32 Marketing i kosten i Logistik SyStematiScheS BelegungSmanagement Marketing sichert Belegung Die Auslastungsoptimierung in vollstationären Einrichtungen ist ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit von Effizienz. Die zahlreichen Handlungsoptionen, die die Belegung einer Einrichtung verbessern können, zwingen die Verantwortlichen zu einem schonenden Umgang mit den finanziellen und zeitlichen Ressourcen. Belegungsmanagement ist für Manager eine durch Marktentwicklungen erzwungene Zusatztätigkeit. Vor Einführung der Pflegeversicherung Mitte der 90er Jahre waren Wettbewerb und Konkurrenz zwischen den einzelnen Trägern bzw. Einrichtungen nur in Einzelfällen erkennbar. Pflege- bzw. Altenheime waren im Regelfall vollständig belegt. Da die Nachfrage nach Pflege meist höher war als das Angebot, mussten sich die Träger nicht um ihre Belegung bemühen. Vielmehr waren die Kunden dankbar, einen der wenig verfügbaren Plätze zu erhalten. Seinerzeit verwendete Formblätter für Angehörige wie der Antrag auf Heimeinzug zeugen von diesen Gegebenheiten. Es herrschten die Bedingungen eines Verkäufermarktes, in dem die Anbieter die Spielregeln bestimmten. Mit der Einführung der Pflegeversicherung und der damit verbundenen Abschaffung von Bedarfszusagen von Amts wegen haben sich die Marktbedingungen radikal verändert. Wettbewerb und Konkurrenz bestimmen heute das Geschäft. Eine kontinuierliche Senkung der Durchschnittsbelegung laut Bundespflegestatistik bestätigt diese Aussage. Während 2003 noch 89,5 Prozent der Betten belegt waren, sank die Quote um über ein Prozent 2005 und auf 87,6 Prozent im Jahr 2007. Die Veröffentlichung der Pflegestatistik 2011, die auf die Daten von 2009 fußt, wird diese Tendenz bestätigen. Verstärkt wird dieser Trend durch das für Neu- und Umbauten zur Verfügung stehende Kapital institutioneller Investoren, die demografische Entwicklung und die gestiegene Bereitschaft der Träger, sich einem bewussten Verdrängungswettbewerb zu stellen. Während bisher Neubauten häufig an den so genannten weißen Flecken der Landkarte entstanden, gibt es trägerübergreifend einen Trend zur aktiven Konkurrenz, mit dem Ziel der direkten Abwerbung (potenzieller) Kunden. In einem wettbewerbsgeprägten Umfeld gewinnen die Bedürfnisse und Ansprüche des Kunden an Gewicht. Ein Kunde, der aus einem vielfältigen Angebot aussuchen kann, stellt höhere Ansprüche und trifft seine Entscheidung anhand einer Definition Belegungsmanagement Unter dem Begriff Belegungsmanagement werden alle Aktivitäten verstanden, welche auf die Vollbelegung und die Koordinierung der Auslastung in einer pflegerischen bzw. medizinischen Einrichtung zielen. Angestrebt wird dabei die optimale Ausnutzung vorhandener Kapazitäten mit dem Ziel der Ertrags- und Effizienzsteigerung. mehr oder weniger bewussten Preis-Leistungs-Abwägung. Träger von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen müssen daher umdenken. Es müssen Kunden geworben und vom eigenen Angebot überzeugt werden. Belegungsmanagement wird damit zu einer fundamentalen Aufgabe. finanzierung DeS BelegungSmanagementS Das Belegungsmanagement ist ein (relativ) neues, durch unterschiedliche Marktentwicklungen entstandenes Aufgabenfeld. Es ist zusätzlich zu den sonstigen Tätigkeiten zu erledigen und muss sich aus vorhandenen Einnahmen finanzieren. Die verhandelten Pflegesätze sehen keine Position für Vermarktungsaufwendungen vor. Jede Arbeitsstunde und jeder Euro, der für die Auslastungsoptimierung verwendet wird, fehlt für den eigentlichen Zweck der Ressourcen: die Betreuung der Bewohner und Angehörigen. Eine genaue Abwägung von Kosten und Nutzen, einzelnen Maßnahmen und ein sparsamer Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen ist notwendig – Effizienz ist unerlässlich. BauSteine BelegungSmanagement Ein funktionierendes Instrument, um eine optimale Bettenbelegung zu erreichen, wird immer wichtiger. Die Auslastungsquote lässt sich nach der Definition des Modells Bausteine Belegungsmanagement© aus zwei Zielgrößen beeinflussen: Anzahl der Anfragen und Anzahl der Einzüge. Das Verhältnis beider Kennzahlen stellt die Erfolgsquote dar. Ziehen von 100 Personen, die jährlich anfragen, 20 ein, so liegt die Erfolgsquote bei 20 Prozent. Sie ist damit sehr schwach. Ziehen von den 100 Anfragen 70 Personen ein, so ist die Erfolgsquote mit 70 Prozent sehr hoch. Generell gilt, je höher die Erfolgsquote ist, also je besser das Interessentenmarketing, desto weniger Anfragen müssen generiert werden. Rechnerisch stellt sich diese Aussage wie folgt dar: Für 10 neue Bewohner müssten bei einer 70-prozentigen Erfolgsquote nur 14 Anfragen erfolgen. Bei einer 20-prozentigen Erfolgsquote sind es hingegen 50 Anfragen, also mehr als dreimal so viel. Die Einrichtung muss mehr Ressourcen in Selbstdarstellung, Öffentlichkeitsarbeit und Multiplikatorenmarketing investieren. Je wirksamer das Interessentenmarketing ist, desto mehr zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen können an anderen Stellen eingespart werden. Anfragen können dabei über die Qualität der Selbstdarstellung der Einrichtung, die Öffentlichkeitsarbeit und über das Multiplikatorenmarketing gesteuert werden. Die Einzüge werden über die Handlungsfelder des Interessentenmarketings gelenkt. HCM 2. Jg. Ausgabe 3/2011 Marketing i kosten i Logistik # " ! Mithilfe des Modells Bausteine Belegungsmanagement© kann eine optimale Auslastung bestimmt werden. Die Selbstdarstellung wird von unterschiedlichen Faktoren geprägt. Die Positionierung bildet dabei in der Regel das Fundament weiterer Aktivitäten. Über dem Sammelbegriff der Positionierung werden unterschiedliche Notwendigkeiten zusammengefasst. So gehört ein von den Mitarbeitern gelebtes Leitbild genauso dazu wie ein zum Wettbewerb differenzierendes Alleinstellungsmerkmal, das konsequent in allen Bereichen und auf allen Ebenen kommuniziert wird. Eine Einrichtung wird von den Kunden immer im Verhältnis zu den Wettbewerbern gesehen. Daher ist es nötig, kontinuierlich über Preise, Leistungsangebote sowie die Arbeit der Wettbewerber informiert zu sein, um eine stabile und strategische Positionierung zu erreichen. Zur Bewertung und Steuerung der Öffentlichkeitsarbeit sind ebenfalls vier Handlungsfelder wichtig: Die Planung der Öffentlichkeitsarbeit, die Durchführung von Aktionen und Veranstaltungen sowie die Bereiche Pressearbeit und Werbung. Der Leitgedanke der Öffentlichkeitsarbeit ist: „Lernen Sie uns kennen, bevor Sie uns brauchen.“ Es geht in erster Linie darum, die Bekanntheit einer Einrichtung zu steigern und ihr Image aufzubauen. Die Öffentlichkeit muss die unverbindliche Option haben, die Einrichtung durch niederschwellige Angebote kennenzulernen. Dabei ist die Darstellung von Kontinuität wichtig. Oft ist es besser, statt einem großen Fest mehrere kleinere über das Jahr verteilt anzubieten. So werden bei einer Veranstaltung nicht so viele Kapazitäten im Haus gebunden. Damit ist der logistische Aufwand für ein Fest geringer. Kleinere Feste bieten auch den Vorteil, den externen Personenkreis gezielter, öfter und expliziter einzuladen. Optimal ist, wenn eine dezidierte Jahresplanung für Aktionen existiert, die sich auch an Personen richten, die nicht regelmäßig mit der Einrichtung in Kontakt stehen. Zudem sollte jede Einrichtung über ein einheitliches Corporate Design verfügen. Das heißt, dass eine feste Definition u.a. für Logo, Farben und Schriftart existieren muss, die konsequent in allen Print- und Onlinemedien angewandt wird. Ein weiterer Baustein, der die Anzahl der Anfragen beeinflusst, ist das MultiHCM 2. Jg. Ausgabe 3/2011 plikatorenmarketing. Die Organisation umfasst die Planung, Umsetzung, Dokumentation und Kontrolle. Multiplikatoren können in drei Gruppen klassifiziert werden: interne Gruppen (z.B. Bewohner), externe Gruppen bzw. Laien (z.B. Nachbarn), Profis (z.B. Ärzte). Die wichtigste Gruppe sind die hausinternen Personen. Sind Angehörige und Mitarbeiter von der Einrichtung überzeugt, erfahren dies auch weitere Personen. Multiplikatorenmarketing ist in erster Linie Beziehungspflege. Ziel ist dabei eine kontinuierliche Zusammenarbeit und die Vermittlung möglichst vieler Anfragen durch entsprechende Multiplikatoren. Dabei gilt oft das Pareto-Prinzip: 20 Prozent der Multiplikatoren vermitteln 80 Prozent der Bewohner, so dass die Kontaktpflege zu Multiplikatoren nicht in der gleichen Intensität stattfinden muss und kann. Um die 20 Prozent zu identifizieren, auf die sich die Kommunikation konzentriert, muss die Einrichtung genau nachvollziehen können, durch welchen Multiplikator welche Vermittlung stattgefunden hat. Eine unzureichende Organisation bedeutet, dass der Kontakt und somit die Vermittlungsquoten dem Zufall überlassen werden. Idealerweise wird also standardisiert erfasst, durch welchen Multiplikator welche Vermittlungen stattgefunden haben. Aufbauend darauf existiert eine langfristige Terminplanung, aus der ersichtlich ist, wer wann mit welchen Multiplikatoren in Kontakt tritt. Die Kontaktdaten und Gesprächsinformationen zu den Multiplikatoren sind dabei stets aktuell und EDV-gestützt erfasst und allen für die Belegung Verantwortlichen unmittelbar zugänglich. reSSourcen zielgenau einSetzen Das Verhältnis von Anfragen zu Einzügen ist die Erfolgsquote. Sie drückt aus, wie effektiv das Interessentenmarketing ist. Die Einzüge, die im Rahmen des Interessentenmarketings gesteuert werden, sind dabei von den Abläufen und der Professionalität in der Kontaktaufnahme, des (Akquisitions-)Gesprächs sowie der Kontroll- und Nachfassaktionen bestimmt. Besonders der erste Eindruck vor Ort prägt den Interessenten. Anfahrt, Beschilderung, Eingangsbereich, Empfang, Atmosphäre, Geruch – all diese Aspekte sind entscheidend. Ein freundliches, vertrauenerweckendes und professionelles Aufnahmegespräch ist das nächste wichtige Beurteilungskriterium. Das Gespräch muss sowohl inhaltlich als auch formal überzeugen. Es geht darum, Vertrauen zu erzeugen. Belegungssicherung ist eine umfassende Managementaufgabe. Nicht alle Handlungsfelder können zur gleichen Zeit und Intensität behandelt werden. Ein Abgleich der langfristigen Ziele und eine Bewertung der Leistungsstärke einzelner Bereiche unterstützt dabei, Prioritäten zu setzten und dementsprechend Ressourcen gezielt einzusetzen. olav SehlBach Inhaber und Berater von Olav Sehlbach Beratung in Berlin-Kreuzberg, Kontakt: [email protected] anaStaSia heilmann Beraterin von Olav Sehlbach Beratung in BerlinKreuzberg, Kontakt: [email protected] 33