www.lehrerservice.at aktuell Ausgabe 49 April/Mai 2016 Jugendmagazin ONLINE Foto: Georg Hochmuth/APA/picturedesk.com Am 22. Mai müssen sich die Österreicher endgültig für einen Kandidaten entscheiden. Präsident gesucht Am 22. Mai 2016 kommt es in Österreich zur Stichwahl. 6,4 Millionen Wählerinnen und Wähler müssen entscheiden, wer Präsident wird: Alexander Van der Bellen oder Norbert Hofer. Die Wahl könnte nicht extremer sein. Am 24. April sollte in Österreich ein neuer Bundespräsident oder eine neue Bundespräsidentin gewählt werden. Fünf Kandidaten und eine Kandidatin standen zur Wahl: Alexander Van der Bellen (ehemaliger Parteichef der Grünen, trat unabhängig an), Norbert Hofer (FPÖ), Rudolf Hundstorfer (SPÖ), An­dreas Khol (ÖVP) und die von einer Partei unabhängigen Kandidaten Irmgard Griss und Richard Lugner. Bei so vielen Kandidaten schien absehbar, dass die Österreicher ein zweites Mal wählen würden: Denn nur wer Beim ersten Wahlgang am 24. April 2016 standen eine Kandidatin und fünf Kandidaten zur Wahl. Irmgard Griss Alexander Van der Bellen Rudolf Hundstorfer Andreas Khol Norbert Hofer Richard Lugner Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer schafften es in die Stichwahl. JÖaktuell-ONLINE • www.lehrerservice.at Ausgabe 49 • April/Mai 2016 • Seite 1 Foto: Michael Gruber/EXPA/picturedesk.com Foto: Michael Gruber/EXPA/picturedesk.com WAHL 2016 Alexander Van der Bellen (72) (Stimmenanteile in Prozent) Richard Lugner 2,3 % Andreas Khol 11,1 % Norbert Hofer 35,1 % Rudolf Hundstorfer 11,3 % Irmgard Griss 18,9 % Bei der Stichwahl stehen sich sehr unterschiedliche Kandidaten gegenüber, die von sehr unterschiedlichen Parteien unterstützt werden. Alexander Van der Bellen 21,3 % Der Wahlkampf Reden, diskutieren, Fragen beantworten, sich erklären: Die Wochen bis hin zur Wahl sind für die Kandidaten sehr anstrengend. Doch das ist wichtig bei einer Wahl. Die Politiker machen in dieser Form Werbung für sich selbst. Das nennt man Wahlkampf. Denn wem es gelingt, möglichst vielen Leuten zu erklären, was er oder sie als Präsident oder Präsidentin für Österreich tun würde, hat Chancen gewählt zu werden. Daher sind die Kandidaten vor der Wahl viel unterwegs, halten auf Plätzen und Straßen ihre Reden und geben Interviews im Fernsehen. Die Wähler müssen dann entscheiden, welcher Kandidat sie überzeugt, wer ihre Meinung am besten vertritt, wer das Rüstzeug hat, Präsident zu sein. Für diesen Kandidaten werden sie ein „Kreuzerl“ auf dem Stimmzettel machen. hat als Professor an der Universität Wien Wirtschaft unterrichtet. Van der Bellen war elf Jahre lang Parteichef der Grünen, mittlerweile ist er in Pension. Bei dieser Wahl tritt er als unabhängiger Kandidat an, er wird aber von den Grünen unterstützt. Er möchte beispielsweise, dass Österreich bei der EU bleibt. So wie einst als Mitglied der Grünen, setzt er sich sehr für die Menschen und die Umwelt ein. Dass Österreich nur eine begrenzte Zahl an Flüchtlingen aufnimmt, findet er nicht gut. Seiner Meinung nach sollten alle Flücht­ linge gemäß der Menschenrechte Hilfe erfahren. Norbert Hofer (45) ist ein wichtiger Politiker in der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Der Burgenländer hat als Flugtechniker gearbeitet. Vor gut 20 Jahren wurde er Mitglied der FPÖ und arbeitete für die Partei. Seit 2013 ist er dritter Präsident des Nationalrats. Er sieht die EU sehr kritisch und ist gegen einen EU-Beitritt der Türkei. Er möchte, dass Österreich mehr Energie aus Wind, Wasser und Sonne gewinnt, um weniger abhängig zu sein. Im Moment muss Österreich nämlich von anderen Ländern Erdöl und Kohle kaufen. In seinen Augen ist es richtig, dass Österreich nur mehr wenige Flüchtlinge aufnimmt. Für wen sich die Österreicherinnen und Österreicher schließlich auch entscheiden mögen, der neue Präsident wird am 8. Juli angelobt. Foto: Christian Kreuziger/picturedesk.com Das Ergebnis des ersten Wahlgangs vom 24. April 2016 Die Kandidaten bei der Stichwahl Foto: Michael Gruber/EXPA/picturedesk.com gattert, wird Präsident. Das hat keiner der Kandidaten geschafft. Alexander Van der Bellen (21,3 %) und Norbert Hofer (35,1 Prozent) haben zwar sehr viele Stimmen erhalten, müssen aber jetzt in einer zweiten Runde noch einmal zur Wahl antreten. Diese Stichwahl findet vier Wochen nach dem ersten Urnengang, am 22. Mai, statt. Foto: Georg Hochmuth/APA/picturedesk.com mehr als die Hälfte aller Stimmen er- JÖaktuell-ONLINE • www.lehrerservice.at Ausgabe 49 • April/Mai 2016 • Seite 2 Bei der Wahl zum Bundespräsidenten darf jeder österreichische Staatsbürger wählen, der bis zum Wahltag seinen 16. Geburtstag gefeiert hat. Dieses Mal sind 6,4 Millionen Österreicher wahlberechtigt. Oft nützen die Menschen ihr Stimmrecht aber nicht. Entweder haben sie kein Interesse am politischen Geschehen, oder sie denken die Präsidentschaftswahl sei nicht so wichtig. Viele gehen aber auch nicht hin, weil sie mit der Politik des Landes unzufrieden sind. Das gilt auch für viele, die gewählt haben. Und es ist der Grund dafür, dass bei dieser Wahl Norbert Hofer von der FPÖ so viele Stimmen erhalten hat. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP scheinen ihren Job nicht gut gemacht zu haben: Ihre Kandidaten zählen zu den großen Verlieren. Es wird somit keinen Bundespräsidenten aus einer dieser Parteien geben. Das ist schon sehr lange Zeit nicht mehr geschehen. Spannend ist die Frage, wen die Anhänger von SPÖ und ÖVP nun wählen. Und ob diejenigen, die sich beim ersten Wahltermin ihrer Stimme enthalten haben, nun mitentscheiden möchten, wer die Geschicke des Landes in wichtigen Angelegenheiten lenkt. Das Amt des Bundespräsidenten Für wen sich die Österreicherinnen und Österreicher schließlich auch entscheiden mögen, der neue Präsident wird am 8. Juli angelobt. Er wird in der Hofburg arbeiten, sein Büro ist im „grünen Salon“. Seine Gäste empfängt der Präsident im einstigen Schlafgemach von Kaiserin Maria Theresia. Sechs Jahre lang wird der Präsident im Amt sein – einmal kann er wiedergewählt werden. Der bisherige Präsident Heinz Fischer war zwölf Jahre lang im Amt. Zu den wichtigsten Aufgaben eines Präsidenten zählt seiner Meinung nach, dem Land ein Familienoberhaupt zu sein. Als solches muss man für das Land Foto: Hans Leitner/First Look/picturedesk.com Die Wähler Heinz Fischer, der bisherige Bundespräsident, war zwölf Jahre lang im Amt. sprechen und immer mit gutem Beispiel vorangehen. Präsident zu sein heißt aber auch die Regierung und einzelne Minister anzugeloben. Er kann neue Gesetze anregen und muss kontrollieren, ob sie korrekt zustande gekommen sind. Der Präsident ist Oberbefehlshaber des Bundesheeres. Das heißt aber nicht, dass er einfach Soldaten in ein anderes Land – zB für die Erhaltung des Friedens in einem Kriegsgebiet – schicken kann. So eine Entscheidung muss sorgfältig geprüft werden und obliegt in erster Linie der Regierung. Ein Präsident kann nicht einfach tun und lassen was er will. Auf die Frage, was er am Bundespräsident-Sein am besten fand, antwortete Fischer: „Dass man durch das Volk gewählt ist, viel in Österreich und der Welt unterwegs ist, enge Kontakte zu Menschen in Kultur, Wissenschaft und Politik hat. Das sind schöne Aufgaben. Deswegen wollen ja auch viele Bundespräsident werden, wie man gerade sieht.“ Kathrin-Theresa Madl Kennenlernen kann man den neuen Präsidenten übrigens am Nationalfeiertag am 26. Oktober: Dann ist in der Hofburg in Wien „Tag der offenen Tür“. JÖaktuell-ONLINE • www.lehrerservice.at InfoBOX: Demokratie Unter Demokratie versteht man eine staatliche Ordnung, in der die Macht vom Volk ausgeht. Das Wort Demokratie kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Volksherrschaft“. Die Griechen haben im 6. Jahrhundert vor Christus die grundlegende Idee der Demokratie entwickelt: Die Macht in einem Staat sollten nicht Einzelne, wie etwa ein Kaiser oder ein König, besitzen. Jeder Bürger in einem Staat muss das Recht haben mitzubestimmen, was im Land passiert. Deshalb gibt es in einem demokratischen Land wie Österreich Wahlen. Die Bürger wählen Politiker, die das Sagen haben und entscheiden damit, wer sie und ihre Meinung vertreten soll. Parteien Politiker, die zur Wahl stehen, sind meist Mitglied in einer Partei, wenn sie nicht so wie manche Kandidaten bei der Bundespräsidentschaftswahl unabhängig antreten (siehe Haupttext). Menschen schließen sich zu einer Partei zusammen, weil sie in der Gruppe mehr erreichen können, als jeder für sich alleine. Aber auch, weil sie ähnliche politische Meinungen oder Ziele vertreten, welche in Parteiprogrammen festgeschrieben sind. Die Wähler können sich über diese Programme informieren. Ihre Stimme werden sie dann dem Kandidaten geben, dessen Anliegen auch für sie wichtig sind. Unter dem folgenden Link kannst du die Programme der zurzeit im österreichischen Parlament vertretenen Parteien lesen, außerdem erfährst du auf dieser Seite mehr über die Politik und das politische System in Österreich: http://rechtleicht.at/main/5 Ausgabe 49 • April/Mai 2016 • Seite 3