Seminar Neutrinos: Rätselhafte Bausteine des Mikrokosmos Drei Sorten: e, µ, τ Vortrag am 2. Mai 2006 (Sommersemester 2006) Sprecher Betreuer Dennis Terhorst Prof. Dr. L. Feld 23. Mai 2006 Inhaltsverzeichnis 1 Neutrinos im Standardmodell 1.1 Das Standardmodell der Teilchenphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Neutrinos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Leptonenzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Experimente 2.1 νe : Entdeckung von Neutrinos . . . . . . . . . . 2.2 νµ : Eine zweite Art von Neutrino . . . . . . . . 2.2.1 Erzeugung eines ν-Strahls . . . . . . . . 2.2.2 Prinzip der Detektoren . . . . . . . . . . 2.2.3 AGS Brookhaven . . . . . . . . . . . . . 2.3 ντ : Entdeckung der dritten Art . . . . . . . . . 2.3.1 Das τ -Lepton . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 DONUT @ FermiLab . . . . . . . . . . 2.3.3 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Z-Resonanzmessungen zur Bestimmung von nf 2.4.1 Messung von Wirkungsquerschnitten . . 2.4.2 QED-Korrekturen . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Partielle Zerfallsbreiten . . . . . . . . . 2.4.4 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 4 6 6 7 7 8 8 14 14 14 22 25 25 25 26 26 30 Kapitel 1 Neutrinos im Standardmodell 1.1 Das Standardmodell der Teilchenphysik Im Standardmodell wird zwischen 12 Teilchen und derzeit 12 Austauschteilchen unterschieden. Diese verschiedenen Elementarteilchen können aufgrund verschiedener Eigenschaften in Gruppen eingeteilt werden. Abbildung 1.1 zeigt alle Teilchen mit einer entsprechenden Gruppeneinteilung. Zunächst wird zwischen Teilchen mit ganzzahligem Spin, den Bosonen, und Teilchen mit halbzahligem Spin, den Fermionen, unterschieden. Zu bemerken ist hierbei, dass alle Feldquanten als Überträger einer Wechselwirkung Bosonen sind: Das Photon als Überträger der elektromagnetischen Wechselwirkung, das Gluon als Überträger der starken Wechselwirkung und die geladenen W-Bosonen bzw. das ungeladene Z-Boson für die schwache Wechselwirkung1 . In der Gruppe der Fermionen kann weiter zwischen Leptonen und Quarks unterschieden werden. Die Leptonen e, µ und τ mit ihren zugehörigen Neutrinos unterliegen im Gegensatz zu den Quarks nicht der starken Wechselwirkung. Die Quarks up, down, charm, strange, top und bottom können nochmal in Generationen angeordnet werden. Sie tragen im Gegensatz zu allen anderen Elementarteilchen eine drittelzahlige Ladung und können außerdem nur in Gruppen zu mindestens zwei auftreten (Quark Confinement). Solche mehr-Quark Teilchen zählen als Teilnehmer der starken Wechselwirkung zu den Hadronen, können aber nur im erweiterten Sinne als Elementarteilchen bezeichnet 1 Die Gravitation ist nicht im Standardmodell enthalten, so dass ein „Graviton” hier nicht mit aufgeführt wird. Weitere Bosonen werden jedoch gesucht, z. B. das Higgs-Boson welches für die Massen der Teilchen verantwortlich sein soll. Bosonen (spin 1) Eichbosonen charge γ Photon (el.mag.) 0 g Gluon (stark) 0 + − W , W (schwach) −+ 1 Z 0 Fermionen (spin 1/2) Leptonen charge 0 νe νµ ντ e µ τ −1 Quarks u c d s t b charge 2/3 −1/3 Abbildung 1.1: Gruppierungen der Teilchen im Standardmodell. werden. Wie in Abbildung 1.2 gezeigt existieren grundsätzlich zwei Arten von Hadronen: Mesonen = zwei-Quark-Zustände und Baryonen = drei-Quark-Zustände2. Quarks tragen, wie auch die Gluonen, eine „Farbladung” Rot, Grün oder Blau (oder Anti-Farben) und treten in Verbänden immer nur farbneutral auf. Mesonen bestehen daher aus einem Quark und einem Anti-Quark mit entsprechender Anti-Farbe, Baryonen immer in der Kombination RGB=Weiß. 1.2 Die Neutrinos Neutrinos existieren in drei Arten (flavours), die mit den zugehörigen Leptonen in Isospin-Dublettes angeordnet werden können. Im Gegensatz zu ihren leptonischen Partnern sind Wechselwirkungen mit Neutrinos jedoch nur über die schwache Wechsel2 Fünf-Quark-Zustände, sog „Pentaquarks” sind zwar theoretisch möglich, experimentelle Evidenz ist aber bisher sehr Umstritten. 4 Neutrinos im Standardmodell Hadronen Mesonen π++=ud K =us ... Baryonen p=uud n=udd ∆++ =uuu ... Abbildung 1.2: Hadronengruppen - Mesonen sind als q q̄-Paare immer bosonisch, Baryonen immer fermionisch. wirkung möglich3 . Wechselwirkungen Da die Neutrinos keine Ladung besitzen unterliegen sie nicht der elektromagnetischen Wechselwirkung, wobei auch für die Kopplungen höherer Ordnungen über ein (hypothetisches) Dipolmoment bisher nur Obergrenzen festgelegt werden konnten. Wie Tabelle 1.3 zeigt sind diese extrem klein, so dass sie in den meisten Fällen keinen Einfluss haben. Als Leptonen unterliegen die Neutrinos auch nicht der starken Wechselwirkung, sondern koppeln nur über die Bosonen der schwachen Wechselwirkung. Auch wenn die Kopplungskonstante der schwachen Wechselwirkung etwa gleich groß, wie die dier elektromagnetischen Wechselwirkung ist, werden die Wirkungsquerschnnitte doch durch die großen W- und Z-Massen im Nenner des Propagators sehr stark verringert. 1.2.1 weils nur innerhalb der Familie ±1, ansonsten aber null sind. Zur Verdeutlichung sind in Tabelle 1.4 die flavor-spezifischen und gesamt-Leptonenzahlen aufgeführt. Abbildung 1.5 zeigt dieses Konzept am Beispiel des Myon-Zerfalls, bei dem offensichtlich der Zerfall des Myons ohne die zugehörigen Neutrinos verboten ist. Hinweis Besonders im Hinblick auf neuere Ergebnisse bezüglich Neutrino-Massen und -Oszillationen ist es in diesem Zusammenhang wichtig darauf hinzuweisen, dass die Leptonenzahlen Le , Lµ und Lτ offenbar nicht streng erhalten sind. Auf den Längenskalen der hier betrachteten Experimente spielen ν-Oszillationen jedoch keine Rolle. In dieser Arbeit wird im Folgenden daher nur über Flavor-Eigenzustände gesprochen. Nachdem nun ein grober Überblick über das Standardmodell gegeben wurde, soll im Folgenden beschrieben werden, welche Experimente dazu führten, dass dieses Modell mit seinen drei verschiedenen Neutrinos heute allgemein akzeptiert ist. Im Anschluss daran wird anhand von Ergebnissen von LEP und SLC erläutert, warum es nicht noch weitere Neutrinos bzw. Lepton-Familien gibt, sondern nur die drei: e, µ, τ . Leptonenzahlen Zur Beschreibung von erlaubten und verbotenen Reaktionen ist die Einführung der sog. Leptonenzahlen sinnvoll. Hierbei wird bei den Leptonen L = 1 und bei den Anti-Leptonen L = −1 gesetzt, für andere Teilchen gilt L = 0. Mit diesen Zahlen lässt sich schnell herausfinden, ob eine Reaktion erlaubt ist: Die Summe der Leptonenzahlen muss vor und nach der Reaktion gleich sein. Ferner gilt sogar die Erhaltung der flavorspezifischen Leptonenzahlen Le , Lµ und Lτ , die je3 gravitative Wechselwirkung ist aufgrund der geringen Masse der Neutrinos außerhalb des Messbaren RWTH Aachen 2006 1.2 Die Neutrinos 5 Neutrino Magnetisches Moment el. Dipolmoment νe < 1.0 · 10−10 µB − νµ < 6.8 · 10−10 µB − ντ < 3.9 · 10−7 µB < 5.2 · 10−17 e cm Abbildung 1.3: Momente der Neutrinos für em. Kopplungen höherer Ordnung [3] Teilchen Le Lµ Lτ L e, νe 1 0 0 1 µ, νµ 0 1 0 1 τ, ντ 0 0 1 1 ē, ν̄e −1 0 0 −1 µ̄, ν̄µ 0 −1 0 −1 τ̄ , ν̄τ 0 0 −1 −1 Abbildung 1.4: Leptonenzahlen Le Lµ Lτ L µ− 0 1 0 1 → = = = = νµ + e− 0 + 1 1 + 0 0 + 0 1 + 1 erlaubt + + + + + ν̄e −1 0 0 −1 X X X X Le Lµ Lτ L µ− 0 1 0 1 → e− = 1 = 0 = 0 = 1 verboten + + + + + γ 0 0 0 0 × × X X Abbildung 1.5: (Nicht-)Erhaltung der Leptonenzahlen an Beispielen des Myon-Zerfalls Dennis Terhorst Kapitel 2 Experimente 2.1 νe: Entdeckung von Neutrinos Paulis Neutrinohypothese 1930 Messungen des Energiespektrums der beim Kernzerfall freigesetzten Elektronen führten auf ein kontinuierliches Energiespektrum. Dies ist aus Gründen der Energie- und Impulserhaltung in einem Zwei-Körper-Zerfall (A → B + C) nicht möglich; die beiden Zerfallsprodukte haben einen aus ihrem Massenverhältnis und der Masse des Mutter-Teilchens festgelegten Impuls. Betrachtet man den Spin der Konstituenten ergibt sich außerdem, dass der Drehimpuls bei den Reaktionen nicht erhalten ist: Ein Mutter-Kern mit ganz-zahligem (halb-zahligem) Spin zerfällt in einem radioaktiven Zerfall in einen Tochter-Kern mit ebenfalls ganz-zahligen (halb-zahligen) Spin. Da das Elektron (wie schon bekannt war) Spin 1/2 hat, ist der Drehimpuls offensichtlich nicht erhalten. Im Gegensatz zur Aufgabe der Energie- und Impuserhaltung schlug Pauli 1930 die Einführung eines neuen Spin-1/2-Teilchens vor, welches diese Ungereimtheiten lösen würde. Abbildung 2.1: Nachweisreaktion für ElektronNeutrinos bei Cowan und Reines 1956 tonen bekannter Energien aus. Abbildung 2.1 zeigt dies schematisch. Über die grob bekannte Diffusionszeit des Neutrons wurde dann gezielt nach der zeitlichen Aufeinanderfolge der Photonenemissionen gesucht und schließlich die Reaktion und damit die Existenz eines Neutrinos nachgewiesen. Ein Zweites Neutrino? Nachweis durch Reines und Cowan 1956 Der direkte experimentelle Nachweis eines Neutrinos gelang erstmals Reines und Cowan 1956. Sie untersuchten die Reaktion ν̄e + p → n + e+ indem sie einen Neutrino-Strahl aus einem Kernreaktor auf ihren Detektor richteten. Die entstehenden Positronen vernichten sich dabei quasi-instantan mit einem Elektron und senden somit zwei 511 keVPhotonen aus. Das Neutron wird von einem Kern eingefangen und sendet dabei ebenfalls einige Pho- Als Pauli’s Hypothese der Existenz eines Neutrinos durch Cowan und Reines bestätigt war, mehrten sich schon Indizien, dass dies keinesfalls nur eine einzige Art von Teilchen sei. Es treten beim βZerfall (nach Gleichung 2.1) von Kernen Elektronen und Positronen auf, bei denen es nun klar ist, dass sie mit einem Neutrino assoziiert sind. Beim Zerfall von Pionen (Gl. 2.2) treten Myonen auf, die aber ebenfalls mit einem Neutrino assoziert sein müssen, da auch bei dieser Reaktion ansonsten der Drehim- 2.2 νµ : Eine zweite Art von Neutrino 7 ν + p → p + µ+ (2.5) Dies bedeutet, dass das Verhältnis der Reaktionen 2.4 und 2.5 sensitiv auf die Gleichheit der Neutrinos ist. Werden Nukleonen mit nur „einer Art” Neutrinos beschossen, dann müssten für νe = νµ beide Reaktionen stattfinden, jedoch für Abbildung 2.2: Möglichkeit der Reaktion µ → e + γ falls νe =νµ puls nicht erhalten wäre. n → p + e− + ν̄ π → µ− + ν̄ (2.1) (2.2) Es stellt sich also die Frage, ob dies jeweils die selbe Art von Neutrino ist, oder ob es sich dabei um verschiedene Teilchen νe und νµ handelt. Ein weiteres wichtiges Indiz liefert das Fehlen der Reaktion µ → e + γ. Wie der Graph in Abb. 2.2 zeigt ist dies für νe = νµ möglich. Das ausgetauschte W-Boson muss dabei aus Gründen der Energieund Impulserhaltung ein Photon abstrahlen und wandelt an seinen Endpunkten jeweils ein geladenes Lepton in ein Neutrino bzw. umgekehrt. Wäre das auftretende Neutrino familienspezifisch, d.h. etwa ein νµ , dann wäre die Umwandlung in ein Elektron am zweiten Vertex nicht möglich. Es existierten schon damals theoretische Vorhersagen über das Verhältnis der beiden Myon-Zerfallsarten µ→e+γ = O(10−4 ) (2.3) BR = µ → e + ν̄e + νµ Ebenfalls bekannte experimentelle Ergebnisse wiesen aber ein wesentlich geringeres Verhältnis von BR = O(10−8 ) auf, so dass die Hypothese der Verschiedenheit der Neutrinos einiges an Zuspruch gewann. Schließlich führt noch eine weitere Überlegung auf auf die Un-/Gleichheit der Neutrinos: Treffen Neutrinos auf Nukleonen so entstehen wie im Experiment von Cowan & Reines Elektronen und Positronen: ν + n → p + e− ν + p → n + e+ (2.4) Angenommen νe = νµ , dann spräche nichts dagegen, dass ebenfalls Myonen erzeugt werden: ν +n → p+µ Dennis Terhorst − νe 6= νµ gibt es keinen Grund dass Teilchen der anderen Familie auftreten. Eben diese Nachweismethode wurde im folgend beschriebenen Experiment angewandt und zeigte die Verschiedenheit der Neutrinos. 2.2 νµ : Eine zweite Art von Neutrino Zu klären ist also die Frage Sind die Neutrinos die im Zusammenhang mit Elektronen beim β-Zerfall auftreten die selben wie die beim Zerfall in Myonen (von z.B. Pionen)? Bevor nun die experimentellen Details des AGSExperimentes besprochen werden, sollen zunächst noch kurz einige generelle Überlegungen beschrieben werden, welche im Vorfeld des Experimentes berücksichtigt werden mussten. 2.2.1 Erzeugung eines ν-Strahls Zur gezielten Erzeugung von Neutrinos bietet ein Proton-Beschleuniger gut geeignete Möglichkeiten. Da die häufig bei Kernreaktionen erzeugten Pionen und Kaonen größtenteils in Myonen zerfallen1 , können die dazugehörigen Neutrinos gezielt erzeugt werden, indem man den Protonenstrahl auf ein massives Target richtet. Vorteile von Beam-Dump-Experimenten Im Gegensatz zu νe aus der Sonne und ν̄e aus einem Reaktor haben die hochenergetischen Neutrinos aus Protonenstrahl-Experimenten bezüglich der Ereignisraten mehrere Vorteile: + ν-Wirkungsquerschnitt ist proportional zur Laborenergie Eν . 1 [3] BR(π → µ + νµ ) = 99.99%, BR(K → µ + νµ ) = 63.43% 8 Experimente + Aufgrund der stärkeren Bündelung des νStrahls bei höheren Protonenenergien steigt die Intensität des Strahls. + Höhere Protonenenergien führen zu höherer Multiplizität (Anzahl der erzeugten Pionen und Kaonen), d.h. höhere Intensität. Nachteile: – Die relativistische Zeitdilatation erhöht die Zerfallszeit der Pionen und Kaonen, welche um den Lorenzfaktor γ = E/m verlängert wird. 2.2.2 Prinzip der Detektoren MT = 10000 kg MT = ∼ 6.2 · 1030 mN ⇒ NT (2.7) (2.8) Ferner ist bei einer Energie von beispielsweise Eν = 1 GeV der Wirkungsquerschnitt für eine NeutrinoNukleon-Reaktion nur ungefähr [7] σ ∼ 10−38 cm2 (2.9) Für einen Strahl der Intensität I0 = 5000 sec−1 cm−2 (2.10) ergibt sich so für die erwartete Ereignisrate Da Neutrinos selbst nur schwach wechselwirken, ist eine Detektion, wie man sie von Elektronen her gewöhnt ist, völlig ausgeschlossen. Eine Ionisationsspur, wie sie schnelle Elektronen in Materie hinterlassen, gibt es nicht. Auch andere Effekte wie der Čerenkov-Effekt bleiben wegen der fehlenden elektrischen Ladung aus. Eine Chance ein Neutrino nachzuweisen besteht somit fast ausschließlich in der Identifikation eines geladenen Leptons aus einer schwachen Wechselwirkung (charged current) wie in Abb. 2.3. Ziel ist es also, das bei dieser Reaktion erzeugte Elektron oder Myon zu finden. Um das gebotene Maß an Objektivität zu gewährleisten, ist eine automatisierte Erfassung wünschenswert, was zur Zeit des folgend beschriebenen Experimentes am besten mit Funkenkammern zu bewältigen war. (Blasenkammerund Emulsions-Experimente waren aufgrund der wenigen Möglichkeiten der computergestützten Bildverarbeitung zu aufwändig/teuer für die erwarteten geringen Ereignisraten.) Beispiel Die Ereignisrate Z im Detektor ergibt sich aus der Zahl der Nukleonen im Target NT , der Intensität I0 des ν-Strahls und dem Wirkungsquerschnitt σ der Reaktion durch Z = N T · I0 · σ ein Target gegeben mit2 (2.6) Um eine genügend hohe Ereignisrate zu erhalten, muss deswegen neben einer hohen Intensität auch eine große Targetmasse gewählt werden. Sei etwa (2.6) =⇒ Z ∼ 1 h−1 (2.11) Dieses Ergebnis zeigt das Hauptproblem von Neutrinoexperimenten: Extrem niedrige Ereignisraten. 2.2.3 AGS Brookhaven Im Jahre 1962 verkündete eine Gruppe Wissenschaftler (Abb. 2.4) die Existenz einer zweiten Art von Neutrinos [2]. Im Folgenden wird dieses am Brookhaven Alternating Gradient Synchrotron (AGS) durchgeführte Experiment beschrieben. Der Hauptaufbau ist in Abbildung 2.5 gezeigt. Die einzelnen Teile des Experiments werden nun in den folgenden Abschnitten erläutert. Erzeugung des ν-Strahls Zur Erzeugung des Neutrinostrahls wurde der Protonenstrahl aus dem AGS mit einer Energie von 15 GeV auf ein 3 inch dicken Beryllium-Block (dump) gerichtet. Die dort in starken Kernwechselwirkungen erzeugten Pionen und Kaonen zerfallen nach π± → µ± + νµ (−) (2.12) K± → µ± + νµ (−) (2.13) in Myonen und die zugehörigen νµ . Der einfacheren Handhabung wegen wurde zunächst der Neutrinofluss in Abhängigkeit der Beschleunigerenergie und der Anzahl umlaufender Protonen bestimmt, um im Experiment aus der relativ einfach 2m N ∼ 1 u = 1.66 · 10−27 kg [3] RWTH Aachen 2006 2.2 νµ : Eine zweite Art von Neutrino e− `A @u AA AA AA _W_+_/ _> }> >> } >> }} } >> } }} νe d νe + d → e − + u 9 ↑ time µ− `@ @@ @@ @@ _W_+_/ }> } }} }} }} νµ u @ _>> >> >> > d νµ + d → µ − + u Abbildung 2.3: Schwache geladene Wechselwirkung eines Neutrinos mit einem Quark eines Nukleons p + N → π, K, ... 15 GeV-Protonen auf Beryllium-Target π ± → µ± + (νµ /ν̄µ ) in-flight-decay (cτ = 7, 80 m) 13, 5 m Stahlabschirmung 10 t-AluminiumDetektor Abbildung 2.5: Aufsicht des AGS Neutrino-Experiments [2], [4] Dennis Terhorst 10 Experimente Abbildung 2.4: Eine Gruppe Wissenschaftler der Columbia University und des Brookhaven National Laboratory führten die ersten Beschleunigerexperimente mit Neutrinos durch und zeigten die Existenz zweier Arten von Neutrinos, das Elektron- und das Myon-Neutrino. Im Bild v.l.n.r.: J. Steinberger, K. Goulianos, J. Gaillard, N. Mistr, G. Danby, W. Abbildung 2.6: Erwartetes Energiespektrum der Hayes, L. Lederman, und M. Schwartz [5] Neutrinos für 15 GeV Protonen [2], [4] zu bestimmenden Zahl umlaufender Protonen die Zahl der erzeugten Neutrinos errechnen zu können. Das Energiespektrum der erzeugten Neutrinos in Abhängigkeit von der Energie3 ist in Abbildung 2.6 gezeigt. Der Neutrinofluss unterhalb von 300 MeV ist mit großer Unsicherheit behaftet. Dies hat aber keinerlei Auswirkungen auf das experimentelle Ergebnis, da alle Ereignisse mit einer sichtbaren Energie von pµ < 300 MeV bei der anschließenden Auswertung ausgeschlossen wurden. der 13, 5 m Stahl Myonen mit Energien kleiner als 17 GeV gestoppt. Čerenkov-Gates Nicht im eigentlichen Sinne als Abschirmung zu bezeichnen sind die ČerenkovDetektoren, welche in der Zerfallsstrecke der Pionen plaziert wurden. Da diese jedoch erheblich zur Reduktion unerwünschter Ereignisse beitragen, gehören sie im erweiterten Sinne zu diesem Absatz. Das AGS liefert alle 1.2 sec einen Protonenstrahl, der von einem Deflektor für 20 − 30 µs auf das Abschirmung Beryllium-Target gerichtet wird. Die dabei ent13.5 m Stahl Tests mit Pionen bei verschiede- stehende Strahlung hat eine Struktur, wie sie in nen Energien zeigten, dass hadronische Teilchen in Abb. 2.7 angedeutet ist. Es treffen in 220 ns Abder Stahlabschirmung eine mittlere freie Weglänge stand die einzelnen Bunches von 20 ns Länge auf von l < 0, 24 m haben. Daraus ergibt sich, dass die das Target. Ein Čerenkov-Zähler im so erzeugten gesamte Abschirmung diese um den Faktor 10−24 Strahl liefert durch die detektierten Pionen eine Reihe von 30 ns-Gates. Diese werden später in eireduziert. Wesentliches Argument für die Dicke der Ab- ner Koinzidenzstufe verwendet, um den Detektor schirmung waren Myonen. Diese verlieren zwar – nur dann scharf zu schalten, wenn auch wirklich wie Elektronen – Energie durch Ionisation der Ei- Neutrinos eingeschossen wurden. senatome, kommen aber wegen ihrer ∼ 200 mal so großen Masse deutlich weiter. Es werden innerhalb Seitenwände Da der Detektor natürlich nicht 3 die veraltete Einheit „Billion eV” auf der Abzisse entspricht heute GeV nur störende Untergrundereignisse von Nebenprodukten des Strahls aufnimmt, sondern auch RWTH Aachen 2006 2.2 νµ : Eine zweite Art von Neutrino 11 Detektor Abbildung 2.7: rf-Struktur des erzeugten Strahls Der eigentliche Detektor besteht aus 10 Tonnen Aluminium, welche in 10 Modulen mit insgesammt je einer Tonne Aluminium aufgeteilt sind. Jedes Modul besteht dabei aus neun AluBlöcken (44 × 44 × 1 inch), welche mit 3/8 inch Plexiglas-Abstandshaltern als Funkenkammer aufgebaut sind. Ebenfalls in Abbildung 2.8 dargestellt sind die jeweils zwei Lagen Szintillationszähler zwischen den Modulen (A), welche mit einer schnellen Koinzidenzschaltung als Trigger fungierten. Jede Lage bestand dabei aus 4 Szintillationsdetektoren á 44 × 11 × 1/2 inch. Die in der Abbildung dargestellte Sicht auf den Detektor ist die selbe, wie sie auch das VierKamera-Stereosystem zur Aufnahme der Teilchenspuren hatte. Das Triggersignal für die Kamera setzt sich dabei zuammen aus den folgenden Signalen: C1 Szinzillationszähler zwischen den Modulen (2 Schichten) A1 Anti-Koinzidenz-Schild C2 Čerenkov-Gates Abbildung 2.8: Aufbau der Detektorkammer. Die 10 weißen Blöcke stellen die Funkenkammern dar, zwischen denen Szintillationszähler (A) angeordnet sind; Szintillationszähler an Wänden (B,D) und Decke (C) liefern ein Veto-Signal aus anderen Richtungen, bedürfen auch die Seitenwände, die Rückwand und die Decke einer Abschirmung. So wurden neben einer 6 inch dicken Stahl-Abschirmung oben, einer 6 foot dicken Stahl/Blei-Abschirmung hinten und einigem Stahl und Beton zu den Seiten noch Szintillations-Zähler vorne, hinten und oben eingebaut (Abb. 2.8). Diese dienen vor allem dafür, Ereignisse kosmischen Ursprungs herauszufiltern und z. B. Schilddurchdringende Myonen zu detektieren. Dennis Terhorst C11 J C12 JJ s s s JJ s JJ sss JJ s s $ ys AN DK N OT A1 KKK rr r KKK r KKK rrr % yrrr C2 J AN D JJ ss s JJ s JJ sss JJ % ysss AN D T rigger Ergebnisse Das AGS liefert 2 − 4 · 1011 Protonen pro Puls und 3000 Pulse pro Stunde. Der oben genannte Trigger lößt ca. 10 mal pro Stunde aus und es wird ein Photo gemacht. Von diesen Bildern sind die Hälfte leer, der Rest wird gebildet von Myonen, Ereignissen kosmischen Ursprungs und den „gesuchten Ereignissen”. 12 Experimente Filter Um die aufgenommenen Ereignisse weiter zu klassifizieren wurden verschiedene Kriterien festgelegt: 3.48 · 1017 Protonen ergaben 113 Ereignisse, die folgendes erfüllten • 4 inch Abstand zur vorderen und hinteren Wand, 2 inch Abstand zur oberen und unteren Wand (Vf ) • die ersten beiden Zwischenräume haben nicht gezündet • bei Events mit nur einer Spur – Extrapolation zur ν-Quelle noch immer innerhalb Vf – Winkel zur ν-Flugrichtung kleiner 60◦ Davon waren 49 kurze einzelne Spuren, davon 19 Ereignisse mit weniger als 4 anderen Funken. Diese Kategorie wird größtenteils von zerfallenden freien Neturonen gebildet, welche besonders im ersten Teil des Experimentes durch die unzureichende Abschirmung zu den Seiten in den Detektor defundierten. 34 einzelne Myonen (pµ > 300 MeV/c). Am Ursprung müssen weniger als 2 sonstige Funken zu sehen sein, was einen kleinen Rückstoß des in der Reaktion enstandenen Protons/Neutrons erlaubt. Einige Ereignisse dieser Kategorie sind in Abbildung 2.9 dargestellt. 22 Vertex-Events. Diese Ereignisse sind charakterisiert duch mehr als eine geladene Spur am Primärvertex. Oft zeigen sie eine hohe Energiedeposition im Detektor. Abbildung 2.9: 3 Einzelne Spuren von MyonEreignissen [2], [4] 8 Schauers, von e− oder γ, wovon 6 eine entsprechend große Reichweite hatten, so dass pµ > 300 MeV/c. Abbildung 2.10 zeigt einige Ereignisse dieser Kategorie. Der Unterschied zu Myonischen Ereignissen ist hier offensichtlich. Die Kategorien „einzelne Myonen” und „Schauer” sind dabei die gesuchten Ereignisse bzw. das Signal. RWTH Aachen 2006 2.2 νµ : Eine zweite Art von Neutrino 13 • Gleichförmige Verteilung der EreignisUrsprünge und die Form der Winkelverteilung ist um die Strahlachse zentriert • Der vordere Schild reduziert Neutronen um einen Faktor von 10−4 • Keine π 0 -Ereignisse, welche mit Neutronen auftreten sollten 3. Die Einzelspur-Ereignisse sind Myonen Ein Test am Cosmotron mit den Detektormodulen zeigte die unterschiedlichen Strukturen von Elektron und Myon-Ereignissen. Tests mit verschiedenen anderen Teilchen haben sämtlich Reichweiten von l < 100 cm ergeben, es wurden aber Spuren mit l > 800 cm gesehen, was nur für Myonen der Fall ist. Abbildung 2.10: Elektron-Ereignisse aus der Kalibrationsmessung am Cosmotron [2], [4] Diskussion der Resultate 1. Die Ereignisse kommen nicht aus der kosmischen Strahlung Ohne das Čerenkov-Kriterium steigt die Trigger-Rate von 10 pro Stunde auf ca. 80 pro Sekunde4 . Von beispielsweise 1800 auf diese Art gewonnen Aufnahmen würden 21 die oben genannten Kriterien erfüllen, d. h. eines von 90 kosmischen Ereignissen passiert die Filterkriterien. Mit den Čerenkov-Gates wurde die eigentliche Datennahmezeit auf 5.5 Sekunden reduziert, so dass überhaupt nur ungefähr 5.5 sec · 80 sec−1 = 440 Ereignisse kosmischen Ursprungs stattgefunden haben. Von diesen passieren nur 1/90 die Filter, so dass in den gesammelten Daten also nur etwa 440/90 = 5±1 kosmisch verursachte Ereignisse erwartet werden können. 2. Die Ereignisse sind nicht durch Neutronen verursacht Gegen Neutronen sprechen folgende Punkte 4 Eine Totzeitschaltung verhindert eine Sättigung der Funkenkammern Dennis Terhorst 4. Die gesehenen Ereignisse sind Resultate von π ± und K ± Zerfallsprodukten Ein Bleiabsorber wurde direkt hinter dem Beryllium-Target platziert und vom Schild eine entsprechende Schicht abgenommen, so dass die Partikel die selbe mittlere freie Weglänge zurück legen mussten. Die Abnahme der Ereignisrate ist konsistent mit der fehlenden im-Flug-Zerfallsstrecke. Ergebnis In den gefundenen Ergebnissen sind 34 Myon-Ereignisse (abzüglich 5 ± 1 kosmischer Ereignisse). Wäre νe = νµ , dann müsste man ebenfalls in der Größenordnung 29 Elektron-Ereignisse sehen, gefunden wurden aber nur 6 solcher „Schauer”. Erklärungen für diese Schauer sind unter anderem der Neutronen-Hintergrund oder fälschlicherweise als Schauer identifizierte µEreignisse. Erwartet werden auch ein bis zwei e− -Eereignisse von den νe aus Zerfällen (−) K + → e+ + νe + π 0 und K20 → e± + νe +π ∓ . Die fehlenden e− -Schauer zusammen mit den Ergebnissen anderer Experimente, in denen festgestellt wurde, dass die Kopplungen an Neutrinos gleich sind (Leptonuniversalität), lässt uns zu der Schlussfolgerung kommen =⇒ νe 6= νµ 14 2.3 2.3.1 Experimente ντ : Entdeckung der dritten Art Das τ -Lepton Im Jahre 1975 wurde das τ -Lepton von einer Gruppe Wissenschaftler unter der Leitung von Martin Perl am Stanford Linear Accelerator Center (SLAC) entdeckt. Dies war ein starker Hinweis, dass ebenfalls eine dritte Art von Neutrino existiert. Der Nobel-Preis ging 1995 an die Physiker Reines und Perl für ihre 19 Jahre auseinanderliegenden Entdeckungen des Neutrinos und des τ Leptons. Das folgende Kapitel beschreibt, wie daraufhin 25 Jahre später das dazugehörige τ -Neutrino mit dem DONUT-Detektor am Fermilab nachgewiesen wurde. 2.3.2 DONUT @ FermiLab Am Fermi National Laboratory (Abb. 2.11) steht mit dem Tevatron ein Protonenbeschleuniger bereit, mit dem das DONUT (Direct Oberservation of NU Tau) Experiment erstmals die Existenz einer dritten Neutrino-Familie nachgewiesen hat. Wie schon am AGS wurde auch bei DONUT nach Spuren geladener Leptonen aus geladenen schwachen Wechselwirkungen gesucht. Da die Zerfallslänge von Tau-Leptonen (cτ = 87, 11 µm) jedoch deutlich kürzer ist, als die von Myonen, wurde statt der Funkenkammern ein Emulsionstarget verwendet. Dieses ermöglicht es, Wechselwirkungen mit sehr guter Auflösung zu rekonstruieren. Im folgenden Abschnitt werden zunächst die einzelnen Komponenten kurz erklärt und im Anschluss ein grober Einblick in die Datenanalyse des Experimentes gegeben. Abbildung 2.11: Beschleunigerkomplex am Fermilab (schematisch) (6/7/2000) (Quelle: http://www-visualmedia.fnal.gov) Erzeugung des ντ -Strahls Um den Neutrino-Strahl zu erzeugen, wurden – ähnlich wie bei dem Experiment am Brookhaven AGS – auch hier Protonen auf ein dichtes Target geschossen. Ein 800 GeV-Protonenstrahl des Tevatrons wurde dabei auf einen 1 Meter langen Wolfram-Block gerichtet, so dass neben vielen anderen Teilchen auch Tau-Leptonen erzeugt werden konnten. Aufgrund der Leptonenzahlerhaltung werden so gleich Abbildung 2.12: Prinzip des DONUT Detektors: Im Wolfram-Target entstehen in sekundären Prozessen Tau-Neutrinos, welche sich im Detektor wieder in ihren geladenen Partner wandeln. RWTH Aachen 2006 2.3 ντ : Entdeckung der dritten Art 15 DONUT Detector Identification of muons coming from tau decay Calorimeter determines energy of decay products Drift chambers record decay particle tracks Magnet spreads tracks of charged particles Emulsion target with planes of scintillation fibers Steel shield to block particles other than neutrinos 15 me te rs (a bo ut DONUT Detector DONUT Detector for for direct observation direct observation of of tau neutrinos neutrinos (( ) tau ντ ) 50 fe et ) Abbildung 2.13: Aufbau des DONUT-Detektors [5] Dennis Terhorst Neutrino beam 16 Experimente Neutrino νe , ν̄e νµ , ν̄µ ντ , ν̄τ Anteil 60 % 35 % 5% Mittlere Energie 89 GeV 69 GeV 111 GeV Driftkammern eingesetzt, um ortsaufgelöste Informationen der Zerfallsprodukte zu erhalten. Ein zusätzliches Magnetfeld vor diesen Detektoren sorgt für eine Krümmung der Bahn geladener Teilchen und erlaubt so zusätzlich eine Impulsbestimmung. Tabelle 2.1: Zusammensetzung des NeutrinoDer Hauptteil des Detektors sind bis zu vier Strahls bei DONUT [6], [1] Emulsionsplatten-Module, die 36 Meter entfernt vom Wolfram-Target hinter der Abschirmung und einer Wand aus Veto-Zählern aufgestellt sind viele Neutrinos und Anti-Neutrinos erzeugt. Der (Abb. 2.14). Es wurden drei verschiedene 50×50 cm Hauptanteil der ντ -Produktion ist auf den DS → große Typen von Modulen eigesetzt, welche sich in 5 τ ντ Zerfall zurückzuführen, nur etwa 15% der ihren Anteilen von Edelstahl, Emulsion und Plasντ kommen aus anderen Reaktionen. tik unterschieden. Abbildung 2.15 zeigt die beiden ECC und die Bulk Bauformen, die teils einzeln, 6.4% DS −→ τ +ν̄τ teils in Kombination in solchen Modulen verwenτ −→ X + ντ (2.14) det wurden. Hinter jedem Modul erlauben mehrere Ebenen Die Zerfallsstrecke des DS -Mesons (cτ = 147 µm) szintillierender Fasern eine Bestimmung der Eventist dabei deutlich kleiner als die von Pionen, wie Position mit einer Genauigkeit von ca. 1 mm transsie beim AGS vorkamen und ist daher unproblema- versal und 7 mm entlang des Strahls. Dazu wurden tisch. Aufgrund der deutlich höheren Energie des insgesammt 44 Ebenen Fasern, mit einem DurchTevatrons ist jedoch der Anteil an unerwünschten messer von 0.5 mm verwendet. Zusammen mit der Nebenprodukten deutlich höher als beim AGS, was Teilchenidentifikation wurde so ein Trigger-System eine sehr gute Abschirmung voraussetzt. Auch der geschaffen, welches es erlaubt Positionen potentieleigentliche ντ -Anteil ist wie Tabelle 2.1 zeigt recht ler ν Ereignisse vorher zu sagen. Dies ist wichtig, τ gering, und die Ergebnisse mussten dementspre- da eine Auswertung der gesamten Emulsionsplatchend korrigiert werden. ten mit den gegebenen Resourcen einen erheblichen Aufwand darstellen würde. Abschirmung Um den eigentlichen Detektor nicht mit den Spuren der vielen Nebenprodukte der Neutrino-Erzeugung zu belasten, ist es sehr sinnvoll diesen abzuschirmen. Geladene Teilchen wurden mit einem Magnetfeld abgelenkt, die ungeladenen wurden, ähnlich wie beim AGS, in Beton- und Eisen/Blei-Wänden gestoppt. Lediglich hochenergetische Myonen (und teilweise Neutronen) blieben so weitestgehend auf ihrer Bahn und mussten später aus den aufgezeichneten Daten heraussortiert werden. Detektor Der DONUT-Detektor besteht aus verschiedenen Komponenten, welche vorrangig zur Identifikation der Zerfallsprodukte der verschiedenen stattfindenden Reaktionen dienen. Es werden MyonKammern, elektromagnetische Kalorimeter und 5 BR: (6.4 ± 1.5)% [3] Scannen der Emulsionsplatten Die vorhergesagten Ereignispositionen wurden nach der Entwicklung der Emulsionsplatten computergestützt eingelesen. Dabei wurde jeweils ein Bereich von 5 × 5 × 15 mm3 um die vorhergesagte Position gescannt. Dazu wurden die Emulsionsplatten auf einen xyz-Tisch gelegt und mit einer Kamera über ein Mikroskop die Spurdaten ausgelesen. Mit einer Software der Nagoya Univeristät (Japan) wurden so über 16 fokale Tiefen die Position und der Winkel der „micro-tracks” eingelesen. Abbildung 2.16 zeigt den Aufbau (1) und ein Beispiel gefundener Spuren in einem Quadratmillimeter (2). Das System kann ungefähr 1 cm2 /h einlesen, und braucht daher etwa 15 min pro Emulsionsplatte (ein 5 × 5 mm Bereich). Um die Tiefeninformation von 15 mm zu erhalten waren durchschnittlich 12 Platten einzulesen. Mit dem Wechseln der Platten wurRWTH Aachen 2006 2.3 ντ : Entdeckung der dritten Art 17 Abbildung 2.14: Wichtigste Komponente des DONUT-Detektors: Emulsionsplatten mit Szintillating Fiber Tracker (SFT). Schema rechts [6], links Photo (Quelle: http://www-visualmedia.fnal.gov) Abbildung 2.15: Die verschiedenen Modultypen [6] Dennis Terhorst 18 Experimente den so zum Einlesen eines Ereignisses etwa 6 Stunden benötigt. Spurrekonstruktion und Ausrichtung Zur Weiterverarbeitung müssen die „micro-tracks” der einzelnen Emulsionsplatten zu ganzen Spuren zusammengesetzt werden. Dazu wird zunächst die Ausrichtung der Platten zueinander bestimmt, worauf dann über die Positionen und Winkel der microtracks Spuranpassungen gemacht werden können (Abb 2.16(3)). Es zeigte sich durch Residuenplots der Anpassungen (Abb. 2.17), dass einzelne Platten während des Experimentes verrutscht sind. Da die Emulsionsplatten keinerlei Information über die zeitliche Abfolge der Spuren enthalten, und darüber hinaus natürlich nicht bekannt ist, wann die Platten verrutschten, waren diese unbrauchbar und wurden aus den weiteren Analysen ausgeschlossen. Finden von Ereignissen Sind alle Spuren in einem Ereignisvolumen (5×5×15 mm) eingelesen, so hat man durchschnittlich etwa 12000 Spuren, unter denen das Ereignis gefunden werden soll. Abbildung 2.16(4) zeigt die Ergebnisse der einzelnen Schritte, die diese herausfiltern sollen: (a) alle gefundenen Spuren (ca. 12000) (b) Ausschluss durchdringender Spuren (zumeist Myonen) (c) identifizierte Vertices, mit Spuren, die im Volumen beginnen, einen Stoßparameter< 4 µm haben und deren Anpassungen besser als χ2 /ndf < 2, 5 waren. Nachträglich wurden die so identifizierten Vertices erneut unter manueller Kontrolle gescannt. Dabei wurden verschiedene Computerfehler gefunden. Im Beispiel Abbildung 2.16(4)(c) sind dies z. B. Abbildung 2.18: Charm-Ereignis identifiziert am Elekton vom Primärvertex [6], [5] In Tabelle 2.2 ist dargestellt, wie die verschiedenen Filterkriterien die Zahl der Ereigniskanditaten verringern, bis schließlich nur vier Ereignisse übrig bleiben. Gefundene Ereignisse Ein Charm-Ereignis Es gab ein Ereignis, welches bis auf das letzte alle Filterkriterien passiert hat. Dieses ist in Abbildung 2.18 dargestellt, und man sieht unten links die Spur mit einem Knick nach kurzer Flugstrecke. Ein solcher Knick ist das Hauptmerkmal der gesuchten Tau-Spuren, da jedoch die oberste Spur durch die ElektronPaarbildung eindeutig als Elektron-Spur identifiziert werden kann, kann die geknickte Spur kein Tau sein. Die Elektron-Spur vom Primärvertex erfordert theoretisch ein Elektron-Neutrino, wodurch als zusätzliches Reaktionsprodukt ein Hadron mit einem Charm-Quark am wahrscheinlichsten ist. Vier Tau-Ereignisse Die Abbildungen 2.19 bis 2.21 zeigen die vier gefundenen Tau-Ereignisse. Abbildungen 2.19 zeigt einen Überblick über den gesamten Detektor. Es sind die gefundenen Spuren B Ein Ereignis mit sehr wenig Impuls, so dass in den Emulsionsplatten, die Bestätigung durch den die starke Vielfachstreuung als Vertex inter- SFT-Detektor und ein Überblick über die äußeren prätiert wurde Detektorkomponenten gezeigt. Es ist im unteren Teil deutlich zu sehen, wie ein hochenergetischer C 7 Spuren mit gemeinsamem Primärvertex Eintrag im EM-Kalorimeter Elektronen aufzeigt, ⇒ Ereignis! und in den Myon-Kammern kein Signal registriert D Spuren mit kleinem relativen Winkel, vmtl. wurde. Dieses, auch in Abb. 2.20 dargestellte EreigElektron-Paarproduktion nis, ist offenbar ein Tau-Ereignis, bei dem das Tau A Zwei kreuzende Spuren mit fehlender Identifikation in anschließenden Schichten. RWTH Aachen 2006 2.3 ντ : Entdeckung der dritten Art 19 (1) Scannen der Emulsionsplatten (2) Finden von Spuren (3) Verbinden der micro-tracks (4) Herausfiltern von Vertices Abbildung 2.16: Schritte zum Finden eines Ereignisses Dennis Terhorst 20 Experimente Abbildung 2.17: Residuen in xy-Richtungen. (a) einzelnes Maximum; (b) mehere Maxima bei einer verrutschten Emulsionsplatte [6] 3, 54 · 1017 Protonen • 4, 6 · 106 Trigger • ⇒ 898 Vorhersagen mit Evis > 2 GeV (1040 ± 200 erwartet) • 698 im Detektorvolumen (80% des gesamten Detektors) • 499 passabel für die automatische Erfassung • 262 gefundene Vertices • 203 nach erneutem Scannen • Tau-Identifikation mit folgenden Kriterien – Mindestens ein Segment/Track in Emulsion identifiziert – Nur eine Tochterspur – Länge der ersten Spur („τ ”) < 5 mm – Knick(A) 10 − 400 mrad – Stoßparameter < 10 µm (A, B) – Stoßparameter < 500 µm (C) – Tochterspur > 1 GeV/c – Transversalimpuls > 250 MeV/c – Kein µ, e vom Primärvertex (B) ⇒ 4 (+1) Ereignisse Tabelle 2.2: Reduktion der Ereigniskandidaten durch die verschiedenen Filterkriterien RWTH Aachen 2006 2.3 ντ : Entdeckung der dritten Art Abbildung 2.19: Übersicht des Tau-Ereignisses 3333-17665 [5] Dennis Terhorst 21 22 Experimente nach relativ kurzer Strecke (540 µm) in ein Elektron zerfällt. Das Ereignis 3024-30175 (Abb. 2.20 unten) zeigt ein Tau-Ereignis mit relativ langer Zerfallsstrecke (4535 µm) des Tau. Auch hier ist der Primärvertex im Stahl. Das Zerfallsprodukt des Taus lässt sich bei diesem Ereignis anhand der Paarbildung deutlich als Elektron erkennen. Im Ereignis 3039-01910 (Abb. 2.21 oben) sind offenbar im Primärvertex viele Photonen erzeugt worden, welche nach kurzer Flugstrecke zu Elektron-Positron-Paaren konvertieren. Das vierte Tau-Ereignis (3263-25102) zeigt nocheinmal auf, wie wichtig verschiedene Perspektiven bei der Ereignisbetrachtung sind. Auch, wenn es oben rechts so aussieht, als wäre das Tau in zwei Teilchen zerfallen, so ist doch nur in der Projektion die geradeaus laufende Spur zunächst von der Tau-Spur überdeckt. 2.3.3 Ergebnis Die 4(+1) gefundenen Ereignisse folgen der Erwartung aus Monte-Carlo-Rechnungen. Es wurden 4, 2 Tau-Ereignisse und 0, 9 Charm-Ereignisse vorhergesagt. Um den Untergrund abzuschätzen, wurde betrachtet, welche Ereignisse fälschlicherweise als Tau-Ereignisse identifiziert werden könnten. Zum einen würden Charm-Ereignisse, bei denen das Elektron nicht detektiert bzw. identifiziert wurde, zu einer falschen Tau-Identifikation führen. Zum anderen könnten auch sekundäre hadronische Ereignisse mit einer fehlenden Lepton-Identifikation solche Ereignisse vortäuschen. Rechnungen zeigten aber, dass aus solchem Untergrund lediglich 0, 34 Ereignisse zu erwarten wären. Die PoissonWahrscheinlichkeit, dass der Hintergrund auf das Signalniveau fluktuiert liegt bei 4 · 10−4 . =⇒ ντ 6= {νe , νµ} RWTH Aachen 2006 2.3 ντ : Entdeckung der dritten Art Abbildung 2.20: Tau-Ereignis 3333-17665 und 3024-30175 [5] Dennis Terhorst 23 24 Experimente Abbildung 2.21: Tau-Ereignis 3039-01910 und 3263-25102 [5] RWTH Aachen 2006 LEP Jura Mountains 1 km ALEPH OPAL Switzerland Cross-section (pb) 2.4 Z-Resonanzmessungen zur Bestimmung von nf 10 5 Z 10 4 e+e−→hadrons 10 3 10 2 L3 25 CESR DORIS SPS France PETRA DELPHI KEKB PEP-II 10 0 PS Z-Resonanzmessungen zur Bestimmung von nf Nachdem nun alle drei im Standardmodell auftretenden Neutrinos der Reihe nach experimentell bestätigt wurden, tritt natürlich die Frage auf, ob es bei eben diesen Dreien bleiben wird. Warum existieren Leptonen in genau drei Generationen, nicht in vier oder mehr? – In diesem Kapitel soll eben diese Frage anhand von Ergebnissen des LEP am CERN und des SLC am SLAC geklärt werden. 2.4.1 Messung von Wirkungsquerschnitten Mit den Detektoren am LEP Speicherring am CERN (Abb. 2.22) lassen sich präzise Zählungen von Teilchenreaktionen (N ) durchführen, welche bei bekannter Luminosität L direkt in einen Wirkungsquerschnitt σ umgerechnet werden können. N =σ·L (2.15) Wie in Abschnitt 2.4.3 gezeigt wird, kann man daraus die totale Z-Breite ΓZ bestimmen und über die Höhe der Resonanzkurve für bestimmte Endzustände (Abb. 2.23) die partiellen ZZerfallsbreiten ermitteln. Die Summe der partiellen Breiten muss mit einer unsichtbaren Breite Γinv ergänzt werden, um die totale Breite zu ergeben, Dennis Terhorst 20 - 40 TRISTAN 60 SLC LEP I 80 100 LEP II 120 140 160 180 200 220 Centre-of-mass energy (GeV) Geneva Airport Abbildung 2.22: Lage der Experimente und Beschleuniger am CERN [8] 2.4 + WW PEP Abbildung 2.23: Hadronische Resonanzkuve als Beispiel des Z-Wirkungsquerschittes; zu erkennen ist der bekannte 1/s-Abfall des Photon-Propagators und der zusätzliche Resonanz-Peak an der Stelle der Z-Masse (mZ = 91.1875 ± 0.0012 GeV) [8] da Neutrinos vom Detektor nicht registriert werden können. ΓZ = Γhad + Γee + Γµµ + Γτ τ + Γinv (2.16) Unter der Annahme, dass nur Neutrinos der Detektion entkommen, kann mit der theoretischen Vorhersage der partiellen Zerfallsbreite in Neutrinos Γν die Anzahl nν der Neutrino-Arten bestimmt werden. Γinv = nν · Γν (2.17) 2.4.2 QED-Korrekturen Bevor jedoch mit den gemessenen Wirkungsquerschnitten gerechnet werden kann, müssen Korrekturen aus der Quantenelektrodynamik angeführt werden. Es spielen besonders die zwei in Abbildung 2.25 dargestellten Diagramme erster Ordnung eine wichtige Rolle. Vernachlässigt man neben Korrekturen höherer Ordnung noch die FermionMassen und stellt dann den differentiellen Wirkungsquerschnitt der Reaktion e+ e− → f f̄ auf, so kann man wie in Abbildung 2.26 drei Terme identifizieren. Zur weiteren Rechnung müssen aus den gemessenen Wirkungsquerschnitten der Photonen-Anteil und der Interferrenzterm herausgerechnet werden, so dass man den wirklichen Z- σhad [nb] 26 Experimente 0 σ 40 ALEPH DELPHI L3 OPAL 30 measurements (error bars increased by factor 10) 10 σ from fit QED corrected 86 88 ⇒ nν = 90 MZ 92 94 Ecm [GeV] Abbildung 2.24: QED-Korrekturen für gemessenes σZ , ΓZ und MZ [8] Wirkungsquerschnitt erhält. In der Abbildung 2.24 ist die Auswirkung dieser Korrekturen von ca. 30% der Höhe der Resonanzkuve dargestellt. Die ZBreite und -Masse werden damit ebenso korrigiert. (2.20) GF m3Z √ · [1 + 4|Qf | sin2 θW ] 24 2π (2.21) wobei für f = ν der Summand mit der elektrischen Ladung Qf und damit die Abhängigkeit vom elektroschwachen Mischungswinkel θW wegfällt. Die ’Electroweak Working Group’ kommt mit ihren neuesten Ergebnissen [8] so schließlich auf =⇒ Partielle Zerfallsbreiten ΓZ − Γhad − 3 · Γee Γν Im Standardmodell ergeben sich die partiellen Zerfallsbreiten in Fermionen f aus der Formel Γf = 2.4.3 (2.19) Γee = Γµµ = Γτ τ hier experimentell voll bestätigt wird. Ob man nun zusätzlich noch die Leptonuniversalität annimmt oder nicht, hat daher fast keinen Einfluss auf das Ergebnis. Schlussendlich lässt sich nun aus der Gleichung (2.16) mit (2.17) und eventuell (2.19) die Zahl der Neutrinos bestimmen, wenn man einen theoretischen Wert für Γν vorgibt ΓZ 20 versalität nν = 2.9840 ± 0.0082 Andersherum kann man ebenso die Zahl der Neutrinos annehmen und die sich theoretisch daraus erNachdem nun alle Korrekturen angebracht wurgebenden Resonanzkurven auf Verträglichkeit mit den, kann die totale Z-Breite ΓZ ermittelt werden. den Messergebnissen prüfen. Abbildung 2.27 zeigt Die partiellen Breiten ergeben sich aus dem gemesKurven für eine 2, 3 bzw. 4-Neutrino-Hypothese. senen Wirkungsquerschnitt in die jeweiligen EndEs ist deutlich zu erkennen, dass die Messergebniszustände f f̄ mit der Breit-Wiegner-Formel se für die 3-Neutrino-Kurve sprechen. σ(e+ e− → Z0 → f f̄) 12π Γee Γff sΓ2Z = 2 (2.18) Hinweis Es ist noch wichtig zu bemerken, dass mZ Γ2Z (s − m2Z )2 + s2 Γ2Z /m2Z mit den in dieser Argumentation verwendeten Ex- perimenten am LEP und SLC eigentlich nur die Zahl der leichten Neutrinos bestimmt werden kann. Würde ein weiteres, sehr schweres Neutrino (m > 45 GeV) existieren, so würde es nicht bemerkt werden, da die zur Verfügung stehenden Energien nicht zu seiner Erzeugung ausreichen würden. Da die Abschätzungen der Massen der bisher gefundenen 2.4.4 Ergebnisse Neutrinos jedoch in der Größenordnung einiger eV Zunächst zeigt ein Vergleich der gemessenen parti- liegen, scheinen so schwere Neutrinos extrem unellen Breiten Γee , Γµµ und Γτ τ , dass die Leptonuni- wahrscheinlich. Dabei sind mZ , ΓZ , Γee und das Quadrat der Schwerpunktsenergie s empirisch bestimmt und die Gleichung kann nach Γff gelöst werden. So kann für jede Art von Fermionen die partielle Breite bestimmt werden. RWTH Aachen 2006 2.4 Z-Resonanzmessungen zur Bestimmung von nf − + e 27 − + f e γ f Z − e − f e f Abbildung 2.25: Feynmandiagramme niedrigster Ordnung [8] 2s 1 dσew + − (e e → f f̄) = π Ncf dcos θ |α(s)Qf |2 (1 + cos2 θ) {z } | σγ −8< α∗ (s)Qf χ(s) GVe GVf (1 + cos2 θ) + 2GAe GAf cos θ | {z } γ -Z-Interferenz o i h n −16|χ(s)|2 (|GVe |2 + |GAe |2 )(|GVf |2 + |GAf |2 ) (1 + cos2 θ) + 8< GVe GAe ∗ < GVf GAf ∗ cos θ | {z } σZ mit χ(s) = GF mZ2 s √ 2 + isΓ /m s − m 8π 2 Z Z Z Abbildung 2.26: Zerlegung des Wirkungsquerschnittes in die Summe aus Photonenterm, γ-ZInterferrenzterm und Z-Anteil. Dennis Terhorst Experimente σhad [nb] 28 2ν 30 20 ALEPH DELPHI L3 OPAL 3ν 4ν average measurements, error bars increased by factor 10 10 0 86 88 90 92 94 Ecm [GeV] Abbildung 2.27: Errechnete Resonanzkurven des hadronischen Z-Wirkungsquerschnittes für die Hypothesen von Nν = 2, 3, 4 [8] RWTH Aachen 2006 2.4 Z-Resonanzmessungen zur Bestimmung von nf Schlussbemerkung Lange lag der erwartete Wert von drei Neutrinos innerhalb des Fehlers. Dieser jetzt genauer bestimmte Wert liegt jedoch fast zwei Standardabweichungen unterhalb der Erwartung, was in neuester Zeit zu Spekulationen über die Richtigkeit und Vollständigkeit des Standardmodells geführt hat. Weitere Forschungen auf dem Gebiet der Neutrinos könnten so in Zukunft noch zu sehr interessanten Ergebnissen führen. Zusammenfassung Um den geschichtlichen Verlauf der NeutrinoExperimente zu verdeutlichen, sind hier nocheinmal die Eckdaten zusammengefasst: 1930 W. Pauli stellt seine Neutrino-Hypothese auf, um Energie- und Impulserhaltung bei Kernzerfällen zu erklären 1956 νe – Nachweis des Elektron-Neutrinos durch Cowan & Reines in Los Alamos 1962 νe 6= νµ – Am AGS Brookhaven wird mit Funkenkammern die Verschiedenheit von Elektron- und Myon-Neutrino gezeigt 1990 LEP und SLC bestimmen die Zahl der Netrino-Familien zu Nν = 2, 9840 ± 0.0082 (endgültiges Ergebnis, 2005, [8]) 2000 ντ 6= {νe , νµ } – Das DONUT-Experiment am Fermilab weist mit einem Emulsionstarget das Tau-Neutrino nach Durch diese Experimente wurde das Konzept der Neutrinos im Standardmodell bestätigt und ist heute allgemein anerkannt. Auch die Begrenzung auf die drei Sorten e, µ und τ wurde überprüft und durch LEP/SLC bestätigt. Dennis Terhorst 29 Literaturverzeichnis [1] DONUT Collaboration. Neutrino Interactions. 504:218–224, 2001. Observation of Tau Physics Letters B, [2] G. Danby, J-M. Gaillard, K. Gulianos, L. M. Lederman, N. Mistry, M. Schwartz, and J. Steinberger. Observation of high-energy neutrino reactions and the existance of two kinds of neutrinos. Physical Review Letters, 9:36–44, 1962. [3] S. Eidelman et al. Particle Physics Booklet – extracted from the Review of Particle Physics. Physics Letters B, 592:1+, 2004. [4] G. Danby et al. Website: Physical Review Online Archive. DOI: 10.1103/PhysRevLett.9.36 at http://link.aps.org/abstract/PRL/v9/p36. [5] Fermi National Accelerator Laboratory. Website: Tau neutrino at fermilab - photos and graphics, 2006. http://www.fnal.gov/ pub/inquiring/physics/neutrino/discovery/ photos graphics.html. [6] M. Nakamura et al. Detection and analysis of tau-neutrino interactions in DONUT emulsion target. Nuclear Instruments and Methods in Physics Research A, 493:45–66, 2002. [7] Norbert Schmitz. Neutrinophysik. TeubnerStudienbücher:Physik, Stuttgart, 1997. [8] The ALEPH, DELPHI, L3, OPAL, SLD Collaborations, the LEP Electroweak Working Group, the SLD Electroweak and Heavy Flavour Groups. Precision Electroweak Measurements on the Z Resonance. 2005. CERN-PHEP/2005-041, SLAC-R-774, hep-ex/0509008.