Dreimal Geist, ein musikalischer Atem – Boulanger Trio

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VIRGINIA TUTILA
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Dreimal Geist, ein musikalischer Atem –
Boulanger Trio
Das Klaviertrio Boulanger wurde 2006 von Ilona Kindt (Violoncello), Birgit Erz (Violine) und
Karla Haltenwanger (Klavier) gegründet. Das Ensemble gewann bereits ein Jahr nach seiner
Entstehung das Internationale Kammermusikwettbewerb in Trondheim, Norwegen und zählt
nun zu den führenden Klaviertrios der jungen Generation.
Virginia Tutila traf die Künstlerinnen in Berlin.
VT: Die Leidenschaft für Kammermusik hat Sie zusammen gebracht.
Wie haben Sie sich kennen gelernt?
Wie kam es zur Gründung Ihres
Trios?
Birgit Erz: Im Studium sind wir
uns nicht begegnet, was ja bei vielen
anderen Ensembles der Fall ist.
VT: ... bei den meisten ...
Birgit Erz: Ja, bei fast allen.
Eigentlich haben wir uns erst nach
dem Studium gefunden. Ilona und
ich kannten uns aus einem anderen
Ensemble. Aber wir wollten unbedingt ein Klaviertrio gründen, denn
wir lieben diese Formation und ihr
Repertoire. So haben wir uns auf die
Suche nach einem Pianisten oder
einer Pianistin gemacht. Es war alles
sehr offen ...
Ilona Kindt: ... wir haben einfach in
unserem Bekanntenkreis herumgefragt. Ich hatte die Gelegenheit, bei
einer Session von der European
Chamber Music Academy als Zuhörerin dabei zu sein, und fragte
dort Eckhard Heiligers, den Pianisten des Trio Jean Paul, wo wir in
Norddeutschland, also zwischen
Hamburg, Hannover und Berlin,
einen Pianisten finden könnten. Er
verwies mich an Markus Becker, der
mir zwei Namen nannte: Einer war
der von Karla.
Birgit Erz: Aber ohne Telefonnummer, das muss man dazu sagen ...
Ilona Kindt: Ohne Telefonnummer.
Er wollte den Kontakt herstellen,
aber ungeduldig wie ich bin, konnte
ich natürlich nicht so lange warten.
Karlas Name klang so viel versprechend, dass ich sofort ein gutes Gefühl hatte. Ich schlug im Telefonbuch
nach, fand die Adresse und rief
sofort an. Wir unterhielten uns eine
dreiviertel Stunde am Telefon und
waren uns sofort sympathisch.
Karla Haltenwanger: ... dann haben
wir uns zu dritt verabredet ...
am 9. Februar 2006.
Birgit Erz: Karla merkt sich sehr
gerne Daten (lacht) ... Und es gibt
auch ein erstes Stück: das Beethoven
Trio c-Moll. Schon nach dem ersten
Satz wussten wir, dass wir musikalisch zusammengehören.
Karla Haltenwanger: Die beiden
kamen am Vormittag und ich war
noch voller Eindrücke von einem
Konzert am Abend davor. Da hatte
ich Stücke von Lili Boulanger gespielt. Darüber unterhielten wir uns
und wollten unbedingt wissen, ob
sie auch Trios geschrieben hat.
Durch diese Suche ist dann auch
unser Name entstanden.
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VT: Wie haben Sie die BoulangerSchwestern entdeckt? Und welche
künstlerische Rolle spielen sie über
die Namensgebung hinaus?
Ilona Kindt: Es gab verschiedene Wege. Karla kannte bereits Werke
von Lili Boulanger ...
Karla Haltenwanger: Meine Lehrerin
in Rumänien hatte Unterricht bei
Cella Delavrancea, die Schülerin von
Nadia Boulanger war.
Ilona Kindt: Und ich hatte drei Jahre
an der Menuhin-Akademie in der
Schweiz studiert. Yehudi Menuhin
war mit Nadia Boulanger sehr eng
befreundet gewesen. Sein Sohn,
Jeremy Menuhin, mit dem ich mehrfach zusammenarbeiten konnte,
hatte ebenfalls bei Nadia Boulanger
studiert. Je mehr wir über die beiden
Schwestern erfuhren, desto faszinierter waren wir.
Birgit Erz: Dabei fanden wir heraus,
dass es zwei Stücke für Klaviertrio
von Lili Boulanger gibt, die damals
noch nicht veröffentlicht waren. Das
hat uns besonders gereizt.
Ilona Kindt: Wir versuchten, an die
Noten heranzukommen. Deshalb riefen wir einfach bei der Fondation
Boulanger in Paris an. Allerdings
waren wir auch etwas unsicher, ob
wir verraten sollten, dass wir uns
nach den Schwestern benennen
wollten?
Karla Haltenwanger: ... sie hätten ja
auch etwas dagegen haben können.
Aber nein, die Verantwortlichen in
der Fondation waren sehr begeistert
und freuten sich, dass wir uns für
den Namen „Boulanger“ einsetzen
wollten. So kam die Vermittlung an
den Durand Verlag zustande, der die
Stücke im Jahr darauf – 2007 – veröffentlichen wollte. Der Verlag gab
uns einen Vorabdruck.
VT: Bedeutet das, dass Ihre Aufnahme eine Weltpremiere ist?
Birgit Erz: Leider nur eine deutsche Ersteinspielung ...
Ilona Kindt: Die Noten waren nicht
gedruckt, sie kursierten aber in
Fachkreisen. Es gab schon ein paar
wenige Ensembles, die diese Stücke
im Programm hatten, obwohl man
sie nicht einfach aus einer Bibliothek
entleihen oder kaufen konnte. Inzwischen kann man sie bei Durand
bestellen.
Birgit Erz: Uns liegt es sehr am
Herzen, dass diese Stücke gespielt
und dadurch bekannter werden. Das
Trio Jean Paul zum Beispiel hat die
Boulanger-Stücke jetzt auch in sein
Programm aufgenommen.
Karla Haltenwanger: Langsam fängt
es an, dass man sich für die
Schwestern interessiert. Sie haben
ihr ganzes Leben mit großer Leidenschaft und Ernsthaftigkeit der Musik
gewidmet.
Ilona Kindt: Lili ist leider sehr früh
gestorben ...
VT: ... mit 25 Jahren ...
Birgit Erz: Nadia kennt man
eher als Lili.
VT: Sie drei haben sehr klare
Vorstellungen und tun alles dafür,
diese auch zu realisieren ...
Ilona Kindt: Es war unser
Traum, die Kammermusik zum
Hauptberuf zu machen. Schon nach
kurzer Zeit des Zusammenspiels
waren wir bereit, das Risiko einzugehen und alles, was wir nebenher
machten, dem Trio zuliebe aufzugeben.
VT: Sehr beeindruckend: Festanstellungen, Sicherheiten aufzugeben
und zu sagen, wir „machen“ Trio in
Vollzeit …
Birgit Erz: Anders geht es nicht.
Als wir mit dem Trio anfingen, war
ich an der Oper, Karla und Ilona unterrichteten viel. Aber dann wurde
uns klar: Entweder widmen wir uns
komplett der Sache, an die wir glauben oder wir lassen es bleiben.
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Ilona Kindt: Inzwischen ist alles sehr
vertraut, wir kennen einander so
gut, dass wir uns im Trio zu Hause
fühlen. Wir verbringen auch auf
Reisen sehr viel Zeit miteinander.
Das ist wunderschön. Auch die
gemeinsamen Erlebnisse machen
uns glücklich.
VT: Das hört man Ihrem Spiel an, es
ist eine große Einheit zu spüren. Wie
sind eigentlich die Aufgaben intern
verteilt? Wie sieht denn so eine
„Vollzeitstelle Boulanger Trio“ aus?
Birgit Erz: Ilona pflegt und programmiert die Homepage, zum
Beispiel ...
Ilona Kindt: Wir sind wie eine kleine Firma ...
Karla Haltenwanger: Alles was mit
Grafik und Layout zu tun hat, das
mache ich ...
Birgit Erz: ... und ich schreibe die
meisten Texte und kümmere mich
um die Organisation. Ich bin für die
„To Do“-Listen zuständig ... (alle
lachen) ...
VT: Die Booklet-Texte sind auffällig
gut.
Birgit Erz: Die machen wir
zusammen. Wir haben eine gute Art
gefunden, gemeinsam zu schreiben.
Darauf sind wir stolz. Der NDR hat
den Booklet-Text in seinem Bericht
erwähnt, „klassik.com“ auch.
VT: Auf dem Plattenmarkt stellen Sie
sich mit zwei Debüt-CDs in SACDQualität vor und beweisen, dass Sie
über ein breites Repertoire verfügen.
Wie kam es dazu, dass es gleich zwei
Aufnahmen wurden?
Birgit Erz: Das war Zufall. Die
Schumann-Rihm-CD ist noch im
Rahmen des Studiums in Hamburg
entstanden. Die Hochschule hat uns
die Aufnahmen im Teldex-Studio
ermöglicht. Aber wir hatten keine
Geduld zu warten, bis die Hochschule die CD veröffentlichen konnte und suchten ein Label ... und fanden es sofort.
VT: Gibt es Schwerpunkte im
Repertoire? Oder Etappen, die Sie
derzeit mehr beschäftigen?
Karla Haltenwanger: Die
Wiener Klassik liegt uns allen sehr
am Herzen.
Birgit Erz: Möglicherweise wird sich
unser nächstes Projekt darum drehen. Bei Haydn, Mozart und Beethoven lernt man auch am meisten,
was das Zusammenspiel betrifft.
Karla Haltenwanger: Dann folgt die
deutsche Romantik, die wir sehr
gerne spielen. Schumann, Brahms.
Schubert, natürlich. Schubert ist sowieso unser aller Liebling ...
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VT: Es sind große Namen, die Sie
aufgeführt haben.
Karla Haltenwanger: Bei der
zeitgenössischen Musik fasziniert
uns die direkte Zusammenarbeit mit
den Komponisten. Die Begegnung
mit Wolfgang Rihm hat uns am meisten geprägt. Seine musikalisch
Botschaft, aber auch seine Menschlichkeit, seine Herzlichkeit ...
Ilona Kindt: Beim Heidelberger
Frühling haben wir Matthias
Pintscher kennen gelernt – mit ihm
hatten wir auch eine tolle Zusammenarbeit.
Birgit Erz: Und Beat Furrer.
Karla Haltenwanger: Genau, Beat
Furrer. Matthias hat dirigiert und wir
haben in verschiedenen Ensembles
mitgewirkt.
Birgit Erz: Im Herbst steht eine
Begegnung mit György Kurtág an.
VT: Im Rahmen der European
Chamber Music Academy haben Sie
mit namhaften Musiker zusammengearbeitet.
Ilona Kindt: Es funktioniert so,
dass man alle zwei Monate die Möglichkeit hat, in einer Stadt zusammenzukommen. Beteiligt sind nur
professionelle Streichquartette und
Klaviertrios oder solche, die auf dem
Weg in die Professionalität sind. Die
Ensembles werden sehr intensiv betreut. Wichtigste Mentoren für uns
sind Hatto Beyerle und Menahem
Pressler.
Karla Haltenwanger: Worauf wir
uns jetzt aber auch sehr freuen – ich
als Pianistin natürlich ganz besonders: Wir wurden ausgewählt, mit
Alfred Brendel drei Tage in Lübeck
zu arbeiten. Wir werden Schuberts
Es-Dur Trio spielen. Das Ganze im
Rahmen eines öffentlichen Workshops vom 4. bis 7. August, in diesem Jahr.
VT: Wie sehen die Pläne für die nahe
Zukunft aus?
Birgit Erz: Wir haben Konzerte
in Elmau, dann kommt das Festival
in Hitzacker, das Schleswig-Holstein
Musik Festival, das Internationale
Musikfest Goslar.
Ilona Kindt: Im Herbst dann die
Klangwerktage in Hamburg mit
György Kurtág. Da werden wir das
Abschlusskonzert spielen.
Karla Haltenwanger: Nächstes Jahr
im Januar steht das Ultraschall
Festival auf dem Terminkalender ...
Und erstmals ein Abend in der
Wigmore Hall. Wir werden auch im
Beethovenhaus in Bonn spielen, darauf freuen wir uns schon riesig.
Das Gespräch führte Virginia Tutila
am 14. Juni 2009 in Berlin
Alle Fotos:
Birgit Erz: ... und die französischen
Komponisten. Die haben wir allerdings ein bisschen später für uns entdeckt. Zum Beispiel Ravel, den wir
sehr lieben. Zeitgenössische Musik
ist uns ebenfalls sehr wichtig.
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