in einen Quarzkristall. Dort sind sie bis
in alle Ewigkeit sicher.
Superman steht in seiner Festung der Einsamkeit und weiß nicht weiter. Er nimmt
einen der durchsichtigen Kristalle und steckt ihn in die Eislandschaft. Ein
Hologramm seiner Mutter Lara erscheint. Superman bittet sie um Rat und sie
beantwortet seine Fragen. Denn auf den Eiskristallen ist das gesamte Wissen der
zerstörten Zivilisation des Planeten Krypton gespeichert.
Auf den ersten Blick hat das in den Medien als „Superman-Kristall“ bekannt
gewordene Speichermedium der Universität Southampton in England damit nur
wenig Ähnlichkeit. Bei der Erfindung der Wissenschaftler des Forschungszentrums
für Optoelektronik handelt es sich um eine zweieinhalb Zentimeter kleine Scheibe
aus nanostrukturiertem Glas.
HITZEBESTÄNDIG, LANGLEBIG, RIESIGER SPEICHER
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Die Bibel in fünf Dimensionen auf den Quarzkristall geschrieben. (Foto: University of
Southampton)
Doch der Quarz-Chip hat mehrere Gemeinsamkeiten mit der filmischen Fiktion.
Dazu gehört sein enormer Speicherplatz auf kleinstem Raum. Er kann
perspektivisch bis zu 360 Terabyte Daten speichern – so viele wie 76.000 DVDs
zusammen. Zudem hält er Temperaturen bis zu 1.000 Grad Celsius stand. Bei
Raumtemperatur ist seine Lebensdauer nahezu unbegrenzt, bei 190 Grad Celsius
soll er immerhin noch 13,8 Milliarden Jahre bestehen. Beste Voraussetzungen also,
um wichtige Dokumente der Menschheitsgeschichte, wie die Allgemeine Erklärung
der Menschenrechte, die Magna Carta oder die Bibel, als kompakte digitale Kopien
für viele künftige Generationen zu bewahren. Oder sogar über das Ende der
Menschheit hinaus.
DREI DIMENSIONEN: ANORDNUNG IM RAUM
Wie bei einer gewöhnlichen DVD werden die Datenpunkte dreidimensional im
Raum angeordnet: Ein Femtosekundelaser mit einer Wellenlänge von 1030
Nanometern modifiziert kleine Zonen wie winzige Punkte in den Kristall. Jeder der
drei Punkte ist entweder beschrieben oder nicht beschrieben – 1 oder 0 – und
erhält so je ein Bit Information. Schon allein der winzige Punktabstand von gerade
einmal fünf Mikrometern sichert eine große Informationsdichte und damit eine
hohe Speicherkapazität.
Hier kommen die Daten auf die Scheibe:
VIERTE DIMENSION: STRUKTURAUSRICHTUNG DURCH
POLARISATION
Polarisation
Licht ist ein sich ausbreitendes elektromagnetisches Feld. Bei natürlichem
Licht sind sämtliche Polarisationsrichtungen wild durcheinander gemischt.
Die meisten Laserstrahlen hingegen haben eine gemeinsame
Fortsetzungsrichtung − das elektrische Feld schwingt in eine bestimmte
Richtung. Der Winkel zur Ausbreitungsrichtung, der sich daraus ergibt, ist
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die Polarisation. Mit sogenannten Verzögerungsplatten lässt sich der
Winkel der Schwingebene – also die Polarisation – gezielt verändern.
Die Forscher gehen aber noch sehr viel weiter und nutzen einen Effekt, den
hochintensive ultrakurze Laserpulse haben können: Die Pulse erzeugen eine
bestimmte periodische Nanostruktur innerhalb der Matrix des Quarzkristalls. Diese
Struktur entsteht nicht etwa gezielt durch Laser-Abrastern, sondern bildet sich
durch die hohe Intensität spontan und selbstorganisiert durch die Schwankungen
in der optischen Dichte des Kristalls. Wodurch und wie exakt diese Struktur
entsteht, ist bis heute nicht genau bekannt, aber es gibt sie.
Und man kann sie nutzen: Denn ihre Ausprägungen sind direkt abhängig von der
Intensität und Polarisation des Laserpulses. Indem die Forscher mithilfe einer
Verzögerungsplatte die Polarisation variieren, verändern sie die Ausrichtung der
Strukturen in den Datenpunkten.
So sieht die Struktur der Magna Carta auf dem Quarzkristall aus. (Foto: University of
Southampton)
Die Wissenschaftler der Universität Southampton wählten vier verschiedene
Winkel der Punktstruktur: 0 Grad, 45 Grad, 90 Grad und 135 Grad. Jeder einzelne
Punkt erhält somit vier zusätzliche Zustände, die ausgelesen werden können − das
sind zwei zusätzliche Bit Information. Potenziell sind es sogar noch mehr: Die
Grenze setzt hier nicht das Lasersystem, sondern das Lesegerät, das die Winkel
ausliest.
FÜNFTE DIMENSION: GRÖßE DURCH PULSENERGIE
Doch das ist den Forschern noch nicht genug: Indem sie zusätzlich die Pulsenergie
und damit die Pulsintensität in zwei Stufen variieren, beeinflussen sie gezielt die
Größe und Dichtenverteilung der Matrixstruktur. So trägt jeder einzelne
Datenpunkt ein zusätzliches Bit: große oder kleine Struktur. Auch hier sind die
Möglichkeiten noch riesig, denn in der Größe sind natürlich noch viele weitere
Abstufungen möglich. Auch hier kommt es auf das Lesegerät an. Im Ergebnis trägt
der von den Forschern beschriebene Kristall also vier Bit Information pro
Datenpunkt.
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Aufbau zur optischen Speicherung der 5D-Daten
Der Femtosekundenlaser arbeitet mit einer Repetitionsrate von 200 Kilohertz und einer
Pulsdauer von 280 Femtosekunden. Ein räumlicher Lichtmodulator verteilt die
Lichtstärke auf der Fokalebene und spaltet das einfallende Licht in 256 Strahlen auf.
Das Hologramm, das dadurch auf dem räumlichen Lichtmodulator entsteht, wird durch
ein optisches 4f-System auf der Rückseite des Objektivs abgebildet. Eine
Verzögerungsplatte beeinflusst die Ausrichtung des elektrischen Feldes im Laserstrahl.
DAS ENDE DES VERGESSENS
Ausgelesen werden die Daten recht simpel mithilfe eines optischen Mikroskops und
eines Polarisationsfilters. Derzeit suchen die Forscher nach Partner aus der
Industrie, um die Technologie weiter zu entwickeln und zu kommerzialisieren. Im
Auge haben sie große Archive, Museen oder Bibliotheken. Bisher mussten solche
Organisationen ihren digitalen Datenbestand ungefähr alle zehn Jahre aufs Neue
sichern. Mit der Superman-Technik können sie sich diesen Aufwand künftig sparen.
Professor Peter Kazansky, der das Projekt leitete: „Der Gedanke ist faszinierend,
dass wir die Technologie geschaffen haben, Dokumente und Informationen für
künftige Generationen räumlich aufzubewahren. Alles, was wir gelernt haben, wird
nicht vergessen werden.“
Superman erklärt, wie sein Kristall funktioniert:
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