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Reisen mit Diabetes
«Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben!»
Diese Aussage gilt für Menschen mit Diabetes genauso wie für
Stoffwechselgesunde. Damit das Erlebte rundum positiv wird und nur
angenehme Ferienerinnerungen zurückbleiben, tun Diabetiker gut daran,
ihre Ferien zu planen und umsichtig vorzubereiten. Dies gilt ganz
besonders für Reisen ins ferne Ausland, in entlegene Gebiete und für
längere Flugreisen mit Zeitverschiebung. Gerne geben wir Ihnen im
Folgenden einige nützliche Tipps, damit Ihr Urlaub auch mit Diabetes
entspannt und ohne ernstliche Probleme verlaufen kann.
Reisevorbereitungen
In «zivilisierten», touristisch gut erschlossenen Ländern kommt es zwar trotz schärferer Kontrollen in Flughäfen
und evtl. auch am Zoll kaum (mehr) vor, dass Diabetiker, die Spritzen, Pens, Insulin usw. mit sich führen,
belästigt werden. Es ist offiziell erlaubt, Insulin an Bord eines Flugzeugs mitzunehmen. Dennoch empfiehlt es
sich, vom behandelnden Arzt ein Zeugnis ausstellen zu lassen, welches über die Diabeteserkrankung und die
Notwendigkeit, gewisse Utensilien mit sich zu führen, Auskunft gibt. Sollten Sie trotzdem vom Kontrollpersonal
aufgehalten werden, beharren Sie auf Ihrem Recht! Verlangen Sie bei Bedarf ein Gespräch mit dem Vorgesetzten
der kontrollierenden Person!
Prüfen Sie Ihren Versicherungsschutz sorgfältig. Es ist keineswegs sichergestellt, dass Ihre Krankenkasse
medizinische Behandlungen im Ausland bezahlt. Erkundigen Sie sich nach einer AuslandKrankenversicherung.
Empfehlenswert sind auch eine Reiserücktritts- bzw. eine Reiseabbruch-Versicherung. Als Mitglied der
Rettungsflugwacht hätten Sie «im schlimmsten Fall» auch die Möglichkeit, einen Repatriierungsflug in Anspruch
zu nehmen.
Nehmen Sie grössere Auslandreisen zum Anlass, Ihren Impfschutz wieder einmal überprüfen zu lassen. Sind an
Ihrem Reiseziel gewisse Impfungen eventuell obligatorisch, z. B. Gelbfieber? Wie steht es mit der
Malariaprophylaxe? Lassen Sie sich von Ihrem Hausarzt oder einer Informationsstelle für Reisemedizin
beraten.
Diabetes-Zubehör
Gerne geht in der Hektik etwas vergessen. Prüfen Sie anhand einer Checkliste deshalb gut, ob Sie wirklich alle
Diabetes-Utensilien eingepackt haben:
Tabletten (in genügender Menge), selbstverständlich auch für Blutdruck, hohes Cholesterin usw. sofern
entsprechend behandelt; evtl. Medikamenten-Dosierplan
Insulin (Basalinsulin und raschwirkendes Insulin)
Spritzen und/oder Pens inkl. Nadeln
Blutzucker-Messgerät und entsprechende Teststreifen
Bei entsprechender Behandlung Insulinpumpe inkl. genügend Verbrauchsmaterial und Batterien
Stechgerät und Lanzetten
Würfelzucker oder Traubenzucker
Ernährung zur Hypo-Bekämpfung: Knäckebrot, Dörrobst, Energiebarren usw.
Glucagon-Hypokit (sofern vorhanden)
Blutzucker-Kontrollheft
Diabetiker-Ausweis, Impfausweis, Ausweis der Rettungsflugwacht, allfällige ärztliche Atteste
In der Regel empfiehlt es sich, mindestens einen Teil des Materials im Handgepäck zu transportieren. Es ist nicht
garantiert, dass Ihr Koffer am Reiseziel ankommt.
Therapieanpassung bei Flugreisen mit Zeitverschiebung
Blutzuckersenkende Medikamente können auch am Reisetag üblicherweise wie verordnet nach der jeweiligen
Ortszeit eingenommen werden. Insulin wird ebenfalls unverändert gespritzt, sofern die Zeitverschiebung
weniger als 3 bis 4 Stunden beträgt. Bei Flugreisen über mehrere Zeitzonen sind Anpassungen nötig. Beim
Flug nach Westen, zum Beispiel in die USA oder nach Südamerika, wird Ihr Reisetag länger. Die Dosis des
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Basisinsulins muss deshalb erhöht werden. Sofern eine zusätzliche Mahlzeit eingenommen wird, muss
selbstverständlich eine weitere Injektion mit kurzwirkendem Insulin gemacht werden. Fliegen Sie nach Osten, z. B. nach Indien, Thailand oder Japan, ist der erste Ferientag kürzer. Entsprechend sollte die Dosis des
Basisinsulins reduziert werden. Entsprechende Beispiele sind in Tabelle 1 aufgeführt. Für den Rückflug nach
Hause ist die Situation selbstverständlich umgekehrt. Ein vorausgehendes Gespräch mit dem betreuenden Arzt
kann Unklarheiten in der Regel beseitigen.
Tun Sie, was Sie immer tun (sollten)!
Wahrscheinlich wird Ihr Tagesablauf in den Ferien anders sein als im Alltag. Essen und körperliche Aktivität
werden ebenfalls den Ferien angepasst sein. Sicher bereichern auch sonst zahlreiche neue Eindrücke Ihren
Urlaub. Die Situationen mögen wechseln. Das «Diabetes-ABC» bleibt indes das gleiche: Passen Sie
Medikamente oder Insulindosis der veränderten körperlichen Aktivität an, wie Sie es gewohnt sind. Es sei in
Erinnerung gerufen, dass bei sportlicher Aktivität über längere Zeit oft auch das nächtliche Basisinsulin reduziert
werden muss. Ziehen Sie auch bei veränderter Nahrungsaufnahme die notwendigen Konsequenzen. Und vor
allem: Es ist sinnvoll und nötig, in zweifelhaften Situationen den Blutzucker – vielleicht auch etwas öfters als
sonst – zu messen. Es lohnt sich nie, auch vom Diabetes Ferien machen zu wollen.
Schwierig kann es werden, wenn eine akute Magen-Darm-Störung auftritt mit Übelkeit, Erbrechen und
Durchfall. Insbesondere dann, wenn zuvor schon blutzuckersenkende Tabletten eingenommen oder Insulin zum
Essen gespritzt wurden, droht eine Unterzuckerung, die je nach Situation auch schwer sein kann. Versuchen
Sie, sofern es noch möglich ist, schluckweise ein Süssgetränk zu sich zu nehmen. Speziell Cola-Getränke
werden recht gut vertragen. Selbstverständlich kann man sich aber auch einen gut gezuckerten Tee brauen. Um
für diese kritische Situation gerüstet zu sein, sollten gefährdete Typ-1-Diabetiker wie oben aufgeführt einen
Glucagon-Hypokit im Reisegepäck mitführen. Noch «eleganter» ist es selbstverständlich, einer MagenDarm-Verstimmung möglichst vorzubeugen. Verhalten Sie sich nach der klassischen Regel: «Boil it, cook it,
peel it or forget it». Siede, koche, schäle oder lass es bleiben! Bei mangelhaften Hygieneverhältnissen sollten
Sie auf das Eis des Strassenverkäufers und den Salatteller verzichten.
Achtung: Insulin U-100
Aus Erfahrung können wir Sie beruhigen: Insulin wird nur selten gestohlen – und wenn, dann meist zusammen
mit anderem Reisegepäck. Auch deshalb ist es übrigens sinnvoll, nicht alle Insulinvorräte am gleichen Ort
aufzubewahren. Sollten Sie dennoch einmal ganz ohne Insulin «dastehen», ist je nach Land der Gang in eine
Apotheke, ein Spital oder zu einem Arzt unumgänglich. Zwar wird heute in sehr vielen Ländern Insulin in der
Konzentration von 100 Einheiten pro Milliliter (U-100) eingesetzt. Da und dort ist allerdings noch Insulin
U-40 oder U-80 im Handel. Vergewissern Sie sich deshalb beim Kauf eines Insulins im Ausland immer, ob die
Konzentration «stimmt». Für Ihre Insulinspritzen bzw. in Ihren Insulinpen dürfen nur U-100-Insuline eingesetzt
werden. Es drohen sonst schwere Überzuckerungen. Im Notfall müssen deshalb auch Spritzutensilien für U-40bzw. U-80-Insuline erworben werden. Aber Achtung: Werfen Sie die unbenützen Spritzen zu Hause wieder weg.
Falls Sie diese mit dem bei uns einzig benützten U-100-Insulin füllen, drohen schwere Hypoglykämien!
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Und ausserdem …
Ob mit oder ohne Diabetes: Es empfiehlt sich in aller Regel, eine
kleine Reiseapotheke zusammenzustellen. Eine mögliche
Checkliste finden Sie in Tabelle 2. Selbstverständlich kann diese
je nach Ihrer individuellen Situation und je nach Reiseziel ergänzt
werden.
Falls Sie auch ausserhalb des Diabetes regelmässig Medikamente
einnehmen müssen, sollte der Vorrat für mindestens ein paar
Tage unbedingt im Handgepäck mitgeführt werden.
Patienten mit einer Neuropathie und/oder
Durchblutungsstörungen an Beinen und Füssen sollten nie
barfuss gehen, weder im heissen Sand noch auf dem Balkon im
Hotelzimmer.
Blutzuckerteststreifen sind bei tiefen (unter ca. 5 – 10 Grad) oder
hohen (über ca. 35 Grad) Temperaturen nicht mehr garantiert
zuverlässig. Schützen Sie das Messgerät vor direkter
Sonneneinstrahlung. Bei hoher Luftfeuchtigkeit, z. B. im Urwald,
müssen die Teststreifenbehälter ganz besonders sorgfältig verschlossen werden. Falls Sie Ihre Ferien in den
Bergen verbringen, sei daran erinnert, dass Blutzuckermessungen bis mindestens in eine Höhe von 3000
Metern korrekt durchgeführt werden können.
Angebrochene Insulinflaschen können problemlos während einiger Wochen bei Zimmertemperatur gelagert
werden. Selbstverständlich sind sie vor hohen Temperaturen, aber auch vor Minusgraden zu schützen. In den
Skiferien sollte das mitgeführte Insulin – zusammen mit den Blutzucker-Messstreifen – möglichst nahe am
Körper getragen werden, niemals im Rucksack!
Falls Sie mit dem Auto unterwegs sind: Messen Sie vor jeder Fahrt den Blutzucker. Legen Sie immer wieder
genügend lange Pausen ein.
Ein überstandener Herzinfarkt oder eine Herzoperation muss keineswegs das Ende Ihrer Reisetätigkeit
bedeuten. Bei stabiler Herz-Kreislauf-Situation sind viele Urlaubsreisen wieder möglich (siehe Auflistung S.
30).
Bei langen Flugreisen besteht eine etwas erhöhte Gefahr für Venenverschlüsse durch Blutgerinnsel
(Venenthrombosen), hauptsächlich in den Beinen (siehe Artikel auf Seite 6 ff. dieses «d-journals»). Bewegen
Sie sich während des Fluges regelmässig. Trinken Sie genügend; Alkohol allerdings sehr zurückhaltend.
Tragen Sie bei Neigung zu geschwollenen Füssen Kompressionsstrümpfe. Besprechen Sie Ihre Risikosituation
mit dem betreuenden Arzt. Bei hoher Thrombose-Gefährdung kann am Reisetag eine Heparinspritze
gemacht werden.
Nun wünschen wir Ihnen herzlich schöne und ungetrübte Ferien!
Dr. med. K. Scheidegger
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