Ich sehe im Saal keinen Einspruch. Somit

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Frankreich – Info
Herausgeber: Französische Botschaft
Presse- und Kommunikationsabteilung
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2015
www.ambafrance-de.org
Rede von Außenminister Laurent Fabius, Vorsitzender der COP 21
Paris, 14. Dezember 2015
(Anrede)
Nun stehen wir also fast am Ende des Wegs und zweifellos am Anfang eines neuen.
Ich möchte zunächst Ihnen allen für Ihre Arbeit danken, nicht nur der letzten Tage – und der
letzten Nächte –, sondern auch der vergangenen Monate und für viele von Ihnen der
vergangenen Jahre. Der endgültige Entwurf des Übereinkommens, der Ihnen heute Vormittag
vorgelegt wird, und den Sie am Ende dieser Sitzung erhalten werden, verdankt
selbstverständlich vieles den hier in Paris erzielten Fortschritten, aber keiner von uns vergisst
den seit Durban zurückgelegten Weg.
Ich danke insbesondere dem Generalsekretär der Vereinten Nationen sowie dem
französischen Staatspräsidenten, die uns mit ihrer Anwesenheit ehren und die beide ihre starke
persönliche Entschlossenheit in den Dienst einer erfolgreichen COP21 gestellt haben.
Vier Jahre lang hat die ADP-Gruppe Beachtliches geleistet: Ich möchte die Arbeit der
verschiedenen Ko-Präsidenten, der Vermittler und aller an den Verhandlungen Beteiligten
loben. Und ich möchte dem peruanischen Vorsitz der COP20 aufrichtig danken, insbesondere
Manuel Pulgar-Vidal, der den notwendigen Impuls gegeben hat, bevor unsere marokkanischen
Freunde im nächsten Jahr übernehmen. Schließlich denke ich ganz besonders an diejenigen –
Minister, Verhandelnde, Aktivisten – die bei diesem womöglich historischen Ereignis gerne
dabei gewesen wären, die aber gehandelt und gekämpft haben ohne diesen Tag erleben zu
dürfen.
***
Es war uns ein Anliegen bei dieser Pariser Konferenz, die Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen
und die Voraussetzungen für die Vorbereitung des Übereinkommens bestmöglich zu gestalten.
Ich hatte eine Vorgehensweise auf der Grundlage von gegenseitigem Zuhören, Transparenz,
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Ehrgeiz und Kompromissbereitschaft angekündigt. Eine Weltklimakonferenz, bei der sich jede
Partei gehört und verstanden fühlt. Ich hoffe, dass uns dies gemeinsam gelungen ist.
Liebe Freunde,
nach dem außerordentlichen politischen Impuls, der von den 150 Staats- und Regierungschefs,
die zu Beginn unserer Konferenz zusammenkamen, ausging, hat die ADP-Gruppe ihre Arbeiten
in der ersten Woche fortgesetzt. Vergangenen Samstag – das scheint bereits sehr weit weg zu
sein – haben wir nach der Vorstellung des ADP-Textes durch die Ko-Präsidenten eine
informelle und für alle zugängliche Beratungsinstanz eingerichtet, das „Comité de Paris“. Wir
haben alle viel gearbeitet, relativ wenig geschlafen und mehrere vermittelnde Minister haben
uns dabei geholfen, Kompromisse zu schließen: Ich danke denjenigen, ich danke Ihnen sehr
herzlich! Zu schwierigen Themen wurden mehrere Gespräche im „Indaba-Format“ organisiert.
Ich habe Ihnen im Laufe dieser Woche nicht weniger als zwei vorläufige Entwürfe als Ergebnis
der Verhandlungen zwischen den Parteien vorgelegt, bevor ich Ihnen heute den endgültigen
Text anbieten konnte. Das Ziel war bei jeder Etappe, uns gemeinsam der von allen ersehnten
Einigung anzunähern. Jedes Mal wurden die Vertragsparteien über die bestmögliche
Vorgehensweise ebenso wie zum Inhalt befragt. Dies geschah in einer konstruktiven
Atmosphäre, die ich besonders herausstreichen möchte, und heute stehen wir kurz vor dem
Abschluss dieses Prozesses.
***
Es ist uns also tatsächlich gelungen, davon bin ich fest überzeugt, einen anspruchsvollen und
ausgewogenen Entwurf einer Vereinbarung zu verfassen, der die Haltungen der Parteien
widerspiegelt. Er wird Ihnen in wenigen Minuten ausgehändigt werden. Ich will hier und jetzt
nicht in alle Details gehen, nur einige Punkte erörtern. Dieser Text, der notwendigerweise ein
ausgewogener Text ist, enthält die wichtigsten Fortschritte, die viele von uns für unmöglich
halten mochten. Der vorliegende Textentwurf ist differenziert, gerecht, nachhaltig, dynamisch,
ausgewogen und rechtsverbindlich. Er entspricht dem Durban-Mandat. Er erkennt den Begriff
„Klimagerechtigkeit“ an und berücksichtigt bei jedem Thema die unterschiedliche
Verantwortung der Länder, ihre jeweiligen, den nationalen Umständen entsprechenden
Kapazitäten. Er bekräftigt unser grundlegendes, ja sogar lebenswichtiges Ziel, den Anstieg der
Durchschnittstemperatur bei deutlich unter 2 Grad zu halten und nach Kräften auf 1,5 Grad zu
begrenzen, was eine deutliche Verringerung der Risiken und Folgen des Klimawandels
ermöglichen würde. Er setzt ein langfristig ehrgeiziges, aber notwendiges Ziel. Durch die
Bekanntgabe oder im Fünf-Jahres-Rhythmus geplante Überprüfung der nationalen Beiträge,
die dadurch zwangsläufig ehrgeiziger werden, macht er die Reduzierung der Treibhausgase zu
einer Angelegenheit, die alle etwas angeht. Er räumt der Anpassung an die Auswirkungen des
Klimawandels einen höheren Stellenwert ein. Er erkennt die notwendige, ständige und
vorrangige Zusammenarbeit an den Verlusten und Schäden an. Mit der Bereitstellung der
geeigneten Mittel zur Umsetzung sieht der Textentwurf die Mittel vor, die zur Sicherstellung des
Zugangs aller zur nachhaltigen Entwicklung notwendig sind. Ferner wurde auf der COP21
beschlossen, dass die 100 Milliarden Dollar, die ab 2020 jährlich geplant sind, eine Untergrenze
für die Zeit nach 2020 sein müssen und dass spätestens bis 2025 ein neues Ziel gesteckt
werden muss. Dieser Text wird das gegenseitige Vertrauen der Parteien ineinander stärken,
dank verstärkter Transparenzmaßnahmen, die die Kapazitäten jedes einzelnen berücksichtigen
und sich auf die aktuellen Mechanismen stützen. Er sieht alle fünf Jahre eine gemeinsame
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Bilanz unserer Fortschritte vor, was uns ermöglicht, gemeinsam zu reagieren, falls unsere
Bemühungen angesichts der gesteckten Ziele ungenügend erscheinen. Sollte er verabschiedet
werden, wird dieser Text also eine historische Wende einläuten. Diese COP21 ist generell ein
wahrer Wendepunkt – für das Vorgehen nichtstaatlicher Akteure (Gebietskörperschaften,
Unternehmen, verschiedene Organisationen) ebenso wie für die Verabschiedung allgemein
verbindlicher Vereinbarungen.
Im Laufe unserer zahlreichen Gespräche hat jede Partei ihre Vorschläge und ihre „roten Linien“
zum Ausdruck gebracht, das ist legitim, und wir haben sie respektiert. Zwar haben nicht alle
Länder das bekommen, was sie wollten. Aber seien wir ehrlich, bei 196 Parteien wussten wir
von Anfang: Wenn jeder verlangt hätte, dass seine Forderungen zu 100 % berücksichtigt
werden, dann hätten wir als Gemeinschaft letztendlich 0 % erreicht. Während unserer Arbeiten
hat es eine von uns sehr treffend formuliert: Es geht darum, der Welt zu zeigen, dass unserer
gemeinschaftlichen Anstrengungen mehr wert sind als die Summe unserer individuellen
Aktionen.
Wir alle hier denken, dass die Zeit gekommen ist, uns nicht auf die roten, sondern auf die
„grünen Linien“ eines allgemein gültigen Kompromisses zu konzentrieren. Die Frage, die sich
jedem von uns stellt, lautet also nicht mehr nur: „Wie kann ich meine Standpunkte geltend
machen?" Sondern: „Was kann es Besseres geben als dieses allgemeine Gleichgewicht, das
hier zur Disposition steht? Und die Antwort - davon bin ich überzeugt und Sie sind es hoffentlich
auch - lautet ganz klar, dass dieser Text, den wir gemeinsam entwickelt haben, unser Text also,
das bestmögliche Gleichgewicht bildet – ein starkes und zugleich empfindliches Gleichgewicht,
das jeder Delegation, jeder Ländergruppe ermöglichen wird, erhobenen Hauptes und mit
wichtigen Errungenschaften nach Hause zu gehen.
Und ich möchte hinzufügen, dass ich mich als COP-Vorsitzender verpflichte, die
Schwierigkeiten zu berücksichtigen, denen einige unter uns nach Verabschiedung des
Übereinkommens begegnen könnten, und gegebenenfalls im Laufe meines Vorsitzes
Beratungen veranlassen werde, um schnell Lösungen zu finden.
***
Liebe Kollegen und Freunde,
heute ist für uns alle die Stunde der Wahrheit gekommen. Bevor Sie den Text prüfen und wir
ihn, so hoffe ich, im Laufe des Tages annehmen können, möchte ich Ihnen abschließend
Folgendes sagen:
Diese Einigung ist notwendig, für die ganze Welt und für jedes unserer Länder.
Es wird den Inselstaaten, unter anderem im Pazifik und in der Karibik helfen, sich vor dem
steigenden Meeresspiegel zu schützen, der ihre Küsten zu überfluten beginnt. Es wird die
Bereitstellung der erforderlichen finanziellen und technologischen Mittel für die nachhaltige
Entwicklung Afrikas beschleunigen. Es wird die Länder Lateinamerikas beim Erhalt ihrer Wälder
unterstützen. Es wird die Länder, die fossile Energie erzeugen, in ihren Anstrengungen zur
technologischen und wirtschaftlichen Diversifizierung begleiten. Es wird uns allen helfen, eine
Wende hin zu einer klimaresilienten, emissionsarmen Entwicklung auf der Grundlage
nachhaltiger Lebensweisen zu vollziehen. Denn über die reinen Klimafragen hinaus wird dieses
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Übereinkommen wichtigen Anliegen zuträglich sein wie der Nahrungsmittelsicherheit und produktion, der öffentlichen Gesundheit, der Armutsbekämpfung, den Grundrechten und
letztendlich dem Frieden.
Ein weiterer triftiger Grund, das Übereinkommen anzunehmen, ergibt sich aus dem Kontext. In
diesem Monat, im Dezember 2015, spüren wir ganz deutlich, dass hier in Paris ein, wie manche
sagen, besonderes „Momentum“ vorliegt, insbesondere mit Blick auf das Engagement der
Zivilgesellschaft. Sie haben es im Laufe der beiden vergangenen Arbeitswochen immer wieder
betont: Ein derart positiver Kontext, solch eine günstige Sternenkonstellation, wie unser Freund
Ban Ki-moon gerne zu sagen pflegt, gab es nie zuvor. Unsere Verantwortung vor der
Geschichte ist also groß, und diese Verantwortung besteht darin, diese einmalige Gelegenheit,
die sich uns heute bietet, nicht zu verpassen.
Niemand hier will eine Neuauflage von Kopenhagen. Ein Kopenhagen, das ohne Zweifel
deutlich freundlicher, aber letztendlich weitaus destruktiver wäre. Denn damals, viele von Ihnen
haben die Konferenz miterlebt, gab es Unzulänglichkeiten und Fehler, und nicht alle Sterne
standen gut. Heute tun sie es. Damals konnten einige noch hoffen, dass diese Stunde des
Scheiterns schnell vergessen würde. Sollten wir dagegen heute scheitern, wie sollen wir jemals
wieder Hoffnung schüren können? Das Vertrauen in die eigentliche Fähigkeit der
Staatengemeinschaft, gemeinsam Fortschritte für das Klima zu erreichen, wäre
unwiederbringlich verletzt. Außerdem stünde dabei die Glaubwürdigkeit der multilateralen
Beziehungen und der internationalen Gemeinschaft als handlungsfähiger Rahmen für die
Bewältigung universeller Herausforderungen auf dem Spiel. Niemand von uns kann und wird
diesen Aspekt außer Acht lassen. Die Bürger dieser Welt und unsere eigenen Mitbürger
würden es nicht verstehen, und ich denke, sie würden es nicht verzeihen.
Ich rufe also uns alle dazu auf, sich dessen bewusst zu bleiben, was unsere Staats- und
Regierungschefs bei der Eröffnung dieser Konferenz klar und deutlich zum Ausdruck gebracht
haben. Was haben sie uns gesagt? Welches Mandat haben Sie uns gegeben? „Bringen Sie
dieses Klimaübereinkommen auf den Weg.“ Jetzt, wo wir das Schicksal des Übereinkommens
in unseren Händen halten, dürfen wir weder Zweifel an der Aufrichtigkeit der Zusagen dieser
hohen Entscheidungsträger wecken, noch an unserer eigenen Fähigkeit, den von ihnen
eingegangenen Verpflichtungen gerecht zu werden.
***
Ich komme zum Abschluss. Eine Teilnehmerin hat uns dieser Tage den berühmten Satz von
Nelson Mandela in Erinnerung gerufen. Ich zitiere: „Es erscheint immer unmöglich, bis es
gemacht wird". Hinzufügen möchte ich Worte, die ebenfalls aus dem Munde dieser Legende
stammen. Ich zitiere: „Niemand von uns kann Erfolg haben, wenn er alleine handelt." Der Erfolg
ist heute für uns alle greifbar. Sie werden in diesem Raum über eine historische Vereinbarung
entscheiden. Die Welt hält den Atem an und zählt auf uns alle. Ich danke Ihnen.
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