Programmheft (365.5 KB, Pdf)

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Abonnement H, 1. Konzert
Freitag 04.12.2015
20.00 Uhr · Kleiner Saal
Kammermusik des Konzerthausorchesters Berlin
STEFAN GIGLBERGER Violoncello
JULIANE LAAKE Viola da Gamba
BENYAMIN NUSS Klavier und Cembalo
DANIEL KURZ Laute
„Überdies bin ich immer
fester davon überzeugt,
dass die Musik ihrem Wesen
nach nichts ist, was man in
eine traditionelle und festgelegte Form gießen könnte.
Sie setzt sich aus Farben
und Rhythmen zusammen.“
CLAUDE DEBUSSY
PROGRAMM
Antonín Dvořák (1841 – 1904)
Rondo für Violoncello und Klavier g-Moll op. 94
Claude Debussy (1862 – 1918)
Sonate für Violoncello und Klavier d-Moll
PROLOGUE. LENT
SERENADE. MODÉRÉMENT
FINALE. ANIMÉ
Joseph Bodin de Boismortier (1689 – 1755)
Sonate für Violoncello, Viola da Gamba und Basso continuo
D-Dur op. 50 Nr. 3
MODERATO
CORRENTE
ARIA. AFFETTUOSO
MINUETTO CON VARIAZIONI
PAUSE
Fryderyk Chopin (1810 – 1849)
Introduction und Polonaise brillante für Violoncello und
Klavier C-Dur op. 3
Benyamin Nuss (geb. 1989)
Petit Pièce für Violoncello und Klavier op. 6
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847)
Sonate für Violoncello und Klavier
D-Dur op. 58
ALLEGRO ASSAI VIVACE
ALLEGRETTO SCHERZANDO
ADAGIO
MOLTO ALLEGRO E VIVACE
PREMIUMPARTNER
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Zum Programm
Antonín Dvořák: Kleiner Bruder
ANTONÍN DVOŘÁK
Antonin Dvořáks Beziehung zur Bratsche war vielleicht auch
„genetisch“ bedingt: Schon sein urmusikalischer Vater, von
Hause aus Gastwirt und Metzger, strich das Instrument und
trug so später zum Lebensunterhalt der Familie bei. Antonín
bewies bereits als Kind seine offensichtliche Begabung und
verdiente bis 1871 sein Geld als Bratscher in unterschiedlichen Orchestern – später saß er wie seine Berufskollegen
dieses Konzertabends bei den Uraufführungen eigener Stücke eher am Klavier. Von Boismortier, der außer auf dem
Cembalo auch auf der Flöte konzertierte, bis zum nachgeborenen
Benyamin Nuss vereint der Abend
im weitesten Sinne Klavierspieler –
die Kompositionen mit Violoncello
entstanden meist für befreundete
Virtuosen, die nicht selten auch
Widmungsträger der Stücke sind.
Der Böhme Dvořák stammte aus
einfachen Verhältnissen, bekam
wegen seines unübersehbaren Talents aber schon als Sechzehnjähriger in Prag ganz gezielt Unterricht.
Er studierte einerseits an der Orgelschule und besuchte gleichzeitig
eine deutsche Fortbildungsklasse
des Franziskanerklosters zu Maria
ANTONÍN DVOŘÁK
Schnee. Dank der tatkräftigen Fürsprache von Johannes
Brahms konnte er den Bratschendienst quittieren, von 1874
bis 1878 ebnete ein Staatsstipendium den Weg für eine freischaffende Laufbahn.
KURZ NOTIERT
Zur Entstehungszeit des Cello-Rondos im Dezember 1891
war der Durchbruch längst geschafft. In Europa bekannt
und berühmt, stand der Komponist kurz davor, den Sprung
nach Amerika zu wagen, wo ihn die gut dotierte Stelle als
Direktor des New Yorker New Conservatory of Music erwartete. Zuvor sollte es noch eine Trio-Abschiedstournee mit
dem Geiger Ferdinand Lachner und dem Cellisten Hanuš
Wihan geben.
Er war einer der besten Cellisten seiner Zeit: Hanuš Wihan
(1855-1920), ausgebildet in Prag und Petersburg, erhielt schon
als 18-Jähriger einen Cello-Lehrauftrag am Mozarteum in Salzburg. Drei Jahre darauf wurde er Solocellist am Berliner Orchester von Benjamin Bilse, 1880 wechselte er in gleicher Position an
die Münchner Hofkapelle, wo er Richard Strauss kennenlernte
und so beeindruckte, dass dieser ihm mehrere Werke widmete.
1888 kehrte er als Professor an das Prager Konservatorium zurück. Im Konzertsaal begeisterte er nicht nur als Solist, sondern
auch mit seinem Streichquartett.
Für diese Programme komponierte Dvořák das Rondo und
hob es auch in diesem Rahmen mit dem befreundeten Cellisten aus der Taufe. Bis heute bewahrt es seinen Reiz mit melancholischer Melodienseligkeit, die virtuose Eskapaden und
tänzerischen Schwung nicht vermissen lässt. Und auch der
Schöpfer war offenbar überzeugt von dem kleinen Werk, er
orchestrierte den Klavierpart 1893 in den USA, wo dann in
den folgenden Jahren auch der „große Bruder“ des Rondos
entstand, das – ebenfalls Wihan zugeeignete – Violoncellokonzert h-Moll op. 104.
Claude Debussy: Nationaler Stolz
CLAUDE DEBUSSY
Als Neunjähriger war Claude Debussy Klavierschüler bei der
Schwiegermutter Verlaines gewesen, im Jahr darauf ging er am Pariser Conservatoire in die Klavierklasse von Antoine François
Marmontel, 1880 wurde er in die
Kompositionsklasse Ernest Girauds aufgenommen. Trotz Kritik
sagten alle Lehrer Debussy Erfolge
voraus, die auch nicht auf sich
warten ließen. 1883 und 1884 erhielt der junge Komponist den begehrten wie umstrittenen RomPreis. Seine Musik schied die
Geister und löste neben Begeisterung auch entsetztes Unverständnis aus.
Die späte Sonate für Violoncello und Klavier – im Manuskript hatte er ausdrücklich darauf verwiesen, dass dem
Klavier nur Begleitfunktion zukommt und das Cello dominiert – erlebte im März 1916 ihre Uraufführung. Ursprünglich sollte sie den Titel „Pierrot fache avec la lune“ (Pierrot
hat sich mit dem Mond überworfen) tragen, was Debussy
aber letztlich verwarf. Louis Rossor, ein befreundeter Cellist
und Interpret des Stückes, hatte behauptete, der Meister
habe ihm folgendes Programm anvertraut: „Pierrot erwacht,
springt auf und schüttelt seinen Schlaf ab. Er läuft zu seiner
Schönen, um ihr ein Ständchen zu bringen. Als diese ihn
trotz seines Flehens nicht erhört, tröstet er sich über seinen
Misserfolg mit einem Freiheitsgesang“. Debussy jedoch bestritt dies vehement.
CLAUDE DEBUSSY
Der erste Satz hebt majestätisch wie eine französische Ouvertüre des 18. Jahrhunderts an, ist gleichzeitig schwermütig
und von einer gewissen Mattheit. Thematische Motive kehren in beiden Folgesätzen wieder, so dass eine große, in sich
geschlossene Form entsteht. An die melancholische Commedia dell’arte-Figur des Pierrot wird man im Klavierpart der
Sérénade erinnert, einem ironischen Satz im HabaneraRhythmus mit gitarrenähnlichen Glissandi, und auch das
Finale bleibt spanisch, wenn die „Iberia“ aus Debussys eigenem Orchesterwerk „Images“ anklingt.
Diese Cellosonate war 1915 die erste von sechs für den Verleger Durand geplanten klein besetzten Sonaten, von denen
der krebskranke Debussy nur drei verwirklichen konnte. In
Europa tobte der Erste Weltkrieg. Die Deutschen breiteten
sich überall aus, so auch in der Musik, schimpfte Debussy.
Mit einer Rückbesinnung auf die Arbeiten französischer
Komponisten des Barock wie Jean-Philippe Rameau und
François Couperin wollte er bewusst das Französische betonen – gegen die allgegenwärtige deutsche Spätromantik. So
bedienen seine Sonaten nie das akademische viersätzige
Schema, sie haben nur drei formal freie Sätze. Poetische Titel
und ein eleganter Stil sollten ebenso für die „Grande Nation“
stehen. Auf dem Titelblatt bei Durand stand „Claude Debussy. Musicien français“ – gedruckt in den typischen Lettern
des frühen 18. Jahrhunderts eines Rameau und Couperin.
Joseph Bodin de Boismortier:
Reichlich Goldstaub
Joseph Bodin de Boismortier war
ein Zeitgenosse und Landsmann
von Rameau und Couperin, der
nicht nur auf ein reiches Œuvre
und einige musikalische Lehrwerke, sondern ebenso auf ein bewegtes Leben verweisen konnte. Er war
Flötist, Cembalist und Tonsetzer,
zudem zeitweise auch Steuereintreiber für die Königliche Tabakgesellschaft. Geboren im lothringischen Thionville, erhielt er in Metz
erste musikalische Unterweisungen und kam über höfische Dienste
beispielsweise in Nancy und Perpignan schließlich nach Paris. Die
Stadt bot ihm – inzwischen EheJOSEPH BODIN DE BOISMORTIER. GEMÄLDE VON
mann und Vater – beste MöglichJEAN RANC
keiten zur Entfaltung seiner kompositorischen Kunst, zwischen 1724 und 1747 entstanden mehr als einhundert Werke,
darunter – 1734 gedruckt – auch die „Six Sonatas pour Violoncello ou Basson et Basso continuo“, von denen die dritte
Sonate erklingen wird.
„Boismortier, 1691 geboren, traf auf eine Zeit, in der einfache,
anspruchslose Musik in Mode war. Der begabte Musiker
wusste sich diese Tendenz zu Nutze zu machen und schrieb
zahlreiche Airs und Duette für die Massen, gespielt auf Flöten, Violinen, Oboen, Dudelsäcken, Drehleiern etc. (...) Er
nutzte die Naivität seiner Kunden aus, so dass man schon
über ihn sagte: ‚Glücklich ist Boismortier, aus dessen Feder
JOSEPH BODIN
jeden Monat ohne Anstrengungen eine Air nach Belieben
fließt.‘ Boismortier wusste nichts zu antworten als: ‚Ich verdiene Geld‘“, schrieb Jean-Benjamin de La Borde, was zunächst nicht sehr schmeichelhaft klingt. Aber der Kollege
fügte hinzu: „Wenn sich jemand die Mühe machen würde, in
dieser reichhaltigen Mine zu schürfen, würde er darin so viel
Goldstaub finden, um daraus einen Barren zu gießen“.
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Fryderyk Chopin: Überarbeitetes Frühwerk
KURZ NOTIERT
„Das Klavier ist mein zweites Ich!“
– ein Satz, der ohne Einschränkung als Credo für Fryderyk Chopins Leben stehen könnte. Nur ein
anderes Instrument spielt in seinen
Kompositionen noch eine erwähnenswerte Rolle: das Cello, das er
auch in der Sonate g-Moll op. 65
und dem Klaviertrio g-Moll op. 8
bedacht hat. Und wieder waren es
Interpreten, die ihn beflügelt (und
kurzzeitig vom bloßen Tasteninstrument abgelenkt) hatten. Da
war zunächst 1829, noch in der
Warschauer Zeit, der Graf Antonin
Radziwill, für den und dessen
Tochter Wanda die Polonaise brilFRYDERYK CHOPIN 1826. ZEICHNUNG VON ELIZA RADZIWILL
lante op. 3 entstand, zu der Chopin
bald darauf die Introduktion hinzusetzte. Später gab es noch
Josef Merk, einen österreichischen Cellisten (und Widmungsträger des Stücks), und schließlich Auguste-Joseph Franchomme, dem die Sonate von 1846 zugeeignet ist.
Josef Merk (1795-1852) war vermutlich der erste Cellist, der
Chopin begeisterte. „Merk machte die Musik durch sein Spiel
wieder noch schöner, als sie auf dem Notenblatt ist. Es ist so voller Seele. Er ist der einzige Cellist, den ich wirklich respektiere“,
hieß es Anfang der 1830er nach einem Konzert. Später wurde
Franchomme ein enger Freund und dürfte den illustren Kreis der
respektierten Spieler erweitert haben. Mit diesem Cellisten konzertierte Chopin auch und beide schrieben gemeinsam ein Grand
Duo concertant E-Dur nach Meyerbeers Oper „Robert der Teufel“, das unter beider Namen veröffentlicht wurde.
FRYDERYK CHOPIN
Geboren in der Nähe von Warschau, ließ Chopin sich 1831,
nachdem er auf einer Reise von der Revolution in Polen erfahren hatte, 21jährig in Paris nieder. Damals hatte er sich
als blutjunger Ausnahme-Pianist schon in Polen und Wien
einen Namen gemacht – mit Glück, einflussreichen Freunden
und dem passenden Naturell und Auftreten fand er schnell
Zugang zu den wichtigen Salons und der obersten Gesellschaft der Stadt.
Kulturbeflissene Aristokraten schmückten sich gern mit
dem Tastenzauberer – 1829 folgte er einer Einladung des
Fürsten Radziwill auf dessen Jagdschloss in der Provinz
Posen. „Ich habe ihm eine alla polacca mit Violoncello geschrieben. Nichts außer Blendwerk darin, für den Salon, für
die Damen, – siehst Du, ich wollte, dass die Prinzessin Wanda es lernt, ich gab ihr quasi in dieser Zeit Unterricht.“
Nichtsdestotrotz führte auch der Komponist das Stück gern
auf.
Zuerst war in Chopins op. 3 das Klavier der eindeutig führende Part, was die Cellisten dazu veranlasste, eigene Bearbeitungen zu versuchen, um ihre virtuosen Fähigkeiten besser
vorführen zu können. Schließlich nahm sich auch Chopin,
nachdem er 1833 in Paris Franchomme begegnet war, sein
Opus noch einmal vor und erstellte mit Unterstützung des
Freundes eine überarbeitete Version – nun lagen beide Instrumente in dem vitalen und brillanten Wurf auf Augenhöhe.
Benyamin Nuss: Ruhig und träumerisch
BENYAMIN NUSS
Benyamin Nuss – er ist auf das
Jahr genau 300 Jahre jünger als Boismortier – beweist in diesem Konzert live seinen pianistischen Rang.
Er stammt aus einer Musikerfamilie und hat von Kindesbeinen an
vorgeführt, dass er in „normalen“
Konzerten viel Gespür für impressionistische, romantische und
klassische Töne mitbringt. Die Reihe der Preise, Auszeichnungen und
Stipendien kann sich sehen lassen.
Aufsehen erregte der junge Pianist
aber vor allem mit seinem 2010 erschienenen Debütalbum „Benyamin Nuss plays Uematsu“ bei der
ehrwürdigen Deutschen Grammophon, auf dem er Werke des japanischen Videospielkomponisten Nobuo Uematsu interpretiert.
Für ihn gibt es keine Zweifel: „Videospielmusik ist die logische Fortsetzung klassischer Meister.“ Ausverkaufte Konzerte und begeisterte Fans bei der anschließenden Tournee geben ihm Recht.
Sein Petit Pièce komponierte er im September des vergangenen Jahres. „Ich wollte für einen Abend, den ich mit einer
Duopartnerin am Cello spielte, noch in kürzester Zeit eine
Zugabe komponieren. Das Stück ist sehr impressionistisch
angehaucht, zum Teil mit Klängen, die manchmal an Messiaen oder Debussy erinnern, oder an den Jazz. Das Programm
mit der Cellistin war ein ziemlich wildes und verrücktes Programm, deswegen wollte ich die Leute mit etwas Ruhigem
und Träumerischem nach Hause schicken.“
Felix Mendelssohn Bartholdy:
Geballte Leidenschaft
Auch Felix Mendelssohn Bartholdy
war mit dem Pariser Cellisten
Franchomme befreundet, seine
zweite Cello-Sonate op. 58 jedoch
ist dem russischen Grafen Mateusz
Wielhorski zugeeignet, einem herausragenden Instrumentalisten
europäischen Ranges, der zudem
in Petersburg als Mäzen und beschlagener Musikkenner einen renommierten Kammermusiksalon
veranstaltete. Wegen seiner hochgestellten gesellschaftlichen Position wurde er allerdings bei der Uraufführung der Sonate durch Carl
Wittmann, einen Wiener Cellospieler, „vertreten“.
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY. GEMÄLDE VON EDUARD
Seit dem Frühjahr 1841 arbeitete
MAGNUS, 1846
der Gewandhauskapellmeister Mendelssohn an seiner zweiten Cellosonate, und sie sollte ihn länger als zwei Jahre beschäftigen, bevor sie 1843 – und damit fünf Jahre nach dem
Schwesternwerk – erschien. Es war eine für den Komponisten schwierige und aufreibende Zeit, weil er zwischen Leipzig und Berlin pendeln musste – möglicherweise sind Teile
des Werkes tatsächlich in der Eisenbahn entstanden. König
Friedrich Wilhelm IV. plante, Berlin zur Kulturhauptstadt
des deutschsprachigen Raumes zu machen. Dabei sollte
Mendelssohn etwa die Reformierung der Königlichen Akademie der Künste voranbringen – letztlich scheiterten die
hochfliegenden Pläne an der höfischen Bürokratie und der
Unentschlossenheit des Monarchen. Der nunmehr auch
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY
KURZ NOTIERT
Preußische Generalmusikdirektor Mendelssohn ging nach
Leipzig zurück und gründete hier am Gewandhaus das Konservatorium, wo neben ihm beispielsweise auch Robert und
Clara Schumann unterrichteten.
Tatsächlich war die Musikerschmiede für etwa vierzig Jahre gewissermaßen im Gewandhaus, genauer in einem Hofgebäude,
beheimatet. Das änderte sich erst, als das Gewandhausorchester 1885 in einen neuen Konzertsaal umzog. Nun wurde über ein
eigenes Domizil für die Lehranstalt nachgedacht – realisiert
wurde es in der Grassistraße und wieder in der Nähe des Gewandhauses in einem von Hugo Licht entworfenen Gebäude,
das 1887 eröffnet werden konnte. Bis heute wird die Zusammenarbeit beider Institutionen sehr ernst genommen.
Die Berliner Zeit, in der er häufig bei seinem Bruder Paul –
einem respektablen Cellisten – unterkam, brachte jedoch die
Begegnung mit Wielhorski. Offenbar hatte er mit diesem die
Sonate gespielt und war angetan von seinem Können, da er
sie sich „gleich beim ersten Blick ganz zu eigen“ gemacht und
„vom Blatt gespielt“ hätte. Wielhorski wiederum dankte für
die „erhabene Sonate, die sie die Güte hatten, mir zu widmen“ und gab an, dass er „aufs Genaueste den tiefen Eindruck bewahren“ wolle, den er erhielt, „als ich sie begleitet
habe …“ Auch bei der ersten öffentlichen Aufführung der Sonate im November 1843 am Leipziger Gewandhaus spielte
Mendelssohn das Klavier.
Das leidenschaftliche Werk scheint etwas von den Spannungen und Aufregungen der Zeit wiederzugeben. Auch wenn es
das traditionelle Schema bedient, verhehlt es nicht den romantischen Überschwang. Am bemerkenswertesten ist das
auf das geschwinde Intermezzo des zweiten Satzes folgende
Adagio, in dem sich der arpeggierte Klavierchoral und ein
rührendes Cellorezitativ abwechseln und an Oratorien und
Bach gemahnen.
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY
Und so wie weiter vorn von Debussys Selbstbewusstsein die
Rede war, soll hier am Schluss Ferdinand Hiller das Wort zu
Mendelssohn haben: „Seine Bescheidenheit erreichte manchmal, besonders im Glanz des Weltruhmes, absurde Formen.
Er verbot, auf Programme sein Porträt zu drucken; er erlaubte nicht, dass seine zweite Cello-Sonate ‚Grande Sonate‘ vom
Verleger genannt werde …“
Im Porträt
STEFAN GIGLBERGER studierte an der Musikhochschule München und an der Saarbrücker Musikhochschule. Er gewann
Preise bei Wettbewerben sowie verschiedene Stipendien,
unter anderem der European Mozart Foundation in Prag.
Konzerte gab er im In- und Ausland, so beim Schleswig-Holstein Musik Festival und im Théâtre des Champs-Elysées. Als
Solist konzertierte er unter anderem mit der Mährischen
Kammerphilharmonie, den Münchner Sinfonikern und dem
Münchner Kammerorchester. Seit 1997 ist er Solo-Cellist des
Konzerthausorchesters Berlin.
JULIANE LAAKE studierte Viola da gamba bei Hille Perl an der
Hochschule für Künste Bremen sowie bei Philippe Pierlot am
Königlichen Konservatorium von Den Haag. Die Preisträgerin des Internationalen Telemannwettbewerbs Magdeburg
konzertierte beim Leipziger Bachfest und zahlreichen anderen renommierten Festivals für Alte Musik unter anderem in
Utrecht, Kopenhagen, Stockholm, Zürich, Tel Aviv und Sydney und arbeitet regelmäßig mit Ensembles wie der Lautten
IM PORTRÄT
Compagney, Weser-Renaissance und der Akademie für Alte
Musik Berlin sowie mit Solisten wie Hille Perl, Harry van der
Kamp und Dorothee Mields zusammen. Juliane Laake unterrichtet sowohl Anfänger als auch nach deren Erwerb der ersten Kenntnisse in einem Schülerconsort im Raum BerlinPotsdam.
BENYAMIN NUSS
Der in Bergisch-Gladbach geborene Benyamin Nuss studierte an der Musikhochschule Köln/Aachen bei Ilja Scheps. Erste Preise erhielt er unter anderem beim internationalen
Wettbewerb „Prix d’amadeo de piano“ (2006) sowie ein Stipendium der Hochbegabtenstiftung „Best of NRW“. Rolando
Villazón stellte ihn in der TV-Produktion „Die Stars von
Morgen“ dem europäischen Publikum vor. Im In- und Ausland konzertierte Benyamin Nuss seitdem als Solist mit renommierten Orchestern. 2014 standen Konzerte mit dem
London Symphony Orchestra im Barbican Center London,
zwei Solo-Konzerte beim Davos Festival sowie eine umfangreiche Chinatournee auf dem Programm. Benyamin Nuss
ging 2015 zum zweiten Mal in China auf Tournee und reiste
Ende August mit dem japanischen Dirigenten Kazuki Yamada und Gershwins Rhapsody in Blue und Ravels Klavierkonzert in G-Dur durch Japan, und er tritt beim Piano Festival
Biarritz mit einem japanischen Programm auf. Beim Konzerthausorchester war er schon 2013 unter Wayne Marshall
mit einem Bernstein-Programm zu Gast.
DANIEL KURZ studierte klassische Gitarre an der Hochschule
für Musik Hanns Eisler bei Rainer Feldmann und Laute bei
Wolfgang Katschner an der Musikhochschule Dresden „Carl
Maria von Weber“ sowie in Frankfurt/Main bei Sigrun Richter am Konservatorium „Dr. Hoch‘s“. Später absolvierte er
IM PORTRÄT
ein Studium bei Hopkinson Smith an der Schola Cantorum
Basiliensis in der Schweiz. Er gründete das Lautenduo „Campanella“ und das Ensemble „Celeste Sirene“. Beide Ensembles
erhielten mehrfach Preise. Er ist Mitglied in verschiedenen
Ensembles für Alte Musik und wirkte bei zahlreichen Konzert- und Opernproduktionen im In-und Ausland als Solist
und Continuospieler mit. Er spielte unter anderem beim
Thüringer Musiksommer, den Musikfestpielen Potsdam,
den Arolser Festspielen, den Musikfestspielen Uckermark
und den Internationalen Basler Lautentagen. Daniel Kurz
lebt und arbeitet als freischaffender Musiker und Pädagoge
in Berlin.
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IMPRESSUM
HERAUSGEBER Konzerthaus Berlin, Intendant Prof. Dr. Sebastian Nordmann · TEXT Barbara Gugisch · REDAKTION
Dr. Dietmar Hiller, Tanja-Maria Martens · KONZEPTION / GESTALTUNG Meta Design AG · ABBILDUNGEN Manfred
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