Kap-7-Wandel Fulda

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Wandel
des Stadtbildes
von Fulda
Wappen des Adolf von Dalberg
Dom und früherer Klosterbezirk
Wenn man aufmerksam durch Fulda geht, bemerkt man, dass es in
der Innenstadt eine Vielzahl von
Gebäuden unterschiedlicher Bauweise gibt: Da sind einmal die engen Straßen und winkligen Gassen,
an denen dicht gedrängt viele
schmale Häuser stehen, aber auch
weite Plätze mit großen prunkvollen
Gebäuden. Besonders auffallend
sind die großen Kirchenbauten, die
Stadtpfarrkirche und der Dom, aber
auch die große Anlage des Stadtschlosses. Diese auffälligen Gebäude unterscheiden sich von den kleinen Häusern vor allem auch dadurch, dass über ihren Portalen
prachtvolle Wappen und Inschriften
angebracht sind. Sie teilen uns zumeist in lateinischer Sprache mit, wer diese Bauten errichtet hat.
Dadurch erfahren wir, dass die
großen Bauherren, denen Fulda sein
heutiges Stadtbild verdankt, die
Fuldaer Fürstäbte waren.
Wenn man diese Besonderheiten
auf einen Plan der Innenstadt überträgt, erkennt man, dass die engen
Gassen und schmalen Häuser hauptsächlich um die Stadtpfarrkirche
herum liegen. Einen weiteren großen Bezirk mit wappengeschmückten Gebäuden bildet das Schloss
und ein dritter Bereich liegt um den
Dom herum.
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Der Bereich
um den Dom
Der älteste Bereich liegt um den
Dom. Er geht auf das ehemalige
Kloster Fulda zurück, das der heilige
Sturmius im Auftrag seines Lehrers,
des heiligen Bonifatius, gründete.
Bonifatius hatte sich noch vor der
Gründung von Karlmann, dem
Beherrscher des östlichen Teils des
großen Frankenreiches, den Klosterbezirk schenken lassen. Das
Kloster hatte für Bonifatius eine so
große Bedeutung, dass er die Kirche
als den Ort seines Grabes bestimmte. Schon bald nach seinem
Märtyrertod begann eine lebhafte
Verehrung des Heiligen. Viele
Christen fühlten sich veranlasst,
dem Kloster fruchtbares Land,
ertragreiche Gebäude oder ganze
Ortschaften zu stiften. Das Kloster
wurde damit bald zu einem der
reichsten Grundbesitzer im Frankenreich.
Die kleine Kirche mit dem Grab des
Bonifatius im Westen, die vermutlich nicht einmal halb so groß
wie der heutige Dom war, entsprach bald nicht mehr dem gestiegenen Selbstbewusstsein der
Mönche des Klosters, das eine so
bedeutende Grabstätte in seinen
Mauern hatte. So entschloss sich im
Jahr 791 der Abt Baugulf, eine neue
größere Klosterkirche zu bauen.
Diese neue Kirche wurde im Jahr
819 fertig gestellt.
Die alte Kirche hatte, wie es bei
christlichen Kirchen üblich war, den
Chor mit dem Hauptaltar im Osten,
dort, wo sich heute die Fassade des
Domes erhebt. Das Grab des heiligen Bonifatius wurde auch in der
neuen Kirche wieder im Westen angelegt. Über dem Grab wurde daher ein zweiter Chor mit einem
weiteren Hauptaltar errichtet und
dadurch die Ruhestätte des Märtyrers deutlich aufgewertet. Die Verehrung des Heiligen nahm im
Mittelalter so sehr an Bedeutung zu,
dass der alte Hauptaltar im Osten
seine ursprüngliche Bedeutung verlor und deshalb der barocke Dom,
der als Nachfolger der zweiten
großen Klosterkirche errichtet wurde, heute nur noch den Hauptaltar
im Westen der Kirche aufweist. Die
karolingische Klosterkirche - man
bezeichnet sie nach dem Architekten als Ratgar-Basilika - bestand,
wenn auch mehrfach umgebaut,
fast 900 Jahre. Da der jetzige Dom
auf den Fundamenten dieser RatgarBasilika errichtet wurde, können wir
uns noch heute gut vorstellen, wie
groß diese mittelalterliche Kirche
gewesen ist.
Der Bereich der
Bürgerstadt
Michaelskirche
Nachdem die erste große Klosterkirche fertig gestellt war, wurde auf
dem benachbarten Michaelsberg
der Friedhof des Klosters neu angelegt und dort eine Kapelle mit
einer Krypta errichtet. Der Rundbau,
der Kern der heutigen Michaelskirche, ist die einzige noch erhaltene Architektur aus der Frühzeit
des Klosters. In diesem lebten bald
mehr als 600 Mönche. Sie arbeiteten dort nicht nur für ihren
Lebensunterhalt, sondern betrieben
in der weithin berühmten Klosterschule auch vielfältige Wissenschaften. Die Klosterschule war damals sicher eine der bedeutendsten
Stätten wissenschaftlicher Ausbildung im Frankenreich.
Der zweite Bereich, derjenige der
späteren Bürgerstadt, entstand
schon bald nach der Gründung des
Klosters. In seiner Umgebung hatten sich Handwerker und Kaufleute
angesiedelt, die Arbeiten im Auftrag
des Klosters ausführten oder mit
Waren für dessen täglichen Bedarf
Handel trieben. Eine dieser Siedlungen lag im Südosten des Klosters.
Aus dieser entwickelte sich die spätere Stadt Fulda. Sie erhielt bald das
Recht, einen Markt zu organisieren.
Der Platz ”Unterm Heilig Kreuz” in
der Mitte dieser Siedlung dürfte der
Ort des ersten Marktes gewesen sein.
Deshalb wurde dort auch an der
Stelle der heutigen Stadtpfarrkirche
die erste Kirche gebaut.
Zwischen 1150 und 1165, rund 400
Jahre nach der Klostergründung,
erhielt die Siedlung eine Stadtmauer
mit Türmen und Toren und entsprach damit dem Bild einer typischen mittelalterlichen Stadt. Von
dieser Mauer, die insgesamt 1700
Meter lang war, sind nur noch wenige Baureste erhalten, unter anderem der Hexenturm in der heutigen
Kanalstraße. Die Mauer grenzte
gleichzeitig auch den benachbarten
Bereich des Klosters gegen die Stadt
ab.
Die engen, winkligen Gassen mit
ihren schmalen Häusern lassen heute noch die Bauweise des Mittelalters erkennen. Aber nur von wenigen der heute noch stehenden Häuser sind Baureste aus dieser Zeit
erhalten. Viele brannten ab oder
wurden durch Kriege zerstört. Da
jedoch die Grundstücke, auf denen
diese Bauten errichtet worden
waren, unverändert blieben, mussten auch die neuen Häuser zumeist
wieder auf den alten Grundmauern
aufgebaut werden.
Ein zweiter Marktplatz der mittelalterlichen Stadt trägt heute den
Namen Buttermarkt. Er liegt an der
Kreuzung der wichtigsten Straßen,
die das Gebiet innerhalb der Stadtmauer durchziehen. Der von der
Stadtmauer umgebene Bereich war
nicht gleichmäßig dicht bebaut. Nur
entlang der Straßen befanden sich
Häuser und Werkstätten von Handwerkern. Hinter diesen lagen Gärten,
aus denen die Stadtbewohner einen
Teil ihrer Lebensmittel bezogen.
Bereich der
Residenz
Schlossanlage
Zwischen dem ehemaligen Klosterbereich und der Bürgerstadt liegt als
dritter großer Bereich die Schlossanlage, die das heutige Stadtbild
beherrscht. Auch die Geschichte
des Schlosses reicht bis in das Mittelalter zurück.
In der Frühzeit des Klosters hatte
der Abt - wie auch die anderen
Mönche - im Kloster gewohnt.
Durch den wachsenden Grundbesitz gewann er aber im Laufe der
Zeit auch eine politische Machtstellung. Seit 1220 war er deshalb
Reichsfürst und trug den Titel
Fürstabt. Damit war er nun nicht
mehr nur Inhaber der geistlichen
Macht, sondern auch im politischen
Bereich der Herrscher seines Landes.
Diese neue Machtstellung brachte
der Abt mit dem Bau einer Residenz
zum Ausdruck, die er als befestigte
Burg anlegte. Diese entstand dort,
wo heute das Barockschloss steht.
Die Burg wurde neben dem wichtigsten Stadttor errichtet, durch das
die bedeutende Handelsstraße nach
Osten die Stadt verließ, und war
auch in die Stadtmauer einbezogen.
Die Residenz war dadurch gegen
das Umland befestigt, hatte aber
gleichzeitig eine starke Mauer auch
auf ihrer Innenseite zur Stadt hin.
So war der Abt sowohl gegen
Angriffe äußerer Feinde, als auch
vor möglichen Angriffen durch die
Stadtbewohner gut geschützt. Mit
solchen Angriffen musste er rechnen, da die Gefahr bestand, dass
seine Untertanen sich empörten
und ihm als Landesherrn den Gehorsam verweigerten. Der Rest eines Wehrturms dieser Schlossanlage hat sich bis heute als der
untere Teil des großen Schlossturms
erhalten.
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Die mittelalterliche Wehranlage
wurde nach 1607, etwa 300 Jahre
nach Gründung der Burg, als ein
prachtvolles
Renaissanceschloss
umgestaltet. Weitere hundert Jahre
später, im Jahr 1706, begann der
Ausbau zu der uns heute erhaltenen barocken Schlossanlage, die
dabei beträchtlich erweitert wurde.
Nachdem das Schloss fertig gestellt
war, wurde auf der Nordseite eine
ausgedehnte Gartenanlage mit dem
Orangeriegebäude geschaffen. Die
prachtvollen Bauten der Gesamtanlage zeugen noch heute von dem
hohen Machtanspruch der Fuldaer
Fürstäbte.
Florengasse vor dem 2. Weltkrieg
geistlichen Fürstentümer aufgelöst
und die Fürstäbte aus ihren Herrschaften vertrieben. Der Fürst, dem
das Fuldaer Fürstbistum damals
übertragen wurde, hieß Wilhelm
Friedrich von Oranien. Auch dessen
kurze Regierungszeit hat mit den
Ansicht der mittelalterlichen Stadtanlage von Fulda mit Stadtmauer
So sind das Kloster des frühen Mittelalters, die befestigte Bürgerstadt
des hohen Mittelalters und die Burg
als Residenz der Fürstäbte aus dem
Spätmittelalter die wesentlichen historischen Bestandteile des heutigen
Stadtbildes. Dieses Stadtbild hat aber
erst in der Barockzeit des 18. Jahrhunderts seine heute noch erhaltene Prägung erfahren. Auf unserem
Spaziergang durch die Stadt können wir weitere wichtige Gebäude
sehen, die erst in der Barockzeit entstanden sind und von den Fürstäbten als Gymnasium, Universität
und Hospital errichtet wurden. Älter
als diese Gebäude ist nur noch das
um 1530 errichtete Rathaus, ein
großes Fachwerkhaus neben der
Pfarrkirche, in dem einst die Behörden der Stadt ihren Sitz hatten.
Die Herrschaft der Fuldaer Fürstäbte
dauerte bis 1802. Kaum hundert
Jahre, nachdem der barocke Dom
und die barocke Schlossanlage
erbaut worden waren, wurden die
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Gebäuden in der Wilhelmstraße und
dem alten Krankenhaus, in dem
heute die Musikschule der Stadt
Fulda untergebracht ist, ihre Spuren
hinterlassen. Bis zur Mitte des
19. Jahrhunderts wuchs die Stadt
nur wenig über die alte mittelalterliche Stadtgrenze, die Stadt-
mauer, hinaus. Erst nachdem Fulda
1866 an das Eisenbahnnetz angeschlossen worden war, entwickelten
sich aus einigen ehemaligen Handwerksbetrieben große Fabriken. Sie
entstanden entlang der Eisenbahnstrecke im Osten oder entlang des
Flusses im Süden der Stadt. Da viele
Arbeitskräfte gebraucht wurden,
stieg die Einwohnerzahl um die
Jahrhundertwende sprunghaft an.
Es entstanden daher neue Stadtviertel, zunächst zwischen der alten
Bürgerstadt und dem neu angelegten Bahnhof, später auch an den
Hängen des Frauenberges und im
Norden der Stadt entlang der Leipziger Straße. Bis in das 18. Jahrhundert war die Entwicklung der Stadt
im Wesentlichen durch die Residenz
der Fürstäbte bestimmt. Seit der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
wird die Entwicklung der Stadt
durch die Industrialisierung und den
daraus folgenden wirtschaftlichen
Aufschwung geprägt.
Fußgängerzone Buttermarkt
Karlstraße vor dem 2. Weltkrieg
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