Weil`s gar so zünftig ist« 1865–2015

Werbung
1
»Weil’s gar so zünftig ist«
150 Jahre Volksfest Mühldorf am Inn
1865–2015
Edwin Hamberger
Wolfgang Haserer
Rudolf Neumaier
Norbert Stellner
2
3
Inhalt
Vorworte
4
Rudolf Neumaier
»Mit einem kräftigen Zug«
Die Volkskultur und Mühldorfer Rituale. Eine Einführung
6
Edwin Hamberger
»Ausgedörrte Geldbeutel«
Die Herbstfeste 1930 und 1932
46
Edwin Hamberger/Wolfgang Haserer
»So groß, so gewaltig und unermeßlich«
Die Festzüge von 1865 –2014
156
Wolfgang Haserer
»Als die Gondel in das Weinzelt zog«
Das Weinzelt-Ehepaar Fromberger
226
50
Norbert Stellner
»Ausgesprochene sportliche Leckerbissen«
Eine Sportgeschichte des Mühldorfer Volksfestes
166
Wolfgang Haserer
»Mit Ellenbogen und heimlichen Fußtritten«
Die Festwirtfamilie Hutter verloste Bullen –
und bekam Nachwuchs am ersten Volksfesttag
230
Wolfgang Haserer
»Von Wagemut besessen«
Der Todesfahrer von der Wies – Steilwandartist Alois Höcherl
204
Wolfgang Haserer
»Prima Stoff«
Das Weißbierzelt der Familie Unertl
234
Wolfgang Haserer
»Durch den Mund bis zum Zwölffingerdarm«
Joe Jagger, Schwertschlucker und Feuerspucker
214
Rudolf Neumaier
»Damals war’s eigentlich genau so wia heit«
Das Mühldorfer Volksfest zwischen Tradition und Innovation
240
Wolfgang Haserer
»Hans im Glück«
Der Glückshafen, ein Gründungsmitglied des Mühldorfer Volksfestes
222
Edwin Hamberger/Wolfgang Haserer
Wissenswertes
254
Fußnoten
258
Bildnachweis
272
Edwin Hamberger
»Tausende Schaulustige aus Nah und Ferne«
Das landwirtschaftliche Bezirksfest 1865
12
Rudolf Neumaier
»Großdeutschland wird weiterleben!«
Das Volksfest 1939
58
Rudolf Neumaier
»Eine Münchener Oktoberfestwiese en miniatur«
Das Mühldorfer Volksfest 1902
20
Rudolf Neumaier
»Weil’s gar so zünftig ist und weil’s Bier gar so gut schmeckt«
Das Volksfest 1951
66
Rudolf Neumaier
»Jetzt kommt er«
Ein Doppeldecker auf dem Volksfest 1913
28
Wolfgang Haserer
»Ein Sturm wie eine Detonation«
Ein Unwetter verwüstet am 29. August 1964 den Volksfestplatz
74
Edwin Hamberger
»10 Tage Sonnenschein«
Das Volksfest 1929
38
Norbert Stellner
»Noch nie dagewesene Attraktionen«
Eine Schaustellergeschichte des Mühldorfer Volksfestes
Norbert Stellner
»Für Stimmung und Frohsinn sorgt«
Eine Musikgeschichte des Mühldorfer Volksfestes
124
Edwin Hamberger
»Die mysteriöse Uhr«
Die Gewerbeausstellungen 1902 –1971
150
12
13
Edwin Hamberger
»Tausende Schaulustige aus Nah und Ferne«
Das landwirtschaftliche Bezirksfest 1865
Am 9. Oktober 1810 genehmigte König Max I. Joseph die Satzung des Landwirtschaftlichen Vereins.1 Als Vereinszweck wird darin die »Beförderung der praktischen
Landwirtschaft und der damit in näherer Verbindung stehenden Gewerbe« angeführt.2 Eine seiner wichtigsten Aufgaben war es, die Landwirtschaftsfeste in der
Haupt- und Residenzstadt München als Zentralfeste sowie auf Landesebene in den
Kreisstädten als Kreisfeste durch die Bezirkskomitees zu organisieren und auszurichten. Feste Bestandteile dieser Feste waren die Viehprämierungen, verschiedene
Leistungsschauen und Pferderennen, wobei dabei nicht nur der sportliche Aspekt
im Vordergrund stand, sondern auch die Förderung der heimischen Pferdezucht.
Daneben durften Volksbelustigungen und Schaubuden nicht fehlen.3 Mit der Gründung des Landwirtschaftlichen Vereins war einerseits eine öffentliche Körperschaft
mit dem Recht auf Selbstverwaltung, andererseits eine offizielle Berufsvertretung
der bayerischen Landwirtschaft mit halbamtlichem Charakter geschaffen. 1920
wurde der Landwirtschaftliche Verein mit der konstituierenden Sitzung der Bauernkammer zu einer freien Organisation.4
Zwei Ziele verfolgte das in Mühldorf vom 8. bis zum 10. September 1865 erstmals abgehaltene landwirtschaftliche Bezirksfest. Erstens die Hebung und Förderung
der landwirtschaftlichen Interessen, zweitens das Publikum »für einige Tage entsprechend zu fesseln und zu unterhalten«.5 Neben einer Ausstellung landwirtschaftlicher
Geräte und Maschinen – das am meisten beeindruckende Ausstellungsstück war
sicherlich die englische Dampfdreschmaschine – gab es Auszeichnungen für beson-
Karussell, kolorierte
Lithographie, 1843
22
23
fer Anzeiger.4 Für Provinzorte war München die Referenzgröße schlechthin. Die
Zeitung lobte das Geschäftshaus Daxenberger, weil seine »Auslagen sich gut mit
denen der Schönsten Münchens messen können« 5. Auch beim Fest selbst wagten
die Mühldorfer Vergleiche mit der bayerischen Hauptstadt. Als es bereits im Gange
war, schwärmte der Mühldorfer Anzeiger: »Alles in Allem: eine Münchener Oktoberfestwiese en miniatur.«6 Übrigens gab es Volksfest-Sonderzüge aus allen Richtungen – auch aus München. Und die Besucher kamen dann auch aus allen Richtungen.7
Allein Prinzregent Luitpold erschien nicht. Selbstverständlich hatte die Stadt
ihn unter Hinweis auf das Jubiläum gebeten, den Feierlichkeiten beizuwohnen.
Die Absage des königlichen Hauses aber klang ebenso freundlich wie reserviert:
»Mit Rücksicht auf die aus einer willfährigen Verbescheidung des vorliegenden
Gesuches entstehenden Consequenzen glauben jedoch seine königliche Hoheit es
sich versagen zu müssen, demselben stattzugeben. Dem geplanten Fest wünsche
seine königliche Hoheit einen würdigen und schönen Verlauf.«8 Die Lokalpresse
jubelte über einen Pokal, den Luitpolds Hofsekretariat als ersten Preis für das
Jubiläumsschießen nach Mühldorf schickte: außen silbern, innen vergoldet, »in modernem Stile gehalten«.9
Wettbewerbe gab es zuhauf: einen Turnwettbewerb und ein Pferdetrab- und
Galopprennen und die Feuerschützengesellschaft organisierte ein großes Preisschießen mit nicht weniger als zehn Schießständen. Ein Höhepunkt war natürlich
der Festzug mit 24 Abteilungen.10 Auch bei der Landwirtschaftsausstellung gab
Jubiläumspostkarte 1902
Absage seiner Königlichen
Hoheit Prinzregent Luitpold
von Bayern für die Teilnahme
am Fest
52
53
Im Gegensatz zum knallroten Volksfestplakat, das vergleichsweise neutral das
»Mühldorfer Volksfest während des Kreistages der NSDAP« ankündigte, prangte
auf dem Zeitungskopf der Mühldorfer Zeitung, in der unter anderem der Mühldorfer Anzeiger und das Mühldorfer Tagblatt gleichgeschaltet waren, das Hakenkreuz.
Dementsprechend kämpferisch berichtete sie über dieses Großereignis. Dass es
sich um ein Volksfest handelte, geriet in den Hintergrund. »Die Partei«, schrieb
der stellvertretende Gauleiter Otto Nippold auf der Titelseite zum Auftakt der
Veranstaltung, »verlangt als Kampforganisation einer Weltanschauung die Führung
auf allen Gebieten des Lebens.« 5 Also auch beim Feiern. Wie die Mühldorfer dazu
standen, geht aus dieser historischen Quelle leider nicht hervor.
Den Volksfestplatz richteten die Gauführer auf der sogenannten Marxbauernwiese hinter dem damaligen Schulhaus ein.6 Zur Orientierung: Auf diesem Platz
steht heute die Staatliche Berufsschule II. Tagsüber gingen anlässlich des NSDAPKreistages viele Veranstaltungen in Gasthöfen und Cafés über die Bühne: Allein am
15. Juni hielten Parteireferenten zeitgleich um 10 Uhr in diversen Lokalen ein gutes
Dutzend Vorträge zu Themen wie »Kraft durch Freude«, »Energie – Verkehr –
Verwaltung« und »Presse und Propaganda«. Auch tags darauf, zum »Tag der Deutschen Frau«, waren Sondertagungen und Kundgebungen anberaumt. Dieser Tag
endete mit der Beethoven-Symphonie in der Inntalhalle, die Eintrittspreise waren
gestaffelt von einer Reichsmark bis 50 Pfennige. Der Samstag, der 17. Juni, war vor
allem Tagungen verschiedener Behörden vorbehalten. Das Rassepolitische Amt
Volksfestplakat 1939
Beflaggter Stadtplatz
anlässlich des Kreistags 1939
72
73
Weil die Reparaturarbeiten zwei Tage in Anspruch nehmen würden, legten die
Verantwortlichen den Neustart auf Dienstag, 1. September 1964, fest. Eine von
Hans Gollwitzer vorgeschlagene Verlängerung des Fests zur Entschädigung lehnten
die Schausteller zunächst mit dem Hinweis auf die vertragliche Bindung an das
Münchner Oktoberfest ab, letztlich fand das Volksfest aber doch zwei Tage länger
statt als geplant.8
Turmbrauerei und Weißes Bräuhaus errichteten mit Hilfe der Mühldorfer Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks neue Zelte, die Aufräumarbeiten wurden
am 30. und 31. August 1964 vor allem durch die Massen an Schaulustigen behindert.
Polizeiliche Schätzungen gingen von 15.000 Personen aus, die »am Sonntag den
Volksfestplatz säumten und den Verkehr verstopften«.9
Der Gesamtschaden des Sturms lag laut Anzeiger bei rund 150.000 Mark.10
Zudem griff die Heimatzeitung einzelne Beispiele heraus: Festwirt Max Rauschecker
schätzte seinen Verlust auf rund 30.000 Mark, das Zelt sei zum Glück versichert
gewesen. Erheblichen Schaden erlitt auch der Auto-Scooter, von 50.000 Mark
wurde berichtet. Noch schlimmer erwischte es »Winterhalters Marionettentheater«: die Bühne verwüstet, 70 Prozent der Puppen vernichtet, rund 20.000 Mark
Schaden.11 Die Schausteller bedauerten, dass »sie den Mühldorfer Wies‘n-Besuchern
nicht den Glanz und Flitter bieten können, der sonst ihre Lustbarkeit verziert«.12
Doch die »verzweifelte Niedergeschlagenheit« verwandelte sich schon am Dienstag, 1. September 1964, in »stimmungsvollen Optimismus«.13 Zu den Klängen der
Verwüstungen beim
Autoskooter
Stadtkapelle und der Grünthaler Blaskapelle floss abends bereits wieder das Festbier, noch ehe die beiden großen Bierzelte wieder vollständig errichtet waren.
Die erste offizielle Veranstaltung nach der Wiedereröffnung war am Mittwoch
der Kindertag. Mühldorfs Buben und Mädchen gaben die Richtung vor – für ein
im weiteren Verlauf friedliches Volksfest 1964, das schwere Stunden erlebt hatte.
Am Abend waren dann von 20 Uhr an alle Bierzelte bis auf den letzten Platz
besetzt. »Als gelte es die verlorenen Tage nachzuholen, kannten Jubel, Trubel und
Heiterkeit keine Grenzen mehr«, schrieb der Anzeiger.14
Winterhalters Filmmarionettentheater nach dem Sturm
Winterhalters Filmmarionettentheater
Es sollte die Sensation des Mühldorfer Volksfests werden, am Ende wurde es eine traurige Geschichte.
Winterhalters Marionettentheater machte 1964 zum ersten Mal auf dem Mühldorfer Volksfest Station,
nach der dritten Nachmittagsvorstellung zerstörte der Wirbelsturm Theater und Bühne, und die »Puppen
ertranken im Wasser des Wolkenbruchs«15. Willy Schmid Winterhalter und seine Frau Mady erlitten den
wohl größten Verlust unter allen Schaustellern, obwohl der Schaden »nur« 20.000 Mark betrug. »Mit einem
Schlag war das Werk ihrer jahrelangen gemeinsamen Arbeit vernichtet und die beiden Puppenspieler
schämten sich ihrer Tränen nicht«, hieß es im »Anzeiger«.16 Die Winterhalters waren die einzigen Schausteller, die das Volksfest verlassen mussten.
108
109
Der große Schlager auf den Volksfesten der zwanziger und dreißiger Jahre waren
die sogen. »Selbstfahrergeschäfte« oder »Skooter«, bei denen man in Fahrzeugen
mit eigenem Antrieb und eigener Lenkung auf einer überdachten Fahrbahn nach
eigenem Belieben herumfahren konnte. Angetrieben wurden die Fahrzeuge über
Stromabnehmer von einem stromführenden Gitter unter der Decke der Fahrbahnbedachung. In Mühldorf war für diese neue Art von Fahrgeschäften, die in Deutschland bereits seit 1923/1924 belegt sind,46 1929 mit einer »Elektro-Selbstfahrerbahn«
von Ludwig Barth Premiere. In der Vorbereitungsphase des Volksfestes von 1929
hatte man seitens des Stadtrates Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt (Anzeigen
in der Schaustellerzeitung »Komet« und Anfragen beim Münchner Schaustellerverband), um eine solche Attraktion in die Innstadt zu bekommen, nachdem die
Schausteller Birkeneder und Lindner bereits abgesagt hatten. Ein Jahr später hatte
dann sogar ein Skooter des »Karussellkönigs« Hugo Haase (Hannover) seinen
Weg nach Mühldorf gefunden. Wie der Lokalpresse zu entnehmen ist, haben diese
Volksfest-Attraktionen zu jener Zeit auch auf die Mühldorfer Festbesucher eine
unheimliche Anziehungskraft ausgeübt.
Auf dem Nachkriegs-Volksfest von 1951 stand dann erstmals ein Zierer-Skooter
auf der Volksfestwiese. Diese »Autosport-Bahn« genannte Zierer-Anlage mit seinen zahlreichen Holzsäulen und aus großen Bildtafeln bestehenden Dachkanten
gehörte noch der Skooter-Generation der Vorkriegszeit an. Bis 2006 ist die Familie
Zierer den Mühldorfern mit ihrem Skooter treu geblieben, immer darauf bedacht,
Skooter-Chaise von
Zierers Autoskooter 1952
»Barth’s Elektro-Selbstfahrerbahn«, Anzeige
im Mühldorfer Anzeiger,
vom 25./26.8.1929
»Selbstfahrerbahn« von
Max Stehbeck, München,
Bewerbungsfoto um 1929
124
125
Norbert Stellner
»Für Stimmung und Frohsinn sorgt«1
Eine Musikgeschichte des Mühldorfer Volksfestes
Neben Essen, Trinken und dem schaustellerischen Angebot gehört die Musik zu
den vier tragenden Säulen bayerischer Volksfestkultur. Musik begleitet nicht nur den
Volksfestverlauf oder dient zur Berieselung der Festbesucher, sie spielt auch eine
wichtige Rolle bei der Steuerung des Stimmungsverlaufs in den Bier- und Weinzelten,
wobei ihre zentrale Funktion darin besteht, eine den Alkoholkonsum stimulierende
Atmosphäre zu schaffen. Diesen stimulierenden Faktor der Musik kann 1932 auch
der Berichterstatter des Mühldorfer Anzeigers in seinem Resümee über die ersten
Tage des Volksfestes betätigen, wenn er schreibt: »Da schmeckt das Bier nur noch
besser und trinkt sich süffiger (…).«2 Manch ein Volksfestmanager der Neuzeit geht
sogar so weit, der Musik in den Bierzelten einen höheren Stellenwert einzuräumen
als den leiblichen Genüssen, denn »die Musik ist eigentlich das, um die Leute mal
raus zu ziehen, weil die wissen an einem Donnerstag noch nicht, wie am Freitag das
Hendl schmeckt, aber wissen am Donnerstag schon, welche Musik am Freitag spielt.
Also ist die Musik für uns eigentlich schon immer ein Aushängeschild.«3 Trotz dieser
wichtigen Stellung der Musik im Volksfestgeschehen ist die Musikgeschichte der bayerischen Volksfeste bis heute erst ansatzweise erforscht,4 weshalb die nachfolgenden
Ausführungen einen kleinen Beitrag zu deren Erhellung leisten möchte. Auch hier
erweisen sich die Lokalzeitungen wieder als ergiebige, wenn nicht sogar maßgebliche
Quelle. Wegen ihrer ausgesprochen großen Bandbreite können in diesem Beitrag
nur einzelne Aspekte der Musik auf dem Mühldorfer Volksfest erörtert werden.
Barfuß und in Lederhosen:
die bayerische Kultband
»LaBrassBanda« im Weinzelt
auf dem Mühldorfer Volksfest
2014
254
255
Wissenswertes
1960
Edwin Hamberger/Wolfgang Haserer
… flogen zur Eröffnung 1.009 Tauben in die Luft.
1961
1953
1913
… hatte das Mühldorfer Volksfest bereits eine derart große
Anziehungskraft, dass Sonderzüge aus Neumarkt-St.Veit,
Freilassing und Rosenheim zum Transport der Besucher
eingesetzt wurden.1
… fand zum ersten Mal ein »Tag der guten Nachbarschaft«
statt. Bürgermeister Hans Gollwitzer sagte, es sei »ganz
gut und der Demokratie förderlich, wenn Bürgermeister
und Gemeinderäte in festfrohen Stunden in einem Bierzelt
einmal unters Volk gerieten, um des Volkes Stimme ungeschminkt zu hören«.3
1954
1929
… fand eine Edelpelz-Tierschau des Kleintierzuchtvereins
Mühldorf statt.
1952
… kam beim Auszug der Wagen mit dem Personal für das
Große Festzelt ins Schleudern und kippte um. »Die Kellnerinnen stürzten dabei vom Wagen und teilweise unter die
Pferde. Sie kamen aber alle mit zerrissenen Nylons, einigen
Hautabschürfungen und dem Schrecken davon. Als der
Bürgermeister kurz darauf den Beginn des Volksfests mit
der präzisen Anweisung ›Zapfet an!‹ eröffnete, war der
Schrecken schon wieder vergessen.« 2
… wurde das Volksfestprogramm in Form eines Abreißkalenders gedruckt. Es enthielt unter anderem den Hinweis auf
die Uraufführung des historischen Schauspiels »Der letzte
Ritter vom Dornberg« von Hans Moosrainer – inszeniert
von Dr. Eugen Hauf. 4
… musste am Volksfestdienstag das große Bierzelt wegen
Überfüllung geschlossen werden. Grund war der Auftritt
des bayerischen Gstanzlsängers Roider Jackl.6
1954
… entwarf Stadtmaler Franz Neulinger das Volksfestplakat
mit Rathaus und Brunnenbuberl in der Silhouette eines
Kettenkarussels, das über Jahrzehnte dem Mühldorfer
Volksfest sein Gesicht gab.
1955
… verprügelten Volksfestbesucher einen Autofahrer und
dessen Begleiter so schwer, dass beide in das Mühldorfer
Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Zuvor hatte
der angetrunkene Mann aus Winhöring mit seinem Wagen
den Festplatz überquert und dabei einen Münchner sowie
die fünfjährige Tochter eines Schaustellers angefahren.
Daraufhin waren die aufgebrachten Passanten, die den Vorfall beobachtet hatten, laut Polizei nicht mehr zu bremsen.5
1956
… kamen so viele Besucher zum Volksfest, dass nicht nur
dem Festwirt die Maßkrüge ausgingen, sondern auch der
Hendlbraterei die Holzkohle.
1963
… war die Attraktion für Kinder ein Eisbär, mit dem man
sich fotografieren lassen konnte – laut »theguardian« vom
15.7.2015 eines der beliebtesten Fotomotive der Deutschen
im 20. Jahrhundert.7
1965
… wurde bei einer Schlägerei ein 26-jähriger, verheirateter
Mann von einem Bambusspazierstock so schwer am Auge
verletzt, dass er ein paar Tage später in einer Münchner
Spezialklinik starb.
1970
… schaute ein Schulbub aus Altötting zu tief in den Maßkrug.
»Er torkelte auf die Bundesstraße 12, um gestikulierend
einen Anhalter zu spielen. Die Polizei brachte den 13-Jährigen schließlich zu seinen Eltern nach Hause«8.
»Weil’s gar so zünftig ist«
150 Jahre Volksfest Mühldorf am Inn
1865–2015
»Weil’s gar so zünftig ist«
ISBN: 978-3-9808380-9-2
150 Jahre Volksfest Mühldorf am Inn
Schausteller und Fahrgeschäfte, Bierzelte und Blasmusik, Festzüge
und Sportveranstaltungen, Literarisches, Amüsantes und Kuriositäten –
in lebendigen und vergnüglichen Beiträgen und vielen Abbildungen
erzählt dieses Buch zum Jubiläum Geschichte und Geschichten rund
um das Volksfest.
1865–2015
Vor 150 Jahren fand das erste Mühldorfer Volksfest anlässlich des
landwirtschaftlichen Bezirksfestes statt. Inzwischen ist es schon seit
vielen Jahren ein Höhepunkt im Jahreslauf der Stadt.
»Weil’s gar so zünftig ist«
1865–2015
150 Jahre Volksfest Mühldorf am Inn
Edwin Hamberger
Wolfgang Haserer
Rudolf Neumaier
Norbert Stellner
Herunterladen