BODE–SCIENCE–COMPETENCE Erregerprofil Als gesichert gilt, dass die klinische Symptomatik der C. difficile-Infektionen an die Bildung des Zytoxins B (TcdB) allein oder an die Produktion beider Toxine TcdA/B gebunden ist. Die Menge der ausgeschütteten Toxine entscheidet maßgeblich über die Virulenz des C. difficile-Stammes. Der C. difficile Stamm 027, der in Nordamerika und Europa für die Ausbrüche mit besonders schweren Folgen verantwortlich war, produzierte 16 mal mehr Toxin A und 23 mal mehr Toxin B als andere Stämme. Typische Symptome Hoch ansteckend und überlebensfähig Clostridium difficile ist die häufigste Ursache von Diarrhöen in Krankenhäusern. Die Pathogenität des Erregers hängt von der Art und Menge der gebildeten Toxine ab. Das Bakterium ist hoch ansteckend und umweltresistent. Clostridien gehören zur Familie der sporenbildenden grampositiven Stäbchen, den Bacillaceae, die mehr als 100 Arten umfassen. Zu ihnen zählen neben C. difficile auch die bekannten Krankheitserreger C. tetani und C. botulinum. Der Gattungsname der unter Luftabschluss lebenden Bakterien geht auf das typisch spindelförmige Austreiben der Sporen (griechisch: Chloster, Spindel) zurück. Clostridien sind ubiquitär verbreitet: Sie kommen in der Erde, im Wasser oder im Darm von Menschen und Tieren vor. Bei rund 5 Prozent aller Erwachsenen und bis zu 50 Prozent aller Kinder ist C. difficile in geringen Mengen im Stuhl nachweisbar, ohne Krankheitssymptome zu verursachen. Forscher vermuten, dass Kleinkindern ein Rezeptor in der Darmschleimhaut fehlt, der für die Pathogenität des Erregers erforderlich ist. wicht. Natürliche Konkurrenten des grampositiven Stäbchens werden geschädigt. Da C. difficile gegenüber den meisten Antibiotika resistent ist – oft wirken nur noch Metronidazol und Vancomycin – kann das Bakterium die freiwerdenden Nischen im Darm ungehindert besetzen. C. difficile verfügt über ein ganzes Repertoire an Überlebensstrategien: Die besonderen Resistenzeigenschaften verschafft sich das Bakterium u. a. durch springende Gene, die ihre Position auf den Chromosomen ständig verändern. Daraus folgt eine große Flexibilität und vereinfachte Aufnahme von Genen anderer Erreger. Darüber hinaus produziert C. difficile para-Kresol, das andere Erreger abtöten kann. Unterschiedliche Toxine Überlebenskünstler Bei hospitalisierten Patienten liegt die Kolonisationsrate bei 30 Prozent und höher. Erste Publikationen zu C. difficile traten 1935 auf. Doch erst in den späten 70-er Jahren wurde der Keim als Erreger der so genannten Antibiotika-assoziierten Durchfallerkrankungen identifiziert. Als klassischer opportunistischer Keim entfaltet C. difficile seine krankmachende Potenz nur bei einem vorgeschädigten Wirt. Unter Antibiotikagabe gerät die physiologische Darmflora aus dem Gleichge- 4 Hat sich der Erreger in der durch Antibiotika aus der Balance geratenen Darmflora etabliert, beginnt er mit der Produktion von Zellgiften. Bei C. difficile-Isolaten wurden sowohl pathogene als auch apathogene Toxine festgestellt. Im Fokus stehen das Enterotoxin A (TcdA), das Zytoxin B (TcdB) und das binäre Toxin CdtA/B, das für sich genommen als apathogen eingestuft wird. C. difficile-Erreger, die das Zytoxin B (TcdB) allein oder zusammen mit dem Enterotoxin A (TcdA) bilden, sind fakultativ pathogen. Diese Stämme lassen sich sowohl bei symptomlosen Trägern als auch bei Erkrankten nachweisen. Die beiden pathogenen Toxine schädigen den Darm auf unterschiedliche Weise, wobei Toxin B ca. 1000mal potenter ist als Toxin A. Die Gifte greifen die Zellen der Dünndarmschleimhaut an und erhöhen ihre Durchlässigkeit. Zum typischen Erscheinungsbild einer durch Clostridium difficile verursachten Durchfallerkrankung (CDAD) gehören: ■ Bei leichtem bis mittelschwerem Verlauf: ■ wässriger Durchfall ■ Unterbauchschmerzen ■ Fieber (selten) ■ Übelkeit ■ Bei schwerem Verlauf: ■ Pseudomembranöse Colitis. Die entzündete Darmwand sondert Fibrin ab, das sich zusammen mit Granulozyten und zerstörten Darmzellen zu einer weißen Schicht, einer Pseudomembrane verbindet und an der Darmwand anlagert. Dabei kann es zu Komplikationen kommen, z. B. zum toxischen Megacolon, einer schwerwiegenden Ausdehnung des Dickdarms oder zur Darmperforation oder Sepsis. Sporenbildung C. difficile tritt sowohl in seiner vegetativen als auch in seiner Sporenform auf. Seine Fähigkeit zur Sporenbildung setzt das Bakterium dann ein, wenn ungünstige Lebensbedingungen wie z. B. Nährstoffmangel herrschen. C. difficile bildet Endosporen, d. h. Sporen, die sich aus dem Inneren der vegetativen Mutterzelle entwickeln. Jede Zelle kann nur eine Spore bilden und geht bei diesem Prozess zugrunde. Die Mutterzelle teilt sich zunächst in zwei ungleiche Teile. Der größere Zellteil (Mutterzelle) umhüllt die Vorspore. Anschließend erfolgt die Reifung zur Spore – dabei bildet sich eine mehrschichtige Sporenhülle – und ihre Austreibung. Sporen sind charakterisiert durch: ■ extrem verminderte Stoffwechselaktivität ■ hohe Resistenz gegen Austrocknung / Hitze (100 °C werden leicht überlebt) Die Fähigkeit der Sporenbildung stattet den Erreger der CDAD mit einer besonderen Resistenz gegenüber chemischen und physikalischen Maßnahmen aus. Die vegetativen Zellen von C. difficile überleben bis zu 24 Stunden auf unbelebten Flächen, die Sporen sind sogar 5 Monate überlebensfähig. Risikofaktoren ■ Antibiotikatherapie, insbesondere bei stationärer Behandlung > 2 Tage ■ Chemotherapie ■ Große bauchchirurgische Eingriffe ■ Unterbringung im gleichen Zimmer wie CDAD-Patienten ■ Längere Krankenhausverweildauer Hoch ansteckend Die Symptome einer CDAD treten in der Regel 3-10 Tage nach Beginn der Antibiotikatherapie auf. Bei einem Drittel der Patienten hingegen beginnen erste Symptome erst nach Abschluss der Antibiotikatherapie, was zu Schwierigkeiten bei der Diagnostik führen kann. Der Erreger ist hoch ansteckend: Partikel von 2 Bakterien reichen aus, um eine Infektion auszulösen. Bei 107 bis 109 Keimen pro Gramm Stuhl, den Patienten mit Diarrhöe ausscheiden, besteht ein hohes Risiko einer raschen Verbreitung des C. difficile. Literatur von Eichel-Streiber Chr. et al. Clostridium difficile: Pathogenese, molekularbiologische Eigenschaften und CdISt1 (IStron), ein spezifisches chimäres genetisches Element. Forschungsprojekt Prof. Dr. Chr. v. Eichel-Streiber, Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Johannes Gutenberg Universität Mainz, 2007 Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF. Hygienemaßnahmen bei Vorkommen von Clostridium difficile. HygMed 2006 [31] Heft 7+8 Sebaihia M et al. The multidrug-resistant human pathogen Clostridium difficile has a highly mobile, mosaic genome Nature. Genetics 38, 779 - 786 (2006) Widmer A, Pittet D. Clostridium difficile: Epidemiologie und präventive Maßnahmen. Swiss-Noso, Nosokomialinfektionen und Spitalhygiene: Aktuelle Aspekte, Genf, Band 2, Nummer 3, Oktober 1995 5