Marketing sichert Belegung

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SyStematiScheS BelegungSmanagement
Marketing sichert Belegung
Die Auslastungsoptimierung in vollstationären Einrichtungen ist ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit von
Effizienz. Die zahlreichen Handlungsoptionen, die die Belegung einer Einrichtung verbessern können, zwingen
die Verantwortlichen zu einem schonenden Umgang mit den finanziellen und zeitlichen Ressourcen.
Belegungsmanagement ist für Manager eine durch Marktentwicklungen erzwungene Zusatztätigkeit. Vor Einführung der
Pflegeversicherung Mitte der 90er Jahre waren Wettbewerb und
Konkurrenz zwischen den einzelnen Trägern bzw. Einrichtungen
nur in Einzelfällen erkennbar. Pflege- bzw. Altenheime waren im
Regelfall vollständig belegt. Da die Nachfrage nach Pflege meist
höher war als das Angebot, mussten sich die Träger nicht um ihre Belegung bemühen. Vielmehr waren die Kunden dankbar, einen der wenig verfügbaren Plätze zu erhalten.
Seinerzeit verwendete Formblätter für Angehörige wie der
Antrag auf Heimeinzug zeugen von diesen Gegebenheiten. Es
herrschten die Bedingungen eines Verkäufermarktes, in dem die
Anbieter die Spielregeln bestimmten. Mit der Einführung der
Pflegeversicherung und der damit verbundenen Abschaffung
von Bedarfszusagen von Amts wegen haben sich die Marktbedingungen radikal verändert. Wettbewerb und Konkurrenz
bestimmen heute das Geschäft. Eine kontinuierliche Senkung
der Durchschnittsbelegung laut Bundespflegestatistik bestätigt
diese Aussage. Während 2003 noch 89,5 Prozent der Betten
belegt waren, sank die Quote um über ein Prozent 2005 und auf
87,6 Prozent im Jahr 2007. Die Veröffentlichung der Pflegestatistik 2011, die auf die Daten von 2009 fußt, wird diese
Tendenz bestätigen.
Verstärkt wird dieser Trend durch das für Neu- und Umbauten zur Verfügung stehende Kapital institutioneller Investoren, die demografische Entwicklung und die gestiegene Bereitschaft der Träger, sich einem bewussten Verdrängungswettbewerb zu stellen. Während bisher Neubauten häufig an den so
genannten weißen Flecken der Landkarte entstanden, gibt es
trägerübergreifend einen Trend zur aktiven Konkurrenz, mit dem
Ziel der direkten Abwerbung (potenzieller) Kunden.
In einem wettbewerbsgeprägten Umfeld gewinnen die Bedürfnisse und Ansprüche des Kunden an Gewicht. Ein Kunde,
der aus einem vielfältigen Angebot aussuchen kann, stellt höhere Ansprüche und trifft seine Entscheidung anhand einer
Definition
Belegungsmanagement
Unter dem Begriff Belegungsmanagement werden alle Aktivitäten
verstanden, welche auf die Vollbelegung und die Koordinierung der
Auslastung in einer pflegerischen bzw. medizinischen Einrichtung
zielen. Angestrebt wird dabei die optimale Ausnutzung vorhandener Kapazitäten mit dem Ziel der Ertrags- und Effizienzsteigerung.
mehr oder weniger bewussten Preis-Leistungs-Abwägung. Träger von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen müssen daher
umdenken. Es müssen Kunden geworben und vom eigenen Angebot überzeugt werden. Belegungsmanagement wird damit zu
einer fundamentalen Aufgabe.
finanzierung DeS BelegungSmanagementS
Das Belegungsmanagement ist ein (relativ) neues, durch unterschiedliche Marktentwicklungen entstandenes Aufgabenfeld. Es
ist zusätzlich zu den sonstigen Tätigkeiten zu erledigen und muss
sich aus vorhandenen Einnahmen finanzieren. Die verhandelten
Pflegesätze sehen keine Position für Vermarktungsaufwendungen vor. Jede Arbeitsstunde und jeder Euro, der für die Auslastungsoptimierung verwendet wird, fehlt für den eigentlichen
Zweck der Ressourcen: die Betreuung der Bewohner und Angehörigen. Eine genaue Abwägung von Kosten und Nutzen, einzelnen Maßnahmen und ein sparsamer Einsatz der zur Verfügung
stehenden Ressourcen ist notwendig – Effizienz ist unerlässlich.
BauSteine BelegungSmanagement
Ein funktionierendes Instrument, um eine optimale Bettenbelegung zu erreichen, wird immer wichtiger. Die Auslastungsquote
lässt sich nach der Definition des Modells Bausteine Belegungsmanagement© aus zwei Zielgrößen beeinflussen: Anzahl der Anfragen und Anzahl der Einzüge. Das Verhältnis beider Kennzahlen stellt die Erfolgsquote dar. Ziehen von 100 Personen, die
jährlich anfragen, 20 ein, so liegt die Erfolgsquote bei 20 Prozent. Sie ist damit sehr schwach. Ziehen von den 100 Anfragen
70 Personen ein, so ist die Erfolgsquote mit 70 Prozent sehr
hoch. Generell gilt, je höher die Erfolgsquote ist, also je besser
das Interessentenmarketing, desto weniger Anfragen müssen
generiert werden. Rechnerisch stellt sich diese Aussage wie folgt
dar: Für 10 neue Bewohner müssten bei einer 70-prozentigen Erfolgsquote nur 14 Anfragen erfolgen. Bei einer 20-prozentigen
Erfolgsquote sind es hingegen 50 Anfragen, also mehr als dreimal so viel. Die Einrichtung muss mehr Ressourcen in Selbstdarstellung, Öffentlichkeitsarbeit und Multiplikatorenmarketing
investieren.
Je wirksamer das Interessentenmarketing ist, desto mehr
zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen können an anderen Stellen eingespart werden. Anfragen können dabei über
die Qualität der Selbstdarstellung der Einrichtung, die Öffentlichkeitsarbeit und über das Multiplikatorenmarketing gesteuert
werden. Die Einzüge werden über die Handlungsfelder des Interessentenmarketings gelenkt.
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Mithilfe des Modells Bausteine Belegungsmanagement© kann eine
optimale Auslastung bestimmt werden.
Die Selbstdarstellung wird von unterschiedlichen Faktoren geprägt. Die Positionierung bildet dabei in der Regel das Fundament weiterer Aktivitäten. Über dem Sammelbegriff der Positionierung werden unterschiedliche Notwendigkeiten zusammengefasst. So gehört ein von den Mitarbeitern gelebtes Leitbild genauso dazu wie ein zum Wettbewerb differenzierendes Alleinstellungsmerkmal, das konsequent in allen Bereichen und auf allen Ebenen kommuniziert wird. Eine Einrichtung wird von den
Kunden immer im Verhältnis zu den Wettbewerbern gesehen.
Daher ist es nötig, kontinuierlich über Preise, Leistungsangebote sowie die Arbeit der Wettbewerber informiert zu sein, um eine stabile und strategische Positionierung zu erreichen.
Zur Bewertung und Steuerung der Öffentlichkeitsarbeit
sind ebenfalls vier Handlungsfelder wichtig: Die Planung der Öffentlichkeitsarbeit, die Durchführung von Aktionen und Veranstaltungen sowie die Bereiche Pressearbeit und Werbung.
Der Leitgedanke der Öffentlichkeitsarbeit ist: „Lernen Sie
uns kennen, bevor Sie uns brauchen.“ Es geht in erster Linie darum, die Bekanntheit einer Einrichtung zu steigern und ihr Image
aufzubauen. Die Öffentlichkeit muss die unverbindliche Option
haben, die Einrichtung durch niederschwellige Angebote kennenzulernen. Dabei ist die Darstellung von Kontinuität wichtig.
Oft ist es besser, statt einem großen Fest mehrere kleinere über
das Jahr verteilt anzubieten. So werden bei einer Veranstaltung
nicht so viele Kapazitäten im Haus gebunden. Damit ist der logistische Aufwand für ein Fest geringer. Kleinere Feste bieten
auch den Vorteil, den externen Personenkreis gezielter, öfter und
expliziter einzuladen. Optimal ist, wenn eine dezidierte Jahresplanung für Aktionen existiert, die sich auch an Personen richten, die nicht regelmäßig mit der Einrichtung in Kontakt stehen.
Zudem sollte jede Einrichtung über ein einheitliches Corporate
Design verfügen. Das heißt, dass eine feste Definition u.a. für
Logo, Farben und Schriftart existieren muss, die konsequent in
allen Print- und Onlinemedien angewandt wird. Ein weiterer
Baustein, der die Anzahl der Anfragen beeinflusst, ist das MultiHCM 2. Jg. Ausgabe 3/2011
plikatorenmarketing. Die Organisation umfasst die Planung,
Umsetzung, Dokumentation und Kontrolle. Multiplikatoren können in drei Gruppen klassifiziert werden: interne Gruppen (z.B.
Bewohner), externe Gruppen bzw. Laien (z.B. Nachbarn), Profis
(z.B. Ärzte). Die wichtigste Gruppe sind die hausinternen Personen. Sind Angehörige und Mitarbeiter von der Einrichtung überzeugt, erfahren dies auch weitere Personen.
Multiplikatorenmarketing ist in erster Linie Beziehungspflege. Ziel ist dabei eine kontinuierliche Zusammenarbeit und
die Vermittlung möglichst vieler Anfragen durch entsprechende
Multiplikatoren. Dabei gilt oft das Pareto-Prinzip: 20 Prozent der
Multiplikatoren vermitteln 80 Prozent der Bewohner, so dass die
Kontaktpflege zu Multiplikatoren nicht in der gleichen Intensität
stattfinden muss und kann. Um die 20 Prozent zu identifizieren,
auf die sich die Kommunikation konzentriert, muss die Einrichtung genau nachvollziehen können, durch welchen Multiplikator
welche Vermittlung stattgefunden hat. Eine unzureichende Organisation bedeutet, dass der Kontakt und somit die Vermittlungsquoten dem Zufall überlassen werden. Idealerweise wird
also standardisiert erfasst, durch welchen Multiplikator welche
Vermittlungen stattgefunden haben. Aufbauend darauf existiert
eine langfristige Terminplanung, aus der ersichtlich ist, wer wann
mit welchen Multiplikatoren in Kontakt tritt. Die Kontaktdaten
und Gesprächsinformationen zu den Multiplikatoren sind dabei
stets aktuell und EDV-gestützt erfasst und allen für die Belegung
Verantwortlichen unmittelbar zugänglich.
reSSourcen zielgenau einSetzen
Das Verhältnis von Anfragen zu Einzügen ist die Erfolgsquote.
Sie drückt aus, wie effektiv das Interessentenmarketing ist. Die
Einzüge, die im Rahmen des Interessentenmarketings gesteuert
werden, sind dabei von den Abläufen und der Professionalität in
der Kontaktaufnahme, des (Akquisitions-)Gesprächs sowie der
Kontroll- und Nachfassaktionen bestimmt. Besonders der erste
Eindruck vor Ort prägt den Interessenten. Anfahrt, Beschilderung, Eingangsbereich, Empfang, Atmosphäre, Geruch – all diese Aspekte sind entscheidend. Ein freundliches, vertrauenerweckendes und professionelles Aufnahmegespräch ist das nächste
wichtige Beurteilungskriterium. Das Gespräch muss sowohl inhaltlich als auch formal überzeugen. Es geht darum, Vertrauen
zu erzeugen. Belegungssicherung ist eine umfassende Managementaufgabe. Nicht alle Handlungsfelder können zur gleichen
Zeit und Intensität behandelt werden. Ein Abgleich der langfristigen Ziele und eine Bewertung der Leistungsstärke einzelner
Bereiche unterstützt dabei, Prioritäten zu setzten und dementsprechend Ressourcen gezielt einzusetzen.
olav SehlBach
Inhaber und Berater von Olav Sehlbach Beratung in
Berlin-Kreuzberg,
Kontakt: [email protected]
anaStaSia heilmann
Beraterin von Olav Sehlbach Beratung in BerlinKreuzberg, Kontakt: [email protected]
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