PDF Bericht ccb #3 2012 - laubstein design management

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cross culture branding #3
3. Konferenz zum Design und zur
Markenkommunikation für internationale Märkte
mit dem Fokus auf Ostasien
Was sollten deutsche Entwickler und Gestalter über die Märkte in
Ostasien wissen? Wo liegen die Gemeinsamkeiten und wo die
Unterschiede bei Kunden, Mitarbeitern und Geschäftspartnern? Die
dritte Konferenz im Design Center Stuttgart zum Produktdesign
und zur Markenkommunikation für internationale Märkte im April
2012 setzte den Fokus auf Ostasien mit dem Boom-Land China.
das Netzwerk persönlicher Beziehungen, ist die Formel für Fleiß +
Chance = Erfolg . Der analytisch im Sachbezug agierende Europäer
muss sich für diese Sichtweise auf soziale Kontexte öffnen, um
Kollegen, Geschäftspartner und Kunden zu verstehen.
Die Experten ccb #3
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die Erfolge deutscher Automobilmarken und der deutschen
technischen Überwachungsvereine TÜV in China verweisen auf
Gemeinsamkeiten der Märkte hier und im Reich der Mitte: Dem
Wunsch der Kunden nach vertrauenswürdiger Qualität und dem
Verlangen nach Waren, die dieses Versprechen halten. Genauer
betrachtet werden an diesen Wünschen auch die Unterschiede der
Märkte deutlich. Kontrollsysteme mögen dem sachbezogenen
Mitteleuropäer in seinem analytischen Denken entsprechen. Dem
chinesischen Kunden garantieren die Kontrollmarken und Labels
vor allen Dingen den versprochenen Status im sozialen Kontext.
Dieser Statuswunsch geht so weit, dass es nach Möglichkeit der
teuer importierte Wagen der deutschen Luxusmarke sein muss und
nicht das vor Ort günstiger produzierte Modell der gleichen Marke.
Beziehungsnetzwerke
Alle Experten der Konferenz waren sich einig, dass das Denken in
sozialen Beziehungen in Asien das Geschäftsgebaren, die Arbeitsweisen und die Kaufentscheidungen bestimmen. Guan xi (S.10),
Françoise Hauser, Asientext
Sebastian Peichl, Wunderblock
Karsten Henze, Deutsche Bahn
C.D. Jia, Linya International
Regina Hanke, iD Institute
Fritz Frenkler, f/p design
Guan xi-Regeln
Zusammenfassung
S.02
S.03
S.04
S.06
S.07
S.08
S.10
S.11
Foto: Françoise Hauser
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Mythos Ostasien
Françoise Hauser Asientext
Zu Beginn der Konferenz gab die Journalistin und Ostasienexpertin
Françoise Hauser eine Einstimmung in die Mythen und Klischees
des Kulturraums. Sie verwies auf die Stolpersteine auf unserem
Weg der Annäherung aus der Ferne an diese Weltregion:
„… Womit wir bei dem Klischee wären, dass alle Asiaten am
liebsten mögen: China, Japan, Korea - egal, das ist sowieso alles
dasselbe. Mit einer unbedarften Bemerkung kann man hier gleich
an allen Fronten aufräumen. Denn insgeheim sieht in Ostasien
jeder auf den anderen herab:
- China auf Japan weil es alle kulturell wirklich wichtigen
Errungenschaften ja sowieso nur von China abgeschaut hat.
- Japan wiederum blickt auf China herab, weil seine Bewohner in
ihrem Hang zum Kitsch einfach ein bisschen wie peinliche, laute
Verwandte im glitzernden Disko-Anzug rüberkommen.
Die asiatische Sicht auf den Westen
Auch umgekehrt, also aus asiatischer Sicht, gibt es beim Blick auf
den Westen eine ganze Reihe von gängigen Mythen:
- Alle Westler sind gleich und lassen sich mühelos unter dem
Begriff "Laowai" oder "Gaijin" zusammenfassen, wobei völlig egal
ist, ob es sich um einen Deutschen, Marokkaner oder Argentinier
handelt.
- Ebenfalls beeindruckend ist die chinesische Fähigkeit, einen
ganzen Europa-Urlaub auf einen einzigen, knackigen Satz von sage
und schreibe 23 Silben zu reduzieren: "Dé g ā njìng, F ă búcuò, Hé
z ā ng, B ĭ méiy ŏ uyìsi, Lú ... bù jìdé, Yì g ē n Zh ō ngguó yìyàng".
Zu Deutsch: Deutschland ist sauber, Frankreich nicht schlecht,
Holland dreckig, Belgien langweilig, Luxemburg...äh, weiß nicht
mehr, Italien ist wie China". Um die 1,3 Millionen Chinesen
kommen jedes Jahr zu diesem Schluss, für den sie in der Regel
sieben Tage brauchen.
Kuschelige Ecke Kulturalismus
So prägnant die Sichtweise auf Europa, so mysteriös ist auch die
asiatische Eigenwahrnehmung: Ganz unrecht ist den meisten
Asiaten der Hauch des Geheimnisvollen nämlich nicht: Auch in
Fernost zieht man sich gerne in die kuschelige Ecke des
Kulturalismus zurück: Während wir in Deutschland glauben, dass
es den Chinesen niemals gelingen wird, ein Qualitätsauto nach
unseren Maßstäben zu bauen, sind sich Chinesen und Japaner
insgeheim sicher: Europäer werden Asien ihr Lebtag nicht wirklich
verstehen!“
Auszug aus dem Beitrag der Konferenz.
Siehe auch das Buch von Françoise Hauser „Alles Mythos!
20 populäre Irrtümer über China“, Theiss Verlag, 2011
Informationen zu Françoise Hauser > www.asientext.de
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Um das Verstehen der anderen Kultur und Strategien zur
Erschließung neuer Märkte in Ostasien ging es auf der Konferenz
bei den Praxisbeispielen aus den Unternehmen:
Gesundheitswesen, die demographische Entwicklung, die
zunehmende Bedeutung digitaler Märkte sowie der verstärkte
globale Wettbewerb.
Deutscher Mittelstand goes China
Sebastian Peichl Wunderblock / Ottobock
Der Chef der Wunderblock GmbH und Berater der Otto Bock
HealthCare GmbH, zeigte an Marke Ottobock wie sich eine
deutsche Zulieferermarke zur globalen Konsumentenmarke entwickelt. Ottobock, mit zurzeit knapp 5.000 Mitarbeitern in 40
Ländern Weltmarktführer in der Prothetik und der technischen
Orthopädie, hat eine Bekanntheit von nahezu 100 Prozent bei den
Experten vom Orthopädiemechaniker bis zum Sanitätshausbesitzer.
Die Wachstumsziele für 2020 mit 1,7 Mrd. Euro Umsatz und knapp
10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit bedeuten eine
Paradigmenwechsel für die gesamte Organisation wie auch für die
Entwicklung der Marke hin zu einem Consumer-Brand. Vom sogenannten deutschen Hidden Champions soll die Marke zur beim
Konsumenten bekannten Marke werden. Gründe für diese Neuorientierung sind die bevorstehenden Veränderungen im
Foto: Otto Bock HealthCare GmbH
Gebaute Identität
Ein Baustein auf diesem Weg der Marke ist die gebaute Identität
des Science Center Medizintechnik von Ottobock am Potsdamer
Platz in Berlin. Dieses Zentrum trägt zur Bekanntheit der Marke bei
(- bis hin zu Medienberichten über die spektakuläre Architektur in
Asien) und hat unter anderem die symbolische und zugleich
praktische Funktion, Besucherdelegationen aus China repräsentativ
zu empfangen und chinesische Mitarbeiter zu schulen.
3
chinesischen Partner. Bei Ottobock wird Corporate Citizenship
praktiziert und nicht zwischen Charity und CSR Corporate Social
Responsibility unterschieden. Das Engagement von Ottobock bei
den Paralympics in Peking 2008 und zur EXPO Shanghai 2010 traf
die chinesischen Vorstellungen von guten Beziehungen sehr genau.
Eine gekürzte Version des Vortrags kann angefordert werden >
[email protected]
Informationen > www.wunderblock.net/ und www.ottobock.de
Ottobock Pilot Store Shanghai Foto: Otto Bock HealthCare GmbH
Von den zurzeit 300 Ottobock Mitarbeitern in China kommt nur
1% aus Deutschland. Der Ottobock Pilot Store in Shanghai ist der
weltweit erste und das erste Schaufenster in einem riesigen Land
mit alternder Gesellschaft und circa 80 Millionen Behinderten.
Auch hier steht wie im Berliner Zentrum der spielerische Umgang
mit dem Thema Bewegung im Vordergrund.
Orientierung auf Beziehungen
In der Zusammenarbeit zwischen chinesischen und deutschen
Mitarbeitern wird die unterschiedliche persönliche Orientierung bei
den Deutschen auf Leistung und auf Beziehung bei den Chinesen
deutlich. Die Darstellung der Wirkungsweisen des Guan xi als Lehre
von den Beziehungsgeflechten im aktuellen Buch von Yu Zhang Die
China-Strategie empfiehlt Sebastian Peichl zum Verständnis der
DB in APAC (Asian Pacific)
Marken- und Marketingerfahrungen in Asien
aus der Perspektive eines großen deutschen
Mobilitäts- und Logistikkonzerns
Karsten Henze Deutsche Bahn
Die Deutsche Bahn ist der zweitgrößte Transport- und Logistikanbieter weltweit. Über die Hälfte des Konzernumsatzes wird in
diesem Bereich erwirtschaftet. Als Marke DB Schenker firmiert das
Unternehmen seit 2003 wieder unter dem Dach der DB und somit
innerhalb einer weltweit einheitlich gelebten Markenarchitektur
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des Konzerns. Der Leiter CI/CD und Kreation DB Mobility Logistics
AG Karsten Henze legte dar, wie diese Einheit in der Unternehmenspraxis erreicht wird.
Marketing Score Cards
Im internationalen Marketing werden praktische Arbeitshilfen für
die Mitarbeiter des Konzerns zur Verfügung gestellt: die Marketing
Score Cards zu einzelnen Ländern und Regionen. Sie enthalten
neben allgemeinen Fakten zum Land, zu Politik und Wirtschaft,
Feiertagen und aktuellen Großereignissen, Angaben zu kulturellen
Besonderheiten wie Körpersprache oder der positiven und
negativen Belegung von Farben und Symbolen. Dazu eine Auflistung der gesellschaftlichen Does and Don‘ts .
Eine Markenentwicklung für den chinesischen Sprachraum muss
viele Faktoren berücksichtigen; unter anderem die Namensgebung
beziehungsweise Übertragung des Markennamens ins Chinesische.
Grundsätzlich stehen zwei Wege für eine Übersetzung zur
Verfügung: die bildliche oder die phonetische Übertragung. Die
Recherche im Wettbewerbsumfeld zeigt unterschiedliches Vorgehen und Mischformen: von der Beibehaltung der Wortbildmarke
als Logo bei gleichzeitiger phonetischer Übertragung des Namens
in Texten bis zur Verwendung des Markennamens in lateinischen
Schriftzeichen im chinesischen Text. Die zunächst genutzte
bildliche Übersetzung des Namens DB Schenker war zu generisch
und verwechselbar. Die neue Wortmarke kombiniert bildliche und
phonetische Übersetzung und strebt damit ein Maximum an
Klarheit und Passgenauigkeit zu den Markenwerten an.
Markennamen
Entscheidend für die erfolgreiche Implementierung der Marke aber
war die Kommunikation über „alle Kanäle“, das heißt in allen
Medien. Natürlich unterscheiden sich von Land zu Land die Vorstellungen von Marketing und die Qualität der Umsetzung von
Gestaltungsvorgaben. Daher sind auch in diesem Bereich Arbeitshilfen wichtig, zum Beispiel im Intranet verfügbare Checklisten
zum Corporate Design.
Weitere Informationen > www.deutschebahn.com
Foto: Françoise Hauser
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Chinese Trends – German Brands, Volume II
Christoph Daniel Jia Linya International
Auf der Konferenz cross culture branding #2 im Jahr 2011 hatte
Christoph Daniel Jia, Gründer des deutsch-chinesischen Beratungsunternehmens Linya International Ltd, über die Trends in China
und deren Auswirkungen für deutsche Marken berichtet. Seine
aktuellen Thesen 2012:
These 1. „Made in China“: Dieses Markenimage erlebt eine
rasante Transformation weg von „cheaply -“ hin zu „proudly
made“.
These 2. Deutsche Marken werden aufgrund ihrer Qualität und
Authentizität in China hoch geschätzt und genießen oftmals einen
exklusivitätsversprechenden Premiumstatus. Als Statussymbole
müssen sie aber auch zukünftig den Bedürfnissen der erstarkenden
chinesischen Mittelklasse genügen.
Was bewegt die chinesische kaufkräftige Mittelklasse, was sind
gesellschaftliche Trends?
Ein Auszug: Die jungen Chinesen sind im stetigen Wachstum
aufgewachsen, verwöhnt durch die Qual der Wahl. Alle sind
optimistisch – auch die unteren Schichten – und in Aufbruchsstimmung. Technikbegeistert wird Guan xi übers Internet always on
gepflegt. Frauen managen als Pink Collar Queens das häuslichfamiliäre Umfeld. Umweltbewusstsein wird von oben verordnet und
Öko-Produkte sind Statussymbole.
These 3. Deutsche Produkte und Marken entwickelten sich in
China wellenförmig. Erst kam man zum Sourcen für weltweite/
einheimische Märkte, später um den chinesischen Binnenmarkt
Marktanteile abzuringen. Die dritte Welle könnte die der Knowhow intensiven Dienstleistungen für Chinesen sein, bei der es um
Verfahren und Markenerfahrung geht, die chinesische
Unternehmen brauchen, um auf etablierten Märkten weltweit
konkurrenzfähig zu werden.
So nutzen zum Beispiel deutsche Kommunikationsagenturen die
Arbeit für deutsche Kunden, um vor Ort in China Erfahrungen zu
sammeln und Beziehungen aufzubauen. Der nächste Schritt ist die
Gewinnung chinesischer Marken als Kunden. Vielfach ist in China
das Know-how zur Markendifferenzierung noch unbekannt.
These 4. Deutsche Marken und Untermarken differenzieren sich
auch in China untereinander stärker und auch kleinere deutsche
Unternehmen werden in China sichtbar. Wurde z.B. bislang die
„deutsche Automarke“ undifferenziert gelobt und gepriesen,
stellen sich nun Volkswagen, BMW und Mercedes mit ihren
Submarken differenzierter auf.
These 5 . Chinas Aufstieg fällt in eine Zeit, in der bereits saturierte
Märkte mit etablierten Marken und abgesteckten Marktanteilen in
der Triade (Nordamerika, Westeuropa, Japan) existieren. Was
könnten chinesische Strategien zur zukünftigen Markenentwicklung außerhalb Chinas sein?
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Christoph Daniel Jia stellte eine Studie zur weltweiten Verbreitung
von chinesischen Marken vor. In allen drei Szenarien für 2021 ( The
Revenge of Mao, The Birds Leave The Nest, Ruthless Panda Needs
New Friends ) wird von einer Entwicklung von Export hin zur
innovativen Binnenwirtschaft ausgegangen, von stetig wachsenden
Bildungsniveau und dem schnellen Wachsen des chinesischen FDI
Foreign Direct Investment. In keinem der Szenarien aber übersteigt
die chinesische Fähigkeit zur Innovation die der übrigen Welt.
These 6 . Die chinesische Strategie zum Aufholen ihres
Modernisierungsprozesses ist das Turbo-Lernen mit den Mitteln des
21. Jahrhunderts: Imitation und Akquisition.
Als Beispiel für die Strategie einer deutschen Marke den Gefahren
der Nachahmung auf dem chinesischen Markt aus dem Weg zu
gehen, zeigte Jia die Naturkosmetik-Marke Dr. Hauschka . Über
Workshops ist die Marke beim chinesischen Kunden präsent.
Produziert aber wird nicht in China und verkauft nur über einen
Webshop.
Informationen > www.linya-international.com
Meta-Anspruch Cross Culture Branding #3
Menschen und Marken - Japan & Südkorea
Regina Hanke iD Institute
Regina Hanke, Lindgrün GmbH Berlin und Mitbegründerin des iD
International Design Institute, demonstrierte mit Impressionen aus
Japan und Südkorea die große Vielfalt und die Gegensätze
zwischen Ländern in Ostasien, sowie auch innerhalb der Kulturen
und Länder selber. Sie ging auf Unterschiede in Wahrnehmung und
Aufmerksamkeit im westlichen und asiatischen Kulturkreis ein und
sprach von den Einflüssen des kommunikativen und des kulturellen
Gedächtnisses als Bestandteile des jeweiligen kollektiven
Gedächtnisses.
An den Beispielen zweier Marken beleuchtete Regina Hanke
unterschiedliche Konstellationen:
Die junge deutsche Schuhmarke Trippen hat in Japan einen ständig
wachsenden Kundenkreis gefunden und trifft dort auf hohe
Affinität für ihre deutsche Qualität und ihr Verständnis von
Handwerk. Die Fashion-Marke setzt auf die Authentizität ihrer
Geschichte, auf Multiplikatoren und Mund-zu-Mund-Propaganda
und erreicht damit einen immer höheren außereuropäischen
Exportanteil.
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Die Kommunikation der Proctor & Gambler Marke febreze in
Südkorea, Japan und Deutschland zeigt, wie für globale Marken
weltweit Verhaltenskodexe analysiert werden und die Marke auf
lokalen Märkten unterschiedlich interpretiert wird.
Die Präsentation von Regina Hanke als PDF anfordern
> [email protected]
Weitere Informationen > www.id-institute.com
Gesellschaften in ihrer demografischen Entwicklung und in der
Veränderung der gesellschaftlichen Gruppierungen von der
Kleinfamilie zur Patchwork-Gesellschaft.
Parallel dazu verändert sich der Markt in den Industriegesellschaften. Durch die Polarisierung zwischen Ober- und Unterschicht
wird die Mittelschicht reduziert, zur toten Mitte und damit nimmt
auch das mittlere Marktsegment ab.
Chancen und Risiken für deutsche
Unternehmen und Designer in Asien
Fritz Frenkler f/p design
Prof. Fritz Frenkler, von f/p design deutschland gmbh München
und f/p design japan inc., definierte firmitas / utilitas / venustas Ingenieurwesen, Wissenschaft und Ästhetik als die Säulen der
neuen funktionellen Gestaltung.
Nach seiner f/p designformel (nach Gert Hildebrand, mini/bmw
group, 2006) besteht Design aus den Elementen Funktion, Form,
Technologie, Ergonomie, Soziologie, Ökologie, Psychologie,
Philosophie, Zeit, Individualität und Darstellungsform. Diese Formel
hat weltweit Gültigkeit. In ihr spiegelt sich der Wandel der
Aus Zielgruppen werden Stilgruppen
Die bisherige im Marketing bekannte Zielgruppen werden zu
Stilgruppen . Diese Gruppen verändern mit ihrem Kaufverhalten die
Märkte. Nur Marken sind in der Lage, verschiedene Gruppen zu
erreichen. Produkte, die für einzelne Zielgruppen gestaltet werden,
verlieren mehr und mehr an Bedeutung.
In der Matrix der Designstile und ihrer formalen Sprachen machte
Fritz Frenkler drei Megatrends aus: authentic, retro und fusion .
Außerdem er ordnete den gegenwärtigen Pluralismus im
Industriedesign in die drei Kategorien industrial entertainment,
industrial art und industrial design .
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Design DNA
Die DNA von Industrial Design deklinierte Fritz Frenkler am Beispiel
von Apple Inc. durch:
corporate design
corporate behavior
corporate architecture
corporate interior architecture
corporate packaging design
corporate product design
der gestalter muss zu seiner ursprünglichen aufgabe zurückkehren
und sich als moderator zwischen nutzer, hersteller und umwelt
verstehen. die aufgabe für die gestaltung lautet: produkte,
produktsysteme und dienstleistungen zu entwickeln, die menschen
dienen, ansprüche von unternehmen repräsentieren und sich damit
der umwelt sowie der mitwelt unterordnen.“
Informationen > www.fp-design-gmbh.com
Bei dieser Deklination wurde anschaulich deutlich, wie konsequent
Apple einige wenige Gestaltungselemente als Schlüsselelemente
über Jahre und durch die unterschiedlichen Produktgruppen
hindurch beibehält. Eine solche Reduktion auf einen Gestaltungskanon zeigte auch die Design DNA des neuen Corporate Designs
der Linde AG , Deutschland.
Der von Frenkler geforderte neue funktionelle Gestaltungsprozess
erfordert die funktionelle Durchdringung von Entwicklung,
Produktion, Verpackung, Transport 1 vom Hersteller zum Handel,
Präsentation dort, Transport 2 zum Kunden, Nutzung, second new
– Langlebigkeit und Zeitlosigkeit, Transport 3 zur Entsorgung und
letztendlich funktionelles Recycling.
Schlusswort Fritz Frenkler
„wir müssen feststellen, dass 70% unserer produkte,
produktsysteme und dienstleistungen, die wir geschaffen haben,
nicht funktionieren. weder für uns menschen, noch für unsere
umwelt und mitwelt.
morita "soaric“ zahnärtzliche behandlungseinheit, f/p design
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Die Grundregeln des Guan xi
Erwerben Sie das Vertrauen Ihrer Geschäftspartner.
Knüpfen Sie vielfältige Kontakte und pflegen Sie diese
regelmäßig persönlich.
Denken Sie nicht nur faktenbezogen, sondern
beziehungsorientiert.
Achten Sie auf Querverbindungen und mögliche
Zusammenhänge.
Versetzen Sie sich stets auch in die Situation Ihres
Gegenübers hinein.
Sechs Goldene Guan xi-Regeln
Foto: laubstein design management
Lernen Sie verzichten.
Üben Sie Bescheidenheit.
Gleichen Sie Ihr Gefälligkeitskonto aus.
Lösen Sie Konflikte durch Kommunikation und
Interessensausgleich.
Vergessen Sie nicht den Brückenbauer.
Schenken Sie von Herzen und mit Bedacht.
Quelle: Yu Zhang, Die China-Strategie,
be.bra wissenschaft verlag, Berlin 2012
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Zusammenfassung
Unterschiede
Ostasien ist sicher kein homogener Wirtschaftsraum. Japan zum
Beispiel hat eine hohe Affinität zur deutschen Gestaltungstradition
und viele Berührungspunkte in der Vergangenheit, die noch heute
als gemeinsame Wurzeln in der Moderne erlebbar sind. Südkorea
stellt dagegen einen Kulturschock dar. Aber auch in diesen beiden
Gesellschaft entstehen parallel neue globale Gestaltungswelten,
die sich über Medien und Stile definieren.
Immer wieder bestätigten die Referenten, dass die wichtigsten
Unterschiede zwischen deutschen und asiatischen Kollegen,
Geschäftspartnern und Kunden in der unterschiedlich ausgeprägten Orientierung auf Ratio und Kontext liegen. Betrachtet man
das ungeschriebene Regelwerk des berühmt-berüchtigten
chinesischen Verhaltenskodex Guan xi , dann fällt auf, dass viele
dieser Regel auch in unserem Kulturraum gelten oder gelten
sollten. Das Hineinversetzen in die Situation des anderen ist eine
Fähigkeit, die weltweit gefragt ist. Gerade Kreative müssen den
Perspektivwechsel üben, um eine Vorstellung davon zu erlangen,
was ihre Kunden wirklich wollen.
Gemeinsamkeiten
Wo liegen die Gemeinsamkeiten der Kulturkreise und Märkte?
Heute arbeiten auf dem asiatischen Markt erfolgreiche deutsche
Unternehmen zum Verständnis der Kultur der Kunden selbstverständlich vor Ort mit gemischten multinationalen Teams. Im
Miteinander zeigt sich: Rücksicht auf allgemeine Lebensregeln und
emotionale Grundbedürfnisse funktioniert immer.
Überall auf der Welt hängt alles von den Menschen und ihren
Fähigkeiten und Befindlichkeiten ab. Davon berichteten auch die
Teilnehmer der Podiumsdiskussion. Das Wissen um Design,
Ergonomie und Qualität, um konzeptionelle Ansätze, Marketing
und Markendifferenzierung ist unter den Mitarbeitern multinationaler Unternehmen unterschiedlich ausgeprägt. In vielen
Branchen werden Produkte für bestimmte Märkte durch Qualitätsreduktion angepasst. Gerade unter den Gestalter-Kollegen im
Entwicklungsprozess aber werden die Designer zu Helden der
Qualität , die nationalitätenübergreifend zusammen an einem
Strang ziehen, wenn es um Entscheidungen im Unternehmen geht.
Kollegen anderer Nationalitäten zu verstehen, zu motivieren und
unterstützen ist eine wichtige Aufgabe im Design Management.
Podiumsteilnehmer
ccb #3
Markus Hirche Rotor Design
Andreas Nandzik Dräger Medical
Karl-Heinz Wagener Isringhausen
Sebastian Peichl Wunderblock
Christoph D. Jia Linya International
Perspektiven
Menschen und Märkte verstehen heißt auch, sich als Unternehmen
als ein Teil der Gesellschaft zu sehen. Das Engagement von
Ottobock zu den Paralympics zeigt wie die Regeln des Guan xi Beziehungsmanagements erfolgreich umgesetzt werden können.
Kulturelle Unterschiede zu erfassen, erfordert besonders sensible
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Erforschung der Kunden und User Experience vor Ort. Ein Beispiel
aus der Medizintechnologie ergab das unerwartete Ergebnis, dass
Frühgeborene in China wesentlich größer sind als in Europa.
Warum? Weil Schwangere dort anderes ernährt werden.
Der asiatische Markt ist gewaltig und allein innerhalb Chinas sehr
vielfältig und differenziert. Stimmt die Prognose wie von Fritz
Frenkler vorgestellt, dass in den Industrienationen zukünftig nicht
mehr von Zielgruppen, sondern von Stilgruppen zu reden sein wird,
werden nur Markenunternehmen zukünftig hochwertige Absatzmärkte finden. Marken können überall auf der Welt Kunden
ansprechen, wenn sie diese „verstehen“.
Schnell und – besser?
In schneller Aufholjagd entstehen chinesische Marken, die nicht
mehr nur kopieren, sondern stolz auf eigene Traditionen sein
wollen und innovativ. Aber die Chinesen sind nicht cleverer als
andere und viel Wissen um Innovationsstrategien, Know-how zu
Aufbau und Differenzierung von Marken ist noch nicht vorhanden.
China will weltweit konkurrenzfähig werden – ein Markt für
kreative Dienstleistungen. Die aktuellen Berichte aus der Branche
zeigen, dass gerade auf diesem Markt von Designern umfassende
Leistungen erwartet werden, von der strategischen Ausrichtung,
über das Produkt bis zur Vermarktung. Auch für ausländische
Markenunternehmen ist der chinesische Markt die Chance, sich im
höheren Segment zu positionieren.
Sieht man die Begeisterung, den Stolz und die Aufbruchsstimmung, mit der Chinesen sich und das Thema Design feiern,
wünscht man sich diesen Enthusiasmus für die deutschen
Kreativen. Ihre Ausgangsposition ist sehr gut: deutsches Design hat
nach wie vor einen starken Ruf. Ihr Wissen, ihre konzeptionellen
und innovativen Fähigkeiten sind ihre Vorteile, die sie mit mehr
Blick auf Zusammenhänge ausbauen können. Diese Kompetenz ist
nicht nur für die Märkte in Ostasien wichtig, sondern überall.
Iris Laubstein, laubstein design management, Köln
Designpreisverleihung Wuxi. Foto: laubstein design management
Die Berichte der Konferenzen cross culture branding 2010 und
2011 beim Design Center Stuttgart > www.design-center.de
Die gedruckte Broschüre cross culture branding 2010 ist kostenlos
über das Design Center Stuttgart > [email protected] zu beziehen
oder über > [email protected]
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