HEIDNISCHES ROM: BRÄUCHE, KULTE, ÄMTER

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Latein‐Matura 2010 19. Heidnisches Rom Manuel GIRST HEIDNISCHES ROM: BRÄUCHE, KULTE, ÄMTER ÄMTER Den damaligen Menschen war es nicht möglich selbst mit den Göttern in Kontakt zu tre‐
ten, geschweige denn zu kommunizieren. Zu diesem Zweck wurden deshalb die Priester‐
ämter eingeführt, die nun diese Aufgabe für die Bevölkerung übernahmen. Sie waren zeit‐
lich begrenzte Staatsmänner und hatten eine große Bedeutung für die römische Gesell‐
schaft. Ein wichtiges Amt hinsichtlich der Kontaktaufnahme war der so genannte augur (Vogel‐
schauer). Er deutete Vorzeichen aus dem Flug bzw. dem Geschrei der Vögel und versuch‐
te so den Willen der unsterblichen Götter zu ergründen. Eine weitere wichtige Aufgabe der auguren war die Pflege der heiligen Hühner und die Deutung von Blitz und Donner. All diese Begebenheiten nutzten die auguren, um die Zukunft vorauszusagen. Bei diesem Verfahren, dem auspicium, wurde mit Hilfe des Krummstabes der Auguren (lituus) ein Raum markiert, in dem sich die Zeichendeutung vollziehen sollte (templum). Auch die Eingeweideschau war ein gängiges Mittel zur Zeichendeutung und Naturphä‐
nomene wurden oftmals als Zorn der Götter interpretiert. Das wichtigste Amt jedoch waren wohl die pontifices. Sie bildeten ein eigenes Priesterkol‐
legium, das den Beamten bei Gebets‐, Gelübde‐ und Weiheformeln zur Seite stand. Wei‐
ters legten sie Kulttage und Kultstätten fest, und sie beaufsichtigten den Totenkult. Für das Verehren bestimmter Götterkulte gab es die flamines. Diese waren immer nur für einen bestimmten Kult zuständig. So gab es flamines für Jupiter und Mars, aber auch für den vergöttlichten Romulus (Quirinus). Weiters gab es auch noch die quindecimviri sacris faciundis, ein Kollegium bestehend aus 15 Männern, das in Krisenzeiten durch die Befragung und das Orakel der Sibyllini‐
schen Bücher Rat schuf. Die Vestalinnen waren ein Amt, das nur aus weiblichen Priesterinnen bestand. Sie waren hauptsächlich für die Aufrechterhaltung des heiligen Feuers verantwortlich. Sollte dieses erlöschen, so verdeutlicht das ein schlechtes Omen für die Stadt. Mit diesem Feuer wur‐
den auch zu Neujahr die Herde der römischen Bürger angefacht. Die Vestalinnen bewach‐
ten das Feuer im Tempel der Vesta auf dem Forum Romanum, weiters hatten sie sich jeg‐
lichen Geschlechtsverkehres zu entziehen. Latein‐Matura 2010 19. Heidnisches Rom Manuel GIRST KULTE UND GÖTTER Die so genannte kapitolinische Trias bestand aus drei Hauptgottheiten, Jupiter (Herr des Himmels), Juno (Helferin der Frauen) und Minerva (Patronin der Handwerker). Minerva war zudem auch die Schutzgöttin Roms. Weitere wichtige Götter waren Mars (Kampf), Saturn (Feld), Vesta, Venus (Liebe), Diana (Jagd) und Fortuna (Schicksal). Zu diesen all‐
gemein bekannten Göttern kamen noch Familiengötter (di parentales) und Totengeister (di manes), verschiedene Haugötter (penates) und mehrere lokal gebundene Geister und (la‐
res). Gegenüber anderen Religionen waren die Römer sehr tolerant, solange die eigene Religion nicht beeinträchtigt wurde. Sie übernahmen oft auch fremde Gottheiten, da sie nicht un‐
bekannte göttliche Mächte beschwichtigen wollten. Weiters vertraten die Römer – wie auch die Griechen – die Ansicht, dass ihre eigenen Götter auch bei anderen Völkern, je‐
doch unter anderem Namen, auftreten. Dies führte dazu, dass viele fremde Gottheiten in die römische Religion integriert und dort mit der entsprechenden römischen Gottheit ver‐
bunden wurden (interpretatio romana). In späterer Zeit wurden auch Wertbegriffe wie virtus, honos, victoria, fides, libertas und pietas zu göttlichen Gestalten charakterisiert und kultisch verehrt. Die Huldigung der Götter hatte auch viel mit dem Staat zu tun, so glaubte man, dass eine funktionierende Politik und ein gutes Staatsgefilde stark vom Willen der Götter abhängig waren. Später entwickelte sich daraus ein Staatskult. Gegen Ende der Republik wurden auch vermehrt orientalische Kulte mit einbezogen, da die herkömmlichen Kulte den Bürgern zu wenig halt gaben. Die Vermischung (Synkre‐
tismus) der einzelnen Kulte führte nach und nach zu einer monotheistischen Vorstellung auf philosophischer Basis. Im Mithras‐Kult und im Kult der Magna Mater fanden sich starke Erlösungsvorstellungen wieder. Da die heidnische Religion kein in sich geschlossenes theologisches Lehr‐
gebäude besaß, wandten sich die Bürger mehr und mehr orientali‐
schen Kulten und auch der Philo‐
sophie zu, die ihnen Verhaltens‐
normen für den Alltag boten. 
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