Der Habicht sieht Dich an!

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PANORAMA
Der Habicht sieht Dich an!
Panorama – das sind die Seiten, in denen nicht nur über Sensoren für Techniker
berichtet wird. Dies ist auch für Kollegen, Familie, Freunde oder Kinder gedacht. Also liebe Leser, zeigt diese Seiten weiter und diskutiert darüber. Da wir
in diesem SENSOR MAGAZIN optische Sensoren und Videosensoren als Themenschwerpunkt haben, wollen wir uns dem Sehen in der Natur widmen.
Es geht diesmal um den Habicht. Der Habicht wurde für dieses Jahr vom NABU
Naturschutzbund Deutschland zum Vogel des Jahres gewählt. Dieser interessante Greifvogel hat es verdient, genauer betrachtet zu werden. Denn bei ihm
können wir schön die Unterschiede im Sehvermögen eines Greifvogels und des
Menschen betrachten.
Foto: NABU/W. Lorenz
Habicht & Co.!
Der Habicht ist einer der markanten
Greifvögel bei uns. Er lebt in abwechslungsreicher Landschaft, in Wald und
Feld. Dabei wurde er Jahrhunderte
von Königen und Falknern als Jagdbegleiter geschätzt oder von den Bauern als Hühnerdieb gehasst. Er ist ein
scheuer Jäger, der mit seinen relativ
kurzen kraftvollen Flügeln auch im
dichten Unterholz des Waldes jagen
kann. Aber manchmal findet man ihn
auch kreisend mit gefächerter
Schwanzfeder über seinem Revier.
Die Habichtweibchen sind etwas größer, bis 60 cm lang, mit Flügelspannweiten von 115 cm und über 1 kg
schwer, die Männchen sind 53 cm lang,
erreichen 850 g Gewicht und 100 cm
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Flügelspannweiten. Der Habicht ergreift seine Beute mit den Krallen und
tötet sie mit den Füßen. Er bohrt sie in
die Beute, bis die aufhört, sich zu
bewegen. Habichte ernähren sich
überwiegend von kleinen bis mittelgroßen Vögeln und kleinen Säugetieren. Amphibien, Fische und Wirbellose werden von Habichten sehr selten
als Nahrung genutzt. Das Gewicht der
Beutetiere beträgt zwischen 5 g und
3,5 kg.
Die Habicht-Paare richten sich einen
Horst in alten hohen Bäumen ein; entweder wird ein neuer angelegt oder
ein bestehender aufgestockt. Deshalb
können ältere Horste bis zu einem
Meter hoch werden und 130 cm Durchmesser erreichen. Im Normalfall brü-
ten Habichte ab dem dritten Lebensjahr.
Von Mitte März bis April legen die
Weibchen drei bis vier Eier, nach 27
bis 39 Tagen schlüpfen dann die Jungvögel. Das Männchen betreut die
Familie bis zu drei Wochen allein mit
Nahrung, während das Weibchen den
Nachwuchs betreut. Nach etwa 40
Tagen werden die jungen Habichte
flugfähig und verlassen das Nest, bleiben aber in der Nähe, wo sie von den
Eltern noch weiter gefüttert werden.
Die Jungvögel verlassen dann im Alter
von etwa drei Monaten das Revier der
Eltern.
Habichtpartner bleiben ein Leben
lang zusammen und sind sehr reviertreu. Doch werden sie außerhalb der
Brutzeit wieder zu Einzelgängern.
Einst von Adeligen als »edler Greifer«
geschätzt, wurde der Habicht von
den meisten anderen Menschen als
»Raub«-Vogel stets argwöhnisch betrachtet. Als Jäger von Tauben und
Hühnern wurde der Vogel des Jahres
schon früher geschossen, vergiftet, in
Fallen gefangen und erschlagen.
Seit mehr als 40 Jahren ist jedoch die
Jagd auf Greifvögel bei uns verboten.
Dennoch werden der Habicht und
andere Greifvögel illegal verfolgt und
getötet.
Steinadler, Rotmilan oder Mäusebussard müssen wie der Habicht immer
wieder um ihr Leben bangen. In den
letzten Jahren wurden in Deutschland
über 1.000 Greifvögel und Eulen gefangen, verletzt, getötet, abgeschossen oder vertrieben. Das sind nur die
offiziell gemeldeten Fälle, die Dunkelziffer ist weit höher. Einige Teile
Deutschlands sind außerhalb großer
Städte noch immer »habichtfrei«. Dies
wird so bleiben, wenn wir die Verfolgung nicht stoppen.
Sehen beim Habicht
Der Habicht kann seine Beute schon
aus großer Entfernung scharf sehen.
PaNORAMA
Foto: NABU M. Hamblin
▲ Absorption der Sehfarbstoffe von Vögeln.
Dies verdankt er – wie auch andere
Greifvögel – der hohen Zahl von Lichtrezeptoren in seinem Auge. Dort, wo
der Habicht scharf sieht, hat er eine
Million Lichtrezeptoren pro Quadratmillimeter, mit Rezeptorgrößen um
1 µm. Das ist fünfmal so viel wie beim
Menschen der etwa 200.000 Rezeptoren von etwa 5 µm Abmessung pro
Quadratmillimeter besitzt. Hochauflösende Kameras haben zum Vergleich
etwa 1 bis 20 µm Pixelabmessungen.
Die Tag-Greifvögel wie der Habicht
verfügen damit über eine hervorragende Sehschärfe und Auflösung und
können selbst kleine Objekte, wie
Mäuse, aus großer Entfernung erkennen. Sie haben einen komplexen Akkommodationsmechanismus, mit dem
sie die Krümmung ihrer Linse ändern
können. Dieses Akkommodationsvermögen übersteigt das aller anderen
Wirbeltiere.
Farb-Sehen beim Habicht
Wie beim Menschen können die Vögel
mit Stäbchen und mit Zäpfchen als
Lichtrezeptoren sehen. Die Stäbchen
bewirken Sehen bei Nacht, bei geringen Lichtstärken, und ergeben »nur«
Bilder in schwarz-weiß. Die Zäpfchen
bewirken Farb-Sehen.
Wir Menschen haben dazu drei unterschiedliche Arten von Zapfen mit unterschiedlichen spektralen Empfindlichkeiten:
■ L-Zapfen (L für Long) sind für längere Wellenlängen empfindlich. Das
Absorptionsmaximum liegt etwa bei
560 nm, was einem grünlichen Gelb
entspricht und empfindlich bis in
den rot-Bereich ist.
■ M-Zapfen (M für Medium) sind empfindlich für mittlere Wellenlängen.
Das Absorptionsmaximum liegt hier
bei etwa 530 nm, entsprechend
einem smaragdgrün, zwischen blauem und orangem Licht.
■ S-Zapfen (S für Short) sind für kürzere Wellenlängen empfindlich. Das
Absorptionsmaximum liegt etwa bei
420 nm, einem Blau. S-Zapfen sind
beim Menschen nur mit einem Anteil von zwölf Prozent aller Zapfen
vertreten.
Vögel wie der Habicht können weitere
Farben sehen, denn sie haben ihre
Farbempfindlichkeiten leicht verschoben, mit Maxima bei 565 nm, 508 nm
und 445 nm Lichtwellenlänge. Zusätz-
lich haben Vögel einen weiteren UVempfindlichen Sehpurpur mit maximaler Empfindlichkeit bei 370 nm.
Dies kann offenbar Nutzen bringen:
Mäuse-Urin leuchtet im UV-Bereich.
Damit kann ein Habicht von oben eine
Landschaft nach ihrem Mäusereichtum beurteilen und Nager besser erlegen.
Viele Nager scheinen mit UV-reflektierendem Harn und Kot Duftspuren
anzulegen. Vor allem im Frühjahr,
wenn die Vegetation solche Spuren
noch nicht verdeckt, erkennen Raubvögel wie der Habicht daran offenbar,
wo ihre Beute zu erwarten ist. Außerdem sind einige geschlechtsspezifische Federfarben und Pflanzen- oder
Fruchtfarben nur im UV erkennbar.
Andere Vögel können dadurch reife
von unreifen Früchten gut unterscheiden.
Räumliches Sehen
Die Augen des Habicht sind rechts
und links am Schädel angeordnet.
Dadurch kann er weitgehend (über
300 °) rundherum blicken, um Feinde
oder Beute rechtzeitig wahrzunehmen. Zum Vergleich: Das Gesichtsfeld
von Menschen liegt bei rund 180 °. Die
geringe seitliche Ausdehnung des
Sichtfeldes wird durch eine stärkere
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PANORAMA
Beweglichkeit der Halswirbel ausgeglichen. Nur nach vorne findet eine
Überlappung des Gesichtsfeldes statt,
dort kann der Vogel auch wie wir Menschen räumlich sehen.
Vögel können zusätzlich auch polarisiertes Licht erkennen, was bei der
Orientierung von Nutzen sein dürfte.
Das können Menschen nicht.
Bewegungssehen
Vögel nehmen Bewegungen besonders gut wahr, was für Greifvögel zur
Erkennung von flüchtender Beute von
Vorteil ist. Vermeidet man als Vogelbeobachter jedoch schnelle Bewegungen und sitzt ruhig in einem Versteck,
so kommen Vögel rasch wieder aus
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ihren Verstecken. Die meisten Vogelarten können mehr Bilder pro Sekunde unterscheiden als der Mensch.
Daher werden bei der Vogelhaltung
keine Leuchtstofflampen mit 50 Hz
betrieben, da dieses Licht für Vögel
zu stark flimmert.
Ausblick
Der Habicht ist einer der markanten
Greifvögel, bei dem viele heute ein
Bild von Schönheit, Kraft, Wildheit
und Stolz erkennen. Der einst scheue
Waldbewohner ist zunehmend auch in
Städten zu Hause, wo er etwa in städtischen Parks und Friedhöfen ungestört leben kann, ohne verfolgt zu werden. Seine Hauptnahrung sind dann
wild lebende Ringel- oder Stadttauben sowie Krähen, von denen es ausreichend viele gibt. Hier zeigt es sich,
dass Menschen und Tiere zusammen
leben können, wenn wir sie nicht aktiv
verfolgen. In diesem Jahr 2015 steht
der Habicht als »Vogel des Jahres«
stellvertretend für verfolgte Greifvögel.
- gt ► INFO
Quellen:
Lars Lachmann, NABU, Bundesgeschäftsstelle, Berlin
Prof. Michael Wink: Ornithologie für Einsteiger. Springer Spektrum, 2013
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