Die Straßentaube

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Die Straßentaube – verkannte
Mitbürgerin in unseren Städten
Peter Herkenrath
Vogelschutzwarte im LANUV
Tagung“ Vögel als Stadtgespräch“,
NUA, 05.11.2014
T. Krause
Gliederung
• Biologie und Ökologie der Straßentaube
• Rechtliche Stellung
• Probleme – Schein und Wirklichkeit
• Lösungen – Schein und Hilfreiches
Gehasst - geliebt
• Schädling, „Ratte der Lüfte“, Krankheitenüberträgerin
• Symbol für Frieden, den Heiligen Geist, erotische
Liebe, Reinheit, Unschuld
D. Haag-Wackernagel
Ein Blick in die Geschichte
• Vor über 10.000 Jahren Anschluss an den Menschen
(Beginn des Ackerbaus in Mesopotamien)
• Domestikation vor mind. 4.000 Jahren in Mesopotamien
• Nutzung
• Ernährung
• Brieftaube
Von der
Felsen- zur
Straßentaube
aus: D. Haag-Wackernagel, 2012
Begriffsbestimmung
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Felsentaube: Wildform
Feldtaube: wenig domestiziert, genutzt
Haustaube: domestiziertes Haustier
Brieftaube: Zuchtform für Brieftaubensport
Straßen-/Stadttaube:
verwilderte Form
T. Krause
Brutverhalten
• Brutplätze: Höhlen (Felsentaube), Nischen, Dachböden,
dunkle Vorsprünge und Balken (Straßentaube)
• 2 Eier, Brutzeit 17-18 Tage, Nestlingszeit 23-28 Tage,
unabhängig mit 30-37 Tagen
• 2-4 (bis 9) Jahresbruten, 3- max. 6 erfolgreich
Prädatoren
• Steinmarder (in Basel wichtigster Prädator)
• Hausmäuse (Nestprädation)
• Rabenkrähen (Nestprädation, auch in Gebäuden)
• Ratten und Katzen (Nest- und Adultprädation)
• Habichte (Adultprädation)
Rechtliche Stellung
• „Die Bestimmungen für besonders geschützte Arten
gelten nicht für domestizierte Formen. Domestizierte
Formen sind im Erscheinungsbild und/oder Erbgut
von ihren Stammformen abweichende Exemplare von
Wildtierarten, die traditionell als Haus- bzw. Nutztiere
gehalten werden. Dies gilt z.B. für Hauskatze,
Haushund, Haustaube, Honigbiene und Hausziege
einschließlich ihrer verwilderten Formen.“
•
Aus: „Vollzugshinweise zum Artenschutzrecht“ (Ständiger Ausschuss
Arten- und Biotopschutz der LANA, 2010)
Rechtliche Stellung (2)
• Es gilt nur der allgemeine Schutz wildlebender Tiere
(§ 39 BNatSchG):
•
Verbot der mutwilligen Beunruhigung und des Fangens,
Verletzens, Tötens ohne vernünftigen Grund
•
Verbot der Beeinträchtigung und Zerstörung der
Lebensstätten ohne vernünftigen Grund
Bedeutung der Nahrung
• Historische Zunahme durch Nahrung in den Städten
• Nahrungsangebot und – qualität >>
Gesundheitszustand der Population
D. Haag-Wackernagel
Überbevölkerung und ihre Folgen
• Fütterung schafft hohe Überlebensraten
• Folgen hoher Bestände
• Nahrungsverknappung
• Aggression (Verletzungen)
• Ausbreitung von Krankheiten
• „Slumbedingungen“
Probleme durch Tauben
• Taubenansammlungen (Ruhe-, Nahrungsplätze)
• Belästigung
• Kot, Krankheitsübertragung
• Schlaf- und Brutplätze
• Kot, Beschädigung von Gebäuden
(Verätzung, Schimmel)
Problem: Kot
• 5 kg Futter/Tag >> ernährt 250 Tauben >> Produktion
von 3 t Kot/Jahr
• Pro Taube ca. 12 kg Nasskot/Jahr
• Eines der größten Probleme für Denkmalpflege
• Reinigungskosten
• Köln: 250.000 €/Jahr für
38 Bahnunterführungen
• München: Schäden von 1 Mio. €/Jahr
D. Haag-Wackernagel
Krankheiten
• Über 110 Krankheitserreger, die auch den Menschen
befallen, bei Straßentauben festgestellt
• Nur bei 8 von diesen ist eine Übertragung bekannt
geworden, insgesamt 229 publizierte Fälle (2006)
• Gefährdet vor allem immunschwache Personen
Ornithose
• Gefährlich für den Menschen: Chlamydia psittaci
(Bakterium; grippeartige Symptome,
Lungenentzündung)
• Regelmäßig bei Straßentauben nachgewiesen
• 113 Übertragungen auf den Menschen dokumentiert
• Verursacht Ornithose
• Übertragung: Inhalation von Staubpartikeln (z.B. Kot)
Ektoparasiten
• Übertragung 8 verschiedener Ektoparasiten von
Tauben auf den Menschen nachgewiesen (Zecken,
Milben, Flöhe, Wanzen, Lausfliegen)
• Am gefährlichsten: Taubenzecke: Über 270 x gelang der
Nachweis der Übertragung
(Jucken, selten allergische
Reaktion)
D. Haag-Wackernagel
Ektoparasiten
• Rote Vogelmilbe: Juckreaktion, harmlos
• Taubenfloh, Tauben-, Bettwanze: Juckreaktion, ggf.
Infektion, allergische Reaktion
D. Haag-Wackernagel
Materialschädlinge aus
Taubennestern
• 65 Arten festgestellt:
• Käfer, z.B. Mehlkäfer, Wollkraut-Blütenkäfer
• Fliegen u.a.
• Gefahr der Übertragung auf Menschen
Abwehrmethoden
• Drähte, Spikes, Netze
• Wirkungsvoll bei guter Anbringung
• Tierschutz beachten
• Elektroabwehr
• Ebenso, keine hohen
Spannungen
• Krähenattrappen
• Wirkungslos
D. Haag-Wackernagel
D. Haag-Wackernagel
Tötung von Tauben
• Abschuss, Vergiftung, Fang
• Von 52 in Deutschland befragten Städten wandten
50% Tötung an (2000)
• Tierschutzprobleme, Gefahr für Menschen
• Tauben lernen Gefahr zu vermeiden
• Absammeln von Eiern und Nestlingen
• Aufwand: Tötung von 9000 Tauben in 3 Jahren:
Bestand von 2600 auf 1300 reduziert (GB)
• Ohne „Begleitprogramm“: Ausgleich durch erhöhte
Fortpflanzungsrate (kompensatorische Natalität)
Die Pille für die Taube
• Chemosterilantien (z.B. Busulfan) oder Hormone
• Problem: Wenige Vögel können den Großteil der
Fortpflanzung übernehmen
• Pillenaktionen erreichen meist zu wenige Vögel
• Gefahr für andere Arten und den Menschen
Basler Taubenaktion
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Ökologische und soziologische Aspekte
Ziel: kleiner, gesunder, an Umwelt angepasster Bestand
Träger: Tierschutzverein, Veterinäramt, Polizei
Öffentlichkeitsarbeit: „Fütterung schadet den Tauben“
Maßnahmen:
• 9 Taubenschläge mit guten Bedingungen
• 1991-1996: Entfernung von 10.749 Eiern und 8100 kg Kot
aus Schlägen
• Fang zur Anpassung der Populationsgröße an veränderte
Nahrungssituation
• Erfolgskontrolle (Monitoring)
Wirkung der Basler Taubenaktion
Verringerte Nahrungsmenge
>> Mehr Aufwand für Nahrungssuche
>> Weniger Zeit für Brut
>> Geringere Fortpflanzungsrate
>> Geringere Populationsgröße
>> Gesünderer Taubenbestand
D. Haag-Wackernagel
Schlussfolgerungen
• Ein stadtökologisches, sanitäres und soziologischpsychologisches Problem
• Kern: Verringerung der Nahrungsmenge
• Ziel: an Nahrungsmenge angepasster (kleiner)
gesunder Bestand
• Beachtung von Tierschutzaspekten bei allen
Maßnahmen
• Beachtung von Gesundheitsvorsorge
Dank
• Prof. Dr. Daniel Haag-Wackernagel, Universität Basel, für
Literatur und Fotos
• Tobias Krause, Stadt Düsseldorf, für Hinweise und Fotos
Bronzetaube, Kreta, 2. Jahrtausend v. Chr.
aus: D. Haag-Wackernagel, 2012
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