Renormierung

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9
132
RENORMIERUNG
9
Renormierung
9.1
Strategie
Erinnern wir uns zunächst an die “φ4 –Theorie”. Die Lagrangedichte sei also
L =
1
1
1
(∂µ φ) (∂ µ φ) − m2 φ2 − g φ4 .
2
2
4!
(9.1)
Wir hatten bereits in Abschnitt 4.2 (iv) gesehen, dass man das Diagramm
: g
�
d4 q
1
= g ΔF (0) ,
4
2
(2π) q − m2
wobei
ΔF (x) =
�
� � �
�� �
1
d4 q i q·x
= − i − �T φ(x) φ(0) � − ,
e
4
2
2
(2π)
q − m + iε
wegdiskutieren kann. Wir werden uns diesem Diagramm später nochmal widmen.
Hier soll zunächst das die Vertex–Korrektur
p1
p3
p4
p2
= g2
�
�
1
d4 q
4
2
2
(2π) (q − m ) [(q − p2 − p1 )2 − m2 ]
��
�
(9.2)
=: g 2 I
angesehen werden. Wir werden sehen, dass das Integral nicht konvergiert.
Es treten zweierlei Fragestellungen auf:
(1) Technisch: Wie berechnet man solche Diagramme, konkret wie kann man die Integration über den Schleifenimpuls q durchführen?
(2) Konzeptionell: Wie kann man Sinn aus divergierenden Integralen machen?
Das erste Ziel ist es, explizit zu sehen, dass I divergiert. Dazu müssen wir einige Rechen–
Schritte durchführen, die bei der Renormierung häufig wiederkehren.
Feynman–Parametrisierung.
1
AB
=
�1
=
Wir benutzen zunächst die Formel
dx
0
1
[A x + B (1 − x)]2
�1
dx
�1
0
0
dy
1
δ(x + y − 1) .
[A x + B y]2
(9.3)
9
133
RENORMIERUNG
Damit erhalten wir für den Integranden (mit der Abkürzung P = p1 + p2 )
1
(q 2 − m2 + i ε) [(q − P )2 − m2 + i ε]
�1
1
dx
=
2
2
2
[x q − x m + (1 − x) (q − P )2 + (x − 1) m2 ]
(9.4)
0
=
�1
dx
0
1
[q 2 − m2 + 2(1 − x) P · q + (1 − x) P 2 ]
2
.
(9.5)
Nach quadratischer Ergänzung bekommt man für den Ausdruck in den eckigen Klammern
�
�
2
(9.6)
[. . . ] = (q + (1 − x) P ) − P 2 x (1 − x) + m2 ,
�
��
� �
��
�
=:p2
=:Δ
d.h. da eine Verschiebung der Integrationsvariable irrelevant ist
I =
�1
dx
0
�
d4 p
1
.
(2π)4 [p2 − Δ]2
(9.7)
Wick–Rotation. Der nächste Schritt besteht darin, eine sog. Wick–Rotation durchzuführen, d.h. anstatt die 0–te Komponente entlang der reellen Achse zu integrieren (s.
Abb. 6). Das führt dann auf einen euklidischen Viererimpuls pE wobei
p0 = i p0E .
Damit hat man (für allgemeine Potenzen von [. . . ])
�
�
1
1
i
1
d4 p
=
d 4 pE 2
n
(2π)4 (p2 − Δ)n
(−1)n (2π)4
[pE + Δ]
�
�∞
i (−1)n
ρ3
=
dΩ
dρ
.
4
(2π)4
[ρ2 + Δ]n
(9.8)
0
Für den betrachteten Fall n = 2 divergiert das Integral; streng genommen hätten wir die
Wick–Rotation nicht durchführen dürfen.
Jetzt können wir den Grund der Divergenz hinterfragen. Dazu erinnern wir uns daran, dass wir das Skalarfeld zunächst zur Beschreibung der schwingenden Saite eingeführt
haben. Die φ4 Theorie kann auch zur Beschreibung von Mesonen verwendet werden. In
beiden Fällen macht es offensichtlich wenig Sinn, die Impulsintegration hierbei bis ∞
durchzuführen. Bei höheren Impulsen (oder, äquivalent dazu, kleineren Abständen) macht
diese Beschreibung keinen Sinn mehr. Bei der Saite würde man sehen, dass sie sich aus
Atomen zusammensetzt, und die Mesonen würden in Quarks ‘aufbrechen’. Eine Möglichkeit ist nun, den Bereich der Impulsintegration ad hoc einzuschränken, etwa indem wir in
(9.8)
�Λ
�∞
dρ
dρ →
0
0
(9.9)
9
134
RENORMIERUNG
Im p0
−
�
p� 2 + Δ + i ε
Re p0
�
2
p� + Δ − i ε
Abbildung 6: Wick Rotation.
mit einem Abschneide- oder Cut–Off–Parameter Λ ersetzen. Ein plausibler Wert für Λ
wäre beispielsweise die Energie- (bzw. inverse Längen–)Skala, bei der die Beschreibung
der schwingenden Saite (oder was auch immer) zusammenbricht. Das “Endlich–Machen”
der divergenten Integrale wird als Regularisierung bezeichnet.
Mit dieser ad hoc Methode haben wir nun erreicht, dass die Übergangsamplitude auf
dem 1–Loop Niveau gegeben ist durch
p1
p3
p2
p4
p1
p3
p2
p4
=



 p1

+

 p2


p1
p3
p3
+
p4
=
p1
p4
p2
p3
+
p2
p4
g + g 2 [I(Λ, p1 , . . . p4 ) + Permutationen der pi ] .










(9.10)
9
RENORMIERUNG
135
Für die gegenwärtige Diskussion brauchen wir I(Λ, p1 . . . p4 ) nicht explizit auszurechnen.
Aber aus den Symmetrien des Problems und der Struktur des Integrals (9.8) können wir
schließen, dass
� 2�
� 2�
� 2�
Λ
Λ
Λ
+ ln
+ ln
(9.11)
[. . . ] ∝ ln
s
t
u
mit den Mandelstam–Variablen s, t und u. Die Relation (9.10) hat einige wichtige, unmittelbare Konsequenzen.
(1) Wir sehen, dass die 4–Punkt Amplitude nicht durch die Kopplung g, die in der
Lagrangedichte auftritt, gegeben ist, sondern durch (9.10). Das bedeutet, dass die
Parameter der Lagrangedichte nicht unmittelbar den Kopplungsstärken, die in Experimenten zugänglich sind, entsprechen.
(2) Die Amplitude ist abhängig von Λ. Allerdings ist der Parameter Λ ist nicht wirklich bestimmt. Man könnte Λ als 1/10 der Skala setzen, bei der die Beschreibung
zusammenbricht.
(3) Das Ergebnis ist abhängig von der Regularisierung. Mit unserer Diskussion konnten
wir irgendwie rechtfertigen, dass wir die Impulsintegration abschneiden. Aber was
ist mit Quanteneffekten von Moden mit Impulsen größer Λ?
Um nun weiterzukommen, erinnern wir uns daran, dass das Ziel der Theorie ist, Vorhersagen für Experimente zu machen. Wie können wir das bewerkstelligen? Wir können
einen Wert für Λ wählen, der uns sinnvoll erscheint, und dann fordern, dass für eine Impulskonstellation (ausgedrückt durch s, t und u) die Messung reproduziert wird. M.a.W.,
wir müssen die Kopplung g in der Lagrangedichte so wählen, dass die Amplitude mit der
Messung konsistent ist, d.h.
g = g(s, t, u, Λ) .
(9.12)
Diese Bedingungen werden wir später als Renormierungsbedingungen bezeichnen. Die
Theorie ist dann vorhersagekräftig in dem Sinn, dass man, wenn man g für eine Impulskonstellation an das Experiment anpasst, die Amplituden für alle anderen (sinnvollen)
Konstellationen berechnen kann. Allerdings ist es nicht–trivial, dass das auch funktioniert.
Man könnte sich vorstellen, dass man mehr ‘Anpassungen’ an das Experiment benötigt
als man Parameter in der Lagrangedichte hat. Später werden wir Theorien, in denen das
ohne Weiteres funktioniert, als ‘renormierbar’ bezeichnen.
Pauli–Villars Regularisierung. Bevor wir nun die Renormierung der QED diskutieren, soll eine Alternative zu dem oben diskutierten ad hoc Anschneiden der Impulsintegration erwähnt werden. Als ‘Pauli–Villars Regularisierung’ bezeichnet man eine Vorgehensweise, in der die Propagatoren ersetzt werden gemäß der Vorschrift
1
1
m2 − Λ 2
1
.
→
−
=
k 2 − m2
k 2 − m2
k 2 − Λ2
(k 2 − m2 ) (k 2 − Λ2 )
Diese Struktur würde sich ergeben, wenn es weitere Freiheitsgrade mit großen Massen
(Λ) geben würde, die auf Schleifenkorrekturen mit entgegengesetzten Vorzeichen führen
würden. Dann würden die Strahlungskorrekturen für k 2 > Λ2 verschwinden, insbesondere
wären die Strahlungskorrekturen insgesamt endlich. Obwohl diese Methode eine einfache
Interpretation hat, stellt sich leider heraus, dass sie mit Eichtheorien nicht harmoniert.
Deswegen wird davon hier nicht Gebrauch gemacht.
9
9.2
(i)
136
RENORMIERUNG
Renormierung in der QED
Fragestellung
In der QED gibt es Schleifendiagramme, z.B. die Strahlungskorrekturen aus Abb. 7.
γ
γ
γ
γ
γ
(a) Vakuumpolarisation.
(b) Selbstenergie.
(c) Vertex–Korrektur.
Abbildung 7: Beispiele für Schleifendiagramme in der QED.
Die Frage ist nun, was die Implikationen dieser Strahlungskorrekturen sind. Diese Frage
zu beantworten ist sowohl technisch als auch konzeptionell nicht ganz trivial. Wir werden
sehen, dass die entsprechenden analytischen Ausdrücke (formal) divergieren. In diesem
Abschnitt werden wir die Divergenzen beseitigen und die physikalischen Implikationen der
Strahlungskorrekturen diskutieren.
Vakuum–Polarisation.
i Πµν (k) =
γ µ
Als Polarisationstensor bezeichnet man
q
q−k
k
=
−
�
ν γ
k
�
�
d4 q
i (�q − k� + m)
i (�q + m)
µ
ν
.
tr
(−i
e
γ
)
(−i
e
γ
)
(2π)4
(q − k)2 − m2 + i ε
q 2 − m2 + i ε
(9.13)
Hierbei betrachten wir das amputierte Diagramm, d.h. die analytischen Ausdrücke für
die Teilchen im Anfangs- bzw. Endzustand werden weggelassen. In dem betrachteten Fall
entspricht Πµν (k) bis auf die Polarisationsvektoren der ein- bzw. auslaufenden Photonen
dieser der Übergangsamplitude für die “Vakuumspolarisation”,
µν
Mf i = ε(i)
· εν(f ) .
µ · iΠ
Dieser Ausdruck für den Polarisationstensor ist so, wie er in (9.13) angegeben ist, nicht
wohldefiniert, denn das Integral divergiert quadratisch.
Man kann jetzt versuchen, den tieferen Grund für das Auftreten der Divergenz zu identifizieren. Wie bereits diskutiert, ist dafür ausschlaggebend, dass sich das Integral in (9.13)
bis ∞ erstreckt. D.h. wir betrachten das Elektron und das Photon als punktförmige Teilchen. Die Divergenzen werden mit Impulsmoden assoziiert, deren Komponenten beliebig
große Einträge besitzen können. Wir könnten argumentieren, dass die Schleifenkorrekturen
endlich sind, wenn man die Integration auf gewisse Bereiche im Impulsraum einschränkt.
Andererseits hängen dann die Ergebnisse von dem Abschneide–Parameter ab. Wir werden
später eine Alternative diskutieren, die gewisse (technische) Vorteile hat.
Das Verfahren der Renormierung, das wir im Folgenden diskutieren, erfordert einige
Schritte, die auf den ersten Blick nur schwer zu verdauen sind. Wir werden aber zum guten
Schluss eine Prozedur entwickelt haben, deren Ergebnisse sehr gut mit den Experimenten
übereinstimmen. Es wird sich erweisen, dass durch Umparametrisierung die Theorie endlich gemacht werden kann. Dies hat zur Folge, dass man die Werte für die Parameter Masse
9
137
RENORMIERUNG
m, Ladung e etc. nicht als diejenigen ansehen darf, die man in die Lagrangedichte steckt.
Sie werden durch Normierungsbedingungen mit den n–Punkt–Funktionen in Verbindung
gebracht.
Regularisierung. Da die Übergangsamplitude Mf i nicht divergieren darf, sollte es ein
Verfahren geben, einen regularisierten Polarisationstensor Πµν
R zu konstruieren, der die
Physik richtig beschreibt.
Jetzt gehen wir davon aus, bereits den regularisierten Polarisationstensor Πµν
R zu kennen.
Aus den bekannten Eigenschaften kann man einige Folgerungen ziehen.
Man kann zeigen, dass
�
µν
d4 x �− |T (j µ (x) j ν (0))| −� e−i k·x
(9.14)
i Π (k) =
mit dem Operator der (elektromagnetischen) Stromdichte
j µ = e Ψγ µ Ψ .
Aufgrund der Stromerhaltung,
∂µ j µ = 0 ,
und der Form (9.14) kann man schließen, dass
kµ Πµν = 0 .
(9.15)
Diese Eigenschaft soll sich auf den regularisierten Polarisationstensor übertragen, d.h.
kµ Πµν
R = 0.
(9.16)
Wegen der Lorentzkovarianz kann man folgern
�
� 2 µν
Πµν
k η − k µ k ν · Π(R) (k 2 )
(R) (k) =
(9.17)
�
�
ν
mit einer skalarwertigen Funktion Π(R) (k 2 ). Der Faktor k 2 η µν − k µ k bewirkt, dass
(9.16) gilt.
Für den vollen“ Photon–Propagator, der alle Aneinanderreihungen von Schleifen berück”
sichtigt,17 , erhält man
=
+
+
+ ... .
Damit ergibt sich
i Dµν (k) = i D0µν (k) + i D0µκ (k) i Πκλ i D0λν (k) + . . . ,
(9.18)
17 Für einen wirklich vollen Propagator müsste man alle Diagramme mitnehmen, nicht nur die Aneinanderreihung von Schleifen.
9
138
RENORMIERUNG
wobei
D0µν (k) = −
1
2
k + iε
�
�
kµ kν
η µν + (α − 1) 2
k
der Photonpropagator (5.54) ist.
Betrachte z.B. α = 1. Dann ist
=
=
�
� (−i) η λν
η µν
i η µκ � � 2
− 2
+ ...
i k ηκλ − kκ kλ Π(k 2 )
+ iε k + iε
k2 + i ε
η µν
η µκ
η µκ
−i 2
−i 2
Δνκ Π(k 2 ) − i 2
Δλ Δν [Π(k 2 )]2 + . . . ,
k + iε
k + iε
k + iε κ λ
−i
k2
(9.19)
wobei
Δνκ = ηκν −
kκ k ν
k2
ein Projektor auf Vektoren, die ‘senkrecht’ auf k sind, ist. Der Projektor Δνκ hat die
offensichtliche Eigenschaft
Δλκ Δνλ = Δνκ .
Somit ergibt sich
=
=
�
�
�
η µν
kκ k ν �
i η µκ
ν
−i 2
ηκ −
Π(k 2 ) + Π2 (k 2 ) + . . .
− 2
2
k + iε k + iε
k
�
�
µ ν
−i
k
k
i
kµ kν
µν
η
−
−
.
(k 2 + i ε) [1 − Π(k 2 )]
k2
(k 2 + i ε) k 2
Für allgemeine Eichfixierungsparameter α erhält man
�
�
�
�
kµ kν
kµ kν
1
i
µν
η
−
+
α
.
i Dµν (k) = − 2
k + i ε 1 − Π(k 2 )
k2
k2
(ii)
(9.20)
(9.21)
Regularisierung
Dimensionale Regularisierung. Hierbei wird die Feldtheorie in d Dimensionen untersucht, wobei sich erweisen wird, dass d �= 4 sind die Ausdrücke endlich sind. Dann wird
der Limes d → 4 gebildet.
9
139
RENORMIERUNG
Dimensionale Analyse.
Betrachte die Lagrangedichte
1
L = i Ψ γ µ ∂µ Ψ − m Ψ Ψ − e Ψ γ µ Ψ Aµ − F µν Fµν + Eichfixierung .
4
In d Dimensionen ergibt sich für die Lagrangedichte die Massendimension
dim[L ] = d ,
denn die Wirkung
�
S =
dd x L
ist dimensionslos. Man kann leicht die folgenden Relationen ableiten:
d−1
,
2
3
dim[Aµ Ψ γ µ Ψ] = d − 2 .
2
dim[∂µ ] = 1 ,
dim[Aµ ] =
dim[Ψ] =
d
−1,
2
(9.22)
Damit der Wechselwirkungsterm ebenfalls die Massendimension 1 erhält, ersetzt man die
Ladung
e → e µ2−d/2 ,
dim[µ] = 1 .
Darin ist der zusätzliche Parameter µ willkürlich, er muss lediglich die Massendimension
1 haben.
Damit lautet der Wechselwirkungsterm
Lint = − e µ2−d/2 Ψ γ µ Ψ Aµ .
(9.23)
Bemerkung zur Dirac–Algebra in d Dimensionen: Im Allgemeinen konstruiert
man die Spinor–Darstellung in d Dimensionen analog zu der vierdimensionalen Version.
Speziell für Renormierungszwecke, d.h. für dimensionale Regularisierung, hat sich ein Rezept etabliert, das auf besonders wenig Komplikationen führt (das aber auch nicht wirklich
die d–dimensionale Physik beschreibt). Die Clifford–Algebra wird weiterhin von Objekten
γ µ gebildet, die
{γ µ , γ ν } = 2 η µν
erfüllen, wobei allerdings

1 0
 0 −1

η µν =  0 0

..
..
.
.
(9.24)
hier
0
0
−1
..
.
···
···
···
..
.





ist. Die Spur dieses metrischen Tensors ist
ηµ µ = d ,
die Spur der Einheitsmatrix im Spinor–Raum ist eine Funktion von d:
tr 0 = f (d) ,
mit f (4) = 4 .
(9.25)
9
140
RENORMIERUNG
Wir werden im Folgenden
f (d) = 4
wählen, wofür die Ausdrücke besonders einfach werden. Somit ist
tr(γµ γν ) = f (d) ηµν = 4 ηµν
(9.26)
und die Spur einer ungeraden Anzahl an γ–Matrizen verschwindet. Des Weiteren gilt
tr (γµ γκ γν γλ )
µ
γ γ γµ
γ γ ν γ ρ γµ
=
=
γ µ γ ν γ ρ γ σ γµ
=
µ
(iii)
4 {ηµκ ηνλ − ηµν ηκλ + ηµλ ηκν } ,
=
ν
(9.27a)
ν
(2 − d) γ ,
4 η νρ − (4 − d) γ ν γ ρ ,
(9.27b)
(9.27c)
−2 γ σ γ ρ γ ν + (4 − d) γ ν γ ρ γ σ .
(9.27d)
Dimensionale Regularisierung des Vakuum–Polarisations–Tensors
In d Dimensionen ist der Vakuum–Polarisationstensor gegeben durch
�
� µ
�
γ (�q + m) γ ν (�q − k� + m)
dd q
µν
2 4−d
,
tr
Π (k) = i e µ
(2π)d
(q 2 − m2 ) [(q − k)2 − m2 ]
(9.28)
wobei die i ε–Terme im Nenner bereits weggelassen wurden.
Mit der Feynman–Parametrisierung (9.3),
1
=
AB
�1
dx
0
1
[A x + B (1 − x)]2
wird mit
A = (q − k)2 − m2
und
B = q 2 − m2
und der Substitution
p = q −kx
der Nenner symmetrischer,
µν
Π (k)
=
2
4−d
tr
�
ie µ
�
dd p
(2π)d
�1
dx
0
ν
γ µ (p
� + k� x + m) γ (p
� − k� (1 − x) + m)
[p2 − m2 + k 2 x (1 − x)]2
�
.
(9.29)
Nach einigen Umformungen (siehe Übung) wird daraus
µν
Π (k)
=
2
ie µ
4−d
4
�1
0
dx
�
dd p
(2π)d
�
2 pµ pν
[p2 − m2 + k 2 x (1 − x)]2
2x (1 − x) [k µ k ν − η µν k 2 ]
η µν
−
− 2
p − m2 + k 2 x (1 − x)
[p2 − m2 + k 2 x (1 − x)]2
Wir interessieren uns nun für die Berechnung von Integralen der Form
�
f (p2 )
Id =
dd p 2
.
[p − Δ]n
�
.
(9.30)
(9.31)
9
141
RENORMIERUNG
Der erste Schritt ist eine Wick–Rotation, d.h. die 0–te Komponente entlang der imaginären
anstatt der reellen Achse zu integrieren (siehe Abbildung 6). Damit erhalten wir für den
Fall f (p2 ) = 1
�
�
1
i
1
d d pE 2
=
dd p 2
(p − Δ)n
(−1)n
[pE + Δ]n
�
�∞
ρd−1
n
= i (−1)
dΩd dρ 2
.
(9.32)
[ρ + Δ]n
0
Im letzten Schritt haben wir ρ = |pE | gesetzt. Für das Oberflächenintegral ergibt sich (s.
Übung)
�
2π d/2
� � .
(9.33)
dΩd =
Γ d2
Γ–Funktion.
Die Γ–Funktion ist erklärt durch
�∞
dt tz−1 e−t ,
Γ(z) =
(9.34)
0
besitzt die Eigenschaft
Γ(1 + z) = z Γ(z) ,
(9.35)
d.h. Γ ist eine ‘kontinuierliche Erweiterung der Fakultät,
Γ(1 + n) = n!
für n ∈ �0 .
(9.36)
Eine wesentliche Eigenschaft der Γ–Funktion ist, dass Γ(z) Pole besitzt für z = 0, −1, −2, . . . .
Das ρ–Integral lässt sich weiter umformen, speziell für n = 2 ergibt sich
�∞
dρ
ρd−1
2
[ρ + Δ]n
=
1
2
0
�∞
(ρ2 )d/2−1
d(ρ2 ) 2
[ρ + Δ]2
0
=
1
2
�
1
Δ
�2−d/2 �1
0
dy y 1−d/2 (1 − y)d/2−1 ,
(9.37)
wobei y = Δ/(ρ2 + Δ). Es lässt sich damit auf die Euler’sche Beta–Funktion
B(n, m) =
�1
0
dy y n−1 (1 − y)m−1 =
Γ(n) Γ(m)
Γ(n + m)
zurückführen. Insgesamt erhalten wir
� �2−d/2
�
Γ(2 − d/2) 1
dd p
i
1
=
.
(2π)d [p2 − Δ]2
Γ(2)
Δ
(4π)d/2
Dieser Ausdruck kann verallgemeinert werden (s. [PS95, S. 807]),
� �n−d/2
�
dd p
1
i (−1)n Γ(n − d/2) 1
,
=
(2π)d [p2 − Δ]n
Γ(n)
Δ
(4π)d/2
(9.38)
(9.39a)
(9.39b)
9
142
RENORMIERUNG
�
p2
dd p
(2π)d [p2 − Δ]n
i (−1)n−1 d Γ(n − d/2 − 1)
Γ(n)
(4π)d/2 2
=
�
1
Δ
�n−d/2−1
.
(9.39c)
Man beachte, dass diese Ausdrücke auch für nicht–ganzzahlige Werte von d definiert sind.
Mit solchen Überlegungen kommt man auf
�
�
Πµν (k) = k µ k ν − η µν k 2 Π(k 2 ) ,
(9.40)
wobei
e2 Γ(εd /2) εd
−Π(k ) =
µ
2π 2 (4π)−εd /2
2
�1
dx
[m2
0
x (1 − x)
.
− k 2 x (1 − x)]εd /2
(9.41)
Hierbei ist
εd = 4 − d .
Mit den Entwicklungen
aεd = exp(εd ln a) = 1 + εd ln a + . . .
und
Γ(εd /2) =
�
2
− γ + O(εd )
εd
�
,
wo γ = 0, 57722 . . . die Euler–Mascheroni–Konstante ist, erhält man


�1

2
2
2 
1
γ
m − k x (1 − x)
e
+
O(ε
)
−
3
−
dx
x
(1
−
x)
ln
−Π(k 2 ) =
d

6π 2  εd
2
4π µ2
0

√
γ
5 1 k2

 1
|k 2 | � m2 ,
e2  εd + ln 4π − 2 + 6 − 2 ln µ2 ,
=
(9.42)
√
γ
k2
1 m2
1
6π 2 
2
2

,
|k
|
�
m
.
+ ln 4π − − ln 2 +

εd
2 2
µ
10m2
Fazit: Die Divergenz von Πµν lässt sich also auf einen einfachen Pol in εd zurückführen.
Interpretation:
Betrachte den Prozess
p+k
k
e0
Dµν (k)
P −k
k
e0
P
p
9
143
RENORMIERUNG
Hierbei setzen wir den Eichfixierungsparameter α = 1, d.h. der Photon–Propagator ist
1
i
η µν .
i Dµν (k) = − 2
k + i ε 1 − Π(k 2 )
Der Nenner dieses Propagators divergiert für d → 4. In diesem Streuprozeß kann man
nicht den Propagator des Photons für sich messen, sondern nur die Kombination
i e20 Dµν (k) = −
k2
i
e20
η µν .
+ i ε 1 − Π(k 2 )
Dabei ist e0 die Kopplungskonstante der elektromagnetischen Wechselwirkung, die nicht
direkt experimentell zugänglich ist. Man fordert, dass der physikalisch beobachtbare Ladung gegeben ist durch
e20
,
1 + Π(k 2 )
e2 =
d.h. man kann entweder mit e0 rechnen und alle Schleifen berücksichtigen oder die Schleifen weglassen und mit der effektiven Konstante“ e2 arbeiten. Der Parameter Kopp”
”
lungsstärke“ geht also nicht direkt in der Lagrangedichte in die Theorie ein, sondern erst
später.
Insbesondere ist wegen der k–Abhängigkeit des Nenners 1+Π(k 2 ) die Ladung e ebenfalls
k–abhängig; für k ≈ 0 ergibt sich der bekannte Wert
4π
e2 (0) =
.
137
Für endliche k spaltet man den Polarisationstensor auf,18


�1

2
2
2 
1
γ
m − k x (1 − x)
e
− − 3 dx x (1 − x) ln
+
O(ε
)
Π(k 2 ) = − 02
d

6π  εd
2
4πµ2
0
=
mit
Π(0) = −
Π(0) − ΔΠ(k 2 ) ,
e20
6π 2
und


1
1

2 �
m
γ
− − 3 ln
dx
x
(1
−
x)
 εd

2
4πµ2
(9.44)
0
e2
ΔΠ(k ) = − 02
2π
2
(9.43)
�1
0
dx x (1 − x) ln
m2 − k 2 x (1 − x)
.
m2
(9.45)
Damit erhält man
e2 (k 2 )
=
=
=
e20
e20
=
2
1 − Π(k )
1 − Π(0) + ΔΠ(k 2 )
�
�
ΔΠ(k 2 )
e20
1−
+ ...
1 − Π(0)
1 − Π(0)
�
�
2 2
e k
e2 1 −
für |k 2 | � m2 .
60π 2 m2
(9.46)
Dieses Ergebnis, das die k–Abhängigkeit der Kopplungsstärke impliziert, wird später diskutiert.
18 Die Aufspaltung ist natürlich willkürlich. Die Art, wie man solche Größen wie den Polarisationstensor
in divergente und nichtdivergente Anteile aufteilt, wird später als Renormierungschema bezeichnet werden.
9
144
RENORMIERUNG
(iv)
Selbstenergie des Elektrons
p+k
Das Fermion kann nicht nur frei propagieren, sondern auch mit sich selbst wechselwirken. Für die Übergangsamplitude ergibt sich nach den Feynman–Regeln (für
den Eichfixierungsparameter α = 1)
Σ(p)
=
−i e2 µ4−d
=
−i e2 µ4−d
p
p
k
�
1
η µν
dd k
γµ
γν 2
d
(2π)
k
p
� + k� − m
�
µ
d
d k γ µ (p
� + k� + m) γ .
(2π)d [(p + k)2 − m2 ] k 2
(9.47)
Analog zur Vakuumpolarisation findet man
Σ(p)
=
e2
e2
(4 m − p)
+
{p(1 + γ) − 2m (1 + 2 γ)}
�
2
8π εd
16 π 2 �
�1
p2 x (1 − x) − m2 x
(1
−
x)
−
2
m}
ln
+ 2 dx {p
+ O(εd ) .
�
4π µ2
(9.48)
0
“Voller Propagator”.
Anstatt des freien Propagators betrachte
=
+
+
SF (p)
=
=
=
=
(0)
+ ...
(0)
(0)
SF (p) + SF (p) Σ(p) SF (p) + . . .
1
(0)
SF (p)
(0)
1 − Σ(p) SF (p)
�
�−1
1
1
1 − Σ(p)
p
(p
� − m0
� − m0 )
1
.
p
� − m0 − Σ(p)
(9.49)
Wir arbeiten hier in auf dem Ein–Schleifen–Niveau, um tatsächlich den vollständigen Propagator zu erhalten, müsste man noch Diagramme vom Typ
9
145
RENORMIERUNG
und deren Verallgemeinerungen betrachten. Es zeigt sich jedoch, dass diese auf nichts
qualitativ Neues führen.
Spaltet man die Selbstenergie auf,
Σ(p) = A(p) p� + B(p) ,
(9.50)
so erhält man für den Propagator
wobei
Z(p)
1
�
�
� =
,
p
−
1 − A(p) p
−
m
+
B(p)
0
� m(p)
�
SF (p) = �
1
1 − A(p)
Z(p) =
und
(9.51)
�
�
m(p) = Z(p) m0 + B(p) .
Die Größe m(p) entspricht der physikalischen Masse, durch Z(p) wird die Wellenfunktion
renormiert. D.h. die Vorschrift der (kanonischen) Normierung von Zuständen wird durch
Quantenkorrekturen modifiziert.
(v)
Vertex–Korrektur
Betrachte das Diagramm
p�
ν
p� −k
q
=: i e Λµ (p� , p)
µ
k
p−k
ν
p
Nach den Feynman–Regeln ergibt sich für die Übergangsamplitude
�
�
�
i
−i
dd k
i
�
2 4−d
ν
γν �
Λµ (p , p) = − e µ
.
γ
γµ
(2π)d k 2
p
� − k� − m p
� − k� − m
Dies ist die erste Korrektur zu einem “vollen” Vertex,
p�
p+q
p+q
q
q
=
q
+
+ ... ,
p
p
p
i e Γµ (p� , p)
=
i e γ µ + i e Λµ (p� , p) + . . . .
(9.52)
9
146
RENORMIERUNG
Man kann mit der dimensionalen Regularisierung diesen Term auf die Form (vgl. Übung)
Λµ (p� , p) = − 2i e2 µ4−d
�1
dx
0
1−x
�
dy
0
�
dd k
(2π)d
�
�
ν
γ ν [p
� (1 − y) − p
� x − k� + m] γµ [p
� (1 − x) − p
� y − k� + m] γ
(9.53)
2
2
2
�2
�
[k − m (x + y) + p x (1 − x) + p y (1 − y) − 2 p · p x y]3
bringen. Dieses Integral beinhaltet — im Gegensatz zum Vorangegangenen — divergente und konvergente Anteile. Die konvergenten Anteile sind diejenigen ohne k–Terme im
Zähler; sie werden später behandelt (siehe Abschnitt 9.2 (vii)).
Für den divergenten Anteil von (9.53) ergibt sich ein ähnlich komplizierter Ausdruck.
Allerdings kann man sich seine Berechnung schenken, wie wir im Folgende sehen werden.
Bisher konnten die Divergenzen im Propagator des Photons bzw. Elektrons beseitigt
werden, indem die beiden Parameter der Theorie, die Ladung und die Masse des Elektrons,
renormiert wurden. Auf den ersten Blick würde man erwarten, dass die Beseitigung der
Divergenz nach dem Schema
i e0 Γµ → i ephysikalisch γ µ
auf eine zweite Renormierung der Ladung führen würde. Dies ist aber nicht der Fall, wie
der folgende Abschnitt zeigt.
(vi)
Takahashi–Ward–Identitäten
Wegen (siehe Übung)
1
1
1
∂
= −
γµ
µ
p
p
∂p p
�−m
�−m
�−m
gilt für q = p� − p → 0 die Ward–Identität (auf Tree–Level)
Λµ (p, p) = −
∂Σ(p)
.
∂pµ
(9.54)
(9.55)
Diese deutet schon an, dass man die Vertex–Korrektur und die Selbstenergie nicht getrennt
betrachten kann. Diese Aussage lässt sich weiter fassen.
Aus
−i e qµ γ µ = − i e {(p
� + �q − m) − (p
� − m)}
sieht man
�
�
i
i
i
i
.
(i e �q)
= e
−
p
p
p
� + �q − m
�−m
�−m p
� + �q − m
Diese Formel entspricht graphisch


p+q
qµ ·
µ
q
p




= e·




p
−
p



 .



p+q
p+q
(9.56)
9
147
RENORMIERUNG
Dazu wollen wir eine Verallgemeinerung finden für die vollen“ Propagatoren,
”


p+q
µ
µ
q ·
q
p




= e·




p
−
p
p+q 



 .



p+q 
Dies ist ein Spezialfall der sog. Takahashi–Ward–Identität.
Um (9.57) zu zeigen, betrachtet man das erzeugende Funktional der QED,
�
� �
�
4
Z[J, η, η] = N DA DΨ DΨ exp i d x LQED + LQuellen
(9.57)
(9.58)
mit
LQED
=
LQuellen
=
1
1
− F µν Fµν + i Ψ γ µ (∂µ + i e Aµ ) Ψ − m Ψ Ψ −
(∂µ Aµ )2 ,
4
2α
Jµ Aµ + η Ψ + Ψ η .
(9.59a)
(9.59b)
Der Eichfixierungsterm und auch die Quellterme zerstören die Eichinvarianz der Lagrangedichte. Die n–Punktfunktionen müssen aber unabhängig von der Wahl von A sein. Betrachte nun die (infinitesimale) Eichtransformation
Aµ
Ψ
Ψ
→ Aµ + ∂µ Λ ,
→ Ψ − ieΛΨ ,
→ Ψ + ieΛΨ .
(9.60a)
(9.60b)
(9.60c)
Unter ihr bleibt Z invariant, denn sie entspricht lediglich einer Verschiebung der Integrationsvariablen, deshalb sollte in Analogie zu
�∞
dx f (x) =
�∞
dx f (x + a)
−∞
−∞
das Pfadintegral invariant bleiben, da auch hier über alle Feldkonfigurationen integriert
wird.
Durch Einsetzen der Transformation entsteht ein zusätzlicher Faktor im Argument des
Funktionalintegrals,
��
� �
�
1
1
2
exp i d4 x − (∂ µ Aµ ) � Λ −
(� Λ) + J µ ∂µ Λ − i Λ (η Ψ − Ψ η)
α
2α
�
�
�
1
(9.61)
≈ 1 + i d4 x − � (∂ µ Aµ ) − ∂ µ Jµ − i e (η Ψ − Ψ η) Λ ,
α
nach Entwicklung in Λ und partieller Integration. Diesen Faktor ziehen wir mit den üblichen Ersetzungen
Ψ →
δ
,
i δη
Ψ →
δ
,
i δη
Aµ →
δ
i δJ µ
vor das Pfadintegral und erhalten für infinitesimale, aber sonst beliebige Λ
�
�
���
�
�
δ
i
δ
4
µ δ
µ
1 + i d xΛ
Z[J, η, η] = Z[J, η, η]
�∂
−η
− ∂ Jµ − e η
α
δJ µ
δη
δη
9
148
RENORMIERUNG
wegen der Invarianz.19 Da nun Λ beliebig ist, schliessen wir, dass
�
δ
i
� ∂ µ µ − ∂ µ Jµ − e
α
δJ
��
�
δ
δ
η
Z[J, η, η] = 0 .
−η
δη
δη
(9.62)
Diese Gleichung gilt in der selben Form auch für
W = − i ln Z .
Effektive Wirkung in der QED. An diesem Punkt führt man eine effektive Wirkung
für die QED durch Legendretransformation ein (vgl. Abschnitt 4.2 (vii))
�
�
�
(9.63)
Γ[Ψ, Ψ, A] = W [J, η, η] − d4 x η Ψ + Ψ η + J µ Aµ .
Diese generiert wieder die OPI–Diagramme. Man findet durch Nachrechnen, dass
δΓ
= − J µ (x) ,
δAµ (x)
δΓ
= − η(x) ,
δΨ(x)
δΓ
= − η(x) ,
δΨ(x)
δW
= Aµ (x) ,
δJµ (x)
δW
= Ψ(x) ,
δη(x)
δW
= Ψ(x) .
δη(x)
(9.64a)
(9.64b)
(9.64c)
Durch Einsetzen von (9.63) in (9.62) entsteht
−
� µ
δΓ
δΓ
δΓ
= 0.
∂ Aµ (x) + i ∂ µ µ
+ i e Ψ(x)
− i e Ψ(x)
α
δA (x)
δΨ(x)
δΨ(x)
(9.65)
Funktionalableitung nach Ψ(y) und Ψ(z) und anschließendes Setzen von A = Ψ = Ψ = 0
führt auf
−∂xµ
δ 3 Γ[0, 0, 0]
δ 2 Γ[0, 0, 0]
δ 2 Γ[0, 0, 0]
=
e
δ(x
−
z)
−
e
δ(x
−
y)
.(9.66)
δΨ(y) δΨ(z) δAµ (x)
δΨ(y) δΨ(x)
δΨ(x) δΨ(z)
Die OPI–n–Punkt–Funktionen20 im Fourierraum werden wieder so definiert, dass die
‘Energie–Impuls–erhaltende δ–Funktion’ herausgekürzt wird. Die einzige nichtverschwindende 2–Punkt–Funktion lautet beispielsweise
�
�
δ 2 Γ[0, 0, 0]
4 (4)
�
(2)
�
(2π) δ (p − p ) Γ (p, p ) =
d4 x d4 y ei (p ·x−p·y)
,
(9.67)
δΨ(x) δΨ(y)
oder die 3–Punkt–Funktion
�
(2π)4 δ (4) (p� − p − q) Γ(3)
µ (p, p , q)
�
�
=
d4 x d4 y d4 z ei (p ·y−p·z−q·x)
19 Beachte,
δ 3 Γ[0, 0, 0]
.
δΨ(y) δΨ(z) δAµ (x)
(9.68)
dass das Spinorprodukt symmetrisch ist, ψ χ = χ ψ.
Die Bezeichnung n–Punkt–Funktion ist hier nicht eindeutig, da es drei verschiedene Felder
gibt, nach denen man funktional differenzieren kann.
20 Beachte:
9
149
RENORMIERUNG
Durch Fouriertransformation von (9.66) ergibt sich eine der Takahashi–Ward–Identitäten21
�
�
(2)
(2)
−q µ Γ(3)
(p,
p
+
q,
q)
=
e
Γ
(p
+
q,
p
+
q)
−
Γ
(p,
p)
(9.69)
µ
oder eben graphisch





= e·




p+q
µ
µ
q ·
q
p

p
−
p
p+q 



 .



p+q 
Diese Identität wird nun verwendet, wobei die schraffierten Kreis andeuten sollen, dass alle
OPI–Korrekturen in der Ein–Schleifen–Ordnung berücksichtigt sind. D.h. in (9.56) sind
folgende Ersetzungen vorzunehmen:
−i e γ µ
1
p
−
� m
−i e Γµ (p + q, p) ,
1
→
.
p
−
m
− Σ(p)
�
→
Damit ergibt sich aus der Takahashi–Ward–Identität
i SF (p + q) {−i e qµ Γµ (p + q, p)} i SF (p) = i e {SF (p) − SF (p + q)}
(9.70)
mit dem renormierten Propagator
SF (p) =
1
.
p
−
m
− Σ(p)
�
Durch Linksmultiplikation mit SF−1 (p+q) und Rechtsmultiplikation mit SF−1 (p) erhält man
−qµ Γµ (p + q, p) = SF−1 (p) − SF−1 (p + q) ,
(9.71)
d.h. die q µ · Vertex–Korrektur ist alleine durch die renormierten Propagatoren gegeben.
Definiere den Renormierungsfaktor Z1 durch
Γµ (p, p + q) →
1 µ
γ
Z1
für q → 0 .
Setze weiter für p nahe bei der Massenschale für den Propagator
Z2
,
p
−
� m
wo m bereits die renormierte Masse ist. Das entspricht einer impliziten Definition des
Faktors Z2 , d.h.
SF (p) =
Z2 = Z(p)
21 Weitere
für p → (m, 0, 0, 0) ,
Identitäten lassen sich durch höhere Funktionableitungen herleiten.
9
150
RENORMIERUNG
mit Z(p) aus (9.51). Durch Entwickeln von (9.71) auf beiden Seiten ergibt sich für sehr
kleine q die Relation
−qµ γ µ Z1−1 = − �q Z2−1 .
M.a.W., die Takahashi–Ward–Identität (9.70) impliziert
Z 1 = Z2 ,
d.h. man benötigt keine zusätzliche Renormierung der Ladung. Letztlich läßt sich
also das gesamte Renormierungsprogramm auf die Ladungs- und die Massenrenormierung
zurückführen.
Dabei ist zu beachten, dass obige Betrachtung lediglich zeigt, dass sich die Unendlichkeiten bei der Vertexkorrektur auf Unendlichkeiten in dem Elektronpropagator zurückführen
lässt. Endliche Korrekturen müssen getrennt betrachtet werden. Tatsächlich führt der endliche Korrekturterm Λkonv.
auf das sog. anomale magnetische Moment.
µ
(vii)
Das anomale magnetische Moment
Die Dirac–Theorie sagt ein magnetisches Moment des Elektrons von g = 2 voraus. In der
QED müssen Vertex–Korrekturen berücksichtigt werden.
Zunächst wird der Begriff magnetisches Moment“ erklärt. Dazu betrachte ein Elektron
” �
im äußeren magnetischen Feld B;
das Bezugssystem sei so gewählt, dass das elektrische
22
Feld verschwindet. Jetzt untersuche den Prozess in niedrigster Ordnung:
p�
q=p� −p
A(q) :
u(p� ) (−i e γµ ) u(p) Aµ (q)
p
Dann verwende die Gordon–Identität (vgl. Übung)
u(p� ) γµ u(p) =
1
u(p� ) {(p + p� )µ + i Σµν q ν } u(p) ,
2m
(9.72)
wobei q = p� − p und Σµν = 2i [γµ , γν ] ist.
Die Behauptung ist nun, dass das magnetische Moment von dem zweiten Term in der
geschweiften Klammer,
1
u(p� ) i Σµν q ν u(p) ,
2m
kommt. Das sieht man folgendermaßen ein:
� 4
d x i q·x µ
Σµν q ν Aµ (q) = Σµν q ν
e
A (x)
(2π)4
� 4
d x i q·x ν µ
1
e
∂ A (x)
(Σµν − Σνµ ) i
=
2
(2π)4
� 4
i
d x i q·x ν µ
=
Σµν
e
(∂ A (x) − ∂ µ Aν (x)) .
�
��
�
2
(2π)4
=−F µν (x)
22 Natürlich
muss A so gewählt sein, dass es ein solches Bezugssystem gibt.
9
151
RENORMIERUNG
� ≡ 0), dass
Nun lässt sich durch explizites Nachrechnen zeigen (für E
�
�
� ·B
� , mit S
� = 1 �σ 0
.
Σµν F µν = − 4S
0 �σ
2
Insgesamt erhalten wir für den zweiten Kopplungsterm
�
�
e
� u(p) ,
u(p� ) i Σµν q ν u(p) Aµ = u(p� ) −�
µ·B
2m
(9.73)
(9.74)
wobei
µ
� = g
e �
S
2m
mit dem Dirac’schen magnetischen Moment g = 2.
Im Folgenden wird skizziert, wie die Vertex–Korrektur
p�
ν
q=p� −p
µ
:
u(p� ) (−i e Λµ (p, p� )) u(p) Aµ (q)
ν
p
eine Abweichung von g = 2 liefert.
Die divergente Vertexkorrektur wird gemäß der Takahashi–Ward–Identität in der Renormierung der Masse und der Ladung absorbiert. Es muss also nur der Term
�
�
u(p)
(9.75)
u(p� ) Γµ u(p) = u(p� ) γµ + Λkonv.
µ
durch (s. Übung)
diskutiert werden, wobei Λkonv.
µ
(p� , p)
Λkonv.
µ
e2
=
16π 2
�1
0
dx
1−x
�
dy
0
�
�
ν
γ ν [p
� (1 − y) − p
� x + m] γµ [p
� (1 − x) − p
� y + m] γ
m2 (x + y) − p2 x (1 − x) − p�2 y (1 − y) + 2p · p� x y
�
gegeben ist. Die p� bzw. p
� –Faktoren im Zähler lassen sich wegen der ”Sandwich–Struktur“
u Λ u durch m ersetzen (vgl. Übung). Durch sukzessives Anwenden der Vertauschungsregeln der γ–Matrizen und Integration erhält man
u(p� ) Λkonv.
(p� , p) u(p) = u(p� )
µ
e2
i Σµν q ν u(p) .
16π 2 m
Insgesamt ergibt sich also für (9.75) also
�
�
α � i Σµν q ν
(p + p� )µ �
�
�
u(p) .
+ 1+
u(p ) Γµ u(p) = u(p )
2m
2π
2m
(9.76)
(9.77)
9
152
RENORMIERUNG
Daher erwartet man einen g–Faktor
g
α
= 1+
+ O(α2 ) .
2
2π
Dies stimmt mit dem Experiment hervorragend überein: Man misst
(9.78)
g−2
= 0.00115965218073 (28)
2
a =
Für α = 1/137.035999(46) hat man
α
= 0.00116141 ,
2π
d.h. Übereinstimmung bis auf Terme der Größenordnung α2 .
Anschaulich (bzw. etwas naiv) lässt sich das Resultat folgendermaßen deuten: Das Elektron emittiert und reabsorbiert laufend Photonen, ist also von einer Wolke von Photonen
umgeben. Dabei wird ein Teil der Energie und damit der Masse von den Photonen getragen. Im Vertex–Korrektur–Diagramm schleust also das Elektron einen Teil seiner Masse
am Wechselwirkungspunkt vorbei, das Verhältnis Ladung zu Masse wird erhöht. Somit
vergrößert sich das magnetische Moment, was sich einen größeren g–Faktor ausdrückt.
(viii)
Quantenkorrekturen zum Coulomb–Potential
Als Beispiel soll Coulomb–Streuung von Elektronen an sehr viel schwereren, positiv geladenen Teilchen diskutiert werden,
p+q
P −q
q
q
q
e0
q
= e0
e0
P
P
p
e−
+ ... .
e−
Dabei soll der Impulsübertrag klein und raumartig sein, d.h.
q µ = (0, �q)
und
|�q| � m
Man erhält für Π(q 2 ) aus (9.17)
�
�
Πµν (q) = q 2 η µν − q µ q ν · Π(q 2 ) ,
für kleine q
Π(q 2 ) = Π(0) −
e20 |�q|2
.
60π 2 m2
Damit lautet die |�q|–Abhängigkeit der Kopplungskonstanten:
�
�
e2 (0) |�q|2
2
2
2
e (|�q| ) = e (0) 1 +
.
60π 2 m2
D.h. die Kopplung ist Impuls–abhängig,
e2 → e2 (|�q|2 ) .
q
+ e0
P
9
153
RENORMIERUNG
Das Coulomb–Potential im Ortsraum erhält man durch Fourier–Transformation,
�
�
�
e2 (0) |�q|2
d3 q i q�·�x −Z e2 (0)
1+
e
V (�x) =
(2π)3
|�q|2
60π 2 m2
2
4
Z e (0) 1
e (0) 4 Z (3)
= −
δ (�x) .
(9.79)
−
4π |�x| (4π)2 15 m2
Man spricht vom Uehling–Potential .
Dadurch verschieben sich beispielsweise die Energieeigenwerte für S–Zustände im Wasserstoffatom
�
�
�
α2
(3)
3
2
δ (�x)
ΔE =
d x |Ψ(�x)| −4
15 m2
4 α2
|Ψ(0)|2 < 0 .
(9.80)
= −
15 m2
Bemerkung: Diese Verschiebung macht einen Teil dessen aus, was üblicherweise als
Lamb–Shift“ bezeichnet wird. Die gesamte Lamb–Shift hebt die S–Niveaus an, überkom”
pensiert also diese Verschiebung.
(ix)
Laufende Kopplungsstärke der QED
Betrachte — im Gegensatz zum Vorangegangenen — große Impulsüberträge −q 2 � m2
und bezeichne Q2 = −q 2 > 0. Dann ist
�
�
2
Q2
5
e20
2
+ ln 4π − γ + − ln 2 + O(εd ) .
Π(Q ) = −
12π 2 εd
3
µ
Man erhält nun
e2 (Q2 ) =
e20
e20
=
1 − Π(Q2 )
1 − Π(µ2 )
1
1−
e20
1
Q2
ln 2
2
2
1 − Π(µ ) 12π
µ
.
Mit
e2 (µ2 ) =
e20
1 − Π(µ2 )
ergibt sich für Q2 > µ2
e2 (Q2 ) =
e2 (µ2 )
.
e (µ2 )
Q2
1−
ln 2
12π 2
µ
(9.81)
2
Diese Formel hat eine praktische Anwendung:
Man bestimme e2 (Q21 ) an einem beliebig wählbaren Impulsübertrag Q21 durch das Experiment
und wählt den Parameter
µ2 = Q21 .
Diese Wahl von µ definiert den sog. Renormierungspunkt. Für alle anderen Werte von Q2 kann
e2
4π
•
1 −
137
•
|
Q21
|
Q22
9
154
RENORMIERUNG
man dann e2 (Q2 ) bzw. α aus der Formel bestimmen,
e2 (Q22 ) =
e2 (Q21 )
.
Q22
e (Q21 )
ln 2
1−
12π 2
Q1
(9.82)
2
−
+ −
−
+
+
+
+
−
−
+
+ −
+ −
–
+
−
+
+
−
+ −
−
−
+
−
+ −
+
−
(x)
−
+
+
Anschauliche Interpretation.
Die Elektron–
Positron–Paare wirken als Dipole, welche die nackten Ladungen abschirmen. Für einen sehr kleinen Abstand der Wechselwirkungspartner, was
einem größeren übertragenem Impuls �q entspricht,
werden die Abschirmungseffekte geringer und die
Kopplungs– Konstante“ größer. Dieser Effekt hat
”
stärkere Auswirkungen bei der Betrachtung größe2
rer Q .
−
+ −
Insbesondere ist dann die Q2 –Abhängigkeit durch die µ2 –Abhängigkeit bestimmt. Wir
werden später systematisch sehen, warum das so ist.
Die Formel ist insofern selbstkonsistent, als dass man von einem Wert e2 (Q21 ) ausgehend
einen zweiten Wert e2 (Q22 ) berechnen kann, den man wiederum dazu verwendet, um e2 (Q23 )
zu bestimmen. Das selbe Ergebnis erhält man, wenn man direkt e2 (Q21 ) als Grundlage zur
Berechnung von e2 (Q23 ) benutzt.
Kurz–Zusammenfassung
In diesem Abschnitt haben wir gesehen, dass Quantenkorrekturen auf divergente Ausdrücke führen. Es war jedoch möglich, die Divergenzen in einer Redefinition der Parameter der Theorie, m und e, (und der Normierung der Wellenfunktion) zu absorbieren“.
”
Insbesondere hat es sich erwiesen, dass der Abgleich der der Parameter der Theorie mit
der Beobachtung nicht auf dem Niveau der Lagrangedichte sondern auf dem Niveau von
Observablen (Amplituden) zu erfolgen hat. Der Abgleich bei einer spezifischen (Impuls–
)Konfiguration, dem Renormierungspunkt, ermöglicht es, Vorhersagen bei anderen Konfiguration zu machen. Neben den endlichen Quanten–Korrekturen treten Quanteneffekte auf, die von der Energie–Skala abhängen, und die durch das Konzept der ‘laufenden
Kopplungen’ interpretiert werden können. Wir hatten auch gesehen, dass gewisse Relationen Quantenkorrekturen überleben“, so z.B. die Takahashi–Ward–Identität, und andere
”
Relationen durch Quanteneffekte Modifikationen erfahren, so z.B. die klassische Relation
g = 2.
9.3
(i)
Systematik der Renormierung
Fragestellung
Exemplarisch soll die Renormierung der φ4 –Theorie diskutiert werden. Die Lagrange–
Dichte sei also
1
1
g
L = (∂µ φ) (∂ µ φ) − m2 φ2 − φ4 .
(9.83)
2
2
4!
Auf dem Ein–Schleifen–Niveau haben wir es mit zwei divergenten irreduziblen Diagrammen zu tun:
9
155
RENORMIERUNG
(1) Selbstenergie:
: g
�
d4 q
1
= ΔF (0) ,
4
2
(2π) q − m2
wobei
�
ΔF (x) =
(2) Vertex–Korrektur:
� � �
�� �
1
d4 q i q·x
= − i − �T φ(x) φ(0) � − .
e
4
2
2
(2π)
q − m + iε
q
p2
: g
p1
2
�
d4 q
1
.
(2π)4 (q 2 − m2 ) [(p1 + p2 − q)2 − m2 ]
q−p1 −p2
(ii)
Divergenzgrad
Zunächst wird der oberflächliche Divergenzgrad , der ein Maß für die Divergenz von Schleifendiagrammen liefert, bestimmt.
Der Divergenzgrad des Selbstenergie–Diagramms ist zwei, da im Zähler d4 q vier und im
Nenner nur zwei Potenzen von q vorkommen. Das Diagramm zur Vertex–Korrektur hat
hingegen den Divergenzgrad 0, da sowohl im Zähler als auch im Nenner vier Potenzen von
q vorkommen.
Allgemein: Mit den Bezeichnungen:
n : Ordnung des Diagramms (= Zahl der Vertices)
E : Zahl der äußeren Linien
I : Zahl der inneren Linien
L : Zahl der Schleifen
d : Zahl der Raum–Zeit–Dimension
ergibt sich für den oberflächliche Divergenzgrad D die Relation
D = d · L − 2I ,
da jede innere Linie auf einen Propagator und somit auf einen Faktor 1/q 2 führt.
Die n Vertices liefern n Bedingungen der Vierer–Impuls–Erhaltung. Eine Linearkombi”
nation“ dieser Bedingungen entspricht der Vierer–Impuls–Erhaltung der äußeren Impulse.
Folglich hat man
L = I − (n − 1) .
In der φ4 –Theorie hat jeder Vertex 4 Beinchen und jede innere Linie verbindet zwei Vertices, daher
4n = E + 2I .
Durch Elimination von I ergibt sich
D = d + n · (d − 4) + E · (1 − d/2) .
9
156
RENORMIERUNG
Für d = 4 ist insbesondere D = 4 − E.
Eine Theorie heißt renormierbar , falls D nur von E und nicht von n abhängt (und D
mit wachsendem E sinkt), da dann in einer Störungsentwicklung in der Kopplungsstärke
g der Divergenzgrad mit wachsender Ordnung Störungstheorie nicht anwächst. Sinkt D
sogar mit n, so heißt die Theorie superrenormierbar .
Bemerkung: Wir haben bisher von dem oberflächlichen Divergenzgrad gesprochen, da D nicht
notwendigerweise den tatsächlichen Divergenzgrad eines Diagramms wiedergibt. Ein Diagramm
kann, obwohl D < 0, divergente Subdiagramme
haben, wie etwa im rechtsstehenden Beispiel.
(iii)
Schleifen und Quanteneffekte
Behauptung:
wicklung in �.
Eine Entwicklung in der Zahl der Schleifen L ist äquivalent zu einer Ent-
Begründung:
Funktional
Wenn man alle Faktoren � mitnimmt, ergibt sich für das erzeugende
Z[J] =
�
Dφ exp
�
i
�
�
d4 x [L + � J φ]
�
.
(9.84)
Den Wechselwirkungsterm Lint aus
L = L0 + Lint
kann man vor das Funktionalintegral ziehen,
��
� �
�
i
δ
4
Z0 [J] ,
Z[J] = exp
d x Lint
�
i δJ(x)
wobei
Z0 [J]
=
=
�
�
i
4
d x (L0 + � J φ)
Dφ exp
�
�
�
�
�
�
4
4
d x d y J(x) ΔF (x − y) J(y) .
N exp −i
2
�
(9.85)
�
(9.86)
Man sieht
• an (9.85), dass jeder Vertex �−1 beiträgt, und
• an (9.86), dass jeder Propagator � beiträgt.
Insgesamt hat dann ein beliebiges Diagramm einen Faktor �I−n . Unter Benutzung von
I −n = L−1
ergibt sich für ein Diagramm mit L Schleifen ein Faktor �L−1 . Insbesondere berücksichtigt
eine klassische Theorie, d.h. eine Theorie mit � = 0, keine Schleifen.
9
157
RENORMIERUNG
(iv)
Renormierung und dimensionale Regularisierung der φ4 –Theorie
Dimensionale Analyse. In d Dimensionen sollen der kinetische und der Massenterm
die Massendimension d haben, dies impliziert
!
2 + 2 dim[φ] = d
�
dim[φ] =
d−2
.
2
Nun soll der Kopplungsterm ebenfalls Massendimension d aufweisen, somit
!
dim[g] + 2(d − 2) = d
�
dim[g] = 4 − d .
Damit lautet die Lagrangedichte in d Dimensionen
L =
1
g
1
(∂µ φ)(∂ µ φ) − m2 φ2 − µ4−d φ4 .
2
2
4!
(9.87)
Im nächsten Schritt bezeichnen wir die Kopplungs- und Massen–Parameter bzw. die Felder
mit gB , mB φB , da wir bereits aus unserer in Abschnitt 9.2 gesammelten Erfahrung wissen, dass die Parameter der Lagrangedichte nicht die physikalischen Parameter sind, d.h.
diejenigen, die durch die Messung zugänglich sind, und dass die Wellenfunktion renormiert
wird. Der Index ‘B’ steht für ‘bare’, d.h. ‘nackt’. D.h., die nackte“ Lagrangedichte ist
”
1
1
g
B 4−d 4
LB = (∂µ φB )(∂ µ φB ) − m2B φ2B −
µ
φB .
(9.88)
2
2
4!
gB
Selbstenergie in O(g). Zunächst berechnen wir die
Selbstenergie in erster Ordnung in der Kopplungskonstanten. Damit ist gemeint, dass alle Diagramme, die
durch Aneinanderreihung der rechtsstehenden Schleife
entstehen, berücksichtigt werden. Man hat
Σ
=
=
=
�
1
dd p
(2π)d p2 − m2B
�
�
�ε /2 �
gB
4π µ2 d
d
2
m
Γ
1
−
32 π 2 B −m2B
2
�
�
2
2
g B mB
4πµ2
g B mB
+ O(εd ) .
−
1
−
γ
+
ln
−
16π 2 εd
32π 2
m2B
gB 4−d
µ
2
(9.89)
“Voller” Propagator. Analog zur Selbstenergie des Elektrons (vgl. S. 144) können die
Schleifen durch einen modifizierten Propagator berücksichtigt werden,
i ΔF,B (p) =
1
.
p2 − m2B − Σ
(9.90)
Die 2–Punkt–Funktion ist durch den inversen Propagator gegeben,
(2)
i ΓB (p) = p2 − m2B − Σ .
(9.91)
9
158
RENORMIERUNG
1–Loop Renormierung von m.
Die Renormierung besteht darin,
m2 = m2B + Σ
als das Quadrat der physikalischen Masse zu betrachten. Damit ist
i Γ(2) (p) = p2 − m2
und
m2 = − i Γ(2) (p = 0) .
Zwei–Punkt–Vertexfunktion: Allgemeine Diskussion. Im Allgemeinen kann man die renormierte Masse m nicht mehr so einfach ablesen, da Σ i.A. von p
abhängt (siehe Gleichung (9.51)). So ergibt sich die
Impulsabhängigkeit in der φ4 –Theorie auf dem Zwei–
Schleifen–Niveau (siehe rechtsstehende Abbildung). Man
bezeichnet
i
p2 − m2B − Σ(p)
i ΔF (p) =
(9.92)
als unrenormierten Propagator und
(2)
i ΓB (p) = p2 − m2B − Σ(p)
(9.93)
als unrenormierte Zwei–Punkt–Vertex–Funktion. Die physikalische Masse m ist dann
implizit gegeben durch
m2 = m2B + Σ(m) .
(9.94)
Σ kann hierbei um m entwickelt werden,
�
�
�
Σ(p) = Σ(m) + Σ� (m) p2 − m2 + Σ(p)
,
�
�
�
wobei Σ(p)
= O (p2 − m2 )2 . Damit ist
i ΔF,B (p)
=
=
(9.95)
i
�
(p2 − m2 )(1 − Σ� (m)) − Σ(p)
i Zφ
=: i Zφ ΔF (p) ,
�
p2 − m2 − Zφ · Σ(p)
(9.96)
wo ΔF renormierter Propagator heißt und
Zφ =
1
1 − Σ� (m)
(9.97)
ist. Entsprechend lautet die renormierte Zwei–Punkt–Funktion
i Γ(2) (p)
=
=
�
p2 − m2 − Zφ Σ(p)
(2)
i Zφ ΓB (p, mB , gB ) ;
(9.98)
9
159
RENORMIERUNG
diese entspricht dann dem Vakuum–Erwartungswert des Produktes zweier Feldoperatoren φ. Die Selbstenergie–Korrekturen liefern also i.A. eine Renormierung der Felder bzw.
Feldoperatoren,
�
�
Zφ φ bzw. φ →
Zφ φ .
(9.99)
φ →
M.a.W. der Zusammenhang zwischen den physikalischen und den nackten Feldern bzw.
Feldoperatoren ist
�
�
(9.100)
φB =
Zφ φ bzw. φB =
Zφ φ .
Vertex–Renormierung in führender Ordnung
ein weiteres Diagramm mitgenommen werden,
gB
=
+
gB
In führender Ordnung in gB muss
gB
+ Permutationen .
Betrachte nun der Einfachheit halber eine Situation, in der die äußeren Impulse verschwinden, pi = 0. Die 4–Punkt–Funktion ist gegeben durch
�
dd p
1
g2
(4)
i ΓB (pi = 0) = gB µ4−d + B (µ2 )4−d
4
2
2
(2π) (p − m2B )2
�
�
��
3 gB
2
= gB 1 −
−
γ
+
F
(m
,
µ)
.
(9.101)
B
32π 2 εd
Hierbei ist F eine Funktion, die endlich ist für εd → 0. Man beachte das Auftreten eines
kombinatorischen Faktors 3.
Vierpunkt–Vertex–Funktion.
Funktion schreiben als
Wegen (9.99) lässt sich die renormierte Vierpunkt–
(4)
i Γ(4) ({pi }) = Zφ2 i ΓB ({pi }; mB , gB ) .
(9.102)
Die renormierte Kopplungs konstante“ lautet am Renormierungspunkt pi = 0 (1 ≤ i ≤ 4),
”
(4)
(9.103)
i Γ ({pi = 0}) = g ,
d.h. man normiert die Funktion Γ an der willkürlich gewählten Stelle pi = 0 auf den
‘Messwert’ g.
Die Festlegung hätte ebensogut auch anders erfolgen können. Wir können beispielsweise
festlegen
(4)
i Γ(4) (p, m, g, µR ) = Zφ2 (µR ) i ΓB (p, mB , gB )
mit dem Referenzpunkt
i Γ(4) (�
p2 = µ2R ) = g(µR ) .
(9.104)
9
160
RENORMIERUNG
n–Punkt–Vertex–Funktionen.
meinerung in
Die Formeln (9.98) und (9.102) finden ihre Verallge-
n/2
(n)
i Γ(n) ({pi }, m, g, µR ) = Zφ (µR ) i ΓB (p, mB , gB ) .
(9.105)
Die Größe µR ist dabei, wie gesagt, willkürlich. Dies führt uns später auf die sog. Renormierungsgruppengleichung (siehe Abschnitt 9.4).
(v)
Gegenterme ( Counter Terms“)
”
Betrachte wieder als Prototyp die φ4 –Theorie. Des Weiteren wollen wir uns auf die Ein–
Schleifen–Ordnung beschränken.
Für die Zwei–Punkt–Vertex–Funktion ergibt sich in dimensionaler Regularisierung
=
(2)
+
2
p −
=
iΓ
m2B
+
,
gB m2B
+
16π 2 εd
�
�
endliche
Terme
.
Die Renormierung besteht darin, den divergierenden Term mit εd im Nenner mit der
nackten“ Masse mB zu verrechnen. In gewisser Weise bedeutet das, dass man genausogut
”
den divergierenden Term einfach weglassen“ und die physikalische Masse m einsetzen
”
kann. Alternativ kann man, anstatt den divergierenden Term wegzulassen, sein Negatives
addieren und die physikalische Masse m verwenden. Man setzt also für die renormierte
Zwei–Punkt–Vertexfunktion, die von den renormierten Größen m und g abhängt,
=
i Γ(2)
=
+
p2 − m2
2
+
gm
+
16π 2 εd
�
endliche
Terme
�
+
,
2
+
−g m
.
16π 2 εd
Der letzte Term entsteht, indem man zur Lagrangedichte L den Zusatzterm
C1 = −
δm2 2
φ
2
(9.106)
mit
δm2 =
g m2
16π 2 εd
(9.107)
hinzufügt. Dieser Zusatzterm heißt dann Gegenterm bzw. Counter–Term.
Bei der 4–Punkt–Funktion
=
i Γ(4)
=
+
g µεd
+
,
g µεd
−3g
+
16π 2 εd
�
endliche
Terme
�
,
9
161
RENORMIERUNG
wo wir die Permutationen der Loop–Diagramme unterdrückt haben, muss der Term
: µ εd
3g 2
16π 2 εd
addiert werden, um die Divergenz zu beseitigen. Dies führt auf den Gegenterm
g µ εd B 4
C2 = −
φ
4!
mit
3g
B =
16π 2 εd
in der Lagrangedichte.
Die Feldrenormierung
�
Zφ φ
φ →
führt auf den Zusatzterm
A
C3 =
(∂µ φ) (∂ µ φ)
2
mit
(9.108)
(9.109)
(9.110)
Zφ = 1 + A .
Hierbei entsteht A, wie diskutiert, erst auf dem 2–Loop Niveau. Insgesamt benötigt man
für eine Divergenz–freie Feldtheorie die Lagrangedichte mit Gegentermen,
LB (φB , mB , gB ) = L (φ, m, g) + C (φ, m, g) ,
(9.111)
mit
C = C1 + C2 + C3 ,
die dann gegeben ist durch
LB
=
=
mit
φB
=
mB
=
gB
=
m2 + δm2 2
g µ εd 4
1+A
(∂µ φ)(∂ µ φ) −
φ − (1 + B)
φ
2
2
4!
m2
gB 4
1
(∂µ φB ) (∂ µ φB ) − B φ2B −
φ
2
2
4! B
�
Zφ φ ,
wobei Zφ = 1 + A ,
m2 + δm2
2
Zm m , wobei Zm
=
,
m2 (1 + A)
1+B
.
µDg εd Zg g , wobei Zg =
(1 + A)2
(9.112)
(9.113a)
(9.113b)
(9.113c)
In der φ4 –Theorie haben wir Dg = 1, denn der Wechselwirkungsterm ist proportional zu
g µ1·εd , aber i.A. kann eine Wechselwirkungsterm proportional zu g µDg ·εd sein.
In einer renormierbaren Theorie haben L , LB und C die selbe Gestalt abgesehen von
einer endlichen Anzahl an Kopplungen. In einer renormierbaren Feldtheorie lassen also
sich die Gegenterme in multiplikative Faktoren, die sog. Z–Faktoren, absorbieren. Das
Einbringen von Gegentermen, die die Divergenzen beseitigen, lässt also die Form der Lagrangedichte invariant und führt lediglich zu einer Modifikation der Parameter.
9
162
RENORMIERUNG
Bemerkung: Die Aufspaltung (9.111) ist willkürlich. Sie unterliegt nur der Bedingung,
dass die Größen, die in der renormierten Lagrangedichte auftreten, endlich sind.
MS–artige Renormierungs–Schemata. Man kann jedoch eine gewisse Wahl der Aufspaltung (9.111) treffen, indem man fordert, dass der Gegenterm proportional zu ε−1
d ist.
Diese Vorschrift geht unter dem Namen Minimal Subtraction (MS). D.h., im MS–Schema
lauten die Gleichungen (9.113)
φB
m2B
gB
=
=
=
�
1+
Zφ−1
µ
∞
�
δZφ,k (g, m, µ)
εkd
k=1
�
Dg ε d
2
m +
Zφ−2
� 21
φ,
∞
�
δm2,k (g, m, µ)
εkd
k=1
�
g+
�
(9.114a)
,
∞
�
δg,k (g, m, µ)
εkd
k=1
(9.114b)
�
.
(9.114c)
Insbesondere hängen die renormierten Größen von µ ab. Im Folgenden werden wir uns
überlegen, was passiert, wenn man µ reskaliert.
9.4
Renormierungsgruppengleichung
Ausgehend von der ‘nackten’ Lagrangedichte LB kann man die N –Punkt–Funktionen
bestimmen,
(N )
GB (x1 , . . . xN ) = �− | T {φB (x1 ) · · · φB (xN )} | −� .
(9.115)
−1/2
Unter Benutzung der Relation φ = Zφ φB erhält man den Vakuumerwartungswert für
das zeitgeordnete Produkt der renormierten Felder
−N/2
�− | T {φ(x1 ) · · · φ(xN )} | −� = Zφ
�− | T {φB (x1 ) · · · φB (xN )} | −�
(9.116)
bzw.
N/2
Zφ
(N )
(g, m, µ) G(N ) ({xi }, m, g, µ) = GB ({xi }, mB , gB ) .
(9.117)
Da die rechte Seite von µ nicht abhängt, folgt
��
�
d � N/2
!
= 0.
Zφ (g, m, µ) G(N ) {xi }, m, g, µ
dµ
(9.118)
Im Folgenden wollen wir uns die entsprechende Beziehungen für die zusammenhängenden Green’schen Funktionen G (N ) und für die eigentlichen Vertexfunktionen Γ(N ) erarbeiten.
9
163
RENORMIERUNG
Bemerkung zum Skalieren verschiedener Korrelatoren:
(1) Die zusammenhängenden Green’schen Funktionen G (N ) entstehen durch Funktionalableitung des Funktionals W = −i ln Z. Sie können durch zusammenhängende
Diagramme dargestellt werden.
(2) Die eigentlichen Vertex–Funktionen werden so definiert, dass die die ‘Energie–Impuls–
erhaltende δ–Funktion’ bereits herausgekürzt ist, d.h.
� (N ) (p1 , . . . pN ) ,
Γ(N ) (p1 , . . . pN −1 ) = δ (4) (p1 + p2 + . . . pN ) Γ
(9.119)
wobei sich die Vertex–Funktionen im Impulsraum durch Fourier–Transformation aus
denen im Ortsraum ergeben,
Γ(N ) (x1 , . . . xN ) = (−i)N
δ N Γ[φc ]
.
δφ(x1 ) · · · δφ(xN )
(9.120)
Sie können durch OPI Diagramme dargestellt werden, bei denen die äusseren Beinchen amputiert.
(3) Man kann sich aus dem oben Gesagten leicht überlegen, dass die Korrelatoren unter
Reskalieren der Felder sich wie folgt verhalten:
G (N ) (x1 , . . . xN )
Γ(N ) (x1 , . . . xN )
φ→ζφ
ζ N G (N ) (x1 , . . . xN ) ,
(9.121a)
φ→ζφ
ζ −N Γ(N ) (x1 , . . . xN ) .
(9.121b)
−−−−→
−−−−→
Verwendet man nun die Tatsache, dass die renormierten Größen Funktionen von µ sind
und (9.113), so erhält man
��
�
d � −N/2
= 0,
Zφ
(µ) Γ(N ) {pi }, m(µ), g(µ), µ
dµ
(9.122)
wobei die eigentlichen Vertexfunktionen Γ(N ) betrachtet wurden und (9.121) verwendet
wurde. Es gilt offensichtlich
d
∂
dg ∂
dm ∂
=
+
+
,
dµ
∂µ dµ ∂g
dµ ∂m
(9.123)
wobei man üblicherweise folgende Definitionen verwendet:
β(g, m, µ, εd )
:=
γ(g, m, µ, εd )
:=
m γm (g, m, µ, εd )
:=
dg εd →0
−−−→ β(g, m, µ) ,
dµ
µ d
εd →0
ln Zφ −−
−→ γ(g, m, µ) ,
2 dµ
dm εd →0
−−−→ γm (g, m, µ) .
µ
dµ
µ
(9.124a)
(9.124b)
(9.124c)
β heißt β–Funktion während γm bzw. γ als anomale Dimension der Masse bzw. des Feldes
bezeichnet werden. Mit diesen Definitionen lautet die Renormierungsgruppengleichung
9
164
RENORMIERUNG
�
�
∂
∂
∂
Γ(N ) ({pi }, g, m, µ) = 0 .
+ β(g, m, µ)
− N γ(g, m, µ) + m γm (g, m, µ)
µ
∂µ
∂g
∂m
(9.125)
Oft wird anstatt µ die Variable t = ln
gruppengleichung hat die Eigenschaft
23
�
µ
µ0
�
verwendet. Die Lösung der Renormierungs-
Γ(N ) ({pi }, g, m, µ0 )
=


�t


�
�
�
�
,
Γ(N ) {pi }, g(t), m(t), et µ0 · exp −N dτ γ g(τ ), m(τ )


(9.126)
0
wobei g(t) und m(t) Lösungen sind von
∂g
(t) =
∂t
∂m
(t) =
∂t
β(g(t), m(t)) ,
(9.127a)
�
�
m(t) γm t, g(t), m(t) ) ,
(9.127b)
mit den Randwerten g(0, g, m) = g und m(0, g, m) = m.
(i)
Die β–Funktion
Um die β–Funktion zu berechnen, verwenden wir
µ
dgB
= 0,
dµ
(9.128)
und setzen den Ausdruck für gB ein. Betrachten wir nun den Fall, dass die Relation zwischen der nackten und renormierten Kopplung wiedergegeben werden kann in der Form
g B = µD g ε d Z g g ,
(9.129)
wobei wir im MS Schema arbeiten, d.h.
Zg = 1 +
∞
�
δZg,k
k=1
εkd
= 1 + δZg
(9.130)
und wobei Dg implizit durch (9.129) definiert ist. Durch Ableiten ergibt sich
µ
d
gB
dµ
=
=
d.h.
β(g, m, µ, εd )
∂δZg
β(g, m, µ, εd )
β(g, m, µ, εd ) µDg εd Zg + g Dg εd µDg εd Zg + g µDg εd
∂g
�
�
�
�
∂δZg
(9.131)
+ g D g εd Z g ,
µDg εd β(g, m, µ, εd ) Zg + g
∂g
�
Zg + g
∂δZg
∂g
�
!
+ g D g εd Z g = 0 .
(9.132)
23 In den vorangegangenen Notizen gab es Unstimmigkeiten mit dem Vorfaktor vor dem τ –Integral. Ich
bedanke mich für den entsprechenden Hinweis.
9
165
RENORMIERUNG
Andererseits ist die β–Funktion endlich für εd → 0. Wir können daher ansetzen
β(g, m, µ, εd ) = β(g, m, µ) + εd β (1) (g, m, µ) + . . . + εnd β (n) (g, m, µ) ,
(9.133)
wobei n eine beliebige ganze Zahl ist, welche nicht direkt mit der Ordnung in der Störungstheorie in Beziehung steht. Durch Einsetzen von (9.133) in (9.132) und anschließendem
Koeffizientenvergleich für εn≥2 findet man zunächst, dass
β (n) (g, m, µ) = 0
für n ≥ 2 .
(9.134)
Des Weiteren ergibt sich für den linearen Term in εd
β (1) (g, m, µ) = − Dg g .
(9.135)
Durch Einsetzen dieser Relation und durch Koeffizientenvergleich des εd –unabhängigen
Terms erhält man schließlich
β(g, m, µ, εd ) = − εd Dg g + Dg g 2
∂δZg,1
,
∂g
(9.136)
d.h. in vier Dimensionen ist
β(g, m, µ) = Dg g 2
∂δZg,1
.
∂g
(9.137)
Diese Formel ermöglicht es, β–Funktionen in MS–artigen Renormierungs–Schemata zu
berechnen, in denen multiplikative Renormierung verwendet wird.
Beispiel (1–Loop β–Funktion der φ4 –Theorie).
dass
g B = µε d Z g g
mit
Wir hatten in (9.113c) gesehen,
Zg = 1 + B .
Auf 1–Loop Niveau ist
B =
3g 1
,
16π 2 εd
d.h.
gB = µ
εd
g
�
3g
1+
16π 2 εd
�
.
(9.138)
Damit bekommen wir
β(g) =
3
g2 .
16π 2
(9.139)
9
166
RENORMIERUNG
Bemerkung:
Schemata)
Dimensionale Analyse zeigt, dass (in Massen–unabhängigen Renormierungs–
�
µ�
g(µ ) = G g(µ),
µ
�
�
(9.140)
gilt mit einer entsprechenden Funktion G. Differenzieren nach µ� liefert am Punkt µ� = µ
µ
d
g(µ) = β (g(µ)) ,
dµ
wobei
�
�
∂
G (g(µ), ζ)��
.
∂ζ
ζ=1
β (g(µ)) =
(9.141)
(9.142)
D.h., in Systemen ohne Massen hängt β nicht explizit von µ ab.
Laufende Kopplung.
β(g) = µ
Es geht nun darum, anhand der Funktion
∂g
∂µ
qualitative Aussagen über das Verhalten von g(µ) zu treffen. Aus der Kenntnis der β–
Funktion kann die Variation der Kopplungsstärke mit der Renormierungsskala µ bestimmt
werden, denn Trennung der Variablen
dg
dµ
=
µ
β(g)
führt auf:
µ
ln
=
µ0
g(µ)
�
dg
.
β(g)
(9.143)
g(µ0 )
Beispiel:
Hat man für kleine g das Potenzgesetz
β(g) = b g n ,
(9.144)
so ergibt sich
ln
� −n+1
�
µ
−1
=
g
(µ) − g −n+1 (µ0 )
µ0
b (n − 1)
und damit
g n−1 (µ) =
g n−1 (µ0 )
,
1 − (n − 1) b g n−1 (µ0 ) ln µµ0
(9.145)
wobei sich für n = 3 bei geeigneter Wahl von b gerade das Laufen der Kopplungsstärke
der QED ergibt (vgl. S. 153), allerdings in Abhängigkeit des Impulsübertrags Q2 und
nicht µ. In den folgenden Überlegungen soll der Zusammenhang zwischen den beiden
Abhängigkeiten erläutert werden.
9
167
RENORMIERUNG
(ii)
Skalen–Transformation
Wir interessieren uns jetzt dafür, was passiert, wenn man die äußeren Impulse reskaliert,
d.h.
{pi } → {ζ · pi } .
Jeder Green’schen Funktion GN kann eine Massendimension zugewiesen werden, die N
mal der Massendimension des Feldes φ, dim[φ] = dφ , entspricht. Z.B.
dim[G(N ) (x1 , . . . xN )] = dim[�− | T {φ(x1 ) · · · φ(xN )} | −�] = N · dφ .
Entsprechend ergibt sich
�
�
dim Γ(N ) (p1 , . . . pN −1 ) = 4 − N dφ .
(9.146)
(9.147)
Durch Reskalieren aller Variablen, die Massendimension tragen, erhalten wir
�
�
(9.148)
Γ(N ) {ζpi }, ζ dg g(µ), ζ m(µ), ζ µ = ζ dΓ(N ) Γ(N ) ({pi }, g(µ), m(µ), µ) ,
� (N ) �
. Darüber hinaus sparen wir uns den Querstrich
wobei dg := dim[g] und dΓ(N ) = dim Γ
über den µ–abhängigen Größen, d.h. g(µ) → g(µ) usw. Durch Einsetzen der Lösung der
Renormierungsgruppengleichung ergibt sich mit ζ = et
Γ(N ) ({et pi }, g, m, µ0 )
(9.126)
=
(9.148)
=
Γ(N ) ({et pi }, g(t), m(t), et µ0 ) exp
exp



dΓ(N ) t − N
�t
0
�
dτ γ g(τ )

�




−N
�t
0

�
dτ γ g(τ )

�
�
�
Γ(N ) {pi }, e−dg t g (t) , e−t m (t) , µ0 ,
(9.149)
d.h. Reskalieren der äußeren Impulse kann kompensiert werden durch einen multiplikativen
Faktor sowie einer Änderung der renormierten Masse m und der renormierten Kopplung g.
Diese Formel ist entscheidend für das Interpretation der Renormierungsgruppengleichung
sowie dem Konzept der laufenden Kopplungen. Sie beschreibt das Verhalten von physikalischen Größen bei einer Änderung der Energie–Skala. Es ist zu beachten, dass eine on–shell
Reskalierung der äußeren Impulse nur möglich ist für masselose Freiheitsgrade.
d
(9.149)
Für Systeme ohne Massen erhält man durch die Differentiation dt
�
��
d (N ) � t
Γ
{e pi }, g, µ ��
= [dΓ(N ) − N γ(g)] Γ(N ) ({pi }, g, µ)
dt
t=0
+ [−dg + βg ]
∂Γ(N )
({pi }, g, µ) ,
∂g
(9.150)
wobei g die Kopplung bezeichnet und dg deren Massendimension. Wir sehen insbesondere,
dass die sog. anomale Dimension die Massendimension des Korrelators auf dem Quantenniveau modifiziert.
9
168
RENORMIERUNG
Bemerkung: Die anomale Dimension der Felder, d.h. Faktor γ, wird häufig in die Definition der laufenden Kopplung gesteckt. Betrachte einen Kopplungsterm
�
g
φni i .
i
Man berechnet die β–Funktion für eine effektive Kopplung, für die gilt
eff
gB
= µDg εd Zgeff g ,
(9.151)
wobei
Zgeff = Zg ·
�
−ni /2
(9.152)
Z φi
i
die Wellenfunktionsrenormierungskonstanten aller beteiligten Felder φi .
Fazit: Für Systeme mit masselosen Freiheitsgraden beschreibt die µ–Abhängigkeit der
Kopplung g die Abhängigkeit von der Energie- bzw. Impulsskala.
9.5
Beispiel: Das Laufen der Kopplungsstärke in nicht–abelschen
Eichtheorien
Betrachte eine nicht–abelsche Eichtheorie. Die Massendimension der Eichkopplung in d
Dimensionen ist
dim[g] =
4−d
= εd /2 .
2
Im Gegensatz zum abelschen Fall (QED), wo sich aufgrund der Takahashi–Ward Identität zwei Beiträge aufheben, müssen im abelschen Fall drei verschiedene Arten von Quantenkorrekturen berechnet werden, um die β–Funktion zu bestimmen. Im Einzelnen sind
das
(1) Selbstenergie der Eichbosonen;
(2) Selbstenergie der Fermionen;
(3) Vertex–Korrekturen.
Im Fall der QED haben sich die beiden letztgenannten Beiträge gegenseitig weggehoben.
(i)
Selbstenergie der Eichbosonen
Man hat für die Eichbosonen- und Geistbeiträge (siehe Übung)
µ, a
=
+
ν, b
+
µ, a
�
�
i q 2 η µν − q µ q ν δ ab µεd
µ, a
ν, b
ν, b
� 2
�
g 5
c2 (G) Γ(εd /2) + . . . .
16π 2 3
(9.153)
9
169
RENORMIERUNG
Bemerkungen:
(1) Für SU(N ) gilt c2 (G) = N (siehe Anhang F).
(2) Durch Nachrechnen sieht
� man, dass �die Summe der drei Diagramme nur transversal,
d.h. proportional zu q 2 η µν − q µ q ν , ist, wenn man die Geistbeiträge mit berücksichtigt.
(3) Die Unendlichkeiten der Diagramme lassen sich relativ bequem mit Tabelle H.1 in
Anhang H extrahieren.
Des Weiteren gibt es i.A. noch Fermionen, die nicht–trivial unter der Eichgruppe G transformieren. Ihre Beiträge zur Eichboson–Selbstenergie sind (siehe Übung)
� 2 εd
�
�
�
−g µ 4
= nf �(R) i q 2 η µν − q µ q ν δ ab
Γ(ε
/2)
+
.
.
.
.
d
16π 2 3
µ, a
ν, b
(9.154)
Hierbei bezeichnet �(R) den Dynkin–Index der Darstellung (siehe Anhang F) und nf ist
die Multiplizität der Darstellung. Wir nehmen in (9.154) also an, dass alle nf Fermionen
Darstellungen mit den selben Dynkin Indizes bekleiden. Das ist beispielsweise der Fall,
wenn sie in einer SU(N ) Theorie als N –pletts und N –pletts transformieren. Wir haben
ferner angenommen, dass die Fermionen masselos sind.
Wir benötigen also einen Counter–Term
1
(9.155)
: − tr(Fµν F µν ) δZA ,
2
wobei
�
�
4
g 2 2 εd 5
µ
(9.156)
c2 (G) − nf �(R) .
δZA =
(4π)2 εd
3
3
(ii)
Selbstenergie der Fermionen
Für die Selbstenergie des Fermions erhält man (in Feynman–Eichung)
b
i Σ(p)
=
=
p
�
p+k
a
A
p
k
i (p + k�)ηµν δ ab ν
−i
dd k
(i g µεd /2 )2 γ µ Ta �
γ Tb 2 .
d
2
(2π)
(p + k)
k
(9.157)
Wir sind nur an den 1/εd Termen interessiert. Es lässt sich leicht nachrechnen, dass
�
�2
1
−ε/2
Σ(p) =
c2 (R) Γ(εd /2) + endlich ,
(9.158)
p
µ
g
(4π)2 �
wobei c2 (R) den quadratischen Casimir (siehe Gleichung (F.12b)) bezeichnet. Wir benötigen also einen Counter–Term
: δZΨ Ψ i ∂� Ψ ,
(9.159)
wobei
δZΨ = −
g 2 µ εd 2
c2 (R) .
(4π)2 εd
(9.160)
9
170
RENORMIERUNG
(iii)
Vertex–Korrektur
Es gibt zwei Vertex–Korrektur Diagramme auf dem 1–Loop Niveau. Das erste entsteht als
offensichtliche Verallgemeinerung des QED Diagramms (9.52),
p�
ν, b
p� −k
�
�a
=
i Λ(1)
q
µ, a
k
.
µ
(9.161)
p−k
ν, b
p
In Analogie zur QED bekommt zur bekommt man
�
�
�a
�
1
g3
3εd /2
(1)
c2 (R) − c2 (G) Ta γµ (Γ(εd /2) + . . . ) .
µ
=
Λ
(4π)2
2
µ
(9.162)
Aufgrund der Wechselwirkungen der Eichbosonen untereinander in abelschen Eichtheorien
gibt es jedoch ein neuartiges, zusätzliches Diagramm,
p�
ν, b
p� −k
�a
�
i Λ(2)
=
q
µ, a
k
µ
.
(9.163)
p−k
ν, b
p
Die Rechnung ergibt
�a
�
3
g3
µ3εd /2 c2 (G) Ta γµ (Γ(εd /2) + . . . ) .
=
Λ(2)
(4π)2
2
µ
(9.164)
Wir benötigen also einen Counter–Term
: µεd Zg g Aaµ Ψ γ µ Ta Ψ ,
(9.165)
wobei
Zg = −
g 2 µ εd 2
[c2 (R) + c2 (G)] .
(4π)2 εd
(9.166)
9
171
RENORMIERUNG
(iv)
β–Funktion
Gemäß der Vorschrift (9.137) sind für die β–Funktion nur die Pole in εd relevant. Wir
benötigen den Zusammenhang zwischen der nackten Kopplung gB und der renormierten
Kopplung g. Nachdem die nackte Lagrangedichte gegeben ist durch
LB = L + C ,
haben wir für den Wechselwirkungsterm
gB (AB )aµ ΨB γ µ Ta ΨB = Zg g Aaµ Ψ γ µ Ta Ψ .
(9.167)
Dabei sind
1/2
Ψ B = ZΨ Ψ
und
1/2
(AB )µ = ZA Aµ
(9.168)
ZA = 1 + δZA .
(9.169)
mit
ZΨ = 1 + δZΨ
und
D.h., der Zusammenhang zwischen nackter und renormierter Kopplung ist
gB
=
�
�
−1/2
−1
µεd /2 Zg g ZΨ
ZA
�
�
1
µεd /2 (1 + δZg ) (1 − δZΨ ) 1 − δZA g
2
�
�
1
µεd /2 1 + δZg − δZΨ − δZA g =: µεd /2 Zgeff g .
2
Man erhält mit (9.137)
�
�
g3
11
4
β(g) = −
(G)
−
�(R)
.
c
n
2
f
16π 2 3
3
(9.170)
(9.171)
Mit (9.145) hat man für die laufende Kopplungsstärke einer nicht–abelschen Eichtheorie
g 2 (µ) =
g 2 (µ0 )
2
1 − b g 2 (µ0 ) ln µµ2
,
(9.172)
0
�
�
11
4
1
c2 (G) − nf �(R) .
wobei b = −
16π 2 3
3
Für hinreichend kleine nf �(R) ist das Vorzeichen negativ. Dieser Fall ist in der Natur bei
der starken Wechselwirkung realisiert. D.h., man geht davon aus, dass die starke Wechselwirkung durch die sog. Quantenchromodynamik beschrieben wird, die auf der Eichgruppe
SU(3) basiert, wobei die Fermionen (Quarks) als 3–pletts bzw. 3–pletts transformieren.
Das negative Vorzeichen von b hat weitreichende Implikationen:
(1) Asymptotische Freiheit. Für große µ, was nach der Diskussion in Abschnitt 9.3 (ii)
großen Energieskalen entspricht, strebt die Kopplung gegen 0. (Im Jahr 2004 ging
für diese Beobachtung der Nobelpreis an Gross, Wilczek und Politzer.)
9
RENORMIERUNG
172
(2) ΛQCD . Für hinreichend kleine µ divergiert gemaß (9.172) die Kopplung. Natürlich
ist das durch eine 1–Loop Rechnung erzielte Ergebnis in diesem Bereich nicht zuverlässig. Dennoch bekommt man, wenn man vernünftige Werte einsetzt, einen kritischen Wert von
µ ∼ ΛQCD ∼ 250 MeV .
Es stellt sich heraus, dass dieser Wert (und nicht die Massen der u- und d–Quarks)
die Skala für die Masse des Protons und Neutrons setzt. M.a.W., ΛQCD ist ein Maß
für die Bindungsenergie der u- und d–Quarks, aus denen sich das Proton bzw. das
Neutron zusammensetzt.
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